Protokoll der Sitzung vom 24.08.2011

wichtige dazu steht auf Seite 29. Es genügt, diese Seite dazu durchzulesen.

Ein gleich gelagertes Problem besteht darin, dass viele ehrenamtlich Tätige auf bestimmte Entschädigungen Sozialversicherungsbeiträge abführen müssen. Wer kommunal oder anders ehrenamtlich tätig ist, weiß, dass seit zwei Jahren jetzt entsprechende Abrechnungen kommen. Was für ein Blödsinn, dass ehrenamtlich Tätige jetzt noch eine eigene Gehaltsabrechnung mit allen Angaben zur Sozialversicherung bekommen. Das ist schlichtweg Blödsinn, was dort passiert.

In vielen der uns zugegangenen schriftlichen Stellungnahmen ist dieses Problem lebhaft beschrieben. Dazu gehören die Handwerkskammer, aber auch andere, die alle die gleichen Probleme damit haben. Das sorgt dafür, dass das Ehrenamt zu Frust führt, und das wollen wir nicht weiter haben.

Welche der Regierungen hat die Initiative ergriffen, hier vorwärts zu gehen? - Das war Bayern. Und ich glaube, wir werden uns selbstverständlich gern dieser bayrischen Initiative anschließen, damit dieses Zuviel an Bürokratie endlich wegkommt. Ich freue mich, dass die Landesregierung in Schleswig-Holstein diesen Weg mit unterstützt.

Es wird deshalb darauf ankommen, dass wir auf Bundesebene für diese Position werben. Das wird schwierig, ist aber nicht aussichtslos. Ich erinnere an den Feuerwehrführerschein. Wer sich in diesem Haus an dieses Thema erinnert, der hat noch im Hinterkopf - das betrifft ja auch das Ehrenamt dass zunächst überhaupt nichts passieren sollte. Dann haben wir Druck gemacht, und heute steht es auf der Tagesordnung des Landtags. Heute haben wir die erste Lesung, Herr Kollege Matthiessen, und morgen werden wir darüber im Ausschuss beraten. Ich fände es gut, wenn wir am Freitag dann zur zweiten Lesung hier zumindest ein paar Minuten über dieses Thema reden würden. Denn dass wir hier zu einer Lösung für die Feuerwehren und das Ehrenamt gekommen sind, liebe Kolleginnen und Kollegen, verdient allemal ein paar Worte in diesem Landtag.

(Beifall bei CDU und FDP)

Ich würde mich freuen, wenn auch die Opposition, die Fraktion der Grünen und die anderen Fraktionen, damit einverstanden wäre, dass wir am Freitag darüber miteinander ein paar Worte verlieren. Ich würde das hiermit gern - wenn es Ihnen recht ist in den Raum bringen und beantragen. Wir beraten darüber morgen im Ausschuss.

(Zuruf der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

- Heute ist die erste Lesung, morgen ist die Ausschussberatung, und die zweite Lesung ist dann am Freitag.

Meine Damen und Herren, dies ist ein Zeichen. Der Bund hat den Weg für eine landesrechtliche Regelung frei gemacht, für die wir - wie ich schon gesagt habe - in dieser Plenartagung die erforderlichen Schritte gehen werden.

Das Thema Ehrenamt hat Gewicht in allen Ländern, das sieht man auch im Bund.

