Protokoll der Sitzung vom 21.02.2019

Aber all das habe ich bereits in der Aktuellen Debatte im Januar an dieser Stelle gesagt, und ich möchte es deshalb nicht noch einmal wiederholen.

Leider bleibt der CDU-Antrag an wichtigen Stellen unscharf. So wird beispielsweise gefordert, der Betreuungsschlüssel müsse sich an „pädagogisch notwendigen Größenordnungen“ orientieren. Das ergibt aber wenig Sinn, wenn man nicht sagt, wie diese Größenordnungen konkret aussehen sollen; denn auch die Ministerin behauptet natürlich, ihr Konzept sei pädagogisch sinnvoll.

Wir haben in der Vergangenheit mehrfach darauf gedrängt, den von den deutschen Kinderärzten aus pädiatrischer und kinderpsychologischer Sicht formulierten Mindeststandard endlich umzusetzen. Demnach sollten maximal zwei unter Einjährige durch eine Erzieherin versorgt werden, bei den Ein- bis Zweijährigen sollten es maximal drei, bei den Zwei- bis Dreijährigen maximal vier Kinder je Betreuerin sein.

Dabei weisen die Mediziner darauf hin, dass nicht der theoretische, sondern der praktische Betreuungsschlüssel unter Berücksichtigung von Urlaub, Krankheit, Fortbildung und Verwaltungstätigkeiten ausschlaggebend sei. Hiervon sind wir in Rheinland-Pfalz weit entfernt. Deshalb hätten wir uns eine Konkretisierung dieser Forderung im CDUAntrag gewünscht.

Auch der kritische Hinweis auf „ideologische Vorgaben“ für die Betreuung bleibt nebulös. Was genau ist damit gemeint? Natürlich gibt es im Bereich der rheinlandpfälzischen Kindertagesbetreuung eine ganze Menge linksgrüner Ideologie, angefangen von der einseitigen Förderung der außerfamiliären Erziehung bis hin zu Frühsexualisierung und politischer Einflussnahme in der Kita. Wir haben das als wertkonservative Partei immer wieder ausdrücklich kritisiert.

(Beifall bei der AfD)

Die CDU dagegen eiert wie so oft herum und belässt es bei nichtssagenden Andeutungen, ohne Ross und Reiter zu nennen. Ganz besonders deutlich wird diese Profillosigkeit der Union, wenn sie im Antrag davon spricht, gerade in den ersten Lebensjahren der Kinder seien die Eltern für die Entwicklung von Bindungsfähigkeit und Persönlichkeit nicht zu ersetzen, und wenn sie dann wörtlich schreibt: Kinder sind „in der Altersspanne von einem bis sechs Jahren äußerst verletzlich (...). Störungen in dieser Altersphase können dauerhafte Konsequenzen haben“.

Vollkommen richtig erkannt, liebe CDU. Aber warum haben Sie dann das noch im Landtagswahlkampf 2016 von Frau Klöckner versprochene Familiengeld stillschweigend beerdigt,

(Zuruf von der AfD: Hört, hört!)

obwohl es die Möglichkeiten von Eltern erweitert hätte, in den ersten Lebensjahren ihre Kinder selbst zu betreuen? Warum haben Sie unser Landeserziehungsgeld abgelehnt und tragen tatsächlich die völlig einseitige Förderung institutioneller Pflege auch der Kleinsten kritiklos mit? Und warum stimmt beispielsweise die CDU-Fraktion in Trier einer Betreuungszeit von bis zu neun Stunden für diese Kinder zu, obwohl sie sich doch angeblich in einer äußerst verletzlichen Phase ihrer Entwicklung befinden?

(Abg. Joachim Paul, AfD: Genau!)

Meine Damen und Herren, wieder einmal zeigt sich, dass die CDU auch in der Familienpolitik keine wirkliche Alternative zu den Regierungsparteien darstellt. Zerrissen zwischen der Option auf eine Koalition mit grünen Gesellschaftsingenieuren und einer zum Teil noch konservativen Wählerklientel laviert die Union hin und her und passt sich zunehmend dem Mainstream an.

Bei dem in Kürze anstehenden Projekt „Kinderrechte ins Grundgesetz“ wird sie gemeinsam mit SPD, Grünen, FDP und Linken einen weiteren Schritt hin zur Aushöhlung des Erziehungsprivilegs der Eltern und zu noch mehr Einfluss des Staats auf unsere Kinder tun. Letztlich steht nur noch die AfD für ein konservatives und zugleich zukunftsweisendes Profil in der Familienpolitik.

(Beifall der AfD)

Wir reden nicht nur über eine Stärkung von Familien, sondern wir haben klare Forderungen aufgestellt, wie diese umgesetzt werden soll. Wir möchten mehr Gerechtigkeit und Wahlfreiheit durch eine der außerfamiliären Betreuung auch finanziell gleichgestellten Anerkennung der Erziehungsleistung von Eltern. Aber wir möchten auch bestmögliche Rahmenbedingungen für die Kinder, die in einer öffentlichen Einrichtung betreut werden.

