Protokoll der Sitzung vom 10.05.2000

Die F.D.P. l]ätte bei den Gemeinschaftsrevieren einen Kahlschlag verursacht, Herr Creutzmann.

(Creutzmann, F.D.P.: Das ist nicht wahr!)

Dabei müssen Sie sich merken, dass Kahlschläge inz~vischen verboten sind. ·

Die Umsetzung dieses Waldgesetzes ist vor Ort allerdings sehr unterschiedlich. Natürlich gibt es jetzt schon viele Förster, die nach dem neuen Waldgesetz, nach diesen ökologi

sehen Richtlinien, handeln. Es ist meiner Meinung nach richtig, dass vor Ort dort, wo das Gesetz zur Praxis werden soll, die Leute fachkundig von sich aus schon vorpreschen: Man kann das schließlich nichtparordre du mufti machen.

Andererseits wären wir sehr glücklich darüber, wenn die Ministerin der FSC-Richtlinie, der ökologischen Zertifizieruhg der Wälder, zustimmen würde. Das wäre dann tatsächlich die Garantie dafür, dass überwacht wird, was vor Ort geschieht. Das wäre die Garantie dafür, dass flächendeckend in Rheinland-Pfalzökologischer Waldbau betrieben wird. Viele gehen da voran. Der Gemeinde- und Städtebund geht bei der Zertifizierung voran. Das gilt aber auch für große Waldbesitzer. Sie haben davon keinen Schaden, sondern sie haben davon einen Nutzen; denn sie haben bessere Holz preise, und sie. haben ei_nen ökologischen Wald. Sie können ferner damit werben, dass sie FSC-zertifiziert sind. Da wird der neue Markt liegen.

Jetzt wissen wir, dass es die Diskussion gibt, dass das paneuropäische Zertifizierungssystem, das Frau Martini vorschlägt, auch auf den Markt kommen soll. Alle Umweltverbände, die weltweit aktiv sind, lehnen dieses System ab. Gerade im letzten Monat gab es eine gemeinsame Pressemitteilung der Umweltverbände in Deutschland, die noch einmal klar gemacht haben, dass das paneuropäische Zertifizierungssystem nicht ihre Anerkennung finden wird, dass es sich nicht beim Verbraucher durchsetzen kann, dass es sich nicht bei den ökologisch bewussten Ernkäufern durchsetzen kann. Genau das ist der springende Punkt.-Wir brauchen Marketing für den Holzbestand. Wir brauchen Mar.keting.für die Holzernte. Alles andere wird unserem Wald bestimmt eherschaden als nützen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Einen weiteren Punkt möchte ich anmerken. ln dem ersten Entwurf des Umweltministeriums gab es einen § 25 mit dem Titel.,Information und Waldpädgogik". Dort heißt es:.,Zu

den Aufgaben der Forstbehörden, insbesondere der Forstämter, gehört die Information über die Wirkung des Waldes, die ihn beeinflussenden und gefährdenden Faktoren sowie über die Waldwirtschaft einschließlich der Holznutzung. Dies schließt Angebote der Waldpädagogik an Schulen und sonstigen Erziehungseinrichtungen sowie an Gruppen ein."

Diese Waldpädagogik - Frau Jahns, Sie haben das vorhin erwähnt - hat viel dazu beigetragen, dass die Menschen in. Rheinland-Pfalzmehr vom Ökosystem Wald verstehen als früher, dass sie lernen können und frühzeitig herangeführt werden können, warum der Wald seinen Wert hat und warum der Wald auch seinen Wert jenseits des ökonomischen Wertes hat, nämlich in der Ökologie. Das ist ein Baustein in der Umweltbildung überhaupt. Ich habe gehört, dass.dieser Paragraph in den kabinettsinternen Abstimmungen herausgestrichen worden ist. Ich würde mich auch dafür interessi~ren, wie und warum dieser Paragraph herausgestrichen worden ist und von wem er herausgestrichen worden ist.

Ich spreche mich dafür aus, dass dieser Faktor !'Waldpädago

gik" wieder mit aufgenommen wird. lch_weiß sehr wohl, dass die SPD-Fraktion genauso dafür stimmen könnte, dass es also kein Schaden wäre. Ich bitte Sie, in den Anhörungen, in den Diskussionen des Gesetzentwurfs diesen Paragraphen wieder hineinzunehmen. Der Bund Deutscher Forstleute hat auch darum ~ebeten, dass dieser Punkt wieder aufgenommen wird. Die Leute vor Ort sind ökologisch orientiert und wollen auch Werbung da.für machen. Man muss sie auch lassen. Sie. können das nur- das wissen wir sehr genau -,wenn das auch ein Gesetzesauftrag ist. Sonst fällt im Endeffekt die Sache hinten runter. (Mertes, SPD: Wieso machen Sie das denn jetzt?)