Nach dem Bericht der Landesregierung werden jetzt die Folgerungen aus den schriftlichen Stellungnahmen zu ziehen und die mündliche Anhörung durchzuführen sein. Nach einer ersten Einschätzung ist die Entschädigungsfrage ein wichtiger, aber bei Weitem nicht der einzige Punkt. Ich nenne als weitere wesentliche Punkte zum Ehrenamt den mehrfach geäußerten Wunsch nach einer von der öffentlichen Hand getragenen Haftpflichtund Unfallversicherung für bestimmte ehrenamtliche Tätigkeiten - ich meine, darüber muss man sprechen -, und den Wunsch nach fachlicher Unterstützung und Beratung in Rechtsfragen. Auch das ist ein Punkt. Es kann doch nicht sein, dass jemand im Ehrenamt tätig ist, aber dann, wenn ein Problem auftaucht, keine rechtliche Unterstützung und Beratung hat. Dazu zählt aber auch die verständliche Sorge um den personellen und finanziellen Rückhalt für das Ehrenamt und die Sorge, dass es künftig beim Abbau von Standards dazu kommen könnte, dass wichtige Aufgaben der öffentlichen Hand auf das Ehrenamt abgewälzt werden.

Der Schleswig-Holsteinische Gemeindetag hat einen sehr wertvollen Satz geschrieben:

„Ehrenamtliches Engagement und Haushaltskonsolidierung sind teilweise kommunizierende Röhren, weshalb es sich aus diesem Grund als notwendig erweist, die Bedingungen für die ehrenamtliche Tätigkeiten zu optimieren.“

Auch wenn man sich diese Entwicklung nicht wünscht, ist es nur ehrlich zu sagen, dass es in manchen Bereichen gar nicht anders geht. Als die Fraktionen von CDU und FDP im Januar die Initiative für das Ehrenamt gestartet haben, haben wir nicht damit gerechnet, dass sogar der Kieler Oberbürgermeister Torsten Albig die Initiative von CDU und FDP ebenso wie die Initiative der SPD in einer Stellungnahme loben würde. Dies alles zeigt, dass

(Werner Kalinka)

unsere parlamentarischen Beratungen auf einem guten Weg sind.

(Beifall bei CDU und FDP)

Das Wort für die SPD-Fraktion erteile ich Herrn Abgeordneten Andreas Beran.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Namen der SPD-Landtagsfraktion möchte ich mich erst einmal beim Finanzminister und allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Landes bedanken, die zu diesem Bericht beigetragen haben. Er stellt für uns eine gute Grundlage für die weitere Anhörung und Diskussion im Ausschuss dar. Und es war sicher nicht einfach, einen so komplexen Bericht zusammenzustellen. Ich freue mich besonders, dass der steuerrechtliche Teil und auch der Teil zur Sozialversicherungspflicht so ausführlich dargestellt ist, dass man damit etwas anfangen kann, auch wenn es vielleicht etwas dröge ist. Er ist eine gute Grundlage.

Der Bericht macht deutlich, dass wir hier in Schleswig-Holstein eine Gesellschaft von wirklich aktiven Bürgerinnen und Bürgern haben: Laut vorliegendem Bericht waren 2009 fast 900.000 Personen ehrenamtlich tätig. Sie haben alle zusammen insgesamt 185 Millionen Stunden im Jahr erbracht. Das ist eine Leistung, die für unser Land unverzichtbar ist. Übrigens sind auf einer Veranstaltung der Bürgerstiftung im Frühjahr dieses Jahres in Ahrensburg ähnliche Ergebnisse aus einer Befragung vorgetragen worden. Interessant war für mich das Ergebnis, dass viele Befragte ihre Tätigkeit nicht als Ehrenamt betrachten, sondern als freiwillige Arbeit.

Lassen Sie mich an dieser Stelle - insbesondere im Namen meiner Fraktion - denen Dank sagen, die diese freiwillige Arbeit für unser Land leisten. An einer Dankeskultur für das Ehrenamt fehlt es nicht in unserem Land. Ein jeder von uns hat beim Überbringen von Grußworten oder auf Jubiläen sicher schon aus voller Überzeugung Dank ausgesprochen. Der Landtag sagt auch Dank durch die Vergabe des Bürgerpreises, und ich denke, eine Lieblingsbeschäftigung unseres Ministerpräsidenten ist es zu Recht, ehrenamtlich Tätigen Dank zu sagen, indem er sie auszeichnet. Die Anerkennung ist sicher eine wichtige Form der Motivation für das Ehrenamt.

