Protokoll der Sitzung vom 27.11.2019

Das möchten sie nicht. Sie haben ernsthafte Anliegen, sie haben ernsthafte Probleme,

(Zurufe von der AfD)

die wir in der letzten Sitzungswoche in diesem Parlament ernsthaft diskutiert haben.

(Zuruf von Andreas Keith [AfD])

Aber sie möchten sich nicht von Ihnen vor den Karren spannen lassen.

(Zurufe von der AfD)

Sie möchten ernsthafte Lösungen haben, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Wir alle wissen, dass die Situation für die Landwirte sehr, sehr schwierig ist,

(Zuruf von der AfD)

dass innerhalb der letzten zwölf Monate zahlreiche neue Anforderungen auf sie eingeprasselt sind: die Düngeverordnung, die EU-Nitratrichtlinie etc.

Hier ist von Verschiedenen gefragt worden: Was macht denn die Landesregierung eigentlich? Das kann ich Ihnen sagen, und das wiederhole ich immer wieder gerne: Wir sind die einzige Landesregierung, die bereit war, ihre Grundwassermessstellen zu überprüfen. In anderen Ländern hat das nicht stattgefunden.

(Zuruf von Dr. Christian Blex [AfD])

Wir haben festgestellt, dass 10 % der Messstellen nicht in Ordnung sind. Wir tauschen sie aus. Wir sind das erste und einzige Bundesland, das bisher eine Binnendifferenzierung vornimmt, das heißt sich die „roten Gebiete“ tatsächlich noch mal genau anguckt und schaut, ob es nicht doch noch andere Möglichkeiten gibt.

(Beifall von der CDU)

So werden wir es schaffen, die „roten Gebiete“ um 30 % zu reduzieren.

Herr Stinka hat zu mir gesagt, wir reden zu viel. Ich rede gerne viel. Ich rede vor allen Dingen gerne mit den Betroffenen.

Sie sagten im zweiten Satz etwas, was mich echt ein bisschen verwundert hat. Die Logik kriege ich heute Abend auch nicht mehr hin. Sie kritisieren einerseits den Dialog, andererseits sagen Sie, ich solle die Kritiker ernst nehmen und mitnehmen. Ich muss das zusammenbringen. Wie bringe ich das zusammen, Herr Stinka? Indem ich in der Tat Dialogrunden bilde.

Wir sind wieder das einzige Bundesland, das mit einer abgestimmten Position zwischen Landwirtschaft, Umwelt- und Naturschutz in die Verhandlungen zur Gemeinsamen Agrarpolitik gegangen ist. Das sind Erfolge. Das sind echte Erfolge, durch die wir den Landwirten tatsächlich helfen können.

(Beifall von der CDU)

Jetzt komme ich zu einem anderen Thema: Natürlich wird immer gesagt, die Landwirte seien in die falsche Richtung gegangen. Herr Rüße hat es eben erklärt. Wissen Sie, was wir hier übernommen haben? Ich muss das jetzt auch mal ehrlich sagen:

Im Ökolandbau hat NRW einen Anteil von unter 10 %. Genauer gesagt liegen wir sogar unter 8 %, und das ist viel zu wenig.

(Zuruf von Sven Werner Tritschler [AfD] – Jens-Peter Nettekoven [CDU]: Unglaublich!)

Andere Bundesländer arbeiten daran, diesen Anteil auf über 20 % zu bringen. Dort gibt es ein Ziel-Benchmarking von 30 %. Und wir arbeiten daran, überhaupt erst zweistellig zu werden. Das müssen wir stärker im Haushalt verankern und uns in den nächsten Monaten und Jahren stärker darum kümmern.

Lassen Sie mich – denn das schließt sich direkt daran an – zu dem kommen, was wir im Bereich der Luftreinhaltung vorgefunden haben. Das ist mein absolutes Lieblingsthema. Seit 2010 gibt es die Luftqualitätsrichtlinie. Seit spätestens 2012/2013 ist klar, dass die Werte erfüllt werden müssen und es keine Ausnahmeregelungen mehr gibt.

Faktisch gab es in ganz Nordrhein-Westfalen keinen funktionierenden und darauf abgestimmten Luftreinhalteplan. Die Folge ist, dass das Land in 14 Städten verklagt worden ist. Erst wir waren und sind es, die die Luftreinhaltepläne in den Städten – das Beispiel Düsseldorfs ist von Herrn Stinka zu Recht angeführt worden – unter großen Anstrengungen erarbeiten und umsetzen, um sich ernsthaft um das Thema „saubere Luft“ zu kümmern. Das hat die rot-grüne Regierung vor uns massiv versäumt.

(Beifall von der CDU und Ulrich Reuter [FDP])

Lassen Sie mich noch etwas zum Thema „Forstwirtschaft“ sagen. Der Haushalt ist in der Tat eng gestrickt, aber wir haben in diesem Jahr mit großer Kraftanstrengung fast 10 Millionen Euro für Soforthilfen zur Verfügung gestellt. Dasselbe gilt für das nächste Jahr – wir werden jedenfalls versuchen, das hinzubekommen.

Wir stellen 100 Millionen Euro für die Wiederaufforstung zur Verfügung. Wir werden diese Mittel nur gewähren, wenn man sich am Waldbaukonzept von NRW orientiert. Wir werden uns auch noch intensiv mit dem Thema „Naturverjüngung“ und damit, wie der optimale Wald aussieht, auseinandersetzen. Aber hier stehen wir zu unserem Wort. Wir helfen und stellen sehr viel Geld zur Verfügung. – Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Frau Ministerin. – Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Deshalb schließe ich die Aussprache zu a) Umwelt, Landwirtschaft und Naturschutz.

Ich eröffne die Aussprache zu:

b) Verbraucherschutz

Ich erteile für die SPD-Fraktion der Kollegin Blask das Wort.

Sehr geehrter Herr Landtagspräsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Ich bin in Nordrhein-Westfalen häufig in Verbraucherberatungsstellen vor Ort und bekomme dort von den Beraterinnen und Beratern ein positives Feedback zur Finanzierung des Landes Nordrhein-Westfalen.

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind froh über die Kontinuität und dass die Finanzierung ihrer Arbeit gewährleistet ist. Dafür ist Ihnen unsere Unterstützung gewiss.

(Beifall von der CDU und Stephan Haupt [FDP])

Ansonsten haben wir Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Landesregierung, leider schon im letzten Jahr ein schlechtes Zeugnis ausstellen müssen.

(Daniel Sieveke [CDU]: Oh!)

Jetzt ist Halbzeit: zweieinhalb Jahre Schwarz-Gelb. Ganz ehrlich: Seitdem ist nicht viel passiert.

(Dietmar Brockes [FDP]: Sie haben so gut an- gefangen!)

Wir haben im letzten Jahr die Idee der FluggastrechteApp diskutiert und gelobt und Ihrem Antrag dazu auch zugestimmt, obwohl die Finanzierung eher knapp bemessen war. Na ja, die App ist jetzt da. Das ist ohne Frage eine gute Sache.

(Beifall von der CDU und Stephan Haupt [FDP])

Aber das kann es doch nicht gewesen sein. Nordrhein-Westfalen ist das Verbraucherland. Hier kommen traditionell die Impulse und die großen Ideen der Verbraucherpolitik zustande. Da kommt von Ihnen aber nichts. Dabei gibt es Themen ohne Ende.

Die Verbraucherinnen und Verbraucher verlangen dringend nach Transparenz in der Lebensmittel- und Tierwohlkennzeichnung. Mittlerweile sind sogar die Discounter so weit, sich eigene Label zu verpassen. Es ist aber Aufgabe der Politik, hier für Klarheit zu sorgen. Im Rahmen Ihrer Nutztierhaltungsstrategie hätten Sie doch längst tätig werden können.

Ich komme zum Hygieneführerschein für die Gastronomie. Auch hier gibt es riesigen Nachholbedarf. In Nordrhein-Westfalen kann doch jeder oder jede ein Restaurant eröffnen, der oder die mal eine Woche lang mit halbem Ohr im Veterinäramt einem Hygienekurs gefolgt ist. Das reicht nicht aus, und das zeigen auch die eklatanten Zahlen der Hygieneverstöße in der Gastronomie und das öffentliche Interesse daran.

Zur Überschuldungssituation: Genau wie im letzten Jahr hat die Creditreform kurz vor den Haushaltberatungen ihren aktuellen SchuldnerAtlas herausgegeben. Genau wie im letzten Jahr ist das Ergebnis so erschreckend wie alarmierend. Und genau wie im letzten Jahr findet sich dazu im Haushalt nichts.

Der SchuldnerAtlas besagt, dass die Anzahl der überschuldeten Verbraucher in Nordrhein-Westfalen entgegen dem Bundestrend in diesem Jahr sogar noch einmal um rund 6.000 auf 1,75 Millionen zugelegt hat. Von den zehn Städten mit den höchsten Schuldenquoten kommen gleich vier aus NordrheinWestfalen. In einzelnen Stadtteilen sind sogar 30 von 100 Einwohnern in Schwierigkeiten, und auch die vergleichsweise gute Lage auf dem Arbeitsmarkt ändert daran nur wenig.

Auch wenn Sie es nicht hören wollen, werde ich nicht müde, mich zu wiederholen: Sie müssen private Verschuldung ernst nehmen.

(Beifall von der SPD)

Das ist ein riesiges Armutsrisiko.

Nun hat sich im SchuldnerAtlas 2019 auch noch herausgestellt, dass die Verschuldung von Seniorinnen und Senioren in Nordrhein-Westfalen im Vergleich zum Vorjahr um 45 % gestiegen ist. Entsprechend hat der VdK eine Pressemitteilung verschickt, in der er eindringlich vor zunehmender Altersarmut in Nordrhein-Westfalen warnt.