Protokoll der Sitzung vom 21.02.2019

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will mich jetzt nicht in die Diskussion, wer wann welchen Antrag bzw. vielleicht einen besseren oder schlechteren Antrag zu dem Thema gestellt hat, einmischen. Ich möchte nur thematisieren, dass wir viele Betroffene haben.

Wir haben Familien, die betroffen sind, wir haben Handwerker, die betroffen sind, wir haben in Mainz Mittelständler, die betroffen sind, aber auch den ganz normale Dieselfahrer, der betroffen ist.

Wenn ich auf die Diskussion von gestern Morgen noch einmal zurückkomme, glaube ich sagen zu können, hat Rheinland-Pfalz sehr schnell gehandelt. Mit 3 Millionen Euro hat Rheinland-Pfalz gehandelt. Wir haben gestern Morgen gehört, dass die Stadt Mainz 23 Busse mit den Mitteln des Landes angeschafft hat. Wir haben aber auch gehört, dass Busse in Mainz, Koblenz und Ludwigshafen modernisiert worden sind.

Jetzt die Diskussionen über die Messstellen zu führen, das kann man machen, man kann auch einmal darüber reden, wer zuständig ist, wer auf Bundesebene zuständig ist, auch wer vielleicht auf EU-Ebene zuständig ist, aber damit ist den Betroffenen nicht geholfen. Damit ist den Betroffenen aktuell nicht geholfen. Betroffen ist auch derjenige, der einen Pkw hat, der vier oder fünf Jahre alt und vielleicht der Euro-4-Norm unterworfen ist. Auch ihm ist mit diesem Antrag nicht geholfen.

Wir vonseiten der FDP-Fraktion setzen uns dafür ein, dass Fahrverbote nicht in Kraft treten,

(Zuruf des Abg. Michael Billen, CDU)

und das mit direkten Hilfen.

Von der Bundesregierung erleben wir seit drei Jahren viele Diskussionen, viele Mobilitätskongresse, viele Dieselkongresse und viele Runden, aber wir sind keinen Schritt weiter. Wir können gerne über die eine oder andere Messstelle diskutieren, ob sie um 1 m verschoben wird oder nicht, Herr Billen aber damit ist den Betroffenen nicht geholfen.

(Zuruf des Abg. Michael Billen, CDU)

Ich glaube, von daher ist es wie gesagt legitim, über Radwegenetze, alternative Möglichkeiten, ÖPNV-Konzepte zu sprechen. Sie kommen aus der Region Trier. Die ÖPNVKonzepte sind neu geordnet, Stück für Stück werden wir dort neue Linien aufbauen. Im Vulkaneifelkreis haben wir damit begonnen.

Unsere Forderung lautet von daher: Wir möchten Fahrverbote verhindern, wir möchten, dass die Messstellen kor

rekt aufgestellt werden und die Vorgaben der EU einhalten. Anstatt über die gesetzlichen Regelungen und Vorgaben weiterhin im Plenum zu diskutieren, ist es uns wichtig zu handeln, und die Landesregierung handelt, um die drohenden Fahrverbote abzuwenden. Sie unterstützt die Städte in Rheinland-Pfalz und die Betroffenen im Rahmen ihrer Möglichkeiten.

Wir werden den Antrag der CDU vonseiten der FDPFraktion ablehnen.

Vielen Dank.

(Beifall der FDP, bei der SPD und vereinzelt bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht der Abgeordnete Hartenfels.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich zunächst drei Punkte noch einmal klarstellen, die in der Gesamtdebatte wichtig sind, glaube ich, losgelöst von dem CDU-Antrag.

Zum einen möchte ich für unsere Fraktion noch einmal feststellen, dass für uns die Grenzwerte nicht zur Disposition stehen.

(Beifall der Abg. Pia Schellhammer, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Diese Grenzwerte sind Recht und Gesetz, sie sind vor zwei Jahrzehnten entwickelt worden von doch so bedeutenden Organisationen wie der WHO, die mehrere Hundert Studien zusammengestellt haben und anhand derer sich der gesamte europäische Raum und letztendlich auch die Bundesregierung orientiert haben, nicht zuletzt auch eine schwarz-gelbe Bundesregierung, die das im Jahr 2010 in Bundesrecht übertragen hat. Grenzwerte stehen für uns nicht zur Disposition. Sie würden bei einer Erhöhung auch nicht zu besserer Luft führen.

