Protokoll der Sitzung vom 21.09.2017

Man muss sagen, Sie erkennen in einigen Bereichen des Antrags die richtigen Handlungsfelder, unterschlagen aber, dass Ihre Forderungen großteils von der Realität schon überholt sind, Stichwort Berufs- und Studienorientierung an allgemeinbildenden Schulen. In Rheinland-Pfalz gehört die Unterstützung der Schülerinnen und Schüler an allgemeinbildenden Schulen bei ihrer Berufswahl und bei der Studienwahl seit Langem zum Allgemeinbildungsauftrag der Schule. Neue Instrumente sind gewählt worden, zum Beispiel der Tag der Berufs- und Studienorientierung. Dies kann man auf dem Bildungsserver des Landes RheinlandPfalz nachlesen. Das ist sehr aufschlussreich.

(Vereinzelt Beifall bei SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, andere Forderungen sind etwas obskur, beispielsweise die Forderung, steuerliche Forschungsförderung zu betreiben. Sie führen in dem Antrag aus, man solle, wie im Bund geplant, auch für RheinlandPfalz eine steuerliche Forschungsförderung einführen. Ich gebe gern zu, dass hier die Konfliktlinien sehr häufig nicht entlang parteipolitischer Grenzen verlaufen, sondern eher eine Frage der Auseinandersetzung zwischen Finanz- und Fachpolitikern sind. Stellt man aber den Bundesfinanzminister, der aufgrund seiner Aufgabe der größte Kritiker dieser Einführung ist,

(Abg. Julia Klöckner, CDU: Stimmt gar nicht! Steht im Wahlprogramm!)

kann man schlecht sagen, sie hier in Rheinland-Pfalz einführen zu wollen, zumal die Zuständigkeit für Einkommensteuer, Körperschaftsteuer, Gewerbesteuern, was die Gesetzgebungsbefugnis angeht, auf der Bundesebene und nicht auf der Landesebene liegt.

Ein weiterer Punkt, der in dieser Weise obskur bleibt, ist die Innovationsförderung. Spätestens seit den Haushaltsberatungen 2017/2018, die anscheinend in diesem Bereich relativ spurlos an Ihnen vorbeigegangen sind, befindet sich die Innovationsförderung zur Zufriedenheit der Vertreter der rheinland-pfälzischen Wirtschaft auf einem ausgezeichneten Niveau.

Ich fasse zusammen, die Vorschläge sind teilweise etwas chaotisch, aber sie sprechen Themen an, die auch für uns von Relevanz sind. Deswegen wollen wir uns mit den Fragen im Ausschuss für Wirtschaft und Verkehr gern weiter beschäftigen.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die AfD-Fraktion hat Herr Abgeordneter Dr. Bollinger das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die grundlegende Analyse des vorliegenden Antrags ist richtig. RheinlandPfalz konnte seine wirtschaftlichen Kräfte in den vergangenen Jahren nicht vollständig entfalten. Das Wirtschaftswachstum ist schon seit Jahren beständig kleiner als im Bundesdurchschnitt. So kommt es, dass inzwischen das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf stattliche 9,5 % unter dem Bundesdurchschnitt liegt, während es 1991 noch den Bundesdurchschnitt übertraf. Ja, und 1991 kam dann die SPD an die Regierung.

(Heiterkeit der Abg. Dr. Sylvia Groß, AfD)

Dass die Arbeitslosigkeit nicht höher ist, als sie es ist linebreak – was wir begrüßen –, liegt vor allem an der Flexibilität der rheinland-pfälzischen Arbeitnehmer, von denen viele zum Arbeiten in Nachbarländer pendeln. Wir brauchen also einen grundlegenden Neuanfang in der Wirtschaftspolitik unseres Landes. Doch nach fast eineinhalb Jahren Ampelregierung können wir sagen, auch mit dem Beitritt der FDP in die rot-grüne Landesregierung hat es diesen Neuanfang nicht gegeben.

(Zuruf des Abg. Thomas Roth, FDP)

Die Mittel für den Straßenbau, insbesondere die Straßensanierung, reichen nach wie vor nicht aus, um den vom Rechnungshof festgestellten Unterhaltsstau von 970 Millionen Euro bei den Landesstraßen zu verringern.

