Protokoll der Sitzung vom 10.12.2003

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es gibt überhaupt keinen Anlass, die Landesregierung in dieser Frage zu tadeln. Ganz im Gegenteil! Die Konsequenzen aus dem Erichsen-Gutachten wurden schnell und ausgewogen gezogen. Die Verhandlungen mit den Hochschulen wurden zügig und sachgerecht geführt und letztlich wurden dabei die Auflagen des Landtages umgesetzt.

Ich kann schon nachvollziehen, dass die Opposition Punkte hat, die sie finden muss, weil sie sich ein wenig ärgert; denn das von den Hochschulen und von der Landesregierung erzielte Übereinkommen kann sich sehen lassen und hat fast kein Beispiel in dieser Republik. Die Hochschulen äußern sich außerordentlich positiv über diesen Prozess und sind ihn gemeinsam gegangen. Wir haben ein Stück gemeinsame Planungssicherheit und eine gemeinsame Plattform der Hochschulentwicklung. Während in anderen Bundesländern - übrigens auch in vielen Vorzeigeländern der Union - Studierende und Wissenschaftler auf die Straße gehen, haben wir hier im Land einen konstruktiven Dialog geschaffen. Darauf können wir - glaube ich - auch politisch ein wenig stolz sein und uns das zur Ehre anrechnen.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ob das nun allen passt oder nicht, kann uns relativ egal sein. Ich glaube, die Bilanz kann sich sehen lassen. An den Hochschulen wird es genau so wahrgenommen.

Zu Recht fragen die Hochschulen auch nach einem klaren Signal der Planungssicherheit durch unser Parlament, durch diesen Landtag. Wir wollen mit den Festlegungen in der Drucksache 15/3084 und mit der

morgigen Verabschiedung des Haushalts genau dieses Signal geben.

Wir bitten um die erforderliche Zustimmung nach den entsprechenden Paragraphen des Hochschulgesetzes, wie sie in diesem Bericht ausformuliert sind, und ich danke im Voraus für Ihre Zustimmung.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die FDP-Fraktion erteile ich jetzt Herrn Abgeordneten Dr. Ekkehard Klug das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zunächst auch noch einmal etwas zu dem Verfahren in Sachen Zielvereinbarungen! Es ist in der Tat sehr unerfreulich, dass wir erst gestern Nachmittag die Zielvereinbarungen erhalten haben und dass insoweit die Entscheidung durch das Parlament fallen muss, ohne dass es in den damit verbundenen inhaltlichen Diskussionsprozess hinreichend eingebunden gewesen ist. Es geht ja darum, dass der Landtag in dieser Hinsicht auch nach § 15 a Abs. 4 Hochschulgesetz über die Höhe der Landesmittel und die mehrjährigen Festlegungen entscheidet, denn das Parlament muss sich eine Meinung darüber bilden können, ob und inwieweit die Bemessung der Landesmittel jeweils im Einzelfall der Hochschule inhaltlich begründet ist.

Da sich diese inhaltliche Begründung für die Bemessung der Landesmittel natürlich zu einem guten Teil aus dem ergibt, was die Zielvereinbarungen über die Leistungen und über die Aufgaben der einzelnen Hochschule aussagen, ist es einfach unerlässlich, dass wir auch eine parlamentarische Diskussion über diesen inhaltlichen Bereich der Zielvereinbarung führen. Ich kündige an, dass wir in der Zukunft über das weitere Verfahren noch einmal reden wollen. Wir sollten festlegen, dass die Zielvereinbarungen bis zu einem bestimmten Termin vor der zweiten Lesung des Landeshaushalts vorliegen müssen. Wenn die Verhandlungen zwischen Regierung und Hochschulen noch nicht unter Dach und Fach gebracht sein sollten, könnte ein Weg auch darin bestehen, dass uns jeweils die Entwürfe der beiden Seiten, der Entwurf des Ministeriums und der Gegenentwurf der jeweiligen Hochschule, vorgelegt werden, sodass wir auf dieser Informationsgrundlage ein Meinungsbild herbeiführen können. Wir brauchen letzten Endes eine vernünftige Informationsgrundlage, um die Entscheidung, die wir nach § 15 a des HSG zu treffen haben, treffen zu können.

(Dr. Ekkehard Klug)

Nun ist natürlich die Frage zu beantworten, wie wir jetzt zu entscheiden haben. Wir haben nach § 15 a Abs. 4 HSG sowohl in der Frage der Landesmittel für einen mehrjährigen Zeitraum als auch über die leistungsbezogene Vergabe zu entscheiden. - Bei der Entwicklung dieser Vorgaben sind wir noch nicht ganz so weit, aber dieser Bereich kommt ja auch auf uns zu.