Ich weiß jedoch, Worte reichen nicht immer aus. Auch die in dem Bericht dargestellten Motivationsgründe, wie zum Beispiel ,,Sie wollen die Gesellschaft mit gestalten“, reichen dann nicht, wenn diese engagierten Mitbürgerinnen und Mitbürger in der Praxis immer wieder auf Schwierigkeiten stoßen. Es liegt an uns, der Politik, die Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass dem Engagement nichts mehr im Wege steht.

Darauf zielt unser Antrag ab. Er enthält eine Reihe von sehr konkreten Maßnahmen zur Unterstützung des Ehrenamts. Ich empfehle, sich unseren Antrag noch einmal sehr aufmerksam durchzulesen.

Auch die Landesregierung hat die Bedeutung und den außerordentlichen volkswirtschaftlichen Nutzen in ihrem Bericht hervorgehoben. Die Aufgabe von uns ist jedoch, auch wenn ich vielen Ausführungen zustimmen kann, kritisch zu hinterfragen. Verwundert hat mich der Bericht auf Seite 11.

„Wenn die hauptamtliche Arbeit nicht ausreichend, umfassend und kompetent besetzt ist, dann hat das Ehrenamt kein Fundament. In der Folge bedeutet dies einen Rückgang im Engagement.“

Diesen Satz kann ich voll und ganz unterstreichen. Sie betonen sogar auf Seite 33:

„Auch für die Jugendarbeit und Jugendverbandsarbeit gilt, dass ehrenamtliche Tätigkeiten hauptamtliche Strukturen benötigen.“

Nur: Die Landesregierung hat bisher genau gegenteilig gehandelt.

Die Beschlüsse zum letzten Haushalt haben das Fundament des Ehrenamtes getroffen. Ich kann Ihnen ein paar Beispiele nicht ersparen. Sie haben die Sozialverträge um 15 % gekürzt. Dadurch sind die Selbsthilfekontaktstellen in Gefahr. Sie haben die Unterstützung der Mädchentreffs komplett gestrichen. Die Jugendverbände müssen ihre Arbeit aufgrund starker Kürzungen verändern. Beim Kinderschutzbund haben Sie auch nicht haltgemacht und sogar die Landesinitiative Bürgergesellschaft erhält 10 % weniger Zuschüsse. Sie haben hier überall eingespart und damit das Ehrenamt getroffen. Es mussten Mitarbeiter entlassen, Projekte gestrichen und Angebote reduziert werden. So mussten in diesem Jahr hauptamtlich unterstützte Strukturen zurückgefahren werden. Damit haben Sie das ehrenamtliche Engagement stark gefährdet.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und der LINKEN)

(Werner Kalinka)

Die Landesregierung könnte die Attraktivität des Ehrenamtes gerade für jüngere Menschen steigern. Dann darf man aber nicht bei den Jugendfreiwilligendiensten sparen. Das ist oft der erste Kontakt zum bürgerschaftlichen Engagement und kann Jugendliche dafür begeistern.

Gleichzeitig verlagert die Landesregierung staatliche Aufgaben auf das Ehrenamt. Im Rahmen der Umsetzung des Kinderschutzgesetzes ist ehrenamtliche Arbeit konkret installiert worden. Hier gilt auch nicht das Subsidiaritätsprinzip, da das Ehrenamt nicht überall die erforderliche Professionalität erbringen kann. Laien können gelernte Fachkräfte unterstützen, jedoch nicht ersetzen.

(Beifall bei SPD und der Abgeordneten Anke Spoorendonk [SSW])

Es gäbe noch viel zu dem Bericht zu sagen. Allein die gewährte Redezeit reicht bei Weitem nicht aus.

