Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bedaure es schon, dass die Diskussion etwas abgedriftet ist. Einige der Beiträge, die wir heute gehört haben, sind es durchaus wert, dass man sie aufgreift.
Frau Blatzheim-Roegler, ich habe mich über den Schwung gefreut, mit dem Sie ein flammendes Plädoyer für die Freiheit und den hohen Wert, den die Grünen diesem Recht und hohen Gut zubilligen, gehalten haben. Ich muss ganz ehrlich sagen, die meisten nehmen die Grünen tendenziell anders wahr,
wenn ich so an den Veggieday, an Tempolimits, an die Beschränkung von Flügen, das Silvesterfeuerwerk usw. denke. Wir sind aber alle lernfähig.
Zur AfD sage ich einmal: Soziale Marktwirtschaft beinhaltet durchaus auch, dass Folgekosten oder Ressourcenverbrauch, der bei der Erwirtschaftung von Vermögen unvermeidbar ist, zugeordnet und bepreist werden. Stattdessen aber alle Umweltschäden einfach zu leugnen und zu sagen, da gibt es nichts, wir müssen nichts ändern, geht mit Sicherheit nicht mit der Sozialen Marktwirtschaft konform.
Ich fand es spannend, dass Sie bei Ihrem ersten Statement in einem Nebensatz gesagt haben, wer Wohnungsgesellschaften privatisiert habe, das wären primär CDUBürgermeister gewesen. Herr Guth, ich muss Sie einmal daran erinnern: Eine der ersten Städte, die das ge
macht hat, war Kiel. Das war unter dem Oberbürgermeister Dr. Gansel. 11.000 Wohneinheiten! Das war eine der großen städtischen Transaktionen.
Meine Damen und Herren, denken Sie an die Neue Heimat. Das sind doch alles Beispiele dafür, dass Wohnungsvermögen letztlich privatisiert wurde.
Deshalb bleibt es dabei: Sozialpolitik ohne Marktwirtschaft ist wie ein Auto ohne Motor. Es geht nicht voran. Das Benzin für diesen Motor ist die Freiheit. Deshalb gilt heute genauso wie vor 40 Jahren: Freiheit statt Sozialismus!
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Werter Herr Kollege von der CDU, werter Herr Martin, es wundert mich, dass Sie offensichtlich über die Inhalte meines Redebeitrags, den ich für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegeben habe, so erstaunt waren. Aber das zeigt mir, dass auch die Kolleginnen und Kollegen von der CDU vielleicht nicht immer nur auf Allgemeinplätze, die über die Grünen erzählt werden, reinfallen, sondern tatsächlich einmal zuhören sollten. Da freue ich mich.
Vielleicht noch zwei Sätze zum Grundgesetz, das bereits erwähnt wurde. Ich möchte Artikel 14 zitieren, in dem es heißt: „Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.“ Des Weiteren heißt es in Absatz 3: „Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig.“
In Artikel 15 steht: „Grund und Boden, Naturschätze und Produktionsmittel können zum Zwecke der Vergesellschaftung durch ein Gesetz, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt, in Gemeineigentum oder in andere Formen der Gemeinwirtschaft überführt werden.“
Es ist wohl klar geworden, dass ich überhaupt nicht Herrn Kühnert das Wort rede, aber es ist eine Tatsache, dass es diese Möglichkeiten im Grundgesetz gibt.
Eine Zahl sollte Sie in diesem Zusammenhang vielleicht noch interessieren: Zurzeit laufen 200 Verfahren zur Enteignung für den Bau von Bundesstraßen.
Weitere Wortmeldungen gibt es nicht. Meine sehr geehrten Damen und Herren, damit sind wir am Ende des zweiten Themas der Aktuellen Debatte angekommen.
