Protokoll der Sitzung vom 11.12.2003

Vier weitere Zahlen belegen den volkswirtschaftlichen Unfug der rot-grünen Argumentation: Schleswig-Holstein braucht knapp 2 % reales Wirtschaftswachstum jährlich, um die Beschäftigungsschwelle zu erreichen. Das durchschnittliche jährliche Wirtschaftswachstum in Schleswig-Holstein von 1991 bis 2002 lag bei ungefähr 1,06 %, also gut der Hälfte dessen, was tatsächlich notwendig gewesen wäre.

Die Arbeitslosigkeit in Schleswig-Holstein ist seit 1991 permanent angestiegen. 1991 waren im Durchschnitt des Jahres gut 80.000 Menschen arbeitslos und diese Zahl stieg bis 2002 auf 122.000. Von 1991 bis 2002 hat die Landesregierung im Durchschnitt jährlich 642,6 Millionen € neue Schulden aufgenommen und Schleswig-Holstein an die Spitze der Schuldentabelle katapultiert.

Genauso wie es die volkswirtschaftliche Forschungsergebnisse seit zehn Jahren bestätigen, wurde die strukturelle Krise bei Wirtschaft und Beschäftigung in Schleswig-Holstein durch übermäßige Verschuldung der öffentlichen Hand verstärkt und keineswegs behoben. Dazu sind übermäßige Schulden bei sinkenden öffentlichen Investitionen nicht geeignet und deshalb ist die geplante Überschreitung der Kreditobergrenze im Haushalt 2004 verfassungswidrig.

Herr Dr. Stegner, Sie spielen ja rhetorisch kreativ mit ökonomischen Begriffen - ich bin davon oftmals sehr beeindruckt -, allerdings ohne die dahinter stehenden Konzepte jemals verstanden zu haben.

(Beifall bei FDP und CDU - Zuruf der Ab- geordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Das reicht weder für gute ökonomische Argumente noch für verfassungsgemäße Haushaltsentwürfe.

Das Stichwort „inländische Nachfrage“ führt mich dann direkt zum Haushaltsplan. Rot-Grün beginnt mit der Stärkung der Nachfrage, und zwar bei den Beamtinnen und Beamten. Denen kürzen sie nämlich die Gehälter. Wer weniger Geld hat, gibt weniger Geld aus. Die Nachfrage sinkt, habe ich jedenfalls immer gedacht. Die rot-grüne Logik geht deshalb auch noch einen ganzen Schritt weiter. Die Beamtinnen und Beamten sind sparsam; sie geben einfach zu wenig Geld aus. Genau deswegen nimmt ihnen Rot-Grün Geld weg, um es selbst ausgeben zu können; denn

(Dr. Heiner Garg)

Sparen ist für Rot-Grün ein Fremdwort. Rot-Grün hat nie gespart, ganz im Gegenteil! Rot-Grün entspart immer schneller und schwächt dadurch die Wirtschaftskraft unseres Landes.

(Beifall bei FDP und CDU)

Wir reden im Moment von etwa 38 Millionen € für die Haushaltsjahre 2004 und 2005. Davon würden die Beamtinnen und Beamten den größten Teil ausgeben, die Landesregierung will alles ausgeben. Lassen wir die Steuerausfälle außer Acht, würde die inländische Nachfrage wahrscheinlich um einen einstelligen Millionenbetrag steigen, etwas mehr als ein Millionstel Prozent, Herr Dr. Stegner! Ein Millionstel Prozent! Es ist schlichtweg lächerlich, was Sie uns hier erzählen wollen!

Demgegenüber stehen große Nachteile für die Betroffenen, besonders für die Beamtinnen und Beamten des einfachen, mittleren und gehobenen Dienstes und für ihre Familien. Bei der Frage, ob das wirklich sozial gerecht ist - die auch der Kollege Hentschel in anderem Zusammenhang immer gern stellt -, sagt die FDP-Fraktion klipp und klar: Das ist alles, nur nicht sozial gerecht.

(Beifall bei FDP und CDU)

Die Nachteile für die Betroffenen und ihre Angehörigen rechtfertigen Ihre Kürzungen auf keinen Fall. Deshalb fordern wir erneut, den Beamtinnen und Beamten Urlaubs- und Weihnachtsgeld in der bisherigen Höhe zu zahlen; denn uns ist die einzelne Beamtin oder der einzelne Beamte für das Land nicht zu teuer. Ihre Aufgaben wachsen noch schneller als ihre Arbeitszeit und dafür gibt es dann bei Rot-Grün zum Lohn weniger Geld. Bei uns nicht!