-Weil Sie es im Momentfreiwillig machen.

(Zuruf d'es Abg. Mertes, SPD)

- Weil - das wissen Sie sehr wohl - im Moment immer mehr

Personal im Wald abgebaut wird, weil immer r:nehr Förster abgebaut werden und weil dann natürlich immer mehr Ar

beit der Verwaltung auf immer weniger Personen verteilt wird. (Mertes, SPD: Immer mehr! Die /

wären froh, es wäre so!)

Herr Mertes, vielleicht unterhalten Sie sich einmal mit den Be

troffenen vor Ort.

(Mertes, SPD: Sie müssen den Förster mit dem Fernglas suchen. Bei mir wohnt er nebenan!)

Ist Herr Kollege Hering heute da? Vielleicht kann er Ihnen einmal erklären, dass er für die SPD-Fraktion zugesagt hat, das noch einmal ernsthaft zu prüferi. Bei der Anhörung der IG

B~u hat Herr Hering zugesagt, noch einmal ernsthaft zu prü

fen, ob die Waldpädagogik nicht doch aufgenommen werden kann, weil die Förster und die entsprechenden Leute aus dem Forstministerium auch darum gebeten haben. Vielleicht können'Sie sich mit demje'nigen, der vor Ort diskutiert, noch einmal unterh~lten und eine ernsthafte Diskussion führen, Herr Mertes.

Zum Abschluss möchte ich noch einmal das Reiten im Wald ansprechen. Wir werden in den Ausschüssen darüber noch einmal eine entsprechende Diskussion haben, weil das Reiten · im Wald einer der schwierigsten und kompliziertesten Vorgänge im Moment ist. Es soll neue Kennze,ichen für die Pferde geben. Diese Kennzeichen werden für ein Jahr verkauft. Man kann die· Kennzeichen an verschiedene Pferde heften. Das Geld muss eingetrieben werden, die Kennzeichen müs

sen verkauft werden. Ich glaube, das ist ein Treppenwitz, da müsste m·an einfach-ere Verfahren im Laufe der Diskussion finden können.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

. Herr Kollege, lhre.Redezeit ist abgelaufen.

Meine Damen und· Herren, abschließend noch ein Wort zu den Grundbedingungen, weil heute auch der Waldzustandsbericht mit aufgerufen war. Nach wie vor ist die Grundbedingung für die Waldwirtschaft schlecht, weil der Waldzustand schlecht ist und das Waldsterben noch mehr als bisher vorangeht. Es gibt immer weniger gesunde Bäume. Das sollte uns zu denken geben und zum Handeln antreiben.

Vielen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die F.D.P.-Fraktion erteile ich der Abgeordneten Frau Hatzmann das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren!· Wenn ich das so richtig' bilanZiere, entspricht eigentlich die Stimmung zum Waldgesetz unserem Wetter: Friede, Freude, Sonnenschein bis auf einige wenige Punkte, 'die 'zu diskutieren sind. Das ist eigentlich· eine Bilanz, die man mit großer Freude hören kann. Es bestätigt uns natürlich auch in der Technik der Ent

schleunigung, nicht zu schnell mit einem solchen Thema vorwärts zu preschen, sondern sorgfältig mit allen berührten Gruppierungen auch lange und ausführlich zu diskutieren. Ich denke, das Ergebnis auch dieser Diskussion zeigt, dass es der richtige Weg war.

Meine Damen und Herren, ich bin kein Rechtshistoriker, aber an lässlich eines Waldgesetzes darf man ·einmal rückwärts schauen und fragen: Wie ist das in der Tradition der Waldgesetze? M~n wird feststellen, dass Vorschriften, die sich um den Wald oder die Forstwirtschaft ranken, extrem weit zurückgehen. Das ist sicher historisch gesehen einer der am stärksten rechtstechnisch beackerten Bereiche von den meisten ~echtsbereichen. Es ist auch einer der Bereiche, der am schnellsten eine effiziente staatliche Verwaltung entwickelt hat.

