Protokoll der Sitzung vom 05.10.2011

(Beifall bei CDU und FDP)

Alles, was erreicht worden ist, ist einfach eine Nullnummer. Sie haben mit Vehemenz in den Ländern gegen eine Länderklausel opponiert, die angeblich völlig wirkungslos ist. Wenn sie so wirkungslos ist, warum haben sich denn dann die anderen Länder dagegen gewehrt?

(Flemming Meyer)

(Beifall bei CDU und FDP)

Wenn sie, wie Herr Schippels sagt, eine reine Luftnummer ist, warum hat denn dann Nordrhein-Westfalen im Sommer ein paar Tage nach Verabschiedung im Bundesrat seine ganzen Aufsuchungsgenehmigungen zurückgegeben? Die werden sich ganz schön ärgern, denn jetzt hätten sie eine echte Chance. Jeder, der meint, dass die Ablehnung des CCS-Gesetzes im Bundesrat bedeutet, dass wir kein CCS bekommen, irrt. Das ist das, was der Bevölkerung von Ihnen suggeriert wird.

Jetzt haben wir wieder geltendes Recht, nämlich Bergrecht. Genau das hatten wir schon einmal. Das, was Sie machen, ist Pokern auf sehr, sehr hohem Niveau. Die Verantwortung, die Sie übernommen haben, wird für Sie nicht einfach zu tragen sein. Sie müssen nämlich jetzt unter Beweis stellen, dass Ihre Einflussmöglichkeiten im Bund so groß sind, dass Sie CCS bundesweit verbieten können. Wenn Sie das nicht schaffen, werden wir CCS in Schleswig-Holstein bekommen. Das ist alles, was Sie erreicht haben.

(Beifall bei CDU und FDP)

Nun ist es Gott sei Dank so, dass die SPD im Land noch keine Verantwortung trägt. Ich bin guten Mutes, dass unsere Landesregierung einen erneuten Vorstoß in Berlin machen wird, um noch etwas für unser Land zu erreichen.

Die Lösung in der Politik kann nicht sein, dann, wenn ich 100 % nicht kriege, ich auch die 80 % nicht haben will. Ein Weg des Konsenses wäre vielleicht auch gewesen zu sagen, Herr Habeck: Gut, wir haben jetzt die Länderklausel; es ist richtig, in der AWZ gilt sie nicht. Aber Schleswig-Holstein endet auch an Hamburger Landesgrenzen. Die AWZ gehört nicht zu unserem Hoheitsgebiet.

Wir hätten die Länderklausel haben können, und wir hätten die Jahre der Gültigkeit des Erprobungsgesetzes bis 2017 auch dazu nutzen können, weiterhin Aufklärungsarbeit und Überzeugungsarbeit zu betreiben. Das alles haben Sie damit kaputt gemacht. Insofern wünsche ich Ihnen viel Spaß. Sie werden das der Bevölkerung in den nächsten Monaten erklären müssen. Ich bin sehr gespannt, Herr Stegner, wie Sie sich auf Bundesebene einlassen werden, um CCS bundesweit zu verbieten.

(Anhaltender Beifall bei CDU und FDP)

Das Wort erteile ich der Frau Abgeordneten Anke Spoorendonk.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Auch Baden- Württemberg hat CCS nicht ausgeschlossen, Herr Habeck! - Dr. Robert Habeck [BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN]: Was werfen Sie mir vor? Was ist die Logik dahinter? - Günther Hildebrand [FDP]: Da steckt die Gefahr da- hinter, dass wir das kriegen! - Dr. Robert Ha- beck [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo ist das konkrete Argument dafür?)

- Die Kollegin Spoorendonk hat das Rednerpult erreicht und hat jetzt auch das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bleibe dabei: Wir haben jetzt die Chance, von vorn zu beginnen. Wir haben auch die Chance, die Frage CCS vom Kopf auf die Füße zu stellen. Wenn man sieht, was die CCS-Technologie im Grunde genommen aussagt, stellt man fest: Wir haben es nicht mit Energie-, nicht mit Klimapolitik zu tun, sondern mit Wirtschaftspolitik und mit Industriepolitik.

(Christopher Vogt [FDP]: Ja!)

Das ist kein Geheimnis. Wir haben in den vorhergehenden Debatten immer wieder erörtert, dass diese Technologie gar nicht anwendbar ist. Erst 2020, 2030 wird es zu einer großtechnischen Anwendung kommen können.

(Glocke des Präsidenten)

Es kann also keinen verwundern, dass die großen Konzerne im Moment Interesse daran haben. Es kann keinen verwundern, dass sich die Bundesländer, die Kohle haben, für die CCS-Technologie aussprechen.

Frau Abgeordnete, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Wolfgang Kubicki?

Das tue ich gern.

Sehr geehrte Frau Kollegin Spoorendonk, ich muss die Frage ein bisschen splitten. Erste Frage: Ist Ihnen bekannt, dass vor einigen Tagen Vattenfall Dänemark erklärt hat, dass man wegen des Protestes der Bevölkerung in Dänemark darauf verzichten will, CCS einzulagern und man sich auf Projekte in Deutschland konzentrieren will? Das ist eine Woche her.

(Astrid Damerow)

Zweite Frage. Glauben Sie, dass wir, wenn die Landesregierung im Bundesrat einen Gesetzentwurf einbrächte, der CCS-Einlagerung in Deutschland grundsätzlich ausschlösse, dafür im Bundesrat eine Mehrheit bekämen?

