Protokoll der Sitzung vom 17.02.2000

tages, des Gemeinde- und Städtebundes und vieler anderer, die der Meinung sind, dass der Verwaltungsaufwand fOr die Abwicklung dieser Abgabe viel zu hoch ist und nicht der Umwelt, sondern einem Verwaltungshaushalt zugute kommt.

Deshalb muss dringend geprüft werden, ob das Instrument der Abwasserabgabe, das wir vollziehen, aber nicht unser Recht ist, auf den PrOfstand gehört. Ich bin der Meinung, dass die Abwasserabgabe auf den Profstand gehört, nicht nur wegen des extrem hohen Verwaltungsaufwands, sondern auch, weil es kein Ausweichen fOr die lässt, die sich hervorragend verhalten- ganz im Gegenteil. Zum 1. Januar 1999 wurden die, die sich besonders gut verhalten, also eine Abwassererklärung nach dem neuesten Stand der Technik abgeben und sozusagen saubereres Wasser einleiten als sie abholen, noch

zusätzlich bestraft, indem die Reduzierungsmöglichkeiten von 75 % auf 50 % herabgesetzt wurden. Das heißt, dass jeder 50% bezahlen muss.

Es gibt noch vieles, das im Argen liegt. Ich bin der Meinung, dass jemand, der ein Gewässer verschmutzt, zur Zahlung herangezogen werden muss. Das ist gar keine Frage. Aber derje

nige, der die Gewässer nicht verschmutzt, muss nicht durch ein Instrument, das unseren Haushalt mit Verwaltung belastet, insgesamt belastet werden. Deshalb habe ich in diesem Hause gesagt, die Abwasserabgabe enthält zu viel Verwaltungsaufwand. Meiner Meinung nach ist sie zu ungerecht und gehört auf den Prüfstand.

Die Abwasserabgabe genießt das Privileg, die beste ökologische Lenkungsabgabe zu sein, die wir je hatten. Sie hat ihren

Zweck viel schneller als erwartet erfüllt.

(Glocke des Präsidenten)

Daher gebOhrt ihr mein akademischer Respekt. Trotzdem hinterfrage ich, ob sie nicht viel zu kompliziert geworden ist und deshalb die einzelnen Diskussionen geführt werden. Ich lasse mich nicht davon abbringen, dass ich in die Sache hin

eindiskutieren will und nicht oberflächlich Ober irgendwelche Ja- oder Neinfragen entscheide. So einfach darf sich ein Parlamentarier das Leben nicht machen.

Vielen Dank.

(Vereinzelt Beifall bei F.D.P. und SPD)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Hering das Wort.

Herr Braun, es ist einfach unredlich, wenn Sie darlegen, uns wäre der Bericht des Landesrechnungshofs egal und wir worden diesen ignorieren. Das ist falsch und unredlich.

(Zuruf des Abg. Dr. Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der Landesrechnungshof hat als Erster diese Frage aufgeworfen und keine der Oppositionsfraktionen. ln der Rechnungsprüfungskommission hat eine Besprechung stattgefunden. Diese ist zu keinem abschließenden Ergebnis gekommen, sondern hat gesagt, dass die Frage vertagt wird und im Mai dieses Jahres erneut darOber beraten werden soll.

Unsere Intention war es, in Respekt gegenOber dem Landesrechnungshof das Ergebnis der Arbeit der Rechnungsprü

fungskommission abzuwarten und es dann in die abschließende Beratung des Ausschusses für Umwelt und Forsten und eventuell auch des Haushalts- und Finanzausschusses einfließen zu lassen. Deshalb gehtder Vorwurf an uns fehl, wirworden den Rechnungshof nicht ernst nehmen.

Man kann auch sehen, wo wir landen, wenn wir Anträgen der Opposition, obwohl sie sachlich falsch sind, entgegenkommen und als Mehrheitsfraktion sagen, dass wir diese nicht "ablehnen" wollen, sondern bereit sind, diese mit auf

zunehmen, einer Vertagung zustimmen und uns zu einer weiteren Beratung im Ausschuss für Umwelt und Forsten bereit erklären. Wenn ein solches Entgegenkommen auf diese Weise von Ihnen honoriert wird, müssen wir uns auch Gedanken machen, ob mit sachlich falschen Antragen, die Sie einreichen, künftig anders verfahren wird, wenn das ein solches Nachspiel hat.

(Beifall der SPD und der F.D.P.)

Die Rechnungsprüfungskommission wird uns einen Vorschlag unterbreiten, den wir analysieren werden. Parallel hierzu werden wir Informationen des Ministeriums erhalten, und dann werden wir zu einem Ergebnis kommen. Ich gehe davon aus, dass uns die Rechnungsprüfungskommission im Laufe des Jahres einen Vorschlag unterbreiten wird. Dann werden wir sehen, ob daraus SchlOsse zu ziehen sind.