(Beifall der AfD)

Deshalb sind wir gespannt darauf, wie der neue Gesetzentwurf aussehen wird, den Ministerin Hubig als Reaktion auf die vielfältige Kritik vorzulegen versprochen hat. Dann, und erst dann, verehrte Kolleginnen und Kollegen von der CDU, ist der richtige Zeitpunkt gekommen, hier im Parlament darüber zu diskutieren.

Vielen Dank.

(Beifall der AfD)

Für die FDP-Fraktion spricht die Abgeordnete Lerch.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ist es guter parlamentarischer Brauch, über Entwürfe zu reden, die den Charakter der Vorläufigkeit haben? Die Antwort ist klar: Nein, ist es nicht.

(Abg. Simone Huth-Haage, CDU: Wer sagt das? – Abg. Christian Baldauf, CDU: Jawohl, Frau Lehrerin! – Abg. Alexander Licht, CDU: Wir sind schon ein bisschen länger da! – Unruhe bei der CDU)

Die Frage ist, warum reden wir trotzdem zum wiederholten Mal über einen Entwurf, der sehr, sehr vorläufig ist?

(Fortgesetzt Unruhe bei der CDU – Glocke des Präsidenten)

Die Frage muss sich die CDU selbst beantworten.

(Abg. Christian Baldauf, CDU: Was für ein Geschwurbel! – Zuruf des Abg. Alexander Licht, CDU)

Es wurde hier gesagt, es könnte – das haben meine Vorredner gesagt – Profilierung sein, es könnte der Kommunalwahlkampf sein. Aber es könnte natürlich auch – das unterstelle ich jetzt einfach – der berechtigte Wunsch sein, die vielen Rückmeldungen, die wir zu dem vorläufigen Entwurf bekommen haben, sorgfältig zu analysieren und einer Verbesserung zuzuführen.

(Abg. Alexander Licht, CDU: Das haben Sie beim letzten Mal sehr gut getan!)

Herr Baldauf, in der Rhein-Zeitung vom 16. Februar werden Sie zitiert: In den Kitas müsse es einen „Rechtsanspruch auf Qualität“ geben. Ja, auch ich würde mir gern wünschen, dass man einen Rechtsanspruch auf Qualität einklagen könnte. Das würde ich mir auch an den Schulen wünschen. Aber so einfach geht es eben nicht.

Ich setze das Zitat fort: „Wir erwarten einen deutlich überarbeiteten Entwurf des Kita-Gesetzes – und zwar jetzt.“ Als ich das gelesen habe, kam mir etwas assoziativ ein Schlager in Erinnerung, der schon eine Zeitlang zurückliegt: „Ich will alles. Ich will alles. Und zwar sofort. Eh’ der letzte Traum in mir zu Staub verdorrt.“

(Heiterkeit der Abg. Dr. Sylvia Groß, AfD)

Das ist das, was wir so richtig in Erinnerung haben.

(Heiterkeit und Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das war eben die Assoziation, Herr Baldauf. Das war eben so.

(Abg. Alexander Licht, CDU: „Wenn nicht jetzt, wann dann?“ – Abg. Christian Baldauf, CDU: Wie kann man aus so einem Loch wieder herauskommen?)

Und Sie möchten gerne landesweite Standards verbindlich zur Sprachförderung, zur Inklusion, zur Integration und zur Vorbereitung auf die Schule.

Wir haben heute schon gehört, dass es ein Sozialbudget geben soll,

(Abg. Christian Baldauf, CDU: Jetzt müssen Sie kommen und die Regierung retten! Das darf nicht wahr sein!)

in dem genau diese Dinge geregelt werden.

Meine Damen und Herren, damit kommen wir zu der grundsätzlichen Frage, was die Opposition von der Regierung unterscheidet.

(Zurufe von der CDU)

Es gibt das Wort „Regierungsverantwortung“. Aber wenn Sie nachschlagen,

(Zuruf des Abg. Christian Baldauf, CDU)

finden Sie im Lexikon nicht den Begriff der „Oppositionsverantwortung“. Das macht schon deutlich, dass die Opposition offenbar ein anderes Handeln an den Tag legen kann und es auch tut, als die Regierung.

Heute Morgen hat Herr Schreiner so schön gefragt: „Wem müsste man etwas wegnehmen?“ Genau, Herr Schreiner, die Frage gebe ich zurück. Wem müsste man etwas wegnehmen, wenn man Ihren Antrag jetzt umsetzt, auf gerechte und transparente Finanzierung, auf die Orientierung des Betreuungsschlüssels, auf die Unterstützung der Arbeit der Erzieher, stärkere Einbindung der Eltern, entsprechende bauliche Mittel und so weiter, und so weiter.

Das ist Ihr Antrag. Bitte werden Sie konkret, auch als Opposition. Dann können wir über Einzelheiten reden. Aber die Allgemeinplätze können doch auch wir alle unterschreiben.

(Beifall bei FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der CDU)

Aber das ist nicht der Punkt, um den es geht. Wir brauchen Präzision.

(Abg. Christian Baldauf, CDU: Danke! Das gibt es ja gar nicht: Heute nur gemeinsame Anträge!)

Sie regen sich so wunderbar auf.

(Abg. Christian Baldauf, CDU: Ich rege mich nicht auf, ich freue mich!)