- Lieber Kollege Kubicki, zur ersten Frage: Nein, mir war nicht bekannt, dass Vattenfall diese Aussage gemacht hat. Mir ist bekannt, dass Norsk Hydro aus Kostengründen aus der Erprobung ausgestiegen ist, aber auch wegen der Proteste der Bevölkerung. Mir ist bekannt, dass es in Dänemark Proteste gegeben hat. Von daher ist es folgerichtig, dass es so gekommen ist.

Zu der zweiten Frage: Ich weiß im Moment nicht, wie die Debatte im Bundestag laufen wird.

(Lachen bei der CDU)

- Herrgott noch mal, aber man kann doch sagen: Jetzt haben wir die Möglichkeit, endlich die Interessenlage deutlich zu machen. Jetzt haben wir endlich die Chance zu sagen: Dies hat nichts mit Klimapolitik, hat nichts mit Energiepolitik zu tun, sondern allein mit Industriepolitik, allein mit Wirtschaftspolitik. Wer meint, dass man Kohlekraftwerke grün anstreichen kann, indem man die CCSTechnologie fördert, ist doch auf dem Holzweg.

(Beifall bei SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Jeder in diesem Saal weiß doch, dass man mehr Kohle braucht, um CCS-Technologie einzusetzen, nämlich 30 % mehr Kohle. Das ist unter klima- und energiepolitischen Gesichtspunkten ein Holzweg. Ich meine, dass die Chance darin besteht, jetzt endlich deutlich zu machen, wer ein Interesse an CCSTechnologie hat.

(Christopher Vogt [FDP]: Sigmar Gabriel! - Johannes Callsen [CDU]: Die SPD!)

Wir als Bevölkerung haben dieses Interesse nicht, wenn wir es ernst meinen mit einer neuen Klimapolitik, mit einer neuen Energiepolitik. Wir werden gleich das energiepolitische Konzept der Landesregierung miteinander diskutieren. Das passt nicht zu dem hier.

Wir kommen keinen Schritt weiter. Es sollte hoffentlich so sein, dass wir 2020, 2030 sehr viel mehr Ressourcen für regenerative Energien, für andere klimapolitische Maßnahmen einsetzen. Das werden wir nicht erreichen, in dem wir glauben, wir könnten das mit CO2-Verpressung machen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, bleiben Sie doch erst einmal auf dem Teppich und sagen: Hier haben wir eine Chance für einen Neuanfang.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abgeordneten Dr. Ralf Stegner [SPD])

Ich erteile jetzt für die Landesregierung dem Herrn Ministerpräsidenten Peter Harry Carstensen das Wort. Danach haben die Fraktionen die Möglichkeit, jeweils drei Minuten zu reagieren. Wir haben jetzt eine Stunde Redezeit für die Aktuelle Stunde abgeschlossen. Jetzt kommt die Landesregierung dran. Das Wort hat der Herr Ministerpräsident.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ursprünglich war vorgesehen, Sie kurz nach der Bundesratssitzung über Folgendes zu informieren: Die Landesregierung hat die Absicht, ein CCS-Gesetz auf den Weg zu bringen, mit dem die Länderklausel in ganz Schleswig-Holstein angewandt wird.

Das wäre doch zu schön gewesen. Menschen im Land hätten Sicherheit gehabt. Uns allen wäre CCS in jedem Fall erspart geblieben. Wir hätten CCS unter schleswig-holsteinischem Boden ausschließen können.

Der Bundestag hatte für die Länderklausel bereits grünes Licht gegeben. Stattdessen stehen wir nach der jüngsten Abstimmung im Bundesrat mit großen Sorgen da. Statt Sicherheit haben wir wieder Unsicherheit.

Eine Allianz aus den beiden unionsgeführten Ländern Niedersachsen und Schleswig-Holstein hatte der Bundesregierung die Länderklausel zuvor in harten Verhandlungen abgetrotzt. Eine unheilvolle Allianz aus SPD-geführten Ländern wie Brandenburg, Hamburg und Nordrhein-Westfalen hat diese Option nun zu Fall gebracht, und den besorgten Menschen in Schleswig-Holstein haben sie damit eine Ohrfeige verpasst.

(Beifall bei CDU und FDP)

Der 23. September 2011 ist ein bitterer Tag für die Bürgerinitiativen in Nordfriesland und Ostholstein gewesen. War die Gemengelage im Bundesrat auch unübersichtlich - letztlich hat die Kohlelobby in der SPD die Oberhand behalten.

(Beifall bei CDU und FDP)

(Anke Spoorendonk)

Was tut die SPD hier in Schleswig-Holstein? Sie stimmt ihren Genossen im Ergebnis zu, und zwar mit fadenscheinigen Argumenten wie diesem: Die Länderklausel sei nur ein stumpfes Schwert gewesen, sie habe keine Möglichkeit geboten, CO2-Einlagerungen effektiv zu verhindern, ergo habe die Vernunft gesiegt.

Herr Stegner, nicht ein Land hat das Gesetz im Bundesrat abgelehnt, weil es CCS nicht haben wollte,

(Wolfgang Kubicki [FDP]: So ist es!)

sondern nur, weil die Länderklausel dabei war. Nur wegen der Länderklausel! Alle anderen wollten CCS haben und haben das deutlich gemacht, auch der Redner der LINKEN, der Wirtschaftsminister in Brandenburg, und viele andere.

(Detlef Matthiessen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist schlicht unwahr! Das ist falsch! Lesen Sie die Vorlage zum Bundes- ratsverfahren! - Wolfgang Kubicki [FDP]: Ich habe sie hier!)

- Lesen Sie bitte einmal nach! Zu Baden-Württemberg komme ich noch, Herr Matthiessen.

Der Einzige, der wirklich gegen CCS argumentiert hat, war Wirtschaftsminister Bode (FDP) aus Niedersachsen.