(Zuruf des Abg. Thomas Roth, FDP)

Zudem verhindert Minister Wissing mit seiner starren Haltung in der Frage des Baulastträgers, dass das Projekt Mittelrheinbrücke vorankommt.

(Beifall der AfD)

Ein klares Bekenntnis zum Erhalt und zum Ausbau unserer Verkehrsinfrastruktur sieht anders aus.

(Zuruf des Abg. Thomas Roth, FDP)

Die im vorliegenden Antrag und von uns geforderte Planungsbeschleunigung erfordert einerseits mehr Personal und damit mehr Planungskapazitäten, andererseits sind aber auch grundlegende Vereinfachungen der Planungsprozesse vonnöten. Eine solche Präzisierung des Antrags wäre hilfreich.

Meine Damen und Herren, die aktuellen Programme der Landesregierung zum Breitbandausbau sind bereits überholt, bevor sie vollständig umgesetzt sind.

Denn während Rheinland-Pfalz immer noch auf Anschlüsse mit einer Leistungsfähigkeit von 50 Megabit in der Sekunde baut, erfordern neue Anwendungen bereits eine zehn- bis zwanzigmal höhere Internetgeschwindigkeit.

(Zuruf von der SPD: Welche denn?)

Um eine solche zu realisieren, brauchen wir allerdings Glasfaserkabel auch auf der letzten Meile bis ins Haus und nicht mehr die veralteten Kupferkabel, die die Deutsche Telekom noch immer verteidigt. Die Glasfaserinitiative der Ministerpräsidentin hat in dieser Hinsicht bisher nur PRGeklingel gebracht. Auch hier wäre eine Präzisierung des Antrags hilfreich.

Dann gibt es wichtige Themen einer zukunftsweisenden Wirtschaftspolitik, die im Antrag leider ganz fehlen. So findet sich beispielsweise kein Hinweis darauf, dass bei der Straßensanierung neben dem Land auch die Kommunen gefordert sind. Denen fehlt aber das Geld für die Investitionen, und über die prekäre Finanzsituation der rheinland-pfälzischen Kommunen haben wir gestern anlässlich des Kommunalberichts ausführlich diskutiert.

Kein Wort im Antrag leider auch zur Entwicklung der wirtschaftsschwachen Regionen in Rheinland-Pfalz. Zur Unterstützung der wirtschaftsschwachen Räume im Land gibt es Finanzmittel im Rahmen des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, EFRE, und im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur. Die Mittel werden jeweils vom Wirtschaftsministerium verwaltet. Doch die Zahlen des statistischen Landesamtes zur Entwicklung der einzelnen Regionen in den letzten zehn Jahren sind leider eindeutig. Regionen, denen es ohnehin wirtschaftlich schlecht geht, haben auch nur ein geringes Wirtschaftswachstum gehabt. Beispiele sind der Landkreis Kusel oder die Stadt Pirmasens. Die Schere innerhalb des Landes geht also immer weiter auseinander.

Ein Antrag für eine zukunftsweisende Wirtschaftspolitik sollte doch auf dieses Thema eingehen, meine Damen und Herren. Was wir brauchen, ist eine Evaluation der Programme zur regionalen Wirtschaftsentwicklung. Wir dürfen nicht zulassen, dass ganze Regionen abgehängt werden.

Wir von der AfD jedenfalls werden weiterhin für eine gute wirtschaftliche Entwicklung im ganzen Land kämpfen, genauso wie wir weiterhin für den Bürokratieabbau kämpfen werden – ein Thema, das im vorliegenden Antrag leider ebenfalls fehlt.

In Umfragen unter Mittelständlern wurde die Bürokratie regelmäßig als das größte oder mindestens das zweitgrößte Übel neben der Steuerlast beklagt. Bürokratie ist allerdings wie die Hydra. Schlägt man einen Kopf ab, wachsen mehrere neue nach. Darum brauchen wir neue Ansätze für den Bürokratieabbau. Da sollte man auch an innovative Varianten denken, wie zum Beispiel eine Garantie einer Maximalbearbeitungszeit von Anträgen von Unternehmen, die diese beim Land einreichen.