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, das Thema Urlaubs- und Weihnachtsgeld ist beispielhaft für die verfehlte rot-grüne Finanzpolitik und den Gedankenwirrwarr, aus dem es entstanden ist.

Dieser schlechte Doppelhaushalt steht am Ende einer viel zu langen Reihe schlechter Haushalte, mit denen die Grundlagen für Wohlstand, Arbeit und Wachstum in Schleswig-Holstein systematisch kaputt gemacht wurden.

Die Fehler der roten und rot-grünen Landesregierungen der letzten 15 Jahre können selbst wir in einem Doppelhaushalt nicht mehr ausbügeln. Das alles geht in der Tat, Herr Kollege Kayenburg, in der Tat, Herr Kollege Fraktionsvorsitzender, nur schrittweise. Aber wir gehen die Probleme anders an als Rot-Grün. RotGrün stellt fest, dass nicht genügend Geld für die eigene Ausgabenwut da ist, und erhöht deswegen die Schulden. Weiter so, von der Hand in den Mund,

Augen zu und durch, 2005 ist ja sowieso alles vorbei, Frau Heinold! Das ist auch der einzige finanzpolitische Faden, den Sie hier heute bislang darstellen konnten.

(Beifall bei FDP und CDU)

Ich sage Ihnen: Das ist noch nicht einmal ein finanzpolitischer Faden, das ist schlicht und ergreifend verantwortungslos; denn so kommt Schleswig-Holstein nicht in Schwung.

Wir machen es anders. Wir wollen Ihr finanzpolitisches Trümmerfeld in Schleswig-Holstein wieder urbar machen. Wir setzen klare Schwerpunkte in den Kernbereichen der Landespolitik wie Bildung, Infrastruktur und innere Sicherheit.

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, zum Schwerpunkt Bildung!

(Detlef Matthiessen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Siehe Hamburg!)

Das Bildungssystem ist die wichtigste Fabrik unseres künftigen Wohlstandes. Deshalb investieren wir hier nach einem schlüssigen Gesamtkonzept. Die Wertschöpfungskette des öffentlichen Bildungssystems verläuft vom Kindergarten über die Schule bis zur Hochschule. Da eine Kette nur stärker wird, wenn man alle Glieder stärkt, setzen wir auch bei allen Gliedern an.

Wir beginnen in den Kindergärten und erhöhen die Zuschüsse des Landes für Kindertagesstätten um insgesamt 6 Millionen € - 2 Millionen € in 2004 und 4 Millionen € in 2005 -, um die Betreuung zu verbessern.

Das nützt nicht nur direkt den Kindern, sondern auch dem Arbeitsmarkt: Denn bessere Betreuungsmöglichkeiten für Kinder bedeuten auch, dass Familie und Beruf besser miteinander vereinbar sind.

(Beifall bei der FDP)

Wir stärken die Schulen. Die miserablen Ergebnisse Schleswig-Holsteins in den zahlreichen Vergleichen hat viele Ursachen. Eine sticht hervor, nämlich dass in schleswig-holsteinischen Schulen überproportional zu wenig Unterricht erteilt wird beziehungsweise - anders ausgedrückt - zu viel Unterricht ausfällt.

(Beifall bei FDP und CDU)

Schleswig-holsteinische Schüler erhalten in den ersten zehn Schuljahren 10 % weniger Unterricht als im Bundesdurchschnitt: neun Jahre Unterricht in zehn Jahren Schule. So haben wir uns das Abitur nach

(Dr. Heiner Garg)

12 Jahren nicht vorgestellt, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei FDP und CDU)

Für mehr Unterricht brauchen wir mehr Lehrer. Das Land kann es sich im Moment nicht leisten, den Lehrermangel auf einen Schlag abzubauen, den Rot und im letzten Jahrzehnt Rot-Grün aufgebaut haben. Aber wir können anfangen. Deshalb stellen wir mehr Lehrer ein: 160 in 2004 und 160 in 2005; das kostet insgesamt 11,8 Millionen €.

Zusätzlich stärken wir die Schulen durch mehr Geld für die betreute Grundschule und die Ganztagsbetreuung mit insgesamt fast 2 Millionen €. Wie bei den Kindergärten nützt das den Kindern und verbessert die Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

Wir beginnen, hoch begabte Kinder und Jugendliche mit insgesamt 2 Millionen € zu fördern. Denn wir können es uns nicht länger erlauben, dass diese Potenziale einfach vernachlässigt und brach liegengelassen werden.

(Beifall bei der FDP)

Wir wollen die Fortbildung der Lehrer stärker fördern. Wenn sich der Stand des Wissens immer schneller erneuert, muss sich dies auch bei den Lehrern niederschlagen. Schließlich sind sie es, die unseren Kindern einen Großteil des Rüstzeugs für ein erfolgreiches Leben in der Wissensgesellschaft vermitteln. Deshalb steigern wir die Mittel für die Lehrerfortbildung insgesamt um 1,3 Millionen €.

Schließlich stärken wir unsere Fachhochschulen und Universitäten. Hier stehen immer mehr Studenten immer kleineren und immer schlechter ausgestatteten Fakultäten gegenüber. Jahrelang hat Rot-Grün unsere Hochschulen sehenden Auges ausbluten lassen. Wir steuern dagegen.

Das strukturelle Defizit bei den Personalkosten senken wir insgesamt um 3,6 Millionen €. Wir erhöhen die Mittel für Berufungs- und Bleibeverhandlungen um 2,7 Millionen €, damit unsere Hochschulen im Wettbewerb um wissenschaftliches Personal besser mithalten können. Zusätzlich steigern wir die globalen Zuweisungen für unser Hochschulen insgesamt um 4,3 Millionen €.

Hinzu kommen zwei Einzelmaßnahmen: Wir investieren stärker in den Ausbau der Fachhochschule Heide, und zwar in 2005 mit 400.000 € und 4 Millionen € Verpflichtungsermächtigung für das Jahr 2006. Außerdem verhindern wir 2005 mit 240.000 €, dass das medizinische Laserzentrum in Lübeck ausblutet.

Ausbluten, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist dann das nächste Stichwort. Wir wollen verhindern, dass die Landesregierung selbstherrlich und unkontrolliert unsere Hochschullandschaft verändert. Deshalb fordern wir, dass die Landesregierung Hochschulstandorte nur dann schließen darf, wenn der Landtag dies vorher im Einzelfall ausdrücklich genehmigt.

(Beifall bei FDP und CDU)

Wir stärken die Leistungsfähigkeit und die Einnahmen der Hochschulen mit Studiengebühren für Langzeitstudenten. Universitäre Bildung ist niemals kostenlos; es fragt sich nur, wer sie bezahlt. Die Ministerpräsidentin selbst hat prägnant gefragt, warum Eltern für Kindergärtenplätze bezahlen müssen, aber nicht für Studienplätze.

Selbstverständlich zahlen die Eltern für beides. Denn sie zahlen auch die Steuern, mit denen unsere Hochschulen finanziert werden. Wir wollen hier ein erstes Element der Nutzerfinanzierung einführen - übrigens ganz ähnlich der guten Absicht bei der LKW-Maut, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Bildungsausgaben sind Investitionen in Humankapital. Sinnvollerweise zählen sie in der Haushaltssystematik aber nicht zu den Investitionen, sonst würde Rot-Grün den Bildungshaushalt ganz über zusätzliche Schulden finanzieren. Deshalb ist es richtig, dass unter den Investitionen im Haushalt in weitem Sinne nur solche Ausgaben gebucht werden, die den Sachkapitalbestand in Schleswig-Holstein tatsächlich erhöhen.

Hier liegt unser zweiter Schwerpunkt: Wir steigern die Investitionen des Landes im Saldo um insgesamt 22,7 Millionen €.

Unsere zusätzlichen Bruttoinvestitionen konzentrieren wir hauptsächlich in zwei Bereichen: 9 Millionen € im Straßenbau und rund 35 Millionen € für die Gemeinden.

Wirtschaft braucht Bewegung und für Bewegung braucht man eben Wege. Die Wege für den Hauptverkehrsträger Auto lässt Rot-Grün immer schneller verfallen. Wir nicht!

Die Gemeinden sind die größten öffentlichen Investoren; das haben Sie ganz offensichtlich vergessen. Die Landesregierung sagt das zwar auch, meint es aber nicht so. Denn sonst würde sie die schleswigholsteinischen Gemeinden nicht seit Jahren systematisch ausbluten lassen.

(Beifall bei FDP und CDU)