Wir werden das aber in Gesprächen weiter verfolgen. Aber so, wie das Konzept vorliegt, stimmt die Richtung.
Ich fasse zusammen: Die Schulen und die Rahmenbedingungen für Schulen haben sich so sehr geändert, dass sich auch die Lehrerbildung ändern muss, wenn
Eine letzte Bemerkung! Ich bin seit mehreren Jahren Mitglied des Vorstandes der Pädagogischen Hochschule in Haderslev. Wenn man sich anguckt, wie jetzt Lehrerbildung mit dem neuen Konzept aussieht, dann - so finde ich - sollte man hinzufügen, dass man nördlich der Grenze mit gutem Erfolg seit sehr vielen Jahren eine Lehrerbildung dieser Art betrieben hat. Da ist wenigstens nicht das große Chaos ausgebro
chen; da herrscht große Zufriedenheit mit dieser Verzahnung von Theorie und Praxis, die jetzt mit dem neuen Konzept hoffentlich auch umgesetzt werden kann.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich will insbesondere meine Vorredner ansprechen: Dass es einen erheblichen systematischen und strukturellen Verbesserungsbedarf in der Lehrerbildung gibt, wird doch hier wohl von niemandem mehr bestritten.
Alle Debatten über die Zukunft und die Qualität der Schule führen auch immer zu diesem Ergebnis. Es gibt auch einen breiten Konsens darüber in der Fachöffentlichkeit und bei den Experten, dass die Lehrerbildung insgesamt - ich rede jetzt nicht nur von der zweiten Phase - praxisnäher und auch professioneller werden muss, auch an Qualitätsstandards orientiert werden muss
und dass sie auch der Entwicklung von Schule heute angepasst werden muss, nämlich hin zu mehr Eigenständigkeit, zu mehr Autonomie, zu Schulprofilen und dergleichen.
Das betonen übrigens auch die Empfehlungen der KMK-Kommission, der Terhart-Kommission, das betont der Wissenschaftsrat, das betont die Fachkommission, die wir hier in Schleswig-Holstein vor zwei Jahren einberufen haben und die ihre Empfehlungen vorgelegt hat.
Uns in diesem Zusammenhang, sozusagen als Extrakt dieser bildungspolitischen Debatte, die in Deutschland seit langem geführt wird, vorzuwerfen, wir würden hier eine „politische Setzung“ vornehmen - so haben Sie das genannt; ich weiß gar nicht, was das ist - und nach dieser „politischen Setzung“ irgendwie am grünen Tisch bei einem Abendgespräch - ich weiß nicht, wie Sie sich das vorstellen - einmal sagen, so läuft die Lehrerausbildung, so ist es Gott sei Dank in Schleswig-Holstein nicht gelaufen.
Den „State of the art“ in der Lehrerbildungsdiskussion in Deutschland haben wir zur Kenntnis genommen. Dann haben wir uns natürlich die Lehrerbildung so, wie sie in Schleswig-Holstein derzeit abläuft, angeguckt, sie sehr genau untersucht, auch ökonomisch untersucht. Wir haben daraus unsere Schlüsse gezogen. Die ersten Vorschläge sind - so glaube ich - in 60 Diskussionen, die der Staatssekretär, die der Leiter des IQSH, die ich geführt haben, abgeklopft und weiterentwickelt worden. Das Ergebnis liegt Ihnen jetzt im Entwurf vor.
Wir sind auch bei der Verordnung, die daraus jetzt gemacht werden wird, offen, in den Anhörungen noch dazuzulernen. Wir gehen einen ganz neuen Weg. Das ist klar. Da gibt es auch Widerstand und da gibt es Kritikpunkte und da muss es Diskussionen geben. Dann kommt man am Ende vielleicht auf einen sicherlich nicht von allen, aber doch weitgehend akzeptierten Weg.
Nun will ich gar nicht noch einmal den BDA und den Arbeitgeberpräsidenten Hundt zitieren. Aber wenn Sie sich das Papier angucken, das er letzte Woche vorgelegt hat, dann könnte man fast meinen, er hätte von uns abgeschrieben. Er hat nur ein paar ökonomische Begriffe zusätzlich verwandt - wie zum Beispiel Trainee oder dergleichen mehr, was Sie jetzt als „Learning by doing“ abqualifizieren. Es ist heute eine Methode, die in der Wirtschaft sehr weit verbreitet ist, mit Trainees bei Leuten zu arbeiten, die eine akademische Ausbildung haben, um sie vor Ort für die Aufgaben, die sie dort wahrnehmen sollen, zu trainieren.
So wollen wir es aber gar nicht lupenrein machen, sondern ich will sagen, die Prinzipien, die da formuliert worden sind, bestätigen uns so, dass wir meinen, mit unserem Konzept wirklich nicht auf dem Holzweg sein zu können.
Mit einem Wort: Wir brauchen nicht noch mehr Untersuchungen, Herr Dr. Klug - die haben wir wirklich reichlich auf dem Tisch -,
(Beifall der Abgeordneten Dr. Henning Höppner [SPD], Ursula Kähler [SPD] und Angelika Birk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN])
sondern wir müssen jetzt zu Veränderungen und ganz konkreten Schritten kommen. Wir beginnen mit dem Vorbereitungsdienst. Zur ersten Phase kann ich heute nichts sagen, weil dafür die Zeit wirklich nicht reicht. Aber ich will noch einmal sehr deutlich sagen: Es geht nicht nur um Veränderungen, es geht auch um Kontinuität. Die Kontinuität drückt sich darin aus, dass wir bei dem dualen System der Ausbildung blei
ben. Es ist ja nicht so, wie es in manchen Schlagzeilen oder auch in Ihren Kommentaren zum Teil - so muss ich es leider sagen - schief dargestellt worden ist, dass es in Zukunft überhaupt keinen fachdidaktischen oder theoretischen Anteil oder Seminaranteil mehr gäbe. Das ist ja nicht wahr. Die duale Ausbildung bleibt erhalten. Das muss auch so sein.
Erhalten bleibt auch das Lernen durch Praxis, das Lernen durch Beobachtung, das Lernen durch Auseinandersetzung mit theoretischen Konzepten. Erhalten bleibt auch der Zeitumfang der Ausbildung - sowohl der Praxisausbildung, zwei Jahre, mit der Möglichkeit zur individuellen Verkürzung als auch der Umfang des theoretischen Lernens an fachdidaktischen Konzepten in verblockten Veranstaltungen, in Qualifizierungsseminaren. Das bleibt erhalten. Man kann also nicht sagen, dass die Kandidaten plötzlich keine Theorie mehr lernen würden. Natürlich muss das sein. Es bleibt die Ausbildung in der Fläche erhalten, Herr Greve; es gibt nicht zehn Ausbildungsschulen in Schleswig-Holstein oder so etwas. Jede Schule kann Ausbildungsschule werden. Der Schulartbezug bleibt erhalten und es bleibt dabei, dass das IQSH systematisch qualifizieren wird, und zwar nicht nur die Ausbildungslehrkräfte, sondern auch die Referendare selbst.
Es bleibt auch - cum grano salis - der Umfang des eigenverantwortlichen Unterrichts erhalten. Hier von „Manövriermasse“ zu reden, wie es Herr Heyden getan hat, ist wirklich daneben.
Was allerdings verändert wird, ist die Struktur. Die Schule wird als Ausbildungs- und Lernort gestärkt, die Ausbildungslehrkräfte werden systematisch auf ihre Aufgaben vorbereitet. Wie läuft es denn heute an den Schulen? - Da heißt es: Wir sollen oder möchten noch einen Referendar nehmen, weil er nämlich die Unterrichtsversorgung erhöht. Wer macht hier einmal die Mentorentätigkeit? - Dann wird sich im Kollegium umgeguckt und jemand ausgeguckt, im besten Fall gibt es Leute, die damit Erfahrung haben. Aber wir haben eben auch diejenigen, die keine Erfahrung haben. Die werden bisher nicht qualifiziert für ihre Tätigkeit als Ausbildungslehrkraft. Dieser Punkt muss dringend geändert werden. Außerdem schaffen wir Verbindlichkeit bei den Ausbildungsinhalten, wir legen Standards fest, Qualifizierungsmaßnahmen, und das Ganze wird sorgfältig überprüft, und zwar auch während der Einführungsphase in den nächsten Jahren.
Daneben haben wir ein Landesgremium Lehrerbildung eingerichtet, das die Lehrerbildung insgesamt unter die Lupe nehmen soll, also auch die erste Phase, das Studium. Wir werden gestufte Lehramtsstudien
gänge in Flensburg einführen. Das hat uns nicht nur die Erichsen-Kommission nahe gelegt, sondern das ist bundesweit der Trend im Kontext des BolognaProzesses.
All das bedeutet: Beide Säulen des dualen Systems, also das Lernen vor Ort in der Schule und die systematische Ausbildung am IQSH, werden gestärkt. Die Reform hebt die Vereinzelung der Referendare auf, Herr Dr. Klug, und verändert auch die Art ihrer Belastung. Eine Lehramtskandidatin hat mir neulich erzählt, dass sie für eine benotete Unterrichtsstunde, die im Seminar vorgeführt wurde, 20 Stunden Vorbereitung aufgebracht hat - 20 Stunden! Mit einem Riesenaufwand an medialem Brimborium. Auf meine Frage: „Warum machen Sie das?“ hat sie geantwortet: „Weil die Seminarleiterin das so erwartet. Wenn wir das nicht machen, kriegen wir schlechte Zensuren.“
Da wird ein extremer, unverhältnismäßiger Aufwand betrieben, der mit der Schulpraxis nichts zu tun hat. Auch das gehört zu den Dingen, die dringend verändert werden müssen.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich abschließend sagen: Ich glaube, dass diese Reform nach all den Diskussionen, die geführt worden sind, ein erheblicher Zugewinn sein wird. Den Früher-war-allesbesser-Chor sollten wir nicht anstimmen, sondern wir sollten darauf vertrauen, dass wir gute Leute haben, im IQSH und in den Schulen, die gemeinsam dafür sorgen, dass die Lehrerausbildung qualitativ nicht nur erhalten, sondern verbessert wird.
Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Wir treten in die Abstimmung ein. Wird beantragt, dass der Antrag der Fraktion der FDP, Drucksache 15/2842, und der Antrag der Fraktionen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Drucksache 15/2852, an den zuständigen Bildungsausschuss überwiesen werden?
Dann führen wir jetzt eine alternative Abstimmung durch, das heißt, man kann entweder für den einen oder für den anderen Antrag stimmen.
Ich rufe zunächst den Antrag der Fraktion der FDP, Drucksache 15/2842, auf. Wer diesem Antrag seine Zustimmung geben will, den bitte ich um sein Handzeichen. - Dieser Antrag erhält die Stimmen von CDU und FDP.
Wer dem Antrag der Fraktionen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Drucksache 15/2852, seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. - Dieser Antrag erhält die Stimmen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW; der geschätzte Kollege Harms vom SSW enthält sich der Stimme.
Damit hat der Antrag Drucksache 15/2852 die notwendige Mehrheit des Hauses gefunden. Tagesordnungspunkt 26 ist erledigt.
Erste Lesung des Entwurfes eines Gesetzes über die Ausbildung der Juristinnen und Juristen im Land Schleswig-Holstein (Juristenausbildungsge- setz - JAG) Gesetzentwurf der Landesregierung Drucksache 15/2837
- Vorhin wurde gewünscht, dass der Tagesordnungspunkt noch behandelt wird. Dann brauche ich auch die notwendige Unterstützung des Hauses dafür. - Zur Begründung des Gesetzentwurfs erteile ich der Ministerin für Justiz, Frauen, Jugend und Familie, der stellvertretenden Ministerpräsidentin, Frau Lütkes, das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vielen Dank, dass Sie sich die Zeit nehmen, diesen Gesetzentwurf heute noch in erster Lesung zu behandeln.
Das ist insofern besonders erfreulich, als mich die Debatte um die Juristenausbildung seit 1968 begleitet. Ich hoffe, dass wir nunmehr ein erhebliches Stück weiterkommen.