Das ist für uns eine sehr schwierige Abwägungsfrage, weil es hier Licht und Schatten gibt. Das sage ich ganz offen. Der große Vorteil, den ich sehe, besteht darin, dass die Hochschulen in der Tat für einen längeren Zeitraum, nämlich bis 2008, eine vernünftige Planungssicherheit bekommen, dass ihnen garantiert wird, dass Besoldungs- und Tariferhöhungen ausgeglichen werden. Das haben auch wir immer gefordert, und das ist ein enormer Vorteil für die mittelfristige Arbeit, für die Gestaltung der Planungen der Hochschulen.

(Beifall bei der FDP sowie der Abgeordneten Dr. Henning Höppner [SPD] und Anke Spoorendonk [SSW])

Aus diesem Grunde wird meine Fraktion die Zustimmung erteilen. Allerdings möchte ich, damit das nicht falsch, sozusagen als global-galaktischer Zustimmungsentscheid zu allem, interpretiert wird, zwei für mich ganz wichtige Anmerkungen zu Protokoll geben.

Erstens. Wir halten die Grundausstattung der Hochschulen schon jetzt für unzureichend. Ich habe das vorhin unter Tagesordnungspunkt 9 im Zusammenhang mit unserem Gesetzentwurf zu den Studiengebühren schon ausgeführt. Wir haben eine Reihe von Haushaltsanträgen gestellt. Die Gegenfinanzierung soll übrigens nicht durch das Gesetz über die Studiengebühren erfolgen. Vielmehr haben wir auch zu anderen Bereichen Haushaltsanträge eingebracht, in denen wir erhebliche Streichungen beantragen. Mit diesen Vorlagen, die morgen noch zur Abstimmung anstehen, wollen wir eine höhere Grundausstattung der Hochschulen erreichen, die wir für unbedingt erforderlich halten. - Nicht, dass das in dieser Diskussionsrunde unter den Tisch fällt. Das muss in diesem Zusammenhang einfach einmal gesagt werden.

Zweitens. Auch wenn ich nicht in der Lage war, von gestern Abend bis heute alle Zielvereinbarungen durchzulesen - es waren ja noch andere Themen vorzubereiten -, so gibt es meiner Meinung nach eine ganze Reihe von Punkten, über die noch vernünftig diskutiert werden muss. Da ist zum Beispiel die Frage der konsekutiven Studiengänge, die Frage des Bachelor-Master-Modells. Wenn man das will, muss es

auch vernünftig gemacht werden. Hier droht aber eine Hopplahopp-Geschichte, die ganz gewaltig in die Binsen geht. Das wird noch einmal ein gesonderter Diskussionsteil sein. Wir haben im Ausschuss schon mit Herrn Körner eine Runde darüber debattiert. Dabei sind viele wirklich ernst zu nehmende Fragen zu bedenken. Von daher sehe ich in dem Druck, der vonseiten der Landesregierung nach dem Motto erzeugt wird, Schleswig-Holstein solle möglichst ganz vorn in der Front marschieren, Probleme für die Hochschulen. Das würden wir in jedem Falle ganz anders machen. Es würde eine vernünftige Entwicklung gemeinsam mit den Hochschulen geben.

Man muss sich - aber das ist ein gesondertes Thema - auch überlegen, inwieweit der Zugang zum Bachelor- und Master-Studium, wie er jetzt bundesweit vorgesehen wird, wirklich vernünftig ist und ob man nicht noch andere Vorgaben einführen sollte.

Diese Anmerkungen gebe ich zu Protokoll.

Beachten Sie bitte die Redezeit!

Warum wir aber letztlich zustimmen, nämlich wegen der mittelfristigen Festlegung und der Planungssicherheit für die Hochschulen, habe ich ausgeführt.

(Beifall bei der FDP)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erteile ich der Frau Abgeordneten Angelika Birk das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Schade, dass wir diesen Punkt heute so spät diskutieren. Denn dies ist ein großer Tag für die Hochschulen und für das Land. Während in anderen Bundesländern Studierende zu Recht auf die Barrikaden gehen, weil bei den Hochschulen massiv gespart wird und sie sich außerdem mit Studiengebühren konfrontiert sehen, beginnen in Schleswig Holstein umfassende Reformen an den Hochschulen. So können die Landesregierung und die Hochschulen mit den termingerecht vorliegenden Zielvereinbarungen auf ein gutes Ergebnis eines konstruktiven Beratungsprozesses blicken.

