Da wird es doch interessant, wie Frau Merkel sich jetzt entscheidet. Allerdings haben wir leise Zwei
fel, ob sie sich entscheidet, und - wenn sie sich entscheidet - wie sie sich entscheidet. Frau von der Leyen möchte eine Quote, darf aber nicht. Frau Schröder will die Beliebigkeitsquote - von ihr Flexi-Quote genannt -, kann sich aber nicht durchsetzen. Frau Merkel will, dass alles so bleibt, wie es ist. Und sie ist schließlich die Chefin.
Gleiches Geld für gleichwertige Arbeit, mehr Frauen in Führungspositionen, weniger Altersarmut, weniger Gewalt gegen Frauen - das sind die Ziele. Bis wir das erreicht haben, wird es noch ein weiter, steiniger Weg sein. Das gilt für Europa, für Deutschland und für Schleswig-Holstein.
Ein frauenpolitischer Lackmustest für die EU und für Deutschland wird die Durchsetzung von Frauenquoten in den Aufsichtsräten werden.
Die Wirtschaft hat schon mehrfach durch freiwillige Selbstverpflichtung versprochen, dass mehr Frauen in Aufsichtsräte und Chefetagen kommen. Geschehen ist bislang aber fast nichts. Ich freue mich daher sehr über die positiven Beispiele wie die Telekom oder Beiersdorf, die eine verbindliche Quote einführen.
(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, vereinzelt bei der LINKEN und Beifall des Abgeordneten Dr. Ralf Stegner [SPD])
Wir Grünen sind der Meinung, es ist höchste Zeit, gesetzlich einzuschreiten und eine verbindliche Quote festzulegen. Mindestens eine Quote, sagte die Kollegin gerade zu meiner Freude.
Wir haben schon zweimal - in der 16. und in der aktuellen Legislaturperiode - einen entsprechenden Antrag eingebracht, aber „Mehr Frauen in Führung“ scheint leider in diesem Haus keinen Konsens zu finden. Beide Anträge wurden abgelehnt sehr bedauerlich!
Mehr Frauen in Führungspositionen bedeutet mehr Gewinn für die Unternehmen. Das zeigt die Studie „Women matter“ der Unternehmensberatung McKinsey. Gender Diversity - Vielfalt bezüglich Geschlecht, Alter, Religion, Nationalität und anderer Faktoren - ist ein Erfolgsfaktor für Firmen. Das zeigt eine Studie der Europäischen Union. Mit anderen Worten: Gemischte Teams sind erfolgreicher.
Zum Schluss noch einmal zurück zur Europäischen Kommission! Auch die Europäische Kommission selbst sollte nicht Wasser predigen und Wein trinken. Wenn die EU einen Auswärtigen Dienst einrichtet und von den 28 neuen Botschafterposten nur sechs mit Frauen besetzt, ist das meilenweit von 40 % entfernt.
Vielleicht sollte Kommissarin Reding auch ihrer Kollegin Ashton Nachhilfe darin geben, wie eine Umsetzung der Quote wirklich funktioniert. Dann wäre die gute Theorie in eine gute Praxis umgesetzt.
Lieber Herr Minister Schmalfuß, ich begrüße es, dass in der Begründung zum Änderungsantrag von CDU und FDP der Vorschlag, den wir Grünen und andere an Sie herangetragen haben, aufgenommen worden ist, dass sich andere Bundesländer an der Finanzierung der Frauenhäuser in SchleswigHolstein - auf welchem Wege auch immer - beteiligen sollen. Dem Berichtsantrag - dem zweiten Teil des Änderungsantrags - würden wir gern zustimmen. Den ersten Teil lehnen wir ab. Den Antrag der SPD werden wir mit großer Begeisterung unterstützen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! „Es gibt keinen Erfolg ohne Frauen.“ - Das ist ein Zitat von Kurt Tucholsky. Ich sage: Es gibt nicht nur keinen Erfolg ohne Frauen, sondern es gibt auch kein Leben ohne Frauen, so wie wir es hier kennen und wie es hier funktioniert.
Trotzdem sind und werden Frauen in fast allen Bereichen des Lebens diskriminiert. Das Thema Gleichstellung ist deshalb ein sehr sehr wichtiges Thema, das alle Bereiche des Lebens betrifft - eine Querschnittsaufgabe. Frauen und Männer müssen endlich - endlich! - die gleiche Teilhabe an allen gesellschaftlichen Bereichen und Ressourcen haben.
Frauen müssen vor Diskriminierung und Gewalt geschützt werden. Es muss endlich ein Leben für alle Menschen frei von einschränkenden Geschlechterrollen geben. Das ist Gleichstellung. Es gehört also vieles dazu, insbesondere wenn man sich noch einmal klar vor Augen führt, dass laut Statistischem Landesamt der durchschnittliche Nettoverdienst von Frauen in Schleswig-Holstein 23 % geringer war und ist als der Verdienst bei Männern.
Ich kenne die Versuche, diese Lohnungerechtigkeiten zu erklären. Das haben wir gerade eben wieder gehört. Angeblich suchen sich Frauen die schlechter bezahlten Berufe aus. Angeblich verhandeln sie nicht so gut. Angeblich geben sie sich mit weniger zufrieden und so weiter, und so weiter.
Wir brauchen also keine Quote, Frau Funke, wie Sie es auch in Ihrer Pressemitteilung herausgegeben haben? - Ich glaube, das stimmt so nicht, denn angeblich sind - wie Sie sagen - wir Frauen Schuld.
(Beifall bei der LINKEN, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abgeordneten Dr. Ralf Stegner [SPD] - Kirstin Funke [FDP]: Das ist überhaupt nicht wahr!)
Selbst wenn es zuträfe, entbindet uns - damit meine ich alle Frauen und Männer in diesem Saal -, nicht von der Pflicht, etwas gegen die Lohnungerechtigkeit und für die Gleichstellung von Frauen und Männern zu tun. Dieses muss gesetzlich verankert werden. Das sehen wir als Fraktion DIE LINKE als sehr wichtig an.
Es sind Erklärungsversuche, die nichts an der Realität ändern und die nicht zur Lösung beitragen. Gleichzeitig sind diese Erklärungsversuche in unseren Augen ein Schlag ins Gesicht der Frauen, jeder Frau, die versucht, Familie und Beruf unter einen Hut zu bringen, den Lebensunterhalt ihrer Familie und möglicherweise noch eine auskömmliche Rente zu erwirtschaften.
Alle Versuche, die Unterschiede - insbesondere in der Arbeitswelt von Frauen und Männern - zu minimieren, werden und wurden bisher von der Politik
behindert und gestört. Wir brauchen dringend eine Quote. Wir sehen die Quote von 50 % für Frauen in Vorstandsetagen und in Aufsichtsräten und allen anderen Bereichen. Es muss für jeden Demokraten und jede Demokratin absolut selbstverständlich sein, dass die Mehrheit der Bevölkerung auch angemessen an den wichtigsten Entscheidungen beteiligt wird.
Frauen müssen am Ende doch auch die Suppe mit auslöffeln. Woher kommt die Angst vor der Quote, Herr Schmalfuß und Frau Funke? Wo sind Ihre Lösungsvorschläge?
- Ich habe eben nichts gehört von dem! Frau Funke, ich habe Ihnen eben zugehört. Sie haben doch bisher nichts zur Gleichstellung von Frauen und Männern beitragen können. Haben Sie Angst, dass Sie Ihre Lobbypolitik nicht mehr durchsetzen können, weil Sie auf dem Rücken von Frauen ausgetragen wird - von Frauen, die unentgeltlich oder zu minimalen Löhnen arbeiten und damit Schleswig-Holstein und Deutschland eher schlecht als recht, aber eben doch noch funktionieren lassen?
Es wird nicht mehr lange so funktionieren. Wir brauchen endlich konsequente Gleichstellungsgesetze für die private Wirtschaft, denn wir sehen uns eben mit einer krassen, durch nichts begründeten Lohndiskriminierung konfrontiert, obwohl Frauen im Durchschnitt sogar die besseren Berufsund Hochschulabschlüsse haben.
Dann kommt noch die andere Seite der Diskriminierung hinzu: die schlechtere Bezahlung in den von Frauen dominierten Berufsfeldern, gesellschaftliche Rollenbilder, unterirdisch schlechte, teure Kinderbetreuungsmöglichkeiten und das darauf folgende erhöhte Armutsrisiko für Frauen.
Wir brauchen eine Verbesserung der gesamten Arbeitswelt. Wir brauchen eine Veränderung der Gesellschaft. Dazu gehört unter anderem die Einführung eines flächendeckenden Mindestlohns. Es kann doch nicht sein, dass man arbeitet und trotzdem arm ist.
Dazu gehört auch ein höheres Ansehen von bestimmten Berufsfeldern wie den sorgenden und pflegenden Berufen. Es darf nicht mehr nur um Profit gehen, also um den Gewinn an Geld, der nach Abzug der Kosten erzielt wird. Profit muss weit mehr sein. Profit darf nicht nur in Geld gemessen werden.
- Zum Beispiel in Arbeit, in Menschlichkeit und darin, dass der Mensch von seiner Arbeit leben kann. Auch das ist Profit. Profit ist auch, was die Frauen für diese Gesellschaft leisten. Das ist Profit für uns alle.