Protokoll der Sitzung vom 19.06.2018

Wir haben die Situation auch in der Landwirtschaft. Auch die Landwirtschaft war von diesen Ereignissen sehr stark betroffen.

Wenn man dann noch das Rhein-Niedrigwasser dazu nimmt, dann waren auch wirtschaftliche Branchen davon betroffen, die das so nicht erwartet haben. Zum Beispiel musste die BASF eine ihrer teuersten Anlagen für einige Zeit stilllegen, weil sie sich einfach nicht mehr mit Rohstoffen versorgen konnte. Insofern wird das ganze Dilemma deutlich.

Vor dem Hintergrund haben wir mit unserer Großen Anfrage abgefragt, wo wir mit der Energiewende stehen, weil wir natürlich Ursachenbehandlung betreiben wollen. Die Antworten zu dieser Großen Anfrage haben deutlich gemacht, wir haben in der Tat unsere Hausaufgaben gemacht. Das möchte ich an einigen wenigen Zahlen verdeutlichen.

Es ist uns in den letzten zehn Jahren gelungen, den Anteil der erneuerbaren Energien bei der Stromerzeugung drastisch zu steigern. Wir kommen von 3 Milliarden kWh im Jahr 2006 und sind jetzt bei 9 Milliarden kWh. Das ist eine Steigerung um das Dreifache in einem Jahrzehnt. Das kann sich sehen lassen. Von diesem Anteil nimmt der Wind 56 % und die Photovoltaik (PV) fast 20 % ein. Wir haben erfreulicherweise gerade in letzter Zeit wieder einen Anstieg im PV-Bereich. Hier ist die Situation, dass wir inzwischen über 100.000 PV-Anlagen auf unseren Dächern haben, die über 2 Milliarden kWh Strom erzeugen. Also auch hier haben wir eine erfreulich steigende Tendenz.

Was besonders erfreulich ist: Auch der nächste Schritt dieser Energiewende wird eingeleitet, nämlich die Batteriespeicher in Kellern nehmen deutlich zu. Inzwischen ist die bundesweite Situation so, dass zu jeder zweiten PVAnlage, die aufs Dach kommt, auch ein Batteriespeicher in den Keller kommt. Das ist wichtig.

Das ist wichtig für die Fortsetzung der Energiewende, gerade in einem Pendlerland wie Rheinland-Pfalz, weil wir Strom, Wärme und Verkehr miteinander verzahnen wollen. Wir wollen in allen drei Bereichen weg von den fossilen Brennstoffen. Es ist naheliegend, dass über einen Batteriespeicher im Keller die künftigen Tankstellen im Land Rheinland-Pfalz auf den Dächern der RheinlandPfälzerinnen und Rheinland-Pfälzer liegen.

Das ist auch wichtig in einem Pendlerland, weil wir im Moment noch die Situation haben, dass etwa 1.500 Euro von einem durchschnittlichen Pendler jedes Jahr durch den Auspuff gejagt werden. Diese 1.500 Euro bedeuten keine Wertschöpfung bei uns, sondern die Wertschöpfung findet überwiegend im Nahen Osten statt. Das wollen wir natürlich nicht mehr haben. Wir wollen eine Wertschöpfung über die erneuerbaren Energien bei uns in RheinlandPfalz. Da wird auch deutlich, dass es uns hier nicht nur um Klimaschutz geht. Das ist unser Antrieb, aber wir wollen Arbeitsplätze schaffen. Wir wollen Wertschöpfung generieren.

Dankenswerterweise hat der Rhein-Hunsrück-Kreis einmal hochgerechnet, was das für das Land Rheinland-Pfalz bedeutet. Der Landkreis hat inzwischen über 600 MW erneuerbare Energien installiert. Das bedeutet eine Wertschöpfung pro Jahr von inzwischen 44 Millionen Euro. Nicht nur, dass wir hier 44 Millionen Euro Einnahmen haben, die kommunale Haushalte sehr deutlich entlasten, sodass wir inzwischen sehr viele Kommunen, Ortsgemeinden und Verbandsgemeinden haben, die schwarze Zahlen schreiben. Wir können dieses Geld wieder sehr klug weiter reinvestieren, zum Beispiel in soziale Projekte und in Bildungsprojekte.

Das sind die Kreisläufe, die wir auch als Koalitionsfraktionen im Land Rheinland-Pfalz stärken wollen, weil es nicht einzusehen ist, dass mehrere Milliarden Euro nach wie vor von Rheinland-Pfalz abfließen und über die Landesgrenzen hinweg in andere Länder dieser Welt fließen.

Jetzt ist die Situation leider so, auf Bundesebene haben wir ja die Große Koalition und insbesondere auch hier die CDU mit Frau Merkel und Herrn Altmaier, die auf die Bremse treten. Das gefährdet den weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien in Rheinland-Pfalz. Das möchte ich an ein paar Beispielen noch einmal erläutern.

Wir bräuchten dringend einen schnellen Einstieg in den Kohleausstieg.