Wie vereinbart, beschließen wir heute den aktuellen und mittelfristigen Finanzrahmen für einen Hochschulvertrag bis zum Jahr 2008. Das ist ein Novum. Herzlichen Dank an alle, die hierzu beigetragen ha

(Angelika Birk)

ben, insbesondere auch an Studierende und Lehrende. Die Landesregierung und alle Beteiligten haben für dieses Verhandlungsergebnis die Unterstützung des ganzen Hauses verdient.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Ich appelliere deshalb an die CDU-Opposition, die Mittel für die Umsetzung der Zielvereinbarungen auch mit ihrer Stimme zu unterstützen. Anstatt kleingeistig zurückzuschauen, gilt es jetzt, nach vorn zu blicken und zu fragen, wie wir den Hochschulen am besten ein Backup geben können. Dazu haben Sie heute leider keinen Beitrag geleistet, Herr de Jager.

Wir wissen, dass es bei dieser Umstrukturierung auch Verluste gibt, und haben uns deshalb die Verlagerung der liebevoll „Bauschule“ genannten Einrichtung in Eckernförde nicht leicht gemacht. Wir hoffen, dass die Impulse und die Qualität insbesondere des ökologischen Bauens in Lübeck ihre Fortsetzung finden.

Im Bereich der Lehrerbildung hätten wir uns schnellere inhaltliche Reformen und die Übersiedlung der Realschullehrerausbildung nach Flensburg gewünscht.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Aber wir sind froh darüber, dass es gelungen ist, die innovativen internationalen Studiengänge des nachhaltigen Wirtschaftens und des Umweltmanagements der Fachhochschule und der Universität Flensburg zu erhalten.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Insgesamt halten wir fest: Mit den Änderungen des Hochschulgesetzes, die ebenfalls diese Woche verabschiedet werden, und dem Instrumentarium des Hochschulvertrages beginnt eine neue Phase der Hochschulgestaltung. Qualitätsmanagement, externe Evaluation, Budgetverantwortung mit kennzahlengesteuertem Berichtswesen, Juniorprofessuren, Einführung der internationalen Studienabschlüsse Bachelor und Master sowie die Umsetzung neuer Instrumente der Frauenförderung auf allen Ebenen sind wesentliche Eckpunkte, die wir jetzt erreicht haben. Wir sollten uns im Ausschuss immer wieder mit der Umsetzung dieser neuen Instrumente befassen, aber wir sollten sie nicht infrage stellen.

Herr Dr. Klug, Sie spielen beim Thema Bachelor und Master immer wieder Bedenkenträger. Aus den Zielvereinbarungen geht aber hervor, dass dieses Instru

ment differenziert in seiner Zeitplanung eingesetzt wird. Nicht jeder Studiengang muss sofort auf dieses neue Instrument umgestellt sein. Zudem ist Ihnen offensichtlich entgangen, dass auch für die Umstellung und Akkreditierung Bundesmittel zur Verfügung stehen. Wenn wir uns jetzt nicht sputen und uns nicht genauso wie die anderen Bundesländer auf dieses neue Abschlusssystem einstellen, dann werden andere Länder an uns vorbeiziehen, und dann stehen Sie mit Ihren Bedenken zwar immer noch in der Landschaft, aber das nützt niemandem. Vielmehr muss man die Probleme anpacken. Dazu sind wir bereit. Natürlich kann man das nicht im HauruckVerfahren machen, sondern nur nach gründlicher Beratung. Allerdings gehe ich nach diesem konstruktiven Beginn davon aus, dass das auch so weitergehen wird.