Wir meinen, wir hätten ein Riesenproblem. Wenn alle anderen Bundesländer glauben, aufgrund der Analyse ihrer Juristen, der Beschlüsse ihrer Landtage und der Überprüfung der dortigen Gerichte zu dem Ergebnis zu kommen, man könne einen erheblich höheren Verwaltungsaufwand aus der Abgabe finanzieren, können wir in Rheinland-Pfalz nicht vollkommen falsch liegen. Es spricht einiges dafür, einige Monate abzuwarten, bis die Informationen auf dem Tisch liegen, und dann vernünftig darüber zu entscheiden.

Wir sind der Ansicht, an dem Vorhaben, die profilierte Umweltabgabe zu modifizieren und fortzuführen, weiterzuarbeiten. Das haben wir im Landtag mit der Modifizierung des Landesabwasserabgabengesetzes getan. Wir werden diese gute Umweltabgabe in dieser-Form fortführen

(Glocke des Präsidenten)

und zu vernünftigen und ohne Hektik getragenen Ergebnissen kommen.

(Beifall der SPD und der F.D.P.)

Zu diesem Thema liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit ist die Aktuelle Stunde beendet.

Meine Damen und Herren, ich begrüße zunächst Gäste im rheinland-pfälzischen Landtag, und zwar Schülerinnen und Schüler der 9. Jahrgangsstufe der Regionalen Schule Gebhardshausen mit ihren Lehrpersonen. Herzlich willkommen!

(Beifall im Hause)

Ich rufe Punkt B der Tagesordnung auf:

Landesgesetz zu dem Vertrag zwischen dem Land

Rheinland·Pfalz und dem Landesverband der Jüdischen Gemeinden von Rheinland-Pfalz -Körperschaft des öffentlichen Rechts

Gesetzentwurf der Landesregierung

• Drucksache 13/5159

ZWeite Beratung

dazu: Beschlussempfehlung des Ausschusses für Kultur, Jugend und Familie -Drucksache 13/5419

Ich erteile dem Berichterstatter, Herrn Abgeordneten Geis, das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Landtag hat in seiner Sitzung am 20. Januar 2000 beschlossen, den Gesetzentwurf an den Ausschuss fOr Kultur, Jugend und Familie-federführend- und an den Rechtsausschuss zu überweisen.

Der Ausschuss für Kultur, Jugend und Familie hat dem Gesetzentwurf in seiner Sitzung am 8. Februar 2000 zugestimmt.

Der Rechtsausschuss hat den Gesetzentwurf in seiner Sitzung am 10. Februar 2000 beraten und sich einstimmig der Beschlussempfehlung, die Annahme zu empfehlen, angeschlossen.

(Beifall der SPD, der F.D.P. und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Frisch das Wort.

Wir haben eine Redezeit von fünf Minuten je Fraktion verein

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Vertrag zwischen dem Land Rheinland-Pfalzund dem Landesverband der Jüdischen Gemeinden ist kein Vertrag mit irgendeiner Religionsgemeinschaft. Es istein Vertrag mit einer religiösen und ethnischen Gemeinschaft, die Ober mehr als 1000 Jahren in der europäischen und deutschen Geschichte ein wechselvolles Schicksal erlitten hat.

Zeiten der Abgrenzung und Selbstbehauptung wechselten mit Phasen von Resignation und Flucht. Ausbeutung, Verfolgung und Pogrome wurden von Duldung und staatlichem Schutz abgelöst. Auf Assimilierung und gesellschaftlichen Aufstieg folgte ein neuer Antisemitismus bis hin zum Holocaust durch ein verbrecherisches Naziregime.

Dem jüdischen Glauben anzugehören, bedeutete in leidvollen und schlimmen Zeiten der Geschichte oft ein Leben in lokal eingegrenzten Bereichen bis hin zu Gettos und ohne freie Berufswahl- Handwerk, Gewerbe, Landwirtschaft, akademi

sche Berufe und Staatsdienst waren Ober Jahrhunderte tabu-, ein Leben mit Sondergesetzen und Sonderabgaben, mit Angst vor KZ, Folter und mit Todesangst.

Andererseits setzten Epochen mit liberaleren Entwicklungen und Möglichkeiten zur Entfaltung viele Potenziale frei. So habenJudengerade im deutschsprachigen Raum in Kultur, Wissenschaft und Gesellschaft Meilensteine gesetzt. Die Welt wäre ärmer ohne die Musik von Felix Mendelssohn-Bartholdy und Jacques Offenbach, ohne die Erfindungen von Heinrich Hertz, Paul Ehrlich und Fritz Haber, ohne die Literatur von Heinrich Heine, Stefan George, Franz Kafka und Arthur Schnitzler, ohne Denker wie Sigmund Freud, Karl Marx, der schon deswegen genannt werden muss, weil er in Trier gebo