Protokoll der Sitzung vom 14.09.2011

Es folgen die Punkte 1 bis 3. Unter 4. heißt es:

„Die HSH Nordbank ist keine Landesbank mehr. Das Land Schleswig-Holstein soll seine Anteile verkaufen, sobald dies sinnvoll ist, und den Erlös zur Reduzierung der Schulden verwenden.“

Herr Dr. Stegner, ich gehe davon aus, dass auch in der SPD-Fraktion - jedenfalls ist es bei uns so üblich - über solche Formulierungen diskutiert und abgestimmt wird. Deshalb wundere ich mich, dass das an Ihnen spurlos vorübergegangen ist.

Herr Abgeordneter Kubicki, lassen Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Stegner zu?

Ja, selbstverständlich.

Sehr verehrter Herr Kollege Kubicki, sind Sie bereit, zur Kenntnis zu nehmen, dass ich sehr wohl die hervorragenden Ausführungen des Herrn Kollegen Weber nicht nur zur Kenntnis genommen habe, sondern auch noch erinnere, dass mir aber die präzise Formulierung entfallen war und ich Ihnen deswegen gesagt habe, dass in der Abwägung zwischen den Punkten „Zügigkeit“ und „Werthaltigkeit“ die Werthaltigkeit gegenüber der Zügigkeit aus unserer Sicht Priorität haben muss?

- Selbstverständlich nehme ich es zur Kenntnis, wenn Sie das sagen. Aber ich gehe davon aus, Herr Dr. Stegner, dass das in drei Wochen auch noch gilt und sich Ihre Position bis dahin nicht wieder verändert.

(Zuruf)

- Gott sei Dank sind Sie nicht ich. Ich glaube, meine Mutter hätte mich im Badewasser ertränkt.

(Zurufe von der CDU: Oh, oh!)

Nun zu den Folgen des EU-Beihilfeverfahrens für die HSH Nordbank: Sie stellen sich hier hin und erklären, ich hätte wie immer die Backen aufgeblasen, und es hätte keine Umsetzung gegeben. Herr Dr. Stegner, nehmen Sie zur Kenntnis, dass ich es für abdingbar halte, dass das Parlament mit dieser Frage befasst wird. Es heißt in unserem Antrag dazu ausdrücklich - das haben Sie wahrscheinlich auch wieder nicht gelesen -:

„Auch wenn der Staatsvertrag zwischen Schleswig-Holstein und der Freien und Hansestadt Hamburg über die Errichtung der HSH-Finanzfonds AöR diese hierzu ermächtigt, sind die zuständigen Parlamentsgremien an der Umsetzung der Kapitalmaßnahme und der von der Europäischen Kommission auferlegten Änderungen des Garantievertrages aktiv zu beteiligen.“

Mehr können Sie doch gar nicht erwarten!

Herr Dr. Stegner, wann wollen Sie mir übrigens die Frage beantworten, wie denn Ihr sozialdemokratischer Freund Olaf Scholz in Hamburg mit der dortigen Bürgerschaft umgeht? Wird die Hamburgische Bürgerschaft in irgendeinem Gremium damit befasst? Haben Sie überhaupt mit Herrn Tschentscher schon einmal darüber gesprochen, was Sie hier treiben und wie er das aus Hamburger Sicht sieht?

Ich finde die Art und Weise, wie Sie auftreten - Sie wollen es in jedem Fall allen recht machen, verheddern sich aber dabei -, unerträglich. Dass Sie den Beschäftigten hier Sand in die Augen streuen, ist unsolide und unseriös.

(Beifall bei FDP und CDU)

Zu einem weiteren Dreiminutenbeitrag erteile ich Herrn Abgeordneten Ulrich Schippels von der Fraktion DIE LINKE das Wort.

Meine Damen und Herren, es geht jetzt nicht darum, wer wann recht gehabt hat. Ich sehe es so: Herr Kubicki, Sie haben sich letztes Mal, als es um die EU-Auflagen ging, voll verritten, und Herr Stegner hat sich offensichtlich verritten, was die Stellungnahme seiner Fraktion angeht.

Entscheidend sind doch die Fragen: Wie gehen wir mit der Bank um? Wie schaffen wir es in der aktuellen Situation, die gerade im Bereich der Finanz

(Wolfgang Kubicki)

wirtschaft sehr labil ist - das wissen Sie alle -, die Bank über Wasser zu halten?

Herr Dr. Stegner, ich fand es sehr gut, dass Sie das Fass heute aufgemacht haben. Allerdings rudern Sie schon wieder ein bisschen zurück und reden von „möglichst werthaltigem Verkauf“, um die Schulden des Landes zu reduzieren. Es geht darum, der Bank überhaupt eine Überlebensperspektive zu geben. Dazu braucht sie Support, dazu braucht sie Rückenwind, dazu braucht sie ein Land.

