Auch wenn das neoliberale Mantra „weniger Staat, mehr Markt“ mittlerweile immer lauter und öfter gebrüllt wird, gewinnt es dennoch nicht an Richtigkeit. Mit Denkmalschutz lässt sich kein Geld verdienen - weder von der öffentlichen Hand, noch
von privaten Investoren. Ganz im Gegenteil: Denkmalschutz kostet Geld. Jetzt private Eigentümer aus der Verantwortung dafür zu entlassen, mag zwar populär sein, von Verantwortung für ein funktionierendes Gemeinwesen allerdings zeugt es nicht.
Es ist unstrittig, dass das alte Denkmalschutzgesetz Mängel hat, die beseitigt werden müssen. Dazu sind wohl alle Fraktionen hier im Hause auch bereit; das ist angekündigt worden. Aber ich bin mir recht sicher, dass es für diesen Gesetzentwurf auch nach einer fachlichen Überarbeitung in den Ausschüssen keine breite Mehrheit geben wird. Wir hoffen trotzdem, dass es auch innerhalb der Reihen von CDU und FDP Abgeordnete gibt, die in den fachlichen Diskussionen die Argumente der Fachleute mit offenen Ohren und vor allem offenem Geist hören
und dann innerhalb ihrer eigenen Reihen dafür sorgen werden, dass zumindest die gröbsten Schnitzer dieses Gesetzentwurfs wieder ausgemerzt werden.
Für die Fraktion des SSW hat nun die Fraktionsvorsitzende, Frau Abgeordnete Anke Spoorendonk, das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Fraktionen von CDU und FDP begründen ihren Gesetzentwurf zum Denkmalschutz mit zeitgemäßer Anpassung an Verträge und Bundesrecht. Auch die Keule der Entbürokratisierung wird eingesetzt - füge ich in Klammern hinzu. Die Einführung des Verursacherprinzips, die Sicherung der Welterbestätten und die Regelung von Straftaten fallen in den erstgenannten Bereich und werden vom SSW ausdrücklich begrüßt. Auch, dass die Fraktionen beim konstitutiven Verfahren bleiben, kann akzeptiert werden. Die restlichen Änderungen des Entwurfs sind jedoch völlig untauglich, um dem Denkmalschutz in Schleswig-Holstein auch nur ansatzweise gerecht zu werden. Mit anderen Worten: Sollte dieser Entwurf so angenommen
werden, wie er uns heute vorliegt, bekommt Schleswig-Holstein eines der schlechtesten Denkmalschutzgesetze Deutschlands.
Der Denkmalschutz und die Novellierung des Gesetzes haben in den letzten Jahren - das wissen wir alle - für viel Aufregung hier im Lande gesorgt, auch während des Wahlkampfes 2009. Daher frage ich mich, was CDU und FDP geritten hat, dass sie einen Entwurf einbringen, der von Experten nicht nur als untauglich und unpräzise, sondern auch noch als bürgerunfreundlich kritisiert wird. Den Fraktionen wird eine redaktionelle und juristische Überarbeitung des Entwurfs empfohlen, um dabei Sachverstand hinzuzuziehen.
Noch deutlicher, denke ich, kann man Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen der regierungstragenden Fraktionen, wohl nicht sagen, dass Sie hier wirklich ein Eigentor geschossen haben. Sie verlegen den Vollzug des Denkmalschutzgesetzes auf die unteren Denkmalschutzbehörden und lösen damit nicht nur Konnexität aus - wenigstens muss man die Frage stellen -, sondern sprechen der oberen Denkmalschutzbehörde auch noch jegliche Kompetenz ihrer bisher hervorragend geleisteten Arbeit ab.
Die unteren Denkmalschutzbehörden sind für diese Arbeit aber weder personell ausgestattet, noch haben sie die fachlichen Ressourcen, die Aufgaben zu erfüllen. Ich rufe in Erinnerung, dass genau dieser Punkt auch ein Grund dafür war, dass die Landesregierung in der Zeit der Großen Koalition eine Novellierung des Denkmalschutzgesetzes anstrebte. Mit der Einführung der Jahreszahl 1950 - dazu haben wir schon einiges gehört; weil es „so eine schöne runde Zahl“ sei, habe man sich dafür entschieden, wurde gesagt - und der Möglichkeit des Vetos des Ministers bei der Unterschutzstellung neuerer Bauten diskreditieren Sie nicht nur das Landesamt für Denkmalpflege, sondern überlassen den Denkmalschutz letztlich der politischen Willkür.
Sie legen nicht fest, wo das Denkmalbuch geführt werden soll. Wenigstens geht das aus der Begründung nicht hervor, liebe Kollegin Funke. Da kann man sagen, das sei Mut zur Lücke, aber das ist wirklich unpräzise in diesem Zusammenhang. Zumindest die unteren Behörden haben überhaupt keine archäologische Kompetenz, dies zu tun.
Sie streichen ersatzlos den Umgebungsschutz und führen stattdessen „wesentliche Sichtachsen“ - das ist ein Zitat aus der Begründung - und „weitere wertbestimmende Merkmale“ ein. Aber auch dies
bleibt diffus und völlig unpräzise. Dabei definieren Sie wie gesagt nicht, was wesentlich heißt oder wie wertbestimmend verstanden werden soll.
