Protokoll der Sitzung vom 15.11.2000

- lieh - auf das bis jetzt vorliegende Schulgesetz, auf die bis jetzt vorhandenen Verantwortlichkeiten in Schulverwaltung, im Ministerium, in Schulaufsicht, in den Schulen selbst.

Meine Damen und Herren, mir scheint, nicht ein neues Gesetz macht die Schule besser,-sondern die Diskussion darüber, eine

gesellschafupolitische, eine pädagogische Diskussion, die wir

anzu~toßen und zu führen haben. Wir lehnen deswegen Ihren Gesetzentwurf, derviel zu detailversessen ist, der Schulen überfordet, der viel zu viel Zuverlässigki=it von in der Schule ehrenamtlich t!:itigen Menschen verl3ngt, der die eigEntlich verant1rvortlichen Schulleitungen entmachtet, der Exekutivverantwortung an die Legislative schiebt, ab. Wir glauben, dass unsere Schulen Hilfe und Beratung brauchen und nicht Bevormundung. Wir denken, nicht die Schulwirklichkeit sollte ignoriert werden, sondern das tatsächlic!Je Schulleben sollte der Gegenstand sein, mit dem wir uns beschäftigen.

Frau Kollegin, zu guter Letzt, Ihr Gesetzentwurf- wenn Sie ihn einmal anschauen, vor allen Dingen dort, wo über die Arbeitszeit von Lehrerinnen und Lehrern geredet wird - ist

schlechterdings einfach nicht mehr bezahlbar. Einen solchen Gesetzentwurf lehnen wir ab.

(Beifall bei SPD und F.D.P.- Schweitzer, SPD: Wieso? Wir haben doch die unterrichtsfreie Schule!)

Herr Kollege Dahm, ich erteile Ihnen zu einer Kurzintervention das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und_ Herren! Frau BredeHoffmann, ich kann nicht auf alles eingehEn, was Sie gesagt haben - das will ich auch nicht-, aber wichtig ist mir noch einmal, auf das Thema "Schulforum" einzugehen, weil Sie die Arbeit, die dort verrichtet werden könnte, doch ein bisschen sehr ins Lächerliche gezogen haben.

Ich darf noch einmal darauf hinweisen, Schule ist in jedem Fall nicht mit einem Betrieb zu vergleichen. Da sind wir uns einig. Aber die Wirtehaft hat Organisationsstrukturen hervorgebracht, die man durchaus auch diskutieren kann,

dass man durchaus auch solche Strukturen im Bildungssystem implementieren kann.

(Kuhn, F.D.P.: Qualitätsmanagement! Machen wir doch!)

- Herr Kuhn, Sie müssten eigentlich dafür sein. Sie wissen ganz genau, wie das bei öffentlichen Unternehmen ist. Dit

haben Verwaltung!:räte, oder bei Aktiengesell;::chaften gibt es Aufsichtsräte. Ich bin selbst ehren3mtlich zehn -Jahre ivlitglied in einem Ver11valtungsrat einer Sparkasse gewesen.

(Frau Brede-Hoffmann, SPD: Da kriegt man viel Sitzungsgeld!)

Wir haben dort über eine Bilanzsumme von über 1 Milliarde DM entschieden. Wir haben über Grundsätze-der regionalen Sparkassenpolitik entschieden. Wir haben ganz wichtige Entscheidungen getroffen, obwohl wir dort ehrenamtlich tätig waren und in dem Fall nicht direkt vom Fach waren.

Was ich sagen will, ist, dass wir solche Organisations

prinzipien, die sich bewährt haben, nämlich ausführende und kontrollierende Organe, in den Schulen durchaus anwenden können. Dann ist natürlich die Frage, auf die Sie es kapriziert haben: Ist der Sc~ulleiter jetzt eher vergleichbar mit einem Schulmanager, der die Schule leitet, oder ist er eine solche Zwitterperson, dass er auch im Aufsichtsorgan letztendlich auch noch Stimmrecht haben muss und entscheiden darf, was dort passiert? Das Zweite ist das, was Sie wollen. Aber das hat überhaupt nichts mehr mit rnodenien Grundsätzen von Organisationsstrukturen zu tun, die Sie uns hier vermitteln.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nein, es ist durchaus möglich, dass auch die Organe, wie das Schulforum, die Aufsicht führen und die grundlegenden Entscheidungen vorbereiten, die dann ein Leitungsgremium durchführt.-Aber ich habe Ihnen im Ausschuss auch gesagt, ich wäre auch damit einverstanden, wenn wir uns einigen könnten. Dann könnten wir auch im Schulforum sowohl dem Schulträger als auch- dem Schulleiter ein zusätzliches Stimmrecht mit einräumen. Über solche Dinge können wir uns unterhalten.