(Beifall des Abgeordneten Karl-Martin Hent- schel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Außerdem wurde im Rahmen des Hochschulvertrages und der Zielvereinbarungen formuliert, dass die Hochschulen zu umweltethischem Handeln, Nachhaltigkeit und Technologiekritik, insgesamt eben zu wissenschaftlich-kritischer, unabhängiger Arbeit verpflichtet sind. Das hört sich wie eine Selbstverständlichkeit an, aber in Zeiten, da anderswo, wie beispielsweise jüngst in Bremen, kritische Studiengänge, die sich mit den Themen Umwelt, Risikoabschätzung, Katastrophenforschung und Ähnlichem auseinander setzen, reduziert werden, in denen sich verdiente Leiter plötzlich abberufen sehen, ist auch dieser Rahmen ein ermutigender Ausgangspunkt, an den wir gerne anknüpfen. Wir möchten natürlich sehen, wie sich die Umsetzung dieser hehren Ziele in den nächsten vier bis fünf Jahren vollzieht, und an dieser Stelle ausdrücklich hervorheben, dass wir uns darüber freuen, dass endlich ein hochschulübergreifender Innovationsfonds in Höhe von 5 Millionen € jährlich, beginnend mit 3,1 Millionen € im nächsten Jahr, zur Verfügung steht. Für diesen Innovationsfonds haben wir uns sehr eingesetzt, und sind sehr froh, dass es ihn nun endlich gibt. Wir wünschen bei der Umsetzung gutes Gelingen.

Noch einmal herzlichen Dank an alle, die dazu beigetragen haben.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Für den SSW im Schleswig-Holsteinischen Landtag erteile ich jetzt seiner Sprecherin, Frau Abgeordneter Spoorendonk, das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Bericht der Landesregierung fasst die Verhandlungsergebnisse mit den Hochschulen des Landes zusammen. Für jedermann offen und zugänglich werden die Landesmittel inklusive der erwarteten Besoldungs- und Tariferhöhungen dargestellt. Das ist gut so, das ist wirklicher Fortschritt. Dass dabei natürlich die Höhe der Investitionen je nach Hochschule unterschiedlich ist, hängt von der Bausubstanz und auch der Größe der jeweiligen Hochschule ab.

Bildung ist ein wichtiges Gut - das wissen wir alle und das wird auch immer wieder gesagt. Dieser Satz wird zu einer leeren Formel, wenn Bildungsanstrengungen nicht mit den entsprechenden finanziellen Mitteln unterfüttert werden. Ich denke, es ist richtig, einmal zu sehen, was insgesamt in dieser Republik zurzeit vor sich geht. Auch vor diesem Hintergrund, denke ich, sind wir hier in Schleswig-Holstein sehr viel weitergekommen. Die Hochschulen selbst haben in der Vergangenheit bewiesen, dass sie grundsätzlich zu Reformen bereit sind, solange sie der besseren Qualität in Lehre und Forschung dienen. Viele Rektorate wollten aber weitergehen. Sie wollten mehr reformieren, als es ihnen die Rahmenbedingungen gestatteten.

Der Hochschulvertrag will mit dieser Knebelung aufräumen, indem er den Hochschulen ausdrücklich mehr Eigeninitiative ermöglicht. Vor allem bei der Personalplanung können die Hochschulen in Schleswig-Holstein zukünftig besser auf veränderte Rahmenbedingungen reagieren. Es wird sich schon bald zeigen, was die Hochschulen aus der neu gewonnenen Entscheidungsfreiheit machen werden. Ich hoffe sehr, dass die Hochschulen in Schleswig-Holstein dabei gegenseitig von Erfahrungen profitieren und sich nicht in einen Überbietungswettbewerb hineinsteigern werden.

Viele Hochschulexperten hatten befürchtet, dass mehr Eigeninitiative angesichts der Haushaltslage versickert, wenn sie nur aufs Sparen hinausläuft. Diese Befürchtungen entkräftigt der Hochschulvertrag. Durch die finanzielle Sicherung bis ins Jahr 2008 können die Hochschulen in den nächsten fünf Jahren unter sehr genau bestimmbaren Bedingungen planen und handeln. Die entsprechenden Rahmenbedingungen stehen also. Zurzeit muss in jedem Jahr je nach Haushaltslage wieder neu geplant werden. Diese Situation hat sich für die Hochschulen grundlegend verändert.

Beide Partner, Landesregierung und Hochschulen, haben Zugeständnisse gemacht. Der Hochschulver

trag ist auf dem Verhandlungswege zustande gekommen. Beide Partner stehen sich in Augenhöhe gegenüber. Für die Hochschulen bedeutet dies, dass sie die Verantwortung für alle Probleme nicht mehr einfach wegschieben können. Vor diesem Hintergrund begrüßen wir ausdrücklich, dass es gelungen ist, die Zielvereinbarungen mit den Hochschulen abzuschließen. Das ist eine Leistung - ich sagte es eingangs schon -, die auch vor dem Hintergrund der allgemeinen Hochschulsituation in Deutschland betrachtet und gewürdigt werden muss.

(Vereinzelter Beifall bei SPD und BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)