Protokoll der Sitzung vom 05.10.2011

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Des Weiteren haben Sie gerade gesagt: „Eigentlich gibt es kaum Probleme.“ Im weiteren Verlauf haben Sie dann aber auch gesagt, dass Sie eine Arbeitsgruppe eingerichtet haben. Ich frage mich, wie das zusammenpasst. Gibt es jetzt also Probleme? Dann braucht man eine Arbeitsgruppe. Oder gibt es keine Probleme? - Dann braucht man auch keine Arbeitsgruppe. Aber das alles zusammen, das passt nicht.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir werden Sie aber bei einem ganz anderen Punkt festnageln, das ist der Satz, den Sie gerade eben gesagt haben: „Kein Studierender in Schleswig-Holstein wird auf der Strecke bleiben.“ Das ist ein interessanter Satz, Herr Minister. Ich weiß nicht, ob Sie ihn jetzt schon bereuen, aber Sie können sich sicher sein, dass wir Sie im Laufe der nächsten Wochen und Monate, wenn wir das Thema dankenswerterweise im Ausschuss weiterbehandeln und wenn es die ersten größeren Klagen aus den Hochschulen geben wird - darauf können Sie sich verlassen -, an diesen Satz erinnern werden. Ich würde mich freuen, wenn Sie dann persönlich im Bildungsausschuss diesen Satz auch entgegennehmen würden.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Weiter stellt sich nicht nur die Frage, was man mit den Studierenden macht, die jetzt Gott sei Dank noch einen Studienplatz bekommen haben, sondern eine weitere Frage ist, was man mit den ganzen Leuten, Hunderten oder bundesweit sogar Tausenden - auch wenn man die Zahlen jetzt noch nicht ganz genau kennt -, macht, die keinen Studienplatz bekommen werden, die sozusagen in einer Warteschleife hängen und darauf warten, irgendwann einmal studieren zu können. Auch das ist eine Frage das nehme ich von hier heute mit -, die weder die Vertreter von CDU und FDP noch Sie als Wissenschaftsminister hier beantwortet haben oder zu der Sie irgendwas Konstruktives beigetragen hätten. Ich hoffe, dass das im Ausschuss anders wird.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie vereinzelt bei SPD und SSW)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Wir kommen zur Abstimmung. Es ist beantragt worden, den

(Minister Jost de Jager)

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN an den Ausschuss zu überweisen. Es ist außerdem beantragt worden, den Antrag der Fraktion DIE LINKE an den Ausschuss zu überweisen oder über ihn in der Sache abzustimmen.

Ich komme zunächst zum ersten Antrag. Es ist beantragt worden, den Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Drucksache 17/1881, an den Bildungsausschuss zu überweisen. Wer dem zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das ist einstimmig so beschlossen.

Ich komme nun zum Antrag der Fraktion DIE LINKE, Drucksache 17/1886. Es beantragt worden, diesen Antrag dem Ausschuss zu überweisen. Wer dafür ist, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Enthaltungen? - Damit ist die Überweisung des Antrags der Fraktion DIE LINKE, Drucksache 17/1886, mit den Stimmen der Fraktion von CDU und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, DIE LINKE und SSW abgelehnt worden.

Wir kommen damit zur Abstimmung in der Sache. Wer dem Antrag der Fraktion DIE LINKE, Drucksache 17/1886, zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich? - Damit ist der Antrag Drucksache 17/1886 mit den Stimmen der Fraktionen von CDU und FDP gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE bei Enthaltung der Stimmen der Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW abgelehnt worden.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 4 auf:

Erste Lesung des Entwurfs zur Novellierung des Bildungsfreistellungsund Qualifizierungsgesetzes (BFQG) zu einem Weiterbildungsgesetz Schleswig-Holstein (WBG)

Gesetzentwurf der Landesregierung Drucksache 17/1854

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich eröffne die Grundsatzberatung und erteile dem Minister für Wissenschaft, Wirtschaft und Verkehr, Herrn Jost de Jager, das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir bringen in der ersten Lesung einen Gesetzentwurf der Landesregierung ein, der im Zusammenhang

mit dem größeren Thema des Fachkräftebedarfs und des Fachkräftemangels, der weiteren demografischen Entwicklung, die auf uns zukommt, steht. Dabei spielt auch dieser Gesetzentwurf eine Rolle.

Wir alle wissen, dass der demografische Wendepunkt in diesem Jahr bereits überschritten ist und dass wir in eine Situation hineinlaufen, in der wir einen dramatischen Fachkräftemangel in Schleswig-Holstein bekommen werden. In diesem Zusammenhang ist eine Zahl interessant, die besagt, dass 90 % aller Betriebe in Deutschland sagen, dass das Qualifikationsniveau des Fachkräfteangebots in ihrer Region für sie äußerst wichtig beziehungsweise wichtig sei und der Faktor Fachkräfte entscheidend für das Wachstum einer Region sei. Dafür wiederum ist nicht nur die Frage der Bildung, das heißt der Erstausbildung, sondern zunehmend auch die Frage der Weiterbildung bedeutend. Deshalb wird es für den Wettbewerb der Regionen insgesamt darauf ankommen, die Bildungsinfrastrukturen so auszubauen, zu entwickeln und zu pflegen, dass man mit anderen Regionen wird mithalten können.