Ich resümiere: Wir unterstützen die im Antrag vorgetragenen Vorschläge zu den Themen Berufsschulen, Innovationen und Infrastruktur. Einige Punkte, wie die steuerliche Forschungsförderung, wirken sogar wie aus unserem AfDWahlprogramm zur Bundestagswahl entnommen.

Wir hätten uns allerdings einige Präzisierungen gewünscht und stellen fest, dass wichtige Punkte in dem CDU-Antrag

noch fehlen. Wir könnten jetzt natürlich einen Alternativantrag stellen, wie es die CDU bei AfD-Anträgen zu tun pflegt,

(Zuruf der Abg. Julia Klöckner, CDU)

denen sie inhaltlich eigentlich zustimmen müsste, dies aber aus Prinzip nicht tun möchte.

Die Praxis, Anträge anderer Fraktionen aus weltanschaulichen Gründen grundsätzlich abzulehnen, halten wir allerdings nicht für produktiv.

(Beifall der AfD – Heiterkeit der Abg. Jutta Blatzheim-Roegler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Als gewählte Volksvertreter sehen wir es als unsere Aufgabe an, alle Initiativen zu unterstützen, die im Interesse unseres Landes und unserer Bürger sind, unabhängig davon, wer sie eingebracht hat.

Um die in dem Antrag enthaltenen zielführenden Ansätze zu präzisieren und weitere Punkte zu ergänzen, werden wir daher der Überweisung an die Ausschüsse gern zustimmen.

Vielen Dank.

(Beifall der AfD)

Für die FDP-Fraktion hat Herr Abgeordneter Wink das Wort.

Verehrter Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich danke der CDU, dass sie dieses Thema auf die Tagesordnung gebracht hat, nicht nur weil es ein wichtiges Thema ist, – – –

(Abg. Julia Klöckner, CDU: Weil wir auch gern zustimmen! – Heiterkeit bei CDU und AfD)

Nein, Ausschussüberweisung ja, das kann ich vorwegnehmen.

Aus unserer Sicht beinhaltet der Antrag jetzt keine bahnbrechende Innovation. Ich möchte auf einige Punkte eingehen. Im Koalitionsvertrag ist es ebenfalls ein wichtiger Punkt, die Stärkung der berufsbildenden Schulen weiter voranzubringen. Die berufsbildenden Schulen sind seit langer Zeit ein zentraler und extrem wichtiger Partner, wenn es um die Ausbildung geht und im Rahmen der Fachkräftestrategie.

Hierbei gilt es hervorzuheben, dass sich seit Antritt diese Ampelkoalition – für die FDP war immer der Spruch „Ein Meister muss so viel wert sein wie ein Master“ ganz wichtig – dafür einsetzt, dass allgemeine, berufliche und akademische Bildung auf drei Säulen nebeneinander auf Augenhöhe zu finden ist. Demnach wird diesem kritisierten Imageproblem zum größten Teil schon entgegengewirkt.

Auch ist im Koalitionsvertrag Ziel, die Sicherung von Fachklassen auf Grundlage des Modellversuchs Berufsschule 2020 zu gewährleisten. Mithilfe von stärkerer Einbeziehung der einzelnen Schulen bei der Personalgewinnung und Einstellung wird zunehmend einem Fachlehrermangel entgegengewirkt.

Das Orientierungsangebot in Bezug auf Studien- und Berufswahl muss natürlich auch weiterhin gestärkt werden, aber hier passiert viel durch Kooperationen mit Partnern. Ich nenne zum Beispiel zahlreiche Berufsinformationsbörsen, die stattfinden, auch in Zusammenarbeit mit der LVU, gerade letzte Woche eine in Pirmasens, wo 3.000 bis 4.000 Schülerinnen und Schüler das Angebot wahrgenommen haben, mit zahlreichen, Hunderten Unternehmen zu sprechen, um zu handwerklichen Berufen etwas zu lernen.

Das sind Schritte, die getan werden und wichtig sind. Das sind Konzepte, die uns gut auf die Zukunft gerade in diesem Bereich vorbereiten.

Die Maxime unseres Bildungssystems stellt für uns als FDP-Fraktion die individuelle Unterstützung auf ein selbstbestimmtes und eigenverantwortliches Leben dar.