Protokoll der Sitzung vom 16.05.2019

Anderes Beispiel: Koblenz – das ist auch durch die Presse gegangen –, Pfaffendorfer Brücke. Die CDU wehrt sich dort ganz vehement gegen einen eigenen Radweg. Und die CDU hat sich auch dort dagegen ausgesprochen, einen Radweg umzusetzen, der nach den auch vom ADFC geforderten ERA-Normen (Empfehlungen für Radverkehrsan- lagen) angelegt wird. Begründung: Es würden Parkplätze wegfallen.

Das sind drei kleine Beispiele, die zeigen, Sie wollen heute mit einer Aktuellen Debatte vielleicht zeigen, dass auch Sie wissen, dass es das Fahrrad gibt. Aber vor Ort, dort, wo die Konzepte umgesetzt werden, dort, wo es darum geht, Fahrradwege zu planen, in den Kommunen und in

den Städten, dort sind Sie dagegen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD – Abg. Christian Baldauf, CDU: Aber entlang der Landesstraßen?)

Entlang der Landesstraßen ist das ja kein Problem. Das machen wir. Da gibt es mehr Geld.

(Heiterkeit und Zurufe von der CDU)

Da hat Herr Wissing kräftig draufgelegt.

Der ADFC hat einen Gesetzentwurf vorgelegt, völlig zu Recht, der Vorschläge enthält, wie die Straßenverkehrsordnung fahrradfreundlicher gemacht werden soll.

(Glocke des Präsidenten)

Daran ist weiter zu arbeiten.

Danke schön.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei SPD und FDP)

Für die Landesregierung spricht Staatsminister Dr. Wissing.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, wir müssen einige Dinge ein bisschen auseinanderhalten. Es gibt eine Verantwortung des Landes für die Verkehrsinfrastruktur außerhalb der Gemeinden.

(Abg. Christian Baldauf, CDU: Genau! So sieht es aus!)

Im innerstädtischen Bereich bin ich als Verkehrsminister nicht zuständig. Das ist wichtig, weil es nicht sein kann, dass, wenn wir innerstädtische Probleme beim Radverkehr haben und die CDU in der kommunalen Familie eine überproportionale Verantwortung trägt, sie dann im Landtag den Eindruck erweckt, die Landesregierung habe hier Defizite.

Wir sind gerne bereit, die Kommunen dabei zu unterstützen, den Radverkehr auszubauen, so wie wir es im Land auch tun. Deswegen habe ich die Fördersätze erhöht. Ich habe auch mit dem ADFC gesprochen. Die Unzufriedenheit des ADFC bezieht sich weniger auf die Tätigkeit der Landesregierung. Der ADFC weiß sehr zu schätzen, dass wir Radschnellwege bauen

(Zuruf von der CDU)

und die Mittel für den Radwegebau in Rheinland-Pfalz nach oben schrauben. Er weiß auch sehr zu schätzen, dass wir die Fördermittel für die Kommunen erhöhen. Allerdings kritisiert der ADFC, dass es innerhalb der Kommunen Konkurrenzprobleme zwischen den verschiedenen

Verkehrsträgern gibt und diese nicht in ausreichendem Maß im Interesse des Radverkehrs gelöst werden.

Ich wurde gebeten, mich stärker als Schlichter zwischen den Interessen der Radfahrer und den Kommunalverantwortlichen einzubringen. Ehrlich gesagt, sehe ich mich nicht in dieser Rolle. Ich bin mitverantwortlich für die Kofinanzierung. Ich bin aber nicht verantwortlich für die Planung.

Ich finde, wir sollten überall dort, wo wir kommunalpolitische Verantwortung tragen, den Kommunalpolitikern sagen, bitte nimm die Verantwortung für den Radverkehr wahr, wir haben heute veränderte Anforderungen an die Mobilität. Wir wissen, dass man beispielsweise mit dem Pedelec größere Strecken zurücklegen kann.

