Protokoll der Sitzung vom 14.11.2019

besonders die stark gestiegenen Landeszuweisungen an die Kommunen. – Das steht so in dem Bericht, das haben Sie vielleicht nicht gelesen.

So ist der kommunale Finanzausgleich verglichen mit dem Landeshaushalt seit der Reform im Jahr 2014 überproportional von 2,0 Milliarden Euro auf 2,9 Milliarden Euro angestiegen. Diese Zahlen machen deutlich, dass der Vorwurf der AfD, dass es das Land versäumt habe, eine strukturelle Verbesserung der kommunalen Finanzen vorzunehmen, völlig ins Leere geht. Trotz dieser Verbesserungen im Jahr 2018 war es etlichen Kommunen nicht möglich, ihren Haushalt auszugleichen, wobei diese insgesamt ein Defizit von zusammen 325 Millionen Euro verzeichnen. 766 Millionen Euro konnten die Kommunen verzeichnen, die ein positives Rechnungsergebnis hatten. Dies zeigt, dass wir, was die Finanzkraft unserer Kommunen betrifft, ein sehr heterogenes Bild in Rheinland-Pfalz vorfinden. Neben den reichen haben wir auch arme Kommunen, und das völlig unabhängig von der jeweiligen Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gebietskörperschaftsgruppe.

(Unruhe im Hause – Glocke des Präsidenten)

Die Liquiditätskredite in Rheinland-Pfalz konnten in den beiden letzten Jahren um mehr als 450 Millionen Euro abgebaut werden. – 450 Millionen Euro, das ist schon ein stolzer Betrag. Trotzdem sind diese nach wie vor mit einem Gesamtvolumen von 6,1 Milliarden Euro unbestritten zu hoch.

(Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Allerdings!)

Rund 61 % der Liquiditätskredite entfallen auf die kreisfreien Städte. Dies macht noch einmal deutlich, dass es richtig war, die Schlüsselzuweisung C 3 einzuführen, die in erster Linie den Kommunen, die besonders hohe Soziallasten zu tragen haben, zugutekommt.

Unbestritten ist es erforderlich, einen Weg zu suchen, wie die hohen Liquiditätskredite reduziert werden können. Dies ist besonders für die Kommunen, die in absehbarer Zeit trotz der deutlichen finanziellen Verbesserungen nicht in der Lage sein werden, ihren Haushalt auszugleichen, von ganz großer Bedeutung.

Nachdem lange Zeit die Forderung nach einer Bundesbeteiligung und einem kommunalen Schuldenschnitt nicht von Erfolg gekrönt war, gibt es inzwischen Zeichen aus Berlin, dass die Ergebnisse und Empfehlungen der Kommission „Gleichwertige Lebensverhältnisse“ insbesondere beim Thema der kommunalen Altschulden umgesetzt werden sollen. Die Bereitschaft des Bundes, den Ländern und Kommunen beim Schuldenabbau zu helfen, ist das Ergeb

nis intensiver Gespräche. Den Vorsitz in einer Kommission oder Arbeitsgruppe Altschulden hat im Übrigen unser Finanzstaatssekretär Dr. Weinberg, dem ich an dieser Stelle ganz herzlich für seine Bemühungen danke und ihm viel Erfolg wünsche.

Insgesamt ist es nicht zu empfehlen, zum jetzigen Zeitpunkt eigene Wege beim Altschuldenabbau zu gehen. Es dürfte vielmehr Sinn ergeben, die Ergebnisse der weiteren Gespräche auf Bundesebene abzuwarten. Meine Damen und Herren der AfD, bezüglich der sogenannten Hessenkasse, die von Ihnen immer so gelobt wird, kann ich Ihnen nur empfehlen, sich diese einmal genau anzusehen. Rund 80 % der Hessenkasse ist von den Kommunen selbst zu zahlen, wobei insbesondere Bundesmittel, die für die Kommunen bestimmt waren, herangezogen werden.

Die Kommunen zahlen pro Jahr einen direkten Anteil an der Hessenkasse in Höhe von 25 Euro je Einwohner. Um diesen Anteil aufzubringen, müssen viele Kommunen ihre Hebesätze erhöhen. Dies geht mit einer wesentlich verschärften Kommunalaufsicht einher. Erheblich gestiegene Hebesätze für die kommunalen Steuern machen dies deutlich. So hat unter anderem beispielsweise Rüsselsheim seine Grundsteuer B auf 800 % und Offenbach auf 995 % erhöht. Das ist die sogenannte Hessenkasse, die angeblich für die Kommunen so sinnvoll sein soll.

Nach Aussagen des Rechnungshofs schöpfen viele Kommunen in Rheinland-Pfalz ihre Einnahmemöglichkeiten nicht aus. Beim Vergleich der Hebesätze für die Realsteuern liegen wir ganz deutlich gegenüber den anderen Ländern zurück. In diesem Zusammenhang möchte ich nochmals darauf hinweisen, dass Handlungsbedarf auch herrührend aus dem Urteil des Landesverfassungsgerichtshofs aus dem Jahr 2012 besteht.

Jetzt können Sie Ihre blaue Karte ziehen. Danke schön.

(Beifall bei SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zu einer Kurzintervention hat Abgeordneter Frisch das Wort.

Herr Kollege Noss! Sie haben zum wiederholten Male die Gesamtzahlen und letzten Endes auch die Durchschnittswerte genannt. Das hilft aber nicht den Kommunen, die davon betroffen sind, dass sie hohe Schulden haben und sie nach wie vor neue Schulden machen müssen, weil sie nicht auskömmlich finanziert sind. Das wäre so ähnlich wie wenn sie einer kinderreichen Hartz IV-Familie, die in Armut lebt, den Hinweis geben, in der Nachbarschaft befänden sich einige Millionäre und im Großen und im Ganzen und im Durchschnitt sei das alles so in Ordnung. Das kann doch nicht Ihr Ernst sein.

(Beifall der AfD)

Wenn Sie auf den Bund verweisen, dann ist es durchaus erfreulich, dass Signale gekommen sind, dass sich

der Bund an einer Entschuldung der Kommunen möglicherweise beteiligen wird. Ich denke, das werden wir alle begrüßen, insbesondere wenn man aus einer Kommune wie Trier kommt, die davon besonders betroffen ist.

Aber was hindert die Landesregierung daran, gleichzeitig ein Entschuldungskonzept wie auch immer aufzulegen und möglicherweise den Bund mit in dieses Konzept einzubeziehen? – Unsere Kritik ist, dass wir seit Jahren – seitdem wir in diesem Parlament sind – über dieses Thema reden, reden und reden, und im Grunde genommen ist nichts passiert.

Der KEF hat maximal dazu beigetragen, die Neuverschuldung zu bremsen. Ich habe es gesagt, der Zinssicherungsschirm tilgt keinen einzigen Euro an Schulden. Also ist nichts passiert, um die Altschuldenproblematik anzugehen. Tun Sie endlich etwas, handeln Sie, nehmen Sie gern den Bund mit ins Boot, aber sorgen Sie dafür, dass unsere Kommunen endlich ihre Altschulden loswerden, damit sie weiter vernünftig wirtschaften können.

Ich nehme noch einmal Bezug auf meine Heimatstadt Trier. Ihr SPD-Oberbürgermeister hat uns in dieser Woche in der Stadtratssitzung mitgeteilt, dass es in diesem Doppelhaushalt eine Neuverschuldung in Höhe von über 70 Millionen Euro geben wird. Damit nähern wir uns, was die Gesamtschulden betrifft, zügig der Grenze von 1 Milliarde Euro. Da kann man doch nicht sagen, es sieht im Durchschnitt gut aus, und wir sind auf einem richtigen Weg.

Meine Damen und Herren, das ist ein Skandal, weil es in der Stadt Trier mittlerweile kaum noch möglich ist, irgendetwas politisch umzusetzen. Damit geht die kommunale Selbstverwaltung den Bach herunter. Das kann nicht unser gemeinsames Anliegen sein.

(Beifall der AfD – Zuruf des Abg. Arnold Schmitt, CDU)

Ich zitiere zum Schluss Ihren SPD-Oberbürgermeister von Trier, der in der Haushaltspolitik einen sehr vernünftigen Weg beschreitet. Es bezieht sich darauf, dass es angeblich insgesamt in den Kommunen gut aussieht. Ich zitiere den Bürgermeister von Trier, der sagt: Im Sinne des Generationenvertrages müssen wir heute schon daran denken, dass die nächsten Generationen diese Schulden eins zu eins nicht übernehmen. Ein Schuldenschnitt ist daher ein Thema für die nachfolgenden Generationen. – Das ist genau auch unsere Sorge. Wir übergeben unseren Kindern und Enkeln eine Schuldenlast, die sie abtragen müssen. Das halten wir für unverantwortlich.

Vielen Dank.

(Beifall der AfD – Zuruf des Abg. Arnold Schmitt, CDU)

Zur Erwiderung hat Abgeordneter Noss das Wort.

Das Wiederholen der Zahlen der letzten Jahre hat nur

einen einzigen Zweck: Ihnen diese endlich einmal deutlich zu machen, damit Sie endlich verstehen, welche Bemühungen das Land in den Jahren angestellt hat, um diese Leistungen zu erbringen. Der Rechnungshof sagt, besonders die hohen Landesleistungen haben dazu beigetragen, dass die Schulden geringer wurden.

Es wäre nun töricht, zum jetzigen Zeitpunkt, wo sich der Bund bei der Altschuldenproblematik bewegt, ein eigenes Konzept zu entwickeln und zum Bund zu sagen, jetzt kommt zu uns und macht bei uns mit. Das glauben Sie doch um Gottes willen wohl selbst nicht. Also wenn Sie das noch glauben, dann glauben Sie auch an den Weihnachtsmann.

(Abg. Michael Frisch, AfD: DigitalPakt, was war das denn?)

Hinsichtlich des KEF und des Zinssicherungsschirms hat niemand gesagt, dass der KEF diese Problematik beseitigt, sondern dass eine Linderung stattfindet. Sie findet durchaus und nachvollziehbar statt. Das haben Sie richtig gesagt, der Zinssicherungsschirm hilft den Kommunen, Zinsleistungen zu erbringen und jetzt die Situation zu verbessern.

Bei den 70 Millionen Euro in Trier kann ich nicht beurteilen, ob die Zahlen stimmen, aber wir haben eine Tendenz: Bei der Haushaltserstellung wird immer großartig das Defizit herausgeblasen, bloß wenn nachher der Rechnungsabschluss kommt, dann hört man kein Wort. Der ist in aller Regel nämlich erheblich günstiger als der Ansatz.

(Zuruf des Abg. Michael Frisch, AfD)

Warten Sie einmal ab, was in Trier herauskommt, wenn sie fertig sind. Es sind mit Sicherheit keine 70 Millionen Euro.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der FDP – Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Völlig richtig!)

Für die CDU-Fraktion hat Abgeordneter Schnieder das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Tagesordnungspunkt ist vom Oktober verschoben worden. Ich glaube, er wäre zielgerichtet gewesen, wenn man das im September als Aktuelle Debatte vonseiten der AfD angesprochen hätte. Damals war man der Meinung, wir spielen einmal ein bisschen Thüga und Oberbürgermeister – das haben wir nachher noch einmal – und nehmen den Jahresrechnungshofsbericht, der ein paar Tage alt war, überhaupt nicht als Aktuelle Debatte, sondern wir ziehen das Ganze etwas später noch einmal nach. Ich glaube, deswegen sind Sie heute mit dem Thema einfach fehl an diesem Platz.

Meine Damen und Herren, ja, wir haben einen Kassenüberschuss von 440 Millionen Euro. Das ist das, was die

regierungstragenden Fraktionen auch gern sagen. Aber es bleiben tatsächlich zur Tilgung nur rund 220 Millionen Euro übrig. Das heißt, die ganze Differenz geht schon in die Liquidität, und die Mehrheit der Kommunen hat von 2017 auf 2018 deutlich in der reinen Finanzbetrachtung nachgelassen. Das ist ein Alarmzeichen.

Wir können aber nicht einfach so zur Tagesordnung übergehen und sagen, die AfD macht einen guten Antrag und den unterstützen wir oder wir machen einen Änderungsantrag. Das hätte ich im Oktober schon gern gesagt: Ich möchte mich heute noch einmal mit dem Bundestagsabgeordneten Michael Roth solidarisch erklären, der deutlich ausgesprochen hat, dass die AfD der politische Arm des Rechtsterrorismus ist.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Abg. Michael Frisch, AfD: Wie bitte?)

Ich werde das in der Form noch einmal weiterziehen

(Abg. Michael Frisch, AfD: Das kann ja wohl nicht wahr sein!)

und sagen, Sie sind der politische Arm der gewaltbereiten Rechtsnationalisten.

(Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Das ist menschlich erbärmlich!)

Da können Sie gern herausgehen. Wer herausgeht, kommt auch wieder herein. Deswegen kann ich Anträge nicht mit unterfüttern und auch Anträge von Ihnen nicht gutheißen, geschweige denn überhaupt mitverfolgen.

(Beifall bei CDU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Glocke des Präsidenten)

Wir können uns die Forderungen von Ihnen anschauen und sagen, gehen wir sie mit oder machen wir Änderungsanträge. Der Antrag, so wie er daliegt, ist nicht mitzuverfolgen. Wir brauchen auch keinen Änderungsantrag; denn das, was wir für die kommunale Seite brauchen – eine wirkliche Stärkung der Kommunalfinanzen –, werden wir in der Haushaltsdiskussion einbringen.

Ich glaube, wir sind fraktionsübergreifend der gleichen Meinung, dass die Kommunen mehrere 100 Millionen Euro mehr brauchen. Wir wissen, dass wir 300 Millionen Euro unterhalb dessen sind, was Professor Junkernheinrich für eine wirkliche kommunale Finanzausstattung braucht. Wir wissen, dass wir 300 Millionen Euro unterhalb dessen sind, was die Investitionsfreudigkeit der bundesdeutschen Kommunen betrifft. Wir kennen die Befrachtung des kommunalen Finanzhaushaltes mit über 400 Millionen Euro. Hier hereinzugehen und einmal kurz die Landesregierung aufzufordern, wir brauchen etwas Besseres, und wir nehmen einmal gerade 100 Millionen Euro, ich glaube, das ist nicht zielführend.