Protocol of the Session on January 22, 2004

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(Klaus Schlie [CDU]: Mit Ihnen habe ich immer Freude!)

- Das freut mich, Herr Schlie.

Der DIHK-Präsident Braun hat vorgestern in Kiel die Politik aufgefordert, mit den Reformen weiterzumachen. Er hat dies mit dem Appell verbunden, die Belegschaften und Bürger auf dem Weg weiterer Veränderungen mitzunehmen.

Ich bin Ihnen sehr dankbar, meine Damen und Herren von der Opposition - zu meinen guten Vorsätzen für 2004 gehört, doch netter zu Ihnen zu sein; das sagt mir auch meine Frau -, dass Sie mir auch ohne Neuigkeitswert Gelegenheit geben, unser gutes Konzept für die Reform der Finanzämter hier noch einmal vorstellen zu dürfen. Darüber freue ich mich sehr. Ich werde in den Finanzämtern, zum Beispiel Eutin und Oldenburg, mit den Beschäftigten und in Kürze mit den Bürgerinnen und Bürgern von Heide darüber diskutieren.

Im Übrigen freue ich mich, lieber Herr Steincke, dass die Diskussion inzwischen wieder zu einem Stil zurückgefunden hat, bei dem wir auf einer sachlichen und von gegenseitigem Respekt geprägten Ebene miteinander reden können.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ihr Brief, Herr Steincke, und Ihre Argumente sind bedenkenswerte Fragestellungen eines Wahlkreisabgeordneten, die eine sachliche Antwort verdienen. Ich werde sie auch geben.

(Beifall bei SPD und SSW)

Auch der Brief des Bürgermeisters von Heide, den man bei wohlwollender Auslegung als Entschuldigung werten kann, hat die Diskussion ein wenig erleichtert.

In der Debatte wird deutlich werden, dass die Landesregierung ihre Entscheidungen sorgfältig vorbereitet hat. Wir haben unsere Berechnungen bereits kurz nach der Kabinettsentscheidung offen gelegt und uns der öffentlichen Diskussion gestellt. Das werden wir auch weiterhin tun. Das Ergebnis ist eindeutig: Es gibt bis heute keine überzeugenden sachlichen Gründe gegen die beschlossenen Maßnahmen.

Mit dem Kabinettsbeschluss zur Reform der Struktur der Finanzämter leistet die Regierung einen wesentlichen Beitrag zur Verbesserung der Effizienz der Verwaltung des Landes. Ich gebe gerne zu, dass der Finanzminister hier eine Vorbildfunktion haben muss, wenn er von seinen Ressortkollegen erwartet, dass sie dies in ihren Bereichen mittragen.

Nach der bundesweit beachteten Auflösung der Oberfinanzdirektion im Zuge der Einführung der Zweistufigkeit der Steuerverwaltung, die zu Effektivitätsgewinnen von 10 % beim Personal - immerhin 34 Stellen; ohne den IT-Bereich sind es sogar 20 % - geführt hat, wird nun auch im Bereich der Unterbehörden eine umfassende Modernisierung und Verschlankung durchgeführt.

(Minister Dr. Ralf Stegner)

Allerdings, Herr Wiegard, möchte ich betonen, dass wir schon heute eine sehr effektive Finanzverwaltung haben; Sie wissen das ja von Ihrer Frau. Bundesweit kommen wir mit dem geringsten Personaleinsatz pro Einwohner aus. Wir haben zudem überproportional viele Beschäftigte im mittleren Dienst, sodass wir außerdem Kosten sparend arbeiten, wie es sich für die Verwaltung im Finanzbereich auch gehört.

Mit der Strukturreform werden im Wesentlichen drei Ziele erreicht: Erstens. Organisatorisch wird die Steuerung der Ämter einschließlich des flexiblen Personaleinsatzes erleichtert, indem die erforderlichen Mindestgrößen - 140 Sollstellen - geschaffen werden. Zweitens. Wirtschaftlich soll die Reform deutliche Vorteile bringen. Das wird dadurch erreicht, dass Synergieeffekte dazu genutzt werden, die Einnahmesituation des Landes und der anderen Gebietskörperschaften zu verbessern. Das eingesparte Fachpersonal wird dort eingesetzt, wo es den größten Nutzen bringt. Wir reden hier schließlich von einer Einnahmeverwaltung.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Sie ist übrigens sehr tüchtig. Nach heutigen Presseberichten geht das in Bayern sogar so weit, dass die bayerische Finanzverwaltung im Zuge des StraußProzesses das Strauß-Mausoleum gepfändet hat, was zu viel Aufregung im Bayerischen Landtag geführt hat. So weit wollen wir hier natürlich nicht gehen. Drittens. Regionalpolitisch werden durch die Auswahl der Standorte deutliche Zeichen für eine Stärkung der kleinen Verwaltungsstandorte in besonders strukturschwachen Gebieten gesetzt. In Zeiten von Bundeswehrabbau und anderen schwierigen Entscheidungen ist dies nicht nur vertretbar, sondern meines Erachtens geboten.

Dabei haben wir die Belange der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie der Bürgerinnen und Bürger berücksichtigt. Die Vermeidung zu großer Belastungen liegt im Übrigen auch in unserem eigenen Interesse; denn wir wollen hochqualifiziertes Fachpersonal nicht verlieren.

Perfekte Lösungen gibt es im Übrigen in diesem Bereich nicht. Entscheidungen über Verwaltungsstrukturen folgen auch nicht naturgesetzlichen Zwangsläufigkeiten. Wir reden über Ermessensentscheidungen, die man auch anders treffen könnte. Aber wir haben mit unserem Vorschlag einen ausgewogenen Kompromiss gefunden, mit dem die genannten Ziele bestmöglich verwirklicht werden. Auch wenn bis zur Umsetzung im Detail noch ein beschwerlicher Weg mit vielen Anstrengungen vor uns liegt, werden wir

am Ende sagen können, dass wir einiges geschafft haben.

Im Einzelnen haben wir Folgendes beschlossen: Plön, Rendsburg und Neumünster werden sowohl personell als auch von den fachlichen Aufgaben her gestärkt. Das ist ein gewollter Akzent gegenüber dem wirtschaftlich stärkeren südlichen Teil des Landes. Die Finanzämter Husum und Leck wie auch die von Eckernförde und Schleswig werden organisatorisch, wenn auch nicht örtlich zusammengefasst. Hauptsitze werden Leck und Eckernförde. Die Entfernung, aber auch die hohe Zahl der Teilzeitbeschäftigten haben uns zu dieser „weichen“ Lösung mit dauerhaften Nebenstellen bewogen.

Hingegen werden wir die Finanzämter Heide und Meldorf wie auch die von Oldenburg und Eutin an jeweils einem Ort zusammenfassen. Bis Ende 2009 soll eine Nebenstelle mit circa 40 Beschäftigten am Standort Eutin bestehen bleiben. Damit besteht bereits für die Hälfte des Eutiner Personals die Möglichkeit einer Weiterbeschäftigung vor Ort.

Wir haben uns jeweils für eine Stärkung des schwächeren der beiden Standorte entschieden und damit letztlich auch im Interesse der Beschäftigten gehandelt, deren Mehrheit von dieser Entscheidung weniger Nachteile hat, als wäre sie andersherum gefallen. Die geringen Entfernungen, die baulichen Vorraussetzungen und die Beschäftigtenzahl und -struktur halten die Nachteile für die Beschäftigten, aber auch für die Standorte in einem zumutbaren Rahmen.

Wenn ich das im Detail ausführe, komme ich mit meiner Redezeit ein wenig in Schwierigkeiten. Aber die Fragen sind ja auch sehr detailliert gestellt worden. Vielleicht erlauben Sie mir angesichts dessen eine detaillierte Antwort.

Die künftige Unterbringung in Meldorf in vier Gebäuden bedeutet keinen ins Gewicht fallenden organisatorischen Nachteil. Die von Vertretern aus Heide vorgeschlagenen Lösungen in Heide führen nicht zu besseren wirtschaftlichen Ergebnissen. Bei dem Standortvergleich, der Grundlage der Kabinettsentscheidung war, wurde die vorgeschlagene Variante unter Einbeziehung des Straßenbauamtgebäudes übrigens bereits berücksichtigt.

Die Zahl der zu versetzenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei einer Ansiedlung des Finanzamtes in Meldorf ist mit 74 Sollstellen wesentlich geringer als bei einer Ansiedlung in Heide, bei der 111 Sollstellen umzusetzen wären.

Im Interesse der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Finanzamtes Eutin werden wir aber noch prüfen,

(Minister Dr. Ralf Stegner)

inwieweit die künftigen Zuständigkeiten der Ämter Oldenburg und Plön etwas anders geschnitten werden können, sodass möglicherweise noch mehr Beschäftigte nach Plön wechseln können. Wenn wir mit Hamburg landesübergreifend zusammenarbeiten können, muss das kreisübergreifend zwischen Plön und Ostholstein auch möglich sein.

(Beifall bei der SPD - Zuruf des Abgeordne- ten Werner Kalinka [CDU])

Um den Beschäftigten außerdem mehr Zeit zu geben, sich auf die veränderten Gegebenheiten einzustellen, habe ich mich entschlossen, bei diesem Teilprojekt etwas mehr Zeit für die Umsetzung vorzusehen - das sollten selbst Sie verstehen, Herr Kalinka -, sodass die Zusammenlegung erst zum 1. Januar 2006 erfolgen soll.

Die von der Stadt und vom Finanzamt vorgeschlagenen Lösungsvarianten haben wir sehr wohl betrachtet. Sie waren jedoch von vornherein nicht vergleichbar mit den Erweiterungsmöglichkeiten in Oldenburg. In Oldenburg gibt es eine gute Möglichkeit, die erforderliche Fläche direkt neben dem bestehenden Finanzamtshauptgebäude zu errichten. Dagegen würden die in Eutin umsetzbaren Vorschläge alle an die Drittanmietung angrenzen und damit zu einer Aufteilung in weit entfernte Liegenschaften oder zu einem Leerziehen des bisherigen Hauptgebäudes führen.

(Zuruf der Abgeordneten Herlich Marie Tod- sen-Reese [CDU])

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich verstehe die Besorgnis in Heide und in Eutin. Ich respektiere auch ausdrücklich das Engagement für die Interessen vor Ort. Aber: Die Entscheidungen der Regierung dürfen nicht nur mit regionalpolitischer oder lokaler Brille betrachtet werden. Sie beruhen auf objektiven und nachvollziehbaren Faktoren.

(Rainer Wiegard [CDU]: So?)

Die Entscheidung ist in einer engagierten und kompetenten Projektarbeit getroffen worden. Sie ist begründet und sie wird umgesetzt, denn anders als die Opposition muss und wird die Regierung ihrer Verantwortung auch dort gerecht, wo es nicht nur darum geht, Wohltaten zu verkünden oder Versprechungen zu machen.

(Beifall bei der SPD)

Eines sollte Ihnen hier einleuchten: Wir können uns den Fortbestand von zwei kleinen Finanzämtern in unmittelbarer Nachbarschaft nicht leisten, weder in Eutin/Plön, noch in Heide/Meldorf. Aus diesem Grund wurde auch in Dithmarschen trotz regionaler

Schwächung des Standortes Heide die vollständige Zusammenlegung gewählt. Das ist auch deswegen vertretbar - das betone ich -, weil die Entscheidung der Landesregierung für die FH Westküste Investitionen von 45 Millionen € ausgelöst und für Heide großartige Chancen eröffnet hat. Herr Steincke und auch der Herr Landtagspräsident - er ist heute nicht da - wissen, dass Heide von dieser Landesregierung wirklich nicht vernachlässigt wird. Da ist eine Menge passiert. Das ist die einzige Kreisstadt, die Investitionen in dieser Größenordnung bekommen hat.

(Beifall des Abgeordneten Wilhelm-Karl Malerius [SPD] - Zuruf des Abgeordneten Thorsten Geißler [CDU])

- Ach, lieber Herr Geißler, Sie wissen doch, dass das anders ist.

Im Übrigen erinnere ich daran, dass bei der Zusammenlegung der Landeskassen, als die Landesregierung in Lübeck im Interesse der Beschäftigten eine Außenstelle gelassen hat, auch die Vertreter der Union gesagt haben, dass sie so etwas nicht noch einmal haben wollen. Da hält sich die Regierung an das, was Sie wollen, und dann kritisieren Sie das auch.

Neben der räumlichen Konzentration mit dem Abbau von Leitungsstellen findet auch eine fachliche Konzentration statt. So wird die Zahl der Grunderwerbsteuerstellen, der Prämienstellen und der Kraftfahrzeugsteuerstellen von derzeit 60 auf künftig zwölf landesweit verringert werden. Die Einsparungen beziehungsweise Mehreinnahmen aus den vorgeschlagenen Zusammenlegungen summieren sich auf rund 2,14 Millionen € jährlich. Dabei sind die Vorteile aus der Konzentration der Spezialgebiete nicht einbezogen, weil diese nur schwer beziffert werden können. Aber auch dies wird erhebliche Verbesserungen der Einnahmeseite bringen.

Die genannte Zahl wurde in der Öffentlichkeit wiederholt hinterfragt. Gefragt wurde, warum wir in die Wirtschaftlichkeitsberechnungen nicht das zwangsläufige Leerziehen bisher genutzter Gebäude mit Kosten einbezogen hätten. Dass die weitere Verwendung leergezogener Liegenschaften nicht unproblematisch ist - gerade in bestimmten Regionen -, will ich nicht bestreiten. Das darf aber doch nicht dazu führen, jegliche sinnvolle Umstrukturierung der Verwaltung zu unterlassen.

Im Übrigen haben wir das Liegenschaftsmodell gerade zu dem Zweck eingerichtet, solche Umstrukturierungen zu ermöglichen, indem ein professionelles Liegenschaftsmanagement für frei werdende Liegenschaften in absehbarer Zeit eine adäquate Verwendung findet, zumal GMSH und LVSH wenigstens

(Minister Dr. Ralf Stegner)

zwei Jahre Zeit haben, sich auf die veränderte Situation einzustellen.

Schließlich wurde die Einbeziehung von Mehrergebnissen aus dem Prüfungsaußendienst bemängelt. Dies ist sehr spitzfindig, um nicht zu sagen kurzsichtig. Zwar stehen die Mehreinnahmen dem Landeshaushalt nicht direkt und in voller Höhe zur Verfügung, aber doch wohl den Körperschaften insgesamt, denn die Bürger sind nicht Kreis- oder Landes- oder Ortsbürger, sondern Bundesbürger.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Insofern werden wir all dies umzusetzen haben. Wir werden mit den Beschäftigten vor Ort reden. Die wirtschaftlichen und organisatorischen Vorteile sind gewichtig. Wir sollten dies tun.