Deswegen ist für mich als Verkehrsminister klar, überall dort, wo ich Radwege bauen kann, werden sie gebaut. Das, was in Landesverantwortung ist, wird entlang der Landstraßen genutzt, und es werden, wo es möglich ist, Radwege gebaut. Wir haben Interesse an Radschnellwegen und an Pendlerradwegen an den Stellen, an denen es geht. Wir werden uns gerne daran messen lassen.

Wir haben entsprechende Haushaltsmittel vorgeschlagen. Der Landtag hat diese verabschiedet. Aber die eigentlichen Probleme sind im innerstädtischen Bereich, im kommunalen Bereich, die der ADFC vorträgt. Man kann über die Repräsentativität dieser Studie lange diskutieren. Ich glaube, letztlich sind 0,012 % befragt worden. Ich finde, das ist nicht der entscheidende Punkt. Entscheidend ist es, zu schauen, wo es Verbesserungsbedarf im kommunalen Bereich gibt, und diesen dann anzugehen.

Wir sind seitens des Landesbetriebes Mobilität jederzeit gerne bereit, beratend zur Seite zu stehen. Allerdings können Sie nicht die Planungshoheit einfach aufheben. Ich finde, wir müssen stärker an die kommunale Selbstverwaltung, die Verantwortung und die Planungshoheit der Kommunen erinnern. Das ist eine Frage des Selbstbewusstseins der Kommunen. Wenn die Kommunen dann zu uns kommen und sagen, wir kommen nicht weiter, weil uns finanzielle Mittel oder Planungskompetenzen fehlen, dann steht die Landesregierung an ihrer Seite. Aber wir respektieren die Eigenverantwortung der Kommunen für diesen Bereich.

In unserer Verantwortung – das werden Sie nicht bestreiten können, das können Sie im Haushalt ablesen, das können Sie an den Bauaktivitäten des Landes ablesen – hat das Fahrrad die gleiche Berechtigung wie das Auto und andere Verkehrsträger. Ich weiß nicht, wie oft ich an diesem Mikrofon schon betont habe, es gibt für die Landesregierung keine Präferenz für einen Verkehrsträger. Wir machen deswegen den Mobilitätskonsens in Rheinland-Pfalz und erheben repräsentative Daten über die Mobilitätsanforderungen der Bürgerinnen und Bürger in unserem Land. Weil wir wissen, dass wir mit dem Autoverkehr die Mobilität der Zukunft nicht vollständig abdecken können, wollen wir alle Möglichkeiten nutzen, im Güterverkehr den Schienengüterverkehr und die Wasserstraße. Dort kennen Sie meine Bemühungen.

Natürlich haben wir ein großes Interesse daran, die Be

rufspendler auf das Fahrrad zu bringen. Wir wollen sie motivieren. Fahrradfahren ist gesund. Fahrradfahren hält fit. Fahrradfahren ist gut für die Umwelt und für den Klimaschutz. Jeder, der auf das Auto verzichten kann, soll ein attraktives Radwegeangebot in Rheinland-Pfalz vorfinden. Das ist Maxime der Verkehrspolitik der Landesregierung.

Wir laden die Kommunen ein, das auf kommunaler Ebene umzusetzen. Manche tun es schon. Dort, wo wir sie dabei unterstützen können, beispielsweise durch Erhöhung der Fördersätze, machen wir das. Deswegen ist die Landesregierung im wahrsten Sinne des Wortes eine radfreundliche Regierung.

(Beifall bei FDP, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die CDU Fraktion hat der Abgeordnete Barth das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Dr. Wissing, Sie haben mir mit dem Thema Innenstadtverkehr ein bisschen aus der Seele gesprochen; denn ich glaube – da muss ich Herrn Kollegen Oster korrigieren –, es geht nicht nur um den Innenstadtverkehr. Unser Problem ist hauptsächlich der Verkehr zwischen Dorf A und Dorf B, also der Verkehr zwischen den Gemeinden. Zwischen den Gemeinden liegen Grenzen, Verbandsgemeindegrenzen und Kreisgrenzen. Da hört der Radweg auf.

Ich sage, wir brauchen ein kreisgrenzenübergreifendes Konzept, das Radwege und Mobilität unterstützt.

(Beifall bei der CDU)

Ich möchte Ihnen die Geschichte einer Straße erzählen, die zufällig in meiner Heimatgemeinde liegt. Wir liegen 15 km vor Mainz. Eine Straße soll nach Mainz führen, die in den nächsten Jahren ausgebaut werden soll. Das ist eine Landesstraße.

Herr Oster, Sie haben recht, dass man eine Landesstraße gemeinsam mit einem Radweg planen soll. Genau das tut das Land hier nicht. Es wird zuerst die Straße geplant und der Radweg nicht. Der Ausbau der Straße erfolgt vor dem Radweg. Das ist eine Sache, die man nicht erklären kann und nicht wirklich nachvollziehbar ist.

(Zuruf der Abg. Jutta Blatzheim-Roegler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, um mit den Worten des Herrn Staatssekretärs Dr. Griese zu sprechen: Treten Sie aus dem politischen Tagesgeschäft heraus, entwickeln Sie Visionen. Der Radweg hört nicht an Gemeinde- oder Kreisgrenzen auf. Hängen Sie daher das Hinterland nicht ab. Hängen Sie den ländlichen Raum nicht ab. Tun Sie etwas. Wenn wir Bewegung in die Sache bekommen – ich glaube, das wollen wir alle –, dann bewegen wir mehr Radfahrer und diese besser in unserem Land.

Vielen Dank.

(Beifall der CDU)

Für die SPD-Fraktion erteile ich dem Abgeordneten Oster das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Eine Bemerkung, einen Satz mache ich zur AfD. Ich weiß nicht, welches Negativbild Sie heute von dem Fahrrad gezeichnet haben. Ihnen ist anscheinend nicht geläufig, dass jedes dritte heute verkaufte Fahrrad ein E-Bike ist, Tendenz sogar steigend. Früher hat ein Bürger gesagt, maximal 10 km kann ich mir vorstellen, mit dem Fahrrad zu fahren, heute sind es statistisch gesehen schon 30 km. Das negative Bild, das Sie zeichnen, stimmt gar nicht.

In der Zukunft werden viele Bürgerinnen und Bürger aus den genannten Gründen auf das Fahrrad umsteigen.

(Zuruf des Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD)

Ich komme zu dem Punkt, bei dem Sie sagen, das Land würde entlang von Landstraßen weiter isoliert nur die Fahrbahn planen und nicht den Radweg. Das stimmt überhaupt nicht. Sie wissen, es gibt Raumordnungsverfahren und Vorplanungen. Heute ist beim LBM klipp und klar geregelt, dass der Radweg immer mit bedacht werden muss, wo er entlang der Straße geht. Wenn das nicht geht, muss man mit den Kommunen sprechen, dass man eine andere Führung wählt.

Es wird hier immer über Gelder und darüber gesprochen, an welchen Stellen das Land etwas macht oder nicht. Wir haben noch die Auftragsverwaltung im Land RheinlandPfalz. Unsere LBM-Planer und -Ingenieure planen mit unseren Mitteln entlang von Bundesstraßen Radwege. Das wurde hier mit keinem Atemzug erwähnt.

Ich kann ein Beispiel aus meinem Wahlkreis nennen. Entlang einer Bundesstraße werden 2 km Radweg ausgebaut mit Kosten in Höhe von 8,5 Millionen Euro. Das ist eine Kraftanstrengung vonseiten des Bundes, der die Gelder bereitstellt. Aber auch unsere Ingenieure müssen das verbauen und verplanen. Das gehört zu der Wahrheit dazu. Es sind nicht nur die Straßen auf Landesebene, sondern auch die auf Bundesebene.

(Zuruf des Abg. Alexander Licht, CDU)

Ich glaube, Sie haben heute versucht, ein Bild von Rheinland-Pfalz und von Radwegen zu zeichnen, das es so in dieser Form nicht gibt. Das gehört aus Gründen der Wahrheit dazu.

(Beifall bei SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die AfD-Fraktion erteile ich dem Abgeordneten Dr. Bol