Warum war das so? Das lag nicht daran, dass im Wald alles in Ordnung war, sondern es lag daran, dass der Wald zu schützen war, dass er auch durch den Staat zu schützen war, zu schützen vor Übernutzung, zu schQtzen vor Plündereien im Krieg, zu schützen auch vor der eigenen Bevölkerung, die aus dem Wald auch lebenswichtiges Material herausgeholt hat. Wald war schon immer elementar. Es gibt unterschiedlichste

Vorschriften, übrigens ausgesprochen spannend zu sehen in unterschiedlichen Regionen. Aus dieser Sorge heraus ist die staatliche Forstwirtschaft entstanden. Das muss man sehen. und begreifen, wenn wir über die Neusuukturierung spre

chen, dass es eine sehr lange Tradition staatlicher Verwaltung zum Schutz eines sehr wichtigen Umweltgutes gibt.

Wenn man sich das betrachtet und sich das Forstgesetz von 1950, das heute schon mehrfach zitiert worden ist, anschaut, so steht dieses Landesforstgesetz noch in der gleichen Tradition des Schutzaspekts: Schützen des Waldes vor Übernutzung.- Das· ist eigentlich ein Ge~etz, das stärker die Ökologie und die Entwicklung des Waldes in den Vordergrund stellt und auch Behörden und Verwaltungen stark macht, den Wald vor zu großen Übergriffen, Eingriffen und vor zu großer Ökonomie zu schützen. Das war auch richtig und gut so.

Seit den 50er-Jahren hat auch die Forstverwaltung, haben die Förster und die Waldbesitzer einen riesigen. Weg gemacht.

Öie Forstwirtschaft heute ist etwas ganz anderes, als dies noch vor 50 Jahren Vl.'ar. Ich habe an der gleichen Universität wie die Forstleute studiert. Deswegen sind mir die Forstleute nicht ganz fremd. Wenn man sich abends einmal bei einem Glas Bier unterhalten hat, dann hat man festgestellt, dass es zwischen den Landespflegern und den ausgebildeten Förstern unglaublich wenige Unterschiede in der Frage der Nachhaltigkeit und des Naturschutzes gibt, das heißt, es ist eine völlig neue Generation von Forstbeamten· und Forstkennern nachgewachsen, die einen ausgesprochenen Wandel der Forstwirtschaft bewirkt hat. Deswegen ist es ric~tig, dass wir unser jetziges Gesetz nicht.,Landesforstgesetz", sondern.,Landeswaldgesetz" nennen. Herr Dr. Braun hat bereits darauf hingewiesen; denn der Name ist Programm.

Ganz im Gegensatz zu dem, was früher notwendig war, nämlich vor zu großen Übergriffen Z\Jschützen, können wir jetzt sagen: Übergroße Regulierungen könner:~ wir zum Nutzen des gesamten Systems abbauen. Ich denke, das ist auch in§ 1 sehr gut i~ der Formulierung gelungen:.. Zweck dieses Geset

zes ist es, den Wald in der Gesamtheit und Gleichwertigkeit seiner Wirkungen dauerhaft zu erhalten, zu schützen und erforderlichenfalls zu mehren." Die Wirkungen des Waldes in diesem Gesetz sind die ökologische, die ökonomische und die gesellschaftliche Wirkung. Wenn man sich die drei Begriffe in der Zielbestimmung noch einmal auf der Zunge zergehen lässt, ist das nichts anderes als das Programm von Rio.

Die Gleichw.ertigkeit der unterschiedlichen Ziele Ökologie, Ökonomie und Gesellschaftwird exemplarisch im Waldgesetz angegangen, und ich denke, das ist auch ein sehr guter Weg. Sonst würden wir uns heute darüber sicherlich nicht in dieser großen Einigkeit unterhalten.

Ich habe in viereinhalb Jahren gelernt, dass Gesetze zu verändern selbstverständlich auch eine große Unruhe, insbesondere in dem davon betroffenen Verwaltungen, erzeugt. Da wir aber ein für die Bundesrepublik einmaliges Verfahren. gewählt haben, nämlich die prospektive Gesetzesfolgeab

schätzung, konnten die berührten und betroffenen Verwaltungen und Waldeigentümer schon erahnen, in welche Richtung die Reise geht. Das heißt, der mittlere Weg, den wir gewählt haben, bedeutet weder kompletter Start noch kom

plettes Freilassen. Wir haben vielmehr einen Mittelweg gewählt, und auf diese Entscheidung konnten sowohl die berührten Behörden, als auch die Waldeigentümer bauen.

Schon allein aus diesem Grunde hatten wir ein wenig den Rücken frei und mussten nicht schnell entscheiden, um sozu