Zweiter Punkt, der mir wichtig ist: Wir orientieren uns ganz stark und streng am Vorsorgeprinzip. Wir haben aus guten Gründen im europäischen Raum, dem Umweltbereich und überhaupt bei der Gesetzgebung die Vorsorge im Blick. Warum haben wir die Vorsorge im Blick? Weil wir uns nicht am männlichen erwachsenen Durchschnittsbürger orientieren sollten, sondern an den Kindernasen in den Kinderwägen in unseren Städten, an der älteren Generation in unseren Städten oder an den Personen in den Städten, die Atemwegserkrankungen haben, die Vorbelastungen haben, für die das dann das i-Tüpfelchen wäre. Die wollen in einem Hitzesommer, zum Beispiel an einem sogenannten Tropentag – wir werden noch häufiger Tropentage bekommen –, trotzdem noch gut atmen. Daran sollten wir uns orientieren.

Wenn wir eine Grenzwertdebatte führen, dann eine, die nach unten orientiert ist und nicht nach oben. Das möchte ich vorab noch einmal für uns klarstellen.

(Beifall der Abg. Dr. Bernhard Braun und Daniel Köbler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Billen, über die Messstellen möchte ich eigentlich gar nicht mehr reden, weil dazu die Frau Ministerin in der Mündlichen Anfrage und in den letzten Wochen alles gesagt hat. Sie sind nach Recht und Gesetz aufgestellt. Das ist auch schon seit Jahrzehnten der Fall. Sie geben ein gutes Bild wieder von der Belastungssituation. Es hilft den Menschen nicht, wenn wir diese irgendwo in die Wälder schieben, damit sie dann keine Belastungssituationen mehr melden.

(Abg. Jutta Blatzheim-Roegler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Frischluft messen!)

Ich komme jetzt zu Ihrem Antrag. In der Überschrift habe ich noch gelesen, Sie wollen die Luftqualität verbessern. Das ist Ihr Anspruch. Wenn ich diesen Antrag dann lese, finde ich weder Maßnahmen in der Vergangenheit oder aktuell aufgeführt, die dazu beigetragen hätten, zu die Luft verbessernden Werten zu kommen. Ich finde auch keine Maßnahmen, die Sie an die Landesregierung richten oder über den Bundesrat an die Bundesregierung, die in Zukunft zu einer verbesserten Luftsituation führen würden.

Deswegen möchte ich im zweiten Teil meiner Ausführungen noch einmal den Fokus darauf legen, was die entscheidenden Maßnahmen zu Ihrem Anspruch, den Sie selbst formuliert haben, wir wollen Luftqualität verbessern, sind.

Was ist entscheidend in der jetzigen Debatte? Entscheidend wäre, die Automobilindustrie endlich zu dem zu zwingen, was zu Recht und laut Gesetz eigentlich gefordert ist und was sie seit Jahren ignoriert, nämlich Recht und Gesetz einzuhalten. Das wäre die Forderung Nummer 1, und sie würde uns sofort aus irgendwelchen Dieselfahrverbotsdebatten hinaus führen, weil das zu einer dramatischen Reduzierung der Luftbelastung führen würde.

Leider müssen wir zur Kenntnis nehmen, die Automobilindustrie wird seit drei Jahren zwar immer wieder von der Kanzlerin eingeladen, aber ohne, dass es zu irgendwelchen Konsequenzen kommt. Das können und sollten wir uns nicht bieten lassen. Da müsste eigentlich der Finger in die Wunde gelegt werden.

(Beifall des Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zweiter Punkt in diesem Zusammenhang: Ich habe mit Freude zur Kenntnis genommen, dass die Bundesregierung ein Programm – ein „Sofortprogramm Saubere Luft 2017 – 2020“ für eine bessere Luftqualität in Städten, das im Jahr 2017 ins Leben gerufen wurde und bis 2020 geht – aufgelegt und mit 1 Milliarde Euro ausgestattet hat. Ich würde sagen, ein gutes Volumen. Die Situation Ende 2018 ist leider, bewilligt sind bisher etwa 240 Millionen Euro. Einige wenige Millionen sind bisher in die Auszahlung gebracht worden. Das ist mit Blick auf den Begriff „Sofortprogramm“ nicht sehr ambitioniert. Das will ich einmal vorsichtig so formulieren.

Wir wären weiter, wenn diese 1 Milliarde Euro schon bei den Kommunen angekommen wären. Wir hätten dann schon ganz andere Grenzwertsituationen.

Last, but not least, wir haben selbst als Landesregierung ein Sofortprogramm aufgelegt, 3 Millionen Euro an die drei Städte, die betroffen sind. Marco Weber hat schon darauf hingewiesen. Diese Gelder sind in die Maßnahmen gebracht worden, insbesondere in den Umbau und in die Fortentwicklung der Busflotte.

Aber auch die Kommunen sind in den letzten Jahren, das möchte ich lobend erwähnen, im Rahmen ihrer Luftreinhaltepläne nicht untätig geblieben. Dieses exponierte Beispiel von der Mainzelbahn: Schöner könnte es nicht sein, wie man vorsorgend Stadtpolitik im Bereich Luftqualität betreiben sollte, nämlich die Mobilität so zu organisieren, dass sie zu möglichst wenigen Luftschadstoffen führt.