(Zuruf des Abg. Schweitzer, SPD)

-Herr Schweitzer, entschuldigen Sie, im Ausschuss ist doch die Diskussion überhaupt nicht geführt worden. Wir haben doch gesagt: Lasst uns doch einmal eine Anhörung dazu machen,

__ damit wir gerade diese Probleme dann auch besprechen können. - Das wurde· doch abgelehnt. Sie haben es.abgelehnt, über ein Gesetzeswerk von über 200-Paragraphen

überhaupt nur einen einzigen Experten zu hören. Sie _wollen es doch gar nicht. Frau Brede-Hoffmann. Sie wollen doch gar nicht die ernsthafte Diskussion über diesen Reformprozess,

(Glocke des Präsidenten)

der dringend notwendig ist und unbedingt vonstatten gehen muss.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zu einer Erwiderung auf ei!'le Kurzintervention erteile ich der Kollegin Frau Brede-Hoffmann das Wort.

Herr Dahm, das, was Sie erklärt haben, ist.,echt komisch" ge-wesen: die Ehrenamtlichkeit eines en.'llachsen•m Menschen, der in einem Verwaltungsrat einer Sparkasse sitzt und vielleicht drei Mal oder vier Mal im Jahr dorthin gehen muss, dann nach Studium einiger Unterlagen dort drei bis vier Stunden mitarbeitet. - Auf der Grundlage eines Vorstands, der sehr wohl seine Geschäfte entscheiden und im Detail diecGeschäfte der Sparkasse lenken kann, wird ein Verwaltungsrats-mitglied dort tätig.

Zuruf der Abg. Frau Thomas,

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das vergleichen Sie mit dem Konstrukt eines Schulforums, das

Sie uns in Ihrem Gesetzentwurf vorgelegt haben, das über Konflikte, Einstellungen, Lehrpläne und alles, was diese Schulen inhaltlich prägt, dauernd zu-entscheiden hat.

(Frau Thomas, ~ÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das steht dort überhaupt nicht drin!)

Wir haben es in den allermeisten Schulen fa!;t immer und

überall mit noch nicht volljährigen Schülerinnen und Schülern zu tun, die weiß Gott mit ihrer Zeiteinteilung hin und wieder etwas ins Schleudern kommen. Jeder, der Kinder hat, weiß das. Diese müssen dazu noch Arbeit im Schulforum verlässlich und für das Institut Schule zuverlässig machen. Das Geschäft der Schule gerät ins Wan_ken, wenn sich dort die Ab

teilung der Schülerinnen und Schüler im Schulforum verabschiedet, weil morgen eine Lateinarbeit oder eine sonstige Prüfung ansteht oder vielleicht eine Klassenfahrt gemacht wird. Das Gleiche giltfür die Eltern.

Ich möchte wissen, welche Eltern tatsächlich bereit sind, sich zu verpflichten, mindestens ein Schuljahr lang - ich weiß nicht, wie oft im Monat· im Schulforum auch jede Kleinigkeit mit zu entscheiden und das auf der Basis eines Vorstands der Schule, der keine eigene Entscheidung hat. Das ist wohl irgendwo eine verdrehte Welt, abgesehen davon, dass ich mich frage,_ für was wir uns eigentlich einig wa-ren, 11/lanagement· schulungen für _unsere Schulleitungen durchzuführen, unse·

ren Schulleitungen Qualifikationen zu vermitteln, die sie in die Lage versetzen- wie Sie diessagen -, eine Schule ähnlich einem modernen Betrieb zu leiten. Wer bitte nöchte Manager ohne Verantwortung werden? --Den möchte ich in der Wirtschaft gern einmal treffen. Ich habe jedenfalls noch nicht gehört, dass dies so sein soll.

(Beifall bei SPD und F.D.P.- Abg. Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, meldet s!ch zu Wort)

Frau Kollegin Thomas, Sie können nur auf die Rednerin, nicht auf den Widerspruch eingehen.

Zu einer Kurzintervention erteile ich der Abgeordneten Frau Thomas das Wort.

Bitte.

Frau Brede-Hoffmann, angenommen, unser Ministerprä:>i

dent, Herr Beck, wäre neben seinem Amt als Ministerpräsident nicht zusätzlich Abgeordneter, sondern er wi;irE nur Mi

nisterpräsidt:nt, wäre er dann nach ihrer Definition ein.. Kasper"?- Das ist die Frage, die ich mir eben gestellt habe, als Sie gesagt haben, ein Schulleiter ohne Stimmrecht in einem Schulforum wäre ein.. Kasper".

(Schweitzer, SPD: Sie reiten sich _ immer mehr hinein!)

Genau das is(es. Er hat mehr Zuständigkeiten und Verantwortung als ein Schulleiter. Wenn er nicht sein Abgeordnetenmandat und damit im Parlament auch kein Stimmrecht hätte, dann würde er tatsächlich seine Arbeit auch verantwortungsvoll ausüben wollen. Also hören Sie :.uf mit Ihren Horrorgemälden und ihren ~onstigen GEschichten.

(Pörk>en, SPD: Was meinen Sie damit?)