(Beifall bei der LINKEN)

Nur dann hat sie die Möglichkeiten, auch am Kapitalmarkt das nötige Geld aufzunehmen, um sich zu refinanzieren.

Wenn wir heute sagen, dass wir die HSH Nordbank im Jahr 2014 verkaufen wollen, dann wird sie extreme Probleme bekommen, in dieser schweren See - die Situation auf den internationalen Finanzmärkten ist schwierig - zu bestehen.

Ich appelliere noch einmal an Sie - vor allem an die heutigen Oppositionsparteien, die hoffentlich nach der Wahl im Mai nicht mehr Oppositionsparteien sein werden -:

(Lachen bei der FDP)

Gehen Sie in sich, und versuchen Sie, noch einmal darüber nachzudenken! Die HSH Nordbank und die Beschäftigten brauchen Hilfe. Wenn Sie weiter auf dem Privatisierungskurs gehen, dann ziehen Sie ihnen den Boden unter den Füßen weg. Das wollen wir nicht.

(Beifall bei der LINKEN)

Für die Landesregierung erteile ich Herrn Minister Jost de Jager das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die öffentlichen Anteilseigner Hamburg und Schleswig-Holstein waren und sind sich ihrer Verantwortung für alle Beschäftigten der HSH Nordbank bewusst. Auch aus diesem Grund übrigens sind die Länder der Bank in der Finanzmarktkrise mit einer Finanzhilfe von 3 Milliarden € und einer Garantie von 10 Milliarden € zu Hilfe gekommen.

Klar ist: Durch die staatlichen Unterstützungsmaßnahmen und die Umstrukturierungen seit 2009, zu denen ich noch komme, ist es zunächst ge

lungen, circa 3.300 Menschen weiter zu beschäftigen. Mit dieser staatlichen Hilfe war aber auch eine strategische Neuausrichtung der Bank verbunden; das hatten die Anteilseigner sogar explizit gefordert. Gleichzeitig ging damit ein Umstrukturierungsprozess einher, der mit den für Ende September erwarteten Auflagen der Europäischen Kommission seine Fortsetzung finden wird. Gleichwohl ist es schmerzlich, dass die Umsetzung dieser Auflagen mit dem Abbau von zusätzlichen 900 Vollzeitarbeitsstellen verbunden ist. Denn es ist richtig, was Herr Abgeordneter Kalinka gesagt hat: Wer von uns kennt nicht jemanden, der bei der HSH Nordbank arbeitet?

Die Landesregierung ist sich der Verantwortung für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bewusst. Wir können aber nicht unbeachtet lassen, dass die Europäische Kommission die Unterstützungsmaßnahmen der Länder als „Rettungsbeihilfe“ qualifiziert und deren Genehmigung von der Erfüllung strenger Auflagen abhängig gemacht hat. Auch wenn wir mit Hochdruck an dem Abschluss des europäischen Beihilfeverfahrens gearbeitet haben, weil erst die Genehmigung der Beihilfe der HSH Nordbank eine Zukunftsperspektive gibt, haben wir stets betont, dass die Umsetzung der Auflagen der Europäischen Kommission einen erheblichen Kraftakt für die HSH Nordbank beinhaltet, und zwar an beiden Standorten. Wenn ich „wir“ sage, dann meine ich in der Tat, dass die Verantwortung gemeinsam von den Länderregierungen in Hamburg und Schleswig-Holstein getragen wird.

Herr Dr. Stegner, ich finde es, zurückhaltend formuliert, unredlich, wenn Sie die Situation so darstellen, als ob es in Hamburg einen großen Verhandlungserfolg gegeben habe, in Kiel dagegen einen unmoralischen Stellenabbau. Ich betone: Beide Landesregierungen tragen gemeinsam die Verantwortung, im Guten wie auch im Schlechten.

Vorstand und Aufsichtsrat der HSH Nordbank haben Ende August 2011 mitgeteilt, dass aus ihrer Sicht weitere 900 Vollzeitstellen abgebaut werden müssen und die Zahl der Vollzeitstellen bis 2014 auf etwa 2.120 sinken soll. Wir werden - in Wahrnehmung der Verantwortung für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bank - gegenüber Aufsichtsrat und Vorstand auch weiterhin deutlich machen, dass es das Ziel sein muss, die verbleibenden Arbeitsplätze dauerhaft zu sichern und den Personalabbau fair und sozialverträglich zu gestalten.

(Beifall der Abgeordneten Tobias Koch [CDU] und Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

(Ulrich Schippels)

Wir müssen noch abwarten, ob mit dem Personalabbau tatsächlich betriebsbedingte Kündigungen einhergehen; wir alle wollen das vermeiden. Dann wird zu klären sein, mit welchen Sozialmaßnahmen dies gestaltet wird. Wir werden ebenfalls darauf achten, dass es zu einem ausgewogenen und gleichrangigen Verhältnis der Standorte kommt. Ich habe schon in der letzten Debatte darauf hingewiesen, dass das, was uns der Vorstandsvorsitzende gesagt hat, in der Tat bedeutet, dass an beiden Standorten gleichrangig abgebaut werden soll.

In diesem Zusammenhang komme ich zu den Zahlen, die aufgrund der Anfrage der Frau Abgeordneten Heinold, die ja heute mein einziger Fan ist, zutage getreten sind.

(Heiterkeit - Beifall bei CDU und FDP)

- Daran sieht man: Konkurrenz belebt das Geschäft. - Die Zahlen sind ja deutlich geworden, und sie bestätigen eines nicht, nämlich die Zahlen, die von Ihnen, Herr Stegner, und auch von - ich sage es einmal so - anderen hohen Amtsträgern der Stadt Kiel sehr schnell in die Welt gesetzt worden sind. Diese sind von der Bank nicht bestätigt worden. Ich denke, bei einem so sensiblen Thema hätte man sich die Zeit nehmen und zunächst eine Bestätigung durch die Bank abwarten sollen.

(Anhaltender Beifall bei CDU, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Denn ansonsten könnte ich sagen: Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Deshalb will ich Ihnen auch gar nicht unterstellen, dass Sie während Ihrer Zeit im Aufsichtsrat dieser Kontrollfunktion offenbar auch nicht nachgekommen sind, und deshalb sollten wir bei der Nulllinie, die wir jetzt für die Berechnung des Stellenabbaus erzielen müssen, festhalten, dass der Abstand zwischen den Standorten, was die Beschäftigtenzahlen anbelangt, im Jahr 2011 dem entspricht, den wir am 31. Dezember 2002 gehabt haben.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zu dem anderen wesentlichen Punkt kommen, um den es hierbei geht, nämlich zu der Einmalzahlung der 500 Millionen €. Auch hierbei geht es übrigens um die Zukunft der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der HSH Nordbank. Denn zum einen ist klar, dass dies innerhalb der Auflagen der EU-Kommission, die wir erst Ende September endgültig bekommen zu dem Informationsablauf werde ich gleich noch etwas sagen -, eine Bedingung ist, die zu erfüllen ist, wenn die Beihilfe nicht von der Bank vollständig zurückgezahlt werden soll. Insofern sind wir in

unserem Handeln nicht völlig frei. - Das ist der eine Punkt.

Der andere Punkt ist: Wenn die EU-Kommission zu der Schlussfolgerung kommt - dazu ist sie schon gekommen -, dass die kleineren Anteilseigner im Sinne eines Burden-Sharings nachträglich noch durch eine Verwässerung ihrer Anteile herangezogen werden müssen, und wenn dies damit einhergeht, dass die Bank diese Einmalzahlung leisten muss, ist es eben auch klug, diese Einmalzahlung hinterher der Bank wieder als Eigenkapital zur Verfügung zu stellen, um sie damit als Bank zu stärken. Auch das ist im Sinne der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der HSH Nordbank.

(Lebhafter Beifall bei CDU, FDP und verein- zelt bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es ist übrigens auch eine Auflage, dass dies innerhalb von vier Monaten nach Bekanntgabe der Beihilfebedingungen zu vollziehen ist.

Damit komme ich zu dem Verfahren, über das wir sprechen müssen, das aber auch gar kein Geheimnis ist. Denn ich selber habe den Beteiligungsausschuss bereits Anfang Juli darüber unterrichtet, was an Auflagen der EU-Kommission in Sachen HSH Nordbank auf uns zukommt. Wir haben den Katalog der Auflagen und Zusagen an dem Tag, an dem wir ihn von der EU-Kommission bekommen haben, verumdruckt und in den Beteiligungsausschuss gegeben. Frau Staatssekretärin Zieschang hat dem Beteiligungsausschuss am 26. August 2011 den weiteren Zeitplan für die parlamentarische Befassung zur Kenntnis gegeben und ihn dort und hinterher auch den Finanzausschuss noch einmal schriftlich hierüber informiert.

Insofern - das sage ich mit Bedacht, weil das für die Landesregierung ein wichtiger Punkt ist - gibt es überhaupt keine Intransparenz, was die Inhalte des Beihilfeverfahrens anbelangt, und es gibt ebenfalls keine Intransparenz, was die weiteren Abläufe im Zusammenhang mit dem Beihilfeverfahren anbelangt. Jeder, der jetzt ein Geheimnis oder einen Skandal daraus machen will, hat vielleicht anderes im Sinn. Wir informieren Sie sehr offen, weil wir wissen, was historische Aufgabe des Parlaments ist, aber auch weil ich glaube, dass man Dinge nicht künstlich strittig stellen muss, wenn sie relativ offen zutage liegen und abgearbeitet werden müssen.