(Zuruf des Abg. Arnold Schmitt, CDU)

Wir haben ein ganzes Portfolio, was wir einsetzen könnten. Vor dem Hintergrund kann ich leider nur sagen, dieser CDU-Antrag ist nur heiße Luft. Wir hätten uns etwas anderes vorgestellt. Deswegen wird auch meine Fraktion diesen Antrag ablehnen.

Vielen Dank.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD – Abg. Adolf Weiland, CDU: Ihr macht gar nichts! Nur heiße Luft!)

Für die Landesregierung hat Staatsministerin Höfken das Wort.

Verehrte Frau Präsidentin, verehrte Kollegen und Kolleginnen! Es ist eigentlich fast alles gesagt. Die Messstationen können nichts dafür. Sie sind nur Überbringer von schlechten Nachrichten. Verursacher – das ist von Herrn Rahm schon deutlich ausgeführt worden – ist die Automobilindustrie, die illegale Ware an die Dieselbesitzer verkauft hat. In Verantwortung ist die Bundesregierung, das zu lösen und endlich Hardware-Umstellungen auf Kosten der Hersteller in Gang zu bringen. Die Entwertung der Autos wäre dann kein Problem mehr. Sie wären repariert und könnten wieder fahren. Wir sind aus Sicht des Verbraucherschutzes dafür, dass es nicht die Autofahrer sind, die das Ganze auslöffeln sollen.

Ich will trotzdem noch einmal zwei Sätze sagen. Ihr Antrag hat sich sowieso ziemlich erledigt; denn selbstverständlich werden die Anlagen überprüft. Das haben wir jetzt schon hundertmal gesagt. Das war ein Beschluss der Umweltministerkonferenz, den wir selbst herbeigeführt haben. Das macht jetzt das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit. Zudem sind sie alle richtlinienkonform in Rheinland-Pfalz. Das sind die Messstellen, die bei uns im relevanten Messnetz sind. Da ist keine, die sich außerhalb von irgendwelchen richtlinienkonformen Bandbreiten befindet.

Die 26 Stationen, die da sind, messen das Spektrum ab,

das die EU vorgegeben hat, also SO2, Feinstäube, Kohlenmonoxid, Kohlenwasserstoffe und eben NOx. Auch darauf ist von den Abgeordneten der Koalitionsfraktionen schon hingewiesen worden. Wir hatten gerade die Debatte über den Zustand des Waldes. NOx ist nicht einzeln zu betrachten. Es ist ein Reizgas. Es ist sehr reaktiv. Es bildet als Vorläufer Ozon. Es trägt zur Feinstaubbildung bei. Deswegen haben wir bei NOx eine ganz besondere Situation.

Liebe Kolleginnen und Kollegen der Opposition, es gibt auch das Recht auf körperliche Unversehrtheit. Ich fand es sehr problematisch, was Sie gestern gesagt haben, als ich etwas zur DAK-Studie sagte. Es ist die DAK-Studie, die 600.000 Kinder mit Meldedaten der Ärzte erfasst hat. Dort ist die Atemwegserkrankung als die häufigste Krankheit bei Kindern benannt. Ich finde, das ist ein Problem. 7 % der Kinder haben Asthma-Erkrankungen. Das ist keine lockere Schnupfen-Erkrankung, sondern eine schwere chronische Erkrankung. Wir sind gefordert, das ernst zu nehmen und Luftreinhaltung wirklich nach Kräften zu betreiben, damit weder unser Wald noch unsere Kinder geschädigt werden.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Zum Schluss darf ich nur sagen, wir sind auf guten Wegen. Das ist die gute Nachricht, die wir verkünden sollten. Mainz ist schon mehrmals erwähnt worden.

(Die Rednerin hält ein Bild hoch)

Wir haben die Passivsammler betrachtet. Dieses Bild können Sie auch im Internet finden. Sie sehen, das sind die Parcusstraße und Passivsammler. Ich weiß nicht, ob Sie das erkennen können. Wenn Sie das sehen, da ist die Station, hier sind die Passivsammler, und dort sehen Sie leicht erhöhte Werte. Ob sie dort etwas verschieben würden oder nicht, würde überhaupt keine Relevanz haben.

Vielleicht sollte man aber Ihnen noch einmal sagen, die Grenzwerte, die für die Messnetze relevant sind, sind Jahresmittelwerte. Sie schwanken. Sie gehen über Urlaube, über Feiertage und über die Nacht hinweg. Nachts sind aber so viele Menschen nicht unterwegs. Es sind schon Höchstwerte von 200 µg und mehr, die anfallen. Das war bei den Heimspielen von Mainz 05 besonders der Fall. Dank der Mainzelbahn haben wir das jetzt aber nicht mehr.

Vielen Dank.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)