Protokoll der Sitzung vom 05.10.2011

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Ralf Stegner [SPD])

- Bei Ihnen machen wir das auch noch mit Catch & Release.

(Heiterkeit und Beifall bei der FDP und ver- einzelt bei der CDU)

Verboten ist dagegen, maßige Fische wieder auszusetzen, selbst wenn der Angler zum Beispiel aufgrund der Größe den Fisch überhaupt nicht verwerten, also verspeisen kann. Kleine Fische sind hier also privilegiert.

(Zuruf von der SPD)

Ob sie daraus allerdings einen Vorteil ziehen können, kann durchaus bezweifelt werden, denn es stellt sich die Frage, ob ein Fisch trotz der Verletzungen, die er sich beim Zubiss zuzieht oder beim Entfernen des Hakens erfährt, tatsächlich überlebensfähig ist.

Tierschutz zum Dritten! Auch die Benutzung des Setzkeschers muss differenziert betrachtet werden.

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Allerdings!)

Eine entsprechende Größe mit einer geringen Anzahl von Fischen kann fischverträglich sein. Zu viele Fische auf kleinstem Raum sind sicherlich nicht akzeptabel und verursachen bei den Fischen über mehrere Stunden erheblichen Stress.

Der zweite Punkt, den ich ansprechen möchte, ist die Rechtsform der Fischereigenossenschaften. Zurzeit haben diese den Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts. Es gibt zwei bis drei aktive Fischereigenossenschaften.

Ob es sich bei den Aufgaben der Genossenschaften, die im Wesentlichen mit der Verpachtung der Gewässer, dem Aufstellen von Hegeplänen sowie deren Durchführung und Überwachung zu tun haben, allerdings um hoheitliche Aufgaben handelt, wird sehr unterschiedlich beurteilt. Dennoch sprechen wir uns für die Beibehaltung der Rechtsform der Körperschaft des öffentlichen Rechts aus, auch um keine Unsicherheit bei den zurzeit noch bestehenden Genossenschaften und den Pächtern aufkommen zu lassen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, für die Rechtsform Körperschaft des öffentlichen Rechts kann es aber kein Begründungselement sein, dass möglicherweise im Verfahren - bei der Änderung der Rechtsform - einzelne