Zur Freiwilligen Feuerwehr noch eine kurze Anmerkung: Unter Punkt 2.2.3 „Neue Maßnahmen“ berichten sie über die Auszeichnung für Firmen als Partner der Feuerwehr und dass sich das Mitglied der Feuerwehr auch an dem Ort seiner Arbeitsstätte zur Verfügung stellen kann. Das sind durchaus sinnvolle Maßnahmen, doch neu sind sie bei Weitem nicht. Es gibt sie bereits seit zehn Jahren.

Wirklich gute Vorschläge für neue Maßnahmen finden Sie in der vorliegenden Stellungnahme des Landesfeuerwehrverbandes. Da finden Sie sehr konkrete Möglichkeiten, die die freiwillige Arbeit der Feuerwehren im Land gut unterstützen würden.

(Beifall bei SPD und den Abgeordneten An- ke Spoorendonk [SSW] und Detlef Matthies- sen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Für die FDP-Fraktion erteile ich Herrn Abgeordneten Jens-Uwe Dankert das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Wir alle wissen aus unserer politischen und persönlichen Erfahrung, dass ehrenamtliche Arbeit für unser Land unverzichtbar und unersetzlich ist. Bürgerliches Engagement ist eine wesentliche Säule unserer Gesellschaft.

(Beifall der Abgeordneten Kirstin Funke [FDP] und Werner Kalinka [CDU])

Was in Deutschland und in Schleswig-Holstein Tag für Tag auf den Gebieten Sport, Soziales, Kultur und den vielen sonstigen im Bericht aufgezählten Handlungsfeldern geleistet wird, wäre ohne den selbstlosen Einsatz von Millionen sich ehrenamtlich engagierender Menschen nicht möglich. Ihnen gilt unser ganzer Respekt.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Ich sage angesichts der knappen Mittel in den Haushaltskassen und der damit einhergehenden Konzentration des Staates auf seine Kernaufgaben voraus, dass die Bedeutung des Ehrenamtes immer weiter steigen wird. So prophezeit es auch der sehr detaillierte Bericht des Finanzministers. Ihnen, Herr Minister und Ihren Mitarbeitern gebührt an dieser Stelle unser Dank.

(Vereinzelter Beifall bei FDP und CDU)

Dieser Bericht ist auf Antrag der regierungstragenden Fraktionen angefertigt worden und dient uns nun neben der bereits erfolgten schriftlichen Anhörung als solide und konkrete Grundlage, Chancen und Entwicklungsmöglichkeiten im Ehrenamt zu erkennen sowie entsprechende gesetzliche Grundlagen zu ändern und zu entwickeln. Unterschiedliche Begrifflichkeiten in den verschiedenen Rechtsgebieten, zum Beispiel Steuerrecht und Sozialversicherungsrecht, sind nicht nur hemmend und für die betroffenen Ehrenamtler schwer nachzuvollziehen, nein, sie bewirken auch eine enorme Rechtsunsicherheit und zusätzlichen Verwaltungsaufwand. Das kann und darf zukünftig nicht mehr gewollt sein.

Die Förderung des Ehrenamts und der Abbau bürokratischer Hemmnisse in Schleswig-Holstein waren nicht zuletzt deshalb von Beginn an eines der wesentlichen Ziele bei den Regierungsfraktionen in dieser Legislaturperiode, und sie bleiben es auch weiterhin.

(Vereinzelter Beifall bei FDP und CDU - Werner Kalinka [CDU]: Sehr gut!)

- Danke, Herr Kalinka. Das haben Sie ja schon sehr deutlich gemacht. - Damit sind auf dem Weg zu besseren Rahmenbedingungen für ehrenamtlich Tätige bereits zahlreiche nachhaltige Fortschritte erzielt worden. Allein schon die bisherigen Debatten zu diesem Thema hier im Hohen Haus haben gezeigt, dass alle Fraktionen den ehrenamtlich Tätigen in unserem Land hohen Respekt zollen. Darüber freue ich mich sehr.

(Andreas Beran)