Studie des ADFC – In Rheinland-Pfalz werden Radfahrer ausgebremst auf Antrag der Fraktion der CDU – Drucksache 17/9218 –
Frau Präsidentin, meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Radwege, die im Nirgendwo enden, die auf Wirtschaftswegen verlaufen, Radwege mit gefährlichen Straßenquerungen, ohne ÖPNV-Anbindung, Radwege seit Jahren in der Bauwarteschleife, so beschreiben viele Radfahrerinnen und Radfahrer die Alltagsrealität in Rheinland-Pfalz. Wenn es dafür noch eines Beweises bedurft hätte, dann hat die aktuelle Studie des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs, kurz ADFC, diesen schwarz auf weiß geliefert.
Der ADFC-Fahrradklima-Test, der alle zwei Jahre durchgeführt und auch vom Bundesverkehrsministerium gefördert wird, ist gewissermaßen der Zufriedenheitsindex der Radfahrenden in Deutschland. Meine Damen und Herren, die Ergebnisse sind alarmierend. Die Note für Fahrradfreundlichkeit ist im Vergleich zum Jahr 2016 von 3,81 auf 3,93 gesunken. Das entspricht der Schulnote „ausreichend“.
Auch die Note für das Sicherheitsgefühl hat sich auf eine schwache 4 verschlechtert. 81 % möchten Rad getrennt vom Autoverkehr fahren. Um das Stichwort Alltagsradwegekonzept geht es auch in diesem Beitrag.
Als ob das nicht schon schlimm genug wäre, schauen wir uns Rheinland-Pfalz an. Rheinland-Pfalz bildet in puncto Radverkehr und bei der Zufriedenheit seiner Radfahrerinnen und Radfahrer das Schlusslicht bei diesem Fahrradklima-Test, meine Damen und Herren. Das ist ein Armutszeugnis für das Land und diese Landesregierung.
Es haben Radfahrende aus 18 Kommunen teilgenommen. Von diesen belegt Ingelheim, mein Wahlkreis, Platz 1. Das freut mich sehr. Ingelheim hat die Note 2,71 erhalten. 13 Kommunen erreichten die Note „ausreichend“, drei Kommunen sogar nur die Note „mangelhaft“.
In der Kategorie Familienfreundlichkeit sieht es sogar noch düsterer aus. Ingelheim hat hier gerade noch die Note „befriedigend“ erreicht, und die Landeshauptstadt Mainz schrammt mit der Note „schwach ausreichend“ knapp an der Note „mangelhaft“ vorbei.
Meine Damen und Herren, wenn der 1. Platz in RheinlandPfalz bei den Kommunen gerade einmal die Schulnote 3 erreicht, dann kann das nicht unserem Anspruch an ansprechende, nachhaltige und nutzbare Radverkehrsinfrastruktur gerecht werden.
Es nimmt nicht Wunder; denn auch die verkehrspolitische Bilanz mit Blick auf die Radwege sieht bei der Landesregierung sehr mager aus. Es bewegt sich zu wenig, es fehlen die guten Ideen. Nach wie vor gibt es in Rheinland-Pfalz kein flächendeckendes und zufriedenstellendes Mobilitätskonzept für Alltagsradverkehr; denn damit, Herr Kollege Dr. Braun, könnte das Land zum Beispiel die Gemeinden unterstützen, aktiven Klimaschutz auch lokal zu fördern und durchzusetzen und damit den Autoverkehr einzudämmen.
(Beifall bei der CDU – Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Machen Sie es doch mal lokal! – Zuruf der Abg. Pia Schellhammer, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Nach wie vor fehlen vom Land priorisierte und landesweit übergeordnete Alltagsradwegekonzepte. Sie werden sagen: Radwegebau ist Sache der Kommunen. Das mag so sein, aber das ist Gedankengut von gestern. Wir sind schon einen Schritt weiter. Wir müssen über die Mobilität von morgen nachdenken und uns gedanklich darauf einstellen.
Dass es anders geht, zeigen uns andere Bundesländer. Nordrhein-Westfalen hat zum Beispiel das „Zukunftsnetz Mobilität NRW“ ins Leben gerufen, das die Gemeinden flächendeckend beim Ausbau von Radverkehr und ÖPNV unterstützt. Rheinland-Pfalz: Fehlanzeige.