(Zuruf des Abg. Dr. Adolf Weiland, CDU)

Ich bin der Kohlekommission schon dankbar, dass die Tür ein klein wenig in diesem Zusammenhang geöffnet worden ist und wir diesen Einstieg zwar zu langsam aus grüner Sicht, aber doch anscheinend gesellschaftlich soweit auf den Weg gebracht haben.

Die Jamaika-Sondierungsgespräche wurden gerade schon angesprochen. Es ist ein Verdienst der Umweltverbände und ich denke, es ist auch ein Verdienst der Grünen, dass dieser gesellschaftliche Ansatz, aus der Kohle auszusteigen, jetzt gesellschaftlich mehrheitsfähig geworden ist und uns das in einem ersten Schritt gelungen ist.

Wir bräuchten auch dringend die Abschaffung der Deckel sowohl im Solar- als auch im Windbereich. Wir bräuchten dringend eine Regionalisierung der erneuerbaren Energien. Wir brauchen weniger den Zubau in den norddeutschen Küstenländern. Wir brauchen einen Zugang, auch um die Netze zu entlasten und um uns einen nicht so hohen Netzausbau zumuten zu müssen. Wenn wir dafür sorgen würden, dass Wind und Solar vor allen Dingen in Mitteldeutschland und in Süddeutschland ausgebaut würden – das müssten wir hinbekommen.

Wir bräuchten dringend – damit komme ich zum Schluss –, wenn wir über Kilowatteinsparungen nachdenken, ein umfangreiches Gebäudesanierungsprogramm von Bundesebene initiiert, damit wir da auch den Geldbeutel unserer Bürgerinnen und Bürger in Rheinland-Pfalz deutlich entlasten können.

Vielen Dank.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und FDP)

Wir dürfen weitere Gäste, das Jugendparlament der Stadt Worms, im Landtag begrüßen. Herzlich willkommen!

(Beifall im Hause)

Wir begrüßen auch Rechtsreferendarinnen und Rechtsreferendare des Amtsgerichts Mainz. Herzlich willkommen im Landtag!

(Beifall im Hause)

Für die SPD-Fraktion spricht Abgeordneter Rahm.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Zukunft begegnet uns nicht zufällig. Die Zukunft begegnet uns in unseren Entscheidungen und unserem Handeln. – Das ist ein Zitat unserer ehemaligen Umweltministerin Margit Conrad, die 13 Jahre lang die Geschicke des Umweltministeriums von Rheinland-Pfalz geleitet hat.

Davor hat sich Klaudia Martini als Umweltministerin in ihrer zehnjährigen Amtszeit auch in der Bundespolitik einen Namen gemacht. Ich erinnere hier daran, wie sie 1993 dem Atomkraftwerk Mülheim-Kärlich als erstem AKW in Deutschland erstmals eine Dauerbetriebsgenehmigung versagte.

Meine Damen und Herren, aber die Zeiten, in denen wir überwiegend wegräumen, reinigen, filtern und heilen mussten, gehören der Vergangenheit an. Rheinland-Pfalz hat sich in vielen Bereichen der Umwelt- und Energiepolitik vom Reparaturbetrieb zum Zukunftsmodell entwickelt.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das ist heute auch der konsequent weitergeführten, vorausschauenden und zukunftsorientierten Arbeit der Ampel

koalition und Ministerin Höfken zu verdanken. Dies zeigen die Antworten auf die Großen Anfragen der Grünen, besonders am Beispiel des Ausbaus der erneuerbaren Energien mit der Windkraft, der Photovoltaik und auch hinsichtlich weiterer künftiger Maßnahmen und im Hinblick auf künftige Speichermöglichkeiten.

Meine Damen und Herren, Rheinland-Pfalz ist auf dem Weg, das Klimaschutzziel für das Jahr 2020 zu erreichen. Im Vergleich zum Jahr 1990 haben sich bis zum Jahr 2015 die im Land emittierten Treibhausgase bereits um 37 % reduziert.

Klima schützen, Energieversorgung sichern, Energierechnungen reduzieren und Arbeitsplätze schaffen, sind heute noch die Pfeiler unserer Energiestrategie, zu der es gehört, Energie einzusparen, die Energieeffizienz zu steigern, erneuerbare Energien weiter auszubauen und die eigene Energieversorgung im Land zu stärken.

Bis zum Jahr 2020 haben wir uns das konkrete Ziel gesetzt, mindestens 30 % Anteil der erneuerbaren Energien am Stromverbrauch erzeugt in Rheinland-Pfalz darzustellen. Wir sind bestens unterwegs. Lag der Anteil der erneuerbaren Energien beim Stromverbrauch in Rheinland-Pfalz im Jahr 2002 bei nur 5,4 % – Herr Hartenfels hat es vorhin schon erwähnt –, sind wir inzwischen bei 9 Milliarden kWh: also eine wahnsinnige Entwicklung, die wir dort hingelegt haben.

Bei der Photovoltaik und der Solarwärmeerzeugung belegt Rheinland-Pfalz im Vergleich der Bundesländer immer vordere Plätze, ebenfalls ein respektabler Erfolg in unserem Land.

Meine Damen und Herren, die Beispiele für eine erfolgreiche Energiewende ließen sich mühelos fortführen. Die Zahlen sind Ihnen umfassend bekannt. Lassen Sie mich deshalb noch auf einen anderen Aspekt der Energiewende, die Umsetzung in den Kommunen, eingehen. Das ist äußerst wichtig für mich und meine Fraktion. Ein Schwerpunkt unserer Maßnahmen zur Energieeinsparung sind die energetische Sanierung von Gebäuden und der Neubau von Häusern, die mehr Energie produzieren als sie verbrauchen, mit Partnern aus Handwerk und Gewerbe.

Landesweit existieren neben der Energieagentur zahlreiche Beratungsstellen für eine kostenlose Energieberatung der Bürgerinnen und Bürger sowie für kleine und mittelständische Unternehmen. In unsere nachhaltige Energieerzeugung und Energieeinsparung zu investieren, schafft regionale Wertschöpfung und Einkommen vor Ort, regt regionale Wirtschaftskreisläufe an, bringt dem Handwerk Aufträge und schafft Arbeitsplätze.

Meine Damen und Herren, wir sind uns der Verantwortung als Industrienation in Europa und mit Europa und in der Welt bewusst. Deshalb unterstützen wir auch die Klimaschutzziele in Berlin und in Brüssel. Wir sind uns aber auch der Verantwortung für den Industriestandort Rheinland-Pfalz bewusst. Mit unseren Energiestrategien verfolgen wir die Standortsicherung auch der besonders energieintensiven Unternehmen in unserem Land. Gleichzeitig wird deren Wettbewerbsfähigkeit gestärkt und die Entwicklung innovativer Produkte gefördert.

Von Rheinland-Pfalz gehen Know-how und Technologien zur wirkungsvollen globalen Verringerung der Treibhausgase in die Welt, nicht zuletzt dank der hervorragenden Arbeit in unseren Universitäten, Hochschulen und Forschungseinrichtungen.

Trotz allem Optimismus: Es gibt noch unendlich viel für den Klimaschutz und die Energiewende zu tun. Packen wir es an!

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die CDU-Fraktion spricht Abgeordneter Wäschenbach.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Vieles ist richtig, was hier gesagt wurde, aber die rosarote Brille lässt Ihnen Ihre grüne Energiewende im Land perfekt erscheinen und täuscht über viele physikalische und marktwirtschaftliche Realitäten hinweg.

(Beifall bei CDU und AfD – Zurufe von der AfD: Richtig!)

Die Fortschritte ihrer Energiewende sind Trippelschritte. Wir brauchen jedoch mutige und große Schritte und nicht einmal ein bisschen hier und ein bisschen da. Wir müssen in globalen Energiefragen größer agieren als nur in Rheinland-Pfalz: in Deutschland, Europa und der Welt.

So haben sich am 18. Dezember in Brüssel das Europäische Parlament, der Rat und die Kommission auf den zweiten und finalen Teil des Gesetzgebungspakets „Saubere Energie für alle Europäer“ geeinigt. Diese Gesetze werden auch Rheinland-Pfalz im Transformationsprozess und in ganz Europa treffen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen bei den Grünen, Sie reden die Energiewende in Deutschland immer schlecht. Deutschland hat aber in der Energiewende die Führung übernommen.

(Heiterkeit bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Informationsfahrten unseres Umweltausschusses nach Dänemark und Norwegen haben gezeigt, dass dort auch nur mit Wasser gekocht wird. Ja, es gibt dort eine starke E-Mobilität einerseits, aber verstärkte Förderung fossiler Energieträger wie Gas und Öl andererseits und den Verzicht oder den nicht nennenswerten Ausbau der Windkraft, weil man ja genug Wasserkraft hat. Bei Wasserniedrigstand muss sogar Atomstrom importiert werden. Das zeigt, Skandinavien hat auch keine Blaupause für Europa.

Also das alles ist nicht vergleichbar mit dem, was wir in Deutschland machen: parallel aus der Atom- und aus der Kohleenergie aussteigen. Es gibt sonst nirgendwo in einem Industrieland diesen Konsens, der in den letzten Tagen in

der Politik mit den Verbänden und mit großer gesellschaftlicher Zustimmung durch die Kohlekommission vorgelegt wurde.

Doch zurück nach Rheinland-Pfalz und zu einigen Punkten der hiesigen Energiewende: Erstens Photovoltaik: Wir müssen diesen schlummernden Riesen der Energiewende anders wecken als Sie es tun. Städte und urbane Ballungsräume müssen dazu beitragen, die Potenziale der Photovoltaik besser auszuschöpfen. Möglichkeiten gibt es auf vielen Dachflächen, überdachten Parkplätzen von großräumigen Einzelhandelindustrie-Dächern oder bei der Installation auf öffentlichen Gebäuden sowie landeseigenen Liegenschaften und auch in Straßen.