Genauso führen Sie den Begriff des Denkmalwertes ein, der die bisherige Instandsetzung, Veränderung und Vernichtung von Kulturdenkmalen ablöst. Was genau der Denkmalwert sein soll, erfährt man jedoch auch nicht. Weiter stellen Sie die Zerstörung von Kulturdenkmalen nicht unter Strafe, sodass große Teile unseres Landes ohne Einwilligung durchsucht werden können.
Die Zustimmung der oberen Denkmalschutzbehörden ist nicht mehr verpflichtend bei Genehmigungsverfahren, sodass von einem landesweiten Standard im Denkmalschutz bald nicht mehr die Rede sein kann. Den bisherigen Schutz von Gartenund Parkanlagen streichen Sie einfach einmal komplett.
Ich bin wirklich gespannt, wie die weitere Beratung im Ausschuss verlaufen wird. Gerade im Denkmalschutz ist es notwendig, eine Balance zwischen der Erhaltung des Alten und der modernen Nutzung zu schaffen - zwischen Eigentümern und Denkmalschutz. Aber Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von CDU und FDP, schaffen es dagegen, in kürzester Zeit, den gesamten Denkmalschutz gegen sich aufzubringen. Dabei verfolgen Sie nicht nur eine Liberalisierung, sondern vor allem eine Schwächung des Denkmalschutzes. Sie stellen wirtschaftliche Interessen über unser kulturelles Gedächtnis und gefährden den Denkmalbestand des Landes. Das sind Fakten, die Sie nicht einfach wegwischen können.
(Beifall beim SSW, vereinzelt bei SPD und der LINKEN und Beifall des Abgeordneten Dr. Andreas Tietze [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Funke, manchmal kommen einem Gedanken, wenn man Ihren Beitrag dazu gehört hat, wie Sie eigentlich Denkmale beurteilen. Schönheitspreis? - Was ist denn an einer archäologischen Grabungsstätte oder an einer verrieselten Steinanlage eines Megalithgrabes Schönheit, Frau Funke?
(Gerrit Koch [FDP]: Das hat sie doch gesagt, Herr Höppner! - Christopher Vogt [FDP]: Nicht auf nur Stichworte, sondern auch auf die Sätze hören!)
„Kulturdenkmale …, die wegen ihres geschichtlichen, wissenschaftlichen, künstlerischen, städtebaulichen oder die Kulturlandschaft prägenden Wertes von besonderer Bedeutung sind, sind in das Denkmalbuch einzutragen.“
Frau Kollegin, das darf doch für alle Objekte gelten, völlig unabhängig, ob sie 1782, 1931 oder 1964 entstanden sind.
Eigentlich müsste doch - wenn man das genau nachvollzieht - Herr Dr. Klug sein Haus in der Brunswiker Straße lieben, das 1959 als erster Versuch einer Architektur mit dem Anspruch gebaut wurde, in einer Metropole zu sein: sein Ministerium, ein wunderschönes Teil!
- Ich könnte damit leben. Genau das ist das, was den Wert dieses Hauses ausmacht, Herr Dr. Klug. Dann gehen Sie bitte einmal durch die Etagen, oder schauen Sie sich das Haus von der anderen Seite an.
Ich denke auch, dass die Architekten dieses Landes, die nach dem Krieg hier gearbeitet haben, mit Sicherheit Architektur geschaffen haben, die ganz hochrangig ist.
Ich würde Ihnen gern empfehlen, einmal das Kompendium von Hartwig Beseler zu lesen und zu sehen, was in der Architektur nach dem Weltkrieg hier in Schleswig-Holstein entstanden ist. Ich denke, das ist ein Argument dafür.
Ich könnte ja noch verstehen, wenn man sagt: Das entscheidet die oberste Denkmalschutzbehörde, wenn Herr Dr. Klug einen wirklichen Experten für Architektur nach 1950 in seiner Behörde hätte, einen wirklichen ausgewiesenen Experten, der dieses bewerten kann. Aber wir dürfen doch nicht erwarten, dass er das selber tut, aus Gutdünken heraus: Ich habe es ja eben bei der Beurteilung seines eigenen Hauses gemerkt. Das kann doch nicht der Weg sein, wie man die Qualität von Architektur und Kulturdenkmälern betrachtet! Frau Funke, das dürfen wir uns schenken.
Die Kollegin Spoorendonk hat schon darauf hingewiesen: Wenn der Vollzug des Gesetzes vollständig in die untere Denkmalschutzbehörde gelegt wird, auch die Eintragungsverfahren, auch das Denkmalbuch, auch die Archäologie, die in Schleswig-Holstein bisher im Wesentlichen allein von Schleswig aus bewertet wird, dann sind die Kreise gezwungen - Herr Habeck, wir haben in Schleswig-Holstein einen einzige Archäologen, der in einer kreisfreien Stadt angestellt ist, in Lübeck -, Archäologen einzustellen oder was auch immer. Haben Sie eigentlich einmal, als Sie dieses Gesetz entwickelt haben, über das Thema Konnexität nachgedacht? Haben Sie einmal die Normenprüfstelle, die es beim Innenminister für die Frage des sogenannten NormenTÜV gibt, zu Rate gezogen, um die Diskussion mit den kommunalen Landesverbänden zu führen? Das haben Sie mit Sicherheit nicht gemacht. Sie haben einfach etwas hingeschrieben, was Ihnen eingefallen ist.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von den regierungstragenden Fraktionen: So entwickelt man kein Gesetz.