Protokoll der Sitzung vom 29.06.2011

(Unterbrechung: 13:32 bis 15:02 Uhr)

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, ich bitte Sie, Platz zu nehmen. Die Beratungen werden wieder aufgenommen, die Sitzung ist wieder eröffnet.

Ich habe Ihnen zunächst zwei Mitteilungen zu machen. Erste Mitteilung: Die Abgeordnete Regina Poersch von der SPD-Fraktion hat sich krankgemeldet. - Wir wünschen ihr gute Besserung!

(Beifall)

Zweite Mitteilung: Der Tagesordnungspunkt 34 B, der Dringlichkeitsantrag, wird am Donnerstag nach dem Tagesordnungspunkt 26 beraten werden, und zwar mit je 5 Minuten Redezeit pro Fraktion.

Ich rufe nun den Punkt 11 der Tagesordnung auf:

Erste Lesung des Entwurfs eines Gesetzes zur Neufassung des Denkmalschutzgesetzes

Gesetzentwurf der Fraktionen von CDU und FDP Drucksache 17/1617 (neu)

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Dann eröffne ich die Grundsatzberatung und erteile das Wort dem Herrn Abgeordneten Wilfried Wengler von der CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich vorab ein paar Worte zum Verfahren sagen. Wir haben in den letzten Monaten eine ganze Reihe von Diskussionen über den Gesetzentwurf in den Fraktionen beziehungsweise zwischen den beiden Koalitionsfraktionen gehabt. Leider ist dabei eine verfrühte Veröffentlichung eines Zwischenstandes passiert, die zum Teil zu Irritationen, zum Teil aber auch zu berechtigten Befürchtungen geführt hat.

Die CDU hat sich von Fachleuten und Interessenvertretern Stellungnahmen eingeholt. Diese haben ihren Niederschlag in dem Entwurf gefunden. Ich möchte hier betonen: Das war keine Anhörung durch die Fraktion, sondern eine interne Besprechung und Beratung der Fraktion.

Meine Damen und Herren! CDU und FDP haben in ihrem Koalitionsvertrag eine Überarbeitung des Denkmalschutzes angekündigt mit dem folgenden Tenor:

„CDU und FDP wollen einen angemessenen Ausgleich zwischen dem Denkmalschutz und den Interessen der Eigentümer. Dies soll in der Gestaltung des Denkmalschutzrechts ebenso wie auch in der Praxis der Denkmalpflege seinen Ausdruck finden.“

Das Arbeitsergebnis liegt Ihnen als Entwurf eines neuen Denkmalschutzgesetzes vor. Anpassungen an die aktuelle Rechtsprechung wurden ebenso berücksichtigt wie das europäische Übereinkommen zum Schutz des archäologischen Erbes.

Ich möchte hier nur auf wenige Stichworte des vorliegenden Gesetzentwurfs eingehen:

Eintragungsverfahren. CDU und FDP haben sich darauf geeinigt, das in Schleswig-Holstein bewährte konstitutive Verfahren beizubehalten.

Denkmalbereich. Die rechtliche Ausgestaltung des Begriffes Denkmalbereich wurde überarbeitet und konkretisiert. Das ist letztendlich auch ein Ergebnis der Diskussion über die Unterschutzstellung der Neutra-Siedlung in Quickborn in der vergangenen Legislaturperiode.

Verursacherprinzip. Entsprechend dem europäischen Übereinkommen vom 16. Januar 1992 zum Schutz archäologischen Erbes, häufig auch als sogenannte Konvention von Malta bezeichnet, wurde das Verursacherprinzip verankert.

Eine Verbesserung der Bodendenkmalpflege war unumgänglich, damit die Finanzierung erforderli

(Vizepräsidentin Dr. Gitta Trauernicht)

cher Maßnahmen der Bodendenkmalpflege im Rahmen von Bau- oder Erschließungsvorhaben eine für alle Beteiligten befriedigende Klärung erfährt.

(Beifall bei der CDU)

Soweit Grabungen nicht allein aus wissenschaftlichem Forschungsinteresse, sondern aus anderem Anlass als sogenannte Rettungsgrabungen durchgeführt werden müssen, kann der Vorhabenträger im Rahmen des Zumutbaren an den Kosten beteiligt werden.

Einführung eines Straftatbestandes. Die gängige Rechtsprechung hat gezeigt, dass die bestehenden Rechtsvorschriften zum Schutz von Kulturdenkmalen unzureichend sind. Daher ist es angebracht, durch die Einführung eines Straftatbestandes die Raubgräberei unter Strafe zu stellen, die der Archäologie erheblichen Schaden zufügen kann durch Beschädigung oder gar vollständigen Untergang. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund der technischen Entwicklung in Bereichen der Lokalisierung und der Detektion.

Behördenstruktur. Die Koalitionspartner haben sich darauf geeinigt, die bestehende Struktur nicht zu verändern. Die empfohlene Beibehaltung der bisherigen Struktur bewahrt damit auch die im Land einmalige Stellung des UNESCO-Weltkulturerbes der Lübecker Altstadt.

Abschließend möchte ich betonen: Es steht außer Zweifel, dass unsere Welterbestätten in Schleswig-Holstein gesichert und besonders geschützt werden müssen. Unsere kulturellen Leuchttürme genießen hohe Aufmerksamkeit über die Landesgrenzen hinaus. Dazu gehören zum Beispiel die schleswig-holsteinischen Landesmuseen und ihre Gebäude, die Lübecker Altstadt, das Projekt Haithabu, das Dannewerk, sonstige öffentliche Einrichtungen, die privaten Herrenhäuser und vieles andere mehr. Sie sind auch wesentlicher Teil des Kulturtourismus in unserem Heimatland und haben für uns nicht nur eine überragende kulturelle, sondern auch eine wirtschaftliche Bedeutung.

Meine Damen und Herren, ich freue mich auf die Diskussion im Ausschuss und die sicherlich damit verbundene Einholung weiteren fachlichen Rates.

(Beifall bei CDU und FDP)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Begrüßen Sie mit mir gemeinsam Angehörige der Friedensgemeinde Kiel und Mitglieder von BÜNDNIS 90/DIE GRÜ

NEN aus dem Kreis Pinneberg. - Herzlich willkommen!

(Beifall)

Das Wort für die SPD-Fraktion hat nun der Herr Abgeordnete Müller.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auf die Ausschussberatungen freue ich mich auch schon. Ich glaube, dass die schwarz-gelbe Koalition Torschlusspanik hat. Auf der Tagesordnung dieser Plenartagung waren gleich vier gemeinsame Gesetzentwürfe der Fraktionen von CDU und FDP das ist gut -, aber kein Kabinettsentwurf mehr. Das Kabinett erspart sich die ministerielle Anhörung, indem die Gesetze jetzt von Regierungsfraktionen eingebracht werden. Das hat zur Folge, dass die Betroffenen jetzt nur noch eine Anhörung haben werden und nur noch einmal die Möglichkeit haben, Einfluss zu nehmen.

(Zurufe von der FDP)

Das mag Ihnen ja alles gefallen oder nicht. Es ist uns aufgefallen.

Zu Beginn der Legislaturperiode haben wir uns entschieden, den Entwurf eines Denkmalschutzgesetzes in der Fassung einzubringen, auf die sich die große Koalition im Prinzip geeinigt hatte.

Am 17. Dezember 2009 - das ist schon ein bisschen her - wurde vom Bildungsausschuss beschlossen, bis zur Vorlage der von der Landesregierung angekündigten Novellierung des Denkmalschutzgesetzes diesen Entwurf zurückzustellen. Es ist aber anders gekommen. Erst haben Sie einen Vorentwurf gestreut - die FDP -, der bei denjenigen, denen am Denkmalschutz in unserem Land etwas liegt, so ankam, als wollten Sie den Denkmalschutz im Land noch schneller abwickeln als die Kernenergie.

(Christopher Vogt [FDP]: Das hat Saxe ge- sagt. Der sagt viel, wenn der Tag lang ist!)

- Herr Saxe ist ein kluger Mann.

(Beifall bei der SPD - Zurufe von der CDU)

- Haben Sie noch bessere Argumente?

Da war ein städtebaulich und kulturlandschaftlich prägender Wert plötzlich kein Kriterium mehr. Denkmalschutz sollte ohnehin nur greifen, wenn das betreffende Objekt ins Denkmalbuch eingetragen wurde.

(Wilfried Wengler)

Denkmalbereiche kamen überhaupt nicht mehr vor. Der Welterbestatus der Lübecker Innenstadt sollte zur Disposition gestellt werden.

(Zuruf von der SPD: Erschütternd!)

Nachdem es Ihnen wieder einmal gelungen war, Heulen und Zähneklappern zu verbreiten

(Christopher Vogt [FDP]: Wie kommen Sie darauf?)

- das war zweifelsohne der Fall -, ist der jetzt vorgelegte Entwurf etwas zahmer. Sie erwarten vermutlich, dass die jetzt von Ihnen beabsichtigten Regelungen kaum noch auf Widerspruch stoßen, nachdem Sie einige der im Vorentwurf gezeigten Folterinstrumente wieder eingepackt haben.

Es ist - das will ich gern sagen - manches an Ihrem Entwurf richtig. Das ist zum Beispiel die Verpflichtung zur Barrierefreiheit, aber das gilt auch für die Aufnahme von technischen Denkmälern. Das ändert aber nichts daran, dass der Denkmalschutz in Schleswig-Holstein droht, sich bundesweit zu isolieren, weil es hier beim konstitutiven Verfahren bleibt, statt, wie bei 14 Bundesländern, auf das deklatorische Verfahren umzusteigen.

Mit Ihrer Verabsolutierung des wirtschaftlichen Eigeninteresses haben Sie klargemacht, dass hier wieder einmal der Schwanz mit dem Hund wedelt.

(Beifall bei der SPD)