Dazu gehört auch der Prozess des lebenslangen Lernens als der vierten Säule unseres Bildungssystems. Dazu gehört auch eine konsequente Weiterbildung für die Beschäftigten, die die Innovationsfähigkeit der Menschen und der Betriebe erhalten. Das ist ein Ziel dieser Landesregierung.

Wir sind uns in diesem Haus einig: Die Weiterbildung hat eine herausragende Bedeutung, gerade für die Bildungslandschaft hier in Schleswig-Holstein. Sie ist von einem essenziellen Nutzen. Das gilt für den Einzelnen, das gilt für den Betrieb, das gilt aber auch für die Institutionen, die diese Weiterbildung anbieten. Wir haben in Schleswig-Holstein eine Weiterbildungsquote, die leicht unter dem Bundesdurchschnitt liegt, nämlich bei 40 %. Der Bundesdurchschnitt liegt bei 42 %. Wir haben aber gleichzeitig eine sehr große Aktivität der Betriebe, die ist gerade auch im kleineren Bereich überdurchschnittlich, die sich für die Weiterbildung ihrer Mitarbeiter einsetzen.

In diesem Zusammenhang bringen wir das Bildungsfreistellungs- und Qualifizierungsgesetz als Novelle ein. Es soll vor allem die Qualitätssicherung und die Kooperation in der Weiterbildung sichern. Mit der Anerkennung von Trägern und Einrichtungen haben wir quasi ein Zertifizierungssystem, das nicht nur im Interesse der Teilnehmerinnen und Teilnehmer liegt, sondern auch förderlich für die Anbieter wird. Die Kommission Weiterbildung bildet die Basis für eine vorbildliche Kooperationskultur.

(Vizepräsidentin Dr. Gitta Trauernicht)

Mit dem Gesetzentwurf bleibt die Landesregierung auf ihrer bisherigen Linie. Ein zusätzliches Weiterbildungsgesetz brauchen wir nicht, denn im Wesentlichen wird die Weiterbildung bei uns im Bildungsfreistellungs- und Qualifizierungsgesetz geregelt. Deshalb haben wir bewährte Vorschriften erhalten, wir haben Unklarheiten beseitigt, und wir haben den Weg für eine Externisierung des Anerkennungsverfahrens der Bildungsfreistellung freigemacht.

Der entscheidende Punkt - der wird sicherlich in der Debatte hier im Plenum eine Rolle spielen und auch in den Ausschüssen - ist in der Tat, dass wir eine Veränderung bei den Anerkennungsverfahren vorgenommen haben. Es gibt 3.000 Anerkennungsverfahren pro Jahr im Rahmen des normalen Geschäfts. Diese sind bisher von der Landesverwaltung wahrgenommen worden und sollen künftig gegen eine Gebühr extern wahrgenommen werden. Dies gehört nicht zu den hoheitlichen Aufgaben eines Landes, insofern ist es sinnvoll, es auch als das einzuschätzen, was es ist, nämlich eine Serviceleistung für diejenigen, die diese Weiterbildung am Ende anbieten. Gleichzeitig gewährleisten wir dadurch, dass es eine Qualitätssicherung gibt, die für alle von besonderer Bedeutung ist.

Insofern haben wir eine maßvolle Novelle vorgelegt, die sowohl das eine leistet, nämlich eine Entlastung der öffentlichen Hand, als auch das andere leistet, nämlich die Qualitätssicherung in der Weiterbildung.

(Beifall bei CDU und FDP)

Für die CDU-Fraktion hat Frau Abgeordnete Marion Herdan das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die CDU versteht Weiterbildung als eigenständigen und gleichberechtigten Teil des Bildungswesens. Lebenslanges und lebensbegleitendes Lernen - diesem Motto sehen wir uns verpflichtet. Daher ist es nur konsequent, das in die Jahre gekommene Bildungsfreistellungs- und Qualifizierungsgesetz - kurz BFQG - einer kritischen Betrachtung und Runderneuerung zu unterziehen.

(Beifall bei CDU und FDP)

Ich danke dem Ministerium für Wirtschaft, Wissenschaft und Verkehr, insbesondere dem Minister Jost de Jager, für den vorliegenden Gesetzentwurf.

Worum geht es bei dem neuen Weiterbildungsgesetz? - Bereits die Abschaffung des etwas sperrigen alten Titels weist auf eine inhaltliche Neuausrichtung hin. Hier soll es nicht nur um den formalen Akt der Bildungsfreistellung gehen. Der Fokus liegt auf dem Prozess der Weiterbildung und der an ihr beteiligten Menschen und Einrichtungen. Die Gründe hierfür liegen auf der Hand: Gesellschaft und Arbeitsmarkt haben sich in den letzten 20 Jahren stark verändert. Es geht nun nicht mehr allein darum, in seinem Job besser zu werden. Es geht darum, der wachsenden Bedeutung von allgemeiner, beruflicher und politischer Weiterbildung gerecht zu werden. Dies bedeutet im Einzelnen: Wir müssen dem Fachkräftemangel ein Stück weit entgegentreten und hierbei auch die Aspekte Integration und Inklusion stärker berücksichtigen. Wir müssen uns verstärkt darum kümmern, Frauen den qualifizierten beruflichen Wiedereinstieg zu ermöglichen.

(Beifall bei CDU und FDP)

Wir müssen mehr Menschen mit Migrationshintergrund in Weiterbildungsmaßnahmen einbinden, und wir müssen die älteren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit zurück in das Berufsleben nehmen. Für all dies ist das neue Weiterbildungsgesetz eine gute Arbeitsgrundlage.

Gleichzeitig werden mit der Gesetzesnovellierung Anregungen der Kommission Weiterbildung aufgegriffen und umgesetzt. Hier ist beispielhaft die Anerkennung von Trägern und Einrichtungen zu nennen. Nach Auffassung der CDU nehmen die Volkshochschulen in allen Bereichen der Weiterbildung eine herausragende Stellung im Lande ein, die durchaus über eine reine Grundversorgung hinausgeht.

Eine gravierende Änderung findet sich bei den Anerkennungsverfahren der Veranstaltungen der Bildungsfreistellung. Das Gesetz ermächtigt das zuständige Ministerium, diese mit hohem Aufwand verbundene Aufgabe nach außen zu verlagern. Das wurde bereits von Minister de Jager angesprochen. Es handelt sich immerhin um 3.000 Anerkennungsfälle im Jahr. Die Anerkennungskriterien sind im Wege der Verordnung zu regeln.

Neu ist hierbei auch, dass die Anerkennung einer Weiterbildungsveranstaltung nun gebührenpflichtig wird. Dies muss sich nach Auffassung der CDU mit Blick auf die Träger in vertretbarem Rahmen bewegen. Es ist aber davon auszugehen, dass aufgrund der vorgesehenen Gültigkeitsdauer von zwei Jahren für anerkannte Maßnahmen und der Mög

(Minister Jost de Jager)

lichkeit der Umlage auf die Teilnahmekosten keine zusätzlichen Belastungen für die Träger entstehen.

(Jürgen Weber [SPD]: Das glauben Sie doch nicht ernsthaft!)

- Sie können es ja nachher ausführlich begründen, wenn Sie anderer Auffassung sind.

Die CDU-Fraktion begrüßt daher den mit der Aufgabenübertragung neu eingeschlagenen Weg und die hiermit verbundene Stelleneinsparung im Ministerium für Wirtschaft, Wissenschaft und Verkehr.

(Beifall bei CDU und FDP)

Aus der weiteren Diskussion dieser wichtigen Gesetzesnovellierung werden wir sicherlich noch den einen oder anderen Aspekt mit aufnehmen. Ich beantrage die Überweisung an den Bildungsausschuss, den Wirtschaftsausschuss und den Innenund Rechtsausschuss - die sind wohl alle erforderlich, um daran zu arbeiten - mit Federführung für den Bildungsausschuss.

(Beifall bei CDU und FDP)

Für die SPD-Fraktion hat Herr Abgeordneter Hans Müller das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist richtig, dass dieses Bildungsfreistellungs- und Qualifizierungsgesetz von 1990 der Reform bedarf. Wenn ich allerdings auf die Beiträge von Minister de Jager und auch von meiner Kollegin von der CDU eingehe, muss ich sagen: Mit weniger ist mehr in dem Fall nicht zu erreichen.

(Beifall der Abgeordneten Dr. Ralf Stegner [SPD] und Ulrich Schippels [DIE LINKE])

Wir haben schon beim Bildungsfreistellungsgesetz festgestellt, dass die Inanspruchnahme viel geringer ausgefallen ist, als wir uns das gewünscht haben. Wenn wir davon ausgehen, dass viele Veränderungen auch in der Wirtschaft Veränderungen im Hinblick auf die Qualifizierung von Fachkräften bedürfen, dann muss man das anders anpacken, als es hier in diesem Gesetzentwurf geschieht. Das will ich vorwegstellen.

Das Bildungsfreistellungs- und Qualifizierungsgesetz hat lange gehalten. Es war nicht schlecht, entspricht aber nicht mehr heutigen Anforderungen. Wenn man sich einmal anguckt, was andere Bun