Herr Junge, ich weiß nicht, ob Sie immer die Meinung Ihres Bundesvorsitzenden der Jungen Alternativen teilen, der eine Reihe hinter Ihnen sitzt. Dazu war einiges in der Vergangenheit zu lesen.
Meine sehr geehrte Damen und Herren, die Enteignung von Unternehmen, Wohnungen oder Grundstücken darf niemals eine Option werden.
Jetzt ist die Zeit schon wieder vorbei. Ich hätte gerne noch weiter geredet. Ich habe noch eine zweite Runde. Da geht noch etwas.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Aktuelle Debatte auf Antrag der AfD „Soziale Marktwirtschaft statt Sozialismus“ wäre eigentlich Anlass, sich wirklich wieder einmal grundlegend mit dieser Frage, die durch einige aktuelle Facetten in der Tat im Moment eine große Bedeutung hat, zu beschäftigen. Was aber die AfD bisher dazu geliefert hat, wird dem aus meiner Sicht nicht gerecht, sondern es war die Aneinanderreihung bekannter und nur wiederholter Vorwürfe und Kritikpunkte. Das hat keinen Erkenntniswert gebracht.
Dabei hätte gerade eine Partei wie die AfD, wie ich finde, Grund, sich mit diesem Thema angemessen zu beschäftigen. Wir müssen uns klarmachen, wir feiern jetzt 70 Jahre Grundgesetz. Geprägt von den schrecklichen Erfahrungen in den totalitären Staaten vor allem Nazi-Deutschlands und der Sowjetunion, bei denen der einzelne Mensch oft nichts galt und das Kollektiv oder die Volksgemeinschaft überhöht wurde, haben die Väter und Mütter unserer Verfassung den Staat und damit die Gesellschaft vom Individuum aus gedacht. Der einzelne Mensch in seiner Einmaligkeit steht im Mittelpunkt. Der einzelne Mensch wird mit solch umfangreichen Freiheitsrechten ausgestattet und vor staatlicher Gängelung und Beschränkung geschützt wie nie zuvor in unserer Verfassungsgeschichte.
Diese Freiheitsrechte umfassen auch das Recht, sich unternehmerisch zu betätigen, das Recht, Risiken einzugehen, aber auch das Recht, Gewinne zu erwirtschaften und reich zu werden. Auch das gehört zu diesen Rechten, und,
meine Damen und Herren, wer damit ein Problem hat, der hat ein Problem mit den Freiheitsrechten und damit eigentlich auch mit der Freiheit als solcher in unserem Land. Das müssen wir uns in der gegebenen aktuellen Diskussion immer wieder vor Augen führen und ganz wachsam sein.
Für uns als CDU-Fraktion ist die individuelle Freiheit, wie sie durch das Grundgesetz ausgestaltet wird, ein hohes Gut. Das ist die liberale Tradition der CDU. Für uns steht der Mensch als Geschöpf im Mittelpunkt, nicht das Kollektiv.
Dabei ist klar, dass diese Freiheit nicht ungezügelt besteht, sondern dass sie untrennbar mit ihrer Kehrseite, der Verantwortung, verbunden ist, und zwar sowohl nach dem Grundgesetz als auch nach unserem Menschenbild: Verantwortung für sich und für den Nächsten, Hilfe erst dann in Anspruch nehmen, wenn es nicht mehr anders geht, und Hilfe gewähren, wo und soviel sie nötig ist. – Das ist die soziale Säule, auf der unser Programm steht.
Es ist das Geniale der Sozialen Marktwirtschaft, wie sie Müller-Armack nach dem Krieg entwickelt hat, diese beiden Strömungen zusammenzuführen, also den Freiheitsgedanken des Liberalismus und den sozialen Gedanken des Sozialismus. Deswegen, weil sie diese beiden Säulen unserer Parteigrundsätze zusammenführt, ist die Soziale Marktwirtschaft auch ein Markenkern der CDU, und den lassen wir uns auch nicht nehmen und schon gar nicht von der AfD okkupieren.
Es war die Marktwirtschaft, die nach dem Krieg die Chance bot, die Güterknappheit schneller als jedes andere Wirtschaftsmodell zu überwinden, eben weil sie den Wunsch nach Selbstverwirklichung und den Freiheitsdrang, der tief im Menschen verwurzelt ist und der ihn antreibt, als Motor nutzt. Kombiniert und ergänzt werden muss aber die Marktwirtschaft natürlich durch Sozialpolitik; denn der Markt als solcher ist nicht sozial, das hat auch Müller-Armack ganz klar erkannt. Diese Sozialpolitik soll aber – das ist das Wichtige gerade auch in der heutigen gesamtgesellschaftlichen Diskussion – die sozialen Defizite der reinen Marktwirtschaft ausgleichen, ohne in das Funktionssystem des Marktes einzugreifen.
Allen Anhängern der Sozialen Marktwirtschaft ist klar: Sozialpolitik funktioniert nur, wenn es etwas zu verteilen gibt, und verteilen kann man nur das, was zuvor erwirtschaftet wurde. Damit komme ich zu diesen Kevin Kühnerts der Welt. Wenn die gefragt werden, wie ihre Vorstellung von Sozialpolitik ist und wie die ideologisch begründeten Enteignungen finanziert werden sollen, dann wird verwiesen auf die riesigen Vermögen anderer, die höher besteuert werden sollen, also letztlich auf eine reine Umverteilung des schon vorhandenen erwirtschafteten Vermögens.
wir versprechen Milch für alle, und wenn man nachfragt, woher diese Milch kommen soll, sagt man: Wir schlachten die Kuh, verkaufen das Fleisch, dann haben wir Geld und kaufen Milch. – Genauso läuft es bei diesen wirklich platten Thesen, mit denen Stimmung gemacht wird.
Es gibt nämlich von diesen Sozialisten und all den Anhängern der Enteignung keine belastbaren Antworten darauf, wie das Geld,
das verteilt werden soll, erwirtschaftet wird. Damit müssen wir uns noch einmal näher beschäftigen, und dazu haben wir in der zweiten Runde die Zeit.
Verehrte Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wirtschaft ist nicht alles, aber sie ist einer der Grundpfeiler unserer Gesellschaft. Sie schafft Arbeitsplätze, damit Menschen ihren Lebensunterhalt verdienen können. Sie sorgt für Steuereinnahmen und finanziert mit diesen Steuereinnahmen unseren Rechtsstaat, den Kulturstaat, den Sozialstaat und all die anderen Dinge, die für uns heute absolut selbstverständlich sind.
Doch die wirtschaftliche Stärke ist auch kein Selbstläufer. Im Gegenteil, man muss sie stetig ausbauen, um weiterhin erwirtschaften zu können und um all diese Dinge, die für uns selbstverständlich sind, auch zu finanzieren. Nur so können wir nachher den größtmöglichen Wohlstand für alle Menschen in unserem Land erreichen.
Natürlich liegt den Freien Demokraten auch eine Debatte über Wirtschaft und die Soziale Marktwirtschaft nahe, jedoch wollen wir diese Debatte nicht in eine ideologische Diskussion verwandeln.
Der Wohlstand, den wir jetzt haben, ist durch Freiheit, Wettbewerb und soziale Aspekte der Gesellschaft entstanden. Die Wirtschaft muss aber auch an neue Bedingungen wie die Globalisierung oder Digitalisierung angepasst werden. Die Freien Demokraten wollen das ändern und die Soziale Marktwirtschaft an das Heute anpassen. Genau deshalb dürfen wir uns nicht ins 19. Jahrhundert zurückversetzen, sondern lassen Sie uns nach vorne schauen.
Nur mit dem Blick in die Zukunft können Themen wie die Energiewende, Fachkräftemangel und alles, was in diesem Hohen Hause diskutiert wird, bewältigt werden. So stehen
auch wir für beste Bildung, weniger Bürokratie, bessere Rahmenbedingungen für Investition oder Innovation.
Wir wollen jeden Menschen groß machen und nicht den Staat. Wir wollen unternehmerische Freiräume stärken. 99 % aller Unternehmen in Rheinland-Pfalz sind mittelständisch und somit der starke Motor unserer Sozialen Marktwirtschaft.
Unsere Mittelständler sind in vielen Bereichen die Hidden Champions auf dem globalen Markt. Auch deren Innovationen halten unser Land an der Spitze. Stetig werden Innovationen hervorgebracht, um im Wettbewerb bestehen zu können. Genau das bringt auch unsere Unternehmen voran. Die mit dem Innovationspreis 2019 ausgezeichneten Unternehmen haben es vielfältig vorgemacht: umweltfreundlicher Holzschutz, 3D-Druck-Verfahren mit recycelbarem Material, Messmaschinen, web-bassierte Überwachung etc.
Eine einfache Vision hat hierbei aber nicht ausgereicht. Alle Unternehmen haben auch den Mut bewiesen, diese Ideen umzusetzen.
Soeben wurde die Freiheit angesprochen, um Unternehmen zu gründen. Deshalb ist es auch so wichtig, dass wir Gründerinnen und Gründer in unserem Land weiter fördern. Der Motor der Sozialen Marktwirtschaft bekommt dadurch nicht nur einen höheren Drehmoment, sondern er bekommt auch mehr Leistung.
Zu den Äußerungen des Fraktionsvorsitzenden Junge in Richtung der FDP möchte ich sagen: Es verwundert mich sehr, dass Sie sich als Partei darstellen, die absolut die größten Kompetenzen im Bereich der Wirtschaft hat. So war es doch zum Beispiel die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), die gesagt hat – ich darf aus dem Handelsblatt zitieren –: