Protokoll der Sitzung vom 02.03.2023

AKTUELLE DEBATTE

Mädchen und Frauen stärken – Chancengleichheit im Erwerbsleben erreichen auf Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 18/5583 –

Für die antragstellende Fraktion spricht Abgeordnete Stuppy.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Zuhörende! Chancengleichheit bedeutet, die Hälfte der Macht gehört den Frauen,

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

und sie bedeutet auch, Gleichstellung am Arbeitsplatz, die Hälfte der Führungspositionen in der Wirtschaft, in der Wissenschaft, und es bedeutet eben auch gleiche Bezahlung.

Bis wir soweit sind, braucht es den Diskurs, um auf diese Ungleichheiten aufmerksam zu machen. Diese Botschaften senden Gleichstellungsbeauftragte, Frauenbewegungen, Gewerkschaften, Politikerinnen. Auch unser Frauenministerium nutzt die Tage um den 8. März, den Weltfrauentag, um für Gleichstellung zu kämpfen, und die grüne Landtagsfraktion nutzt heute diese Aktuelle Debatte dafür.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Was wir wollen, ist, Mädchen, junge Frauen, Wiedereinsteigerinnen, Quereinsteigerinnen, Frauen eben konsequent zu stärken, damit wir Chancengleichheit im Erwerbsleben erreichen. Das ist unser Ziel in Rheinland-Pfalz.

Nach wie vor verdienen aber Frauen weniger als Männer. Das sind 18 % oder 4 Euro und 31 Cent, was die Lohnlücke im Durchschnitt pro Stunde ausmacht, und die Ursachen sind sehr unterschiedlich, aber sie haben eine Gemeinsamkeit. Chancengleichheit ist hier Fehlanzeige. Schlechter bezahlte Branchen, mehr Teilzeit, mehr Minijobs. Frauen besetzen deutlich weniger Führungspositionen, und sie nehmen auch generell seltener am Erwerbsleben teil, und Erwerbsbiografien gestalten sich vielfältiger.

Frauen erhalten von ihrem Arbeitgeber sogar dann weniger, wenn Tätigkeit, Bildungsweg und Erwerbsbiografie vergleichbar sind mit denen der männlichen Kollegen, und dies hat enorme Auswirkungen auf die finanziellen Möglichkeiten von Frauen. Denken wir an Weiterbildung, Netzwerke, Mobilität, Gesundheit. Das verstärkt den Verdienstunterschied und das Armutsrisiko, und das können und dürfen wir nicht hinnehmen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie vereinzelt bei der SPD und der FDP)

Deshalb machen wir in Rheinland-Pfalz gezielte Frauenpolitik und Frauenförderung. Dafür danke ich Katharina Binz und dem Frauenministerium, die Gleichstellung von Frau und Mann als durchgängiges Leitprinzip umsetzen.

Der öfentliche Dienst in Rheinland-Pfalz ist heute Vorreiter beim Anteil von Frauen in Führungspositionen, bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

Wir stärken Frauen konkret in der Wissenschaft mit dem Professorinnenprogramm von Bund und Ländern, und ein landeseigenes Juniorprofessorinnenprogramm ist erfolgreich angelaufen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir unterstützen Frauen gezielt bei Fragen zum Wiedereinstieg und der beruflichen Weiterentwicklung. Wir unterstützen Gründerinnen, Selbstständige und Unternehmensnachfolgerinnen im Handwerk mit einer Informationsplattform.

Wir haben im Landtag einen Unternehmerinnenpreis verabschiedet, um Frauen in der Wirtschaft sichtbarer zu machen, damit sie Vorbilder für andere

Frauen sein können.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Um Frauen im Erwerbsleben dann aber tatsächlich zu stärken, ist auch ein gesellschaftliches Umdenken notwendig, und genauso müssen auch strukturelle Fehlanreize abgebaut werden; denn wir müssen endlich diesen Gender Paygap überwinden.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Das Urteil des Bundesarbeitsgerichts hat jetzt bestätigt, Arbeitgeber können höhere Löhne für Männer nicht mehr damit begründen, der Mann habe mehr gefordert. Gleicher Lohn für gleiche Arbeit ist also nicht verhandelbar, das stärkt uns Frauen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es braucht aber noch so viel mehr. Die Aufteilung der Sorgearbeit ist zentral. Männer müssen mehr in die Verantwortung genommen werden, und es müssen Rahmenbedingungen geschafen werden. Die Ausweitung der Partnermonate oder des Basiselterngeldes ist zentral. Das ist eine moderne Familienpolitik.

Änderungen im Steuersystem, weg mit dem Ehegattensplitting oder der Steuerklassenkombination 3 und 5, gleichzeitig brauchen wir Quotenregelungen und spürbar mehr Frauen in Führungspositionen, Vorständen und Aufsichtsräten, damit eben mehr weibliche Chefinnen und Vorbilder da sind.

Das Entgelttransparenzgesetz, eine gute Basis, es fehlt allerdings an Durchschlagskraft. Deshalb ist es richtig und gut, dass die Bundesregierung hier nachsteuern will.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Der DGB hat den kurz bevorstehenden Weltfrauentag sehr passend unter das Motto gestellt: „Wer Fachkräfte sucht, kann auf Frauen nicht verzichten.“ Heute Mittag findet sogar eine PK dazu statt. Hier liegt wahnsinnig viel Potenzial. Jetzt ist es daran, dass der Arbeitsmarkt sich frauen- und familienfreundlicher aufstellt. Die Politik wird dabei tatkräftig unterstützen und sich für Chancengleichheit einsetzen. Ich bin davon überzeugt.

Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei der SPD und der FDP)

Für die SPD-Fraktion spricht Abgeordnete Bätzing-Lichtenthäler.

(Zuruf von der SPD: Nein, bitte zuerst die CDU!)

Oh, Entschuldigung, Entschuldigung! – Abgeordnete Demuth, Sie können gern nach vorne kommen.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, guten Morgen! – Ich war etwas übereifrig, weil ich, ein wenig getriggert von Frau Stuppys Rede, gern sofort antworten wollte. Also, danke, Frau Bätzing-Lichtenthäler, dass Sie mir den Vortritt lassen.

(Abg. Sabine Bätzing-Lichtenthäler, SPD: Gerne!)

Meine Damen und Herren, eigentlich hatte ich etwas anderes vorbereitet, aber, Frau Stuppy, da Sie zum heutigen Tag vollkommen richtig ausgeführt haben, dass wir den Gender Paygap schließen und Frauen und Mädchen stärken möchten, muss ich doch einige Dinge zu Ihren Ausführungen sagen.

Meine Damen und Herren, richtig ist, es gibt große Baustellen in diesem Bereich in Rheinland-Pfalz, in Deutschland, sogar in ganz Europa, nicht in allen Ländern Europas, aber in vielen. Allerdings gibt es in Rheinland-Pfalz im öfentlichen Dienst und auch darüber hinaus große Potenziale, die wir noch zu heben haben.

Sie haben richtig gesagt, wir haben eine hohe Beteiligung von Frauen im öfentlichen Dienst, das ist korrekt, aber ich habe es einmal nachgeschlagen: Von 120.000 Beschäftigten, die für das Land Rheinland-Pfalz arbeiten, arbeiten über 30 % in Teilzeit. 77.000 Menschen in Rheinland-Pfalz, die für das Land arbeiten, arbeiten in Vollzeit, und fast 40.000 in Teilzeit, meine Damen und Herren.

Wenn Sie richtig sagen, dass Teilzeitbeschäftigung auch zu Armutsrisiken beiträgt, dass wir Frauen aus geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen herausholen wollen und mehr Frauen in Vollzeit haben möchten, dann haben wir in Rheinland-Pfalz noch einen großen Handlungsbedarf im öfentlichen Dienst.

(Beifall der CDU – Zuruf des Abg. Sven Teuber, SPD)

Darüber hinaus, glaube ich, könnte man fragen: Warum arbeiten denn Frauen in Teilzeit für das Land Rheinland-Pfalz und auch in ganz Rheinland-Pfalz? – Dazu sage ich Ihnen, das liegt nicht nur an den Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern, sondern vor allen Dingen an den Rahmenbedingungen, die für Frauen vorherrschen. Es ist doch so, dass man die Kinderbetreuung und die Vollzeitarbeit kaum unter einen Hut bringt.

Wir haben eine Beschäftigungsquote von Frauen in Rheinland-Pfalz von 56 %. Nur ein bisschen mehr als die Hälfte aller Frauen in Rheinland-Pfalz geht

überhaupt einer Arbeit nach, geringfügig oder sozialversicherungspflichtig. Die andere Hälfte, meine Damen und Herren, zwischen 15 und 65 Jahren arbeitet nicht.

Warum ist das so? – Das ist nicht gottgegeben. In anderen Ländern Europas ist das nicht so. In Island, in den skandinavischen Ländern, in Kanada und in Australien liegen die Beschäftigungsquoten von Frauen um die 80 %, in Rheinland-Pfalz nur bei 56 %. Wir haben also vor allen Dingen Schwierigkeiten, Frauen die richtigen Rahmenbedingungen zur Verfügung zu stellen, meine Damen und Herren.

(Beifall der CDU – Abg. Sven Teuber, SPD: Und da klatscht jetzt die CDU? Das ist ja ein Witz!)

Wir brauchen mehr verlässliche Betreuung während der Arbeitszeit für Kinder. Wir brauchen nicht so viel Unterrichtsausfall. Wir brauchen eine verlässlichere Betreuung in den Kindertagesstätten. Als CDU Rheinland-Pfalz sagt meine Kollegin Jenny Groß immer vollkommen richtig in den bildungspolitischen Debatten, wir brauchen eine bessere Bezahlung für Lehrerinnen und Lehrer in den Grundschulen, sodass Anreize bestehen, auch dort Kräfte dazuzugewinnen, damit eine verlässliche Betreuung stattfindet.

(Zuruf von der CDU: Sehr gut! – Beifall der CDU und bei den FREIEN WÄHLERN – Zurufe von der SPD)

Da höre ich jetzt Blödsinn, das würde ich widerlegen.

(Abg. Sabine Bätzing-Lichtenthäler, SPD: Nein! – Abg. Martin Haller, SPD: Ich habe gar nichts gesagt. Ich habe Ihnen zugehört! Jetzt geht’s aber los hier! – Glocke des Präsidenten)

Dann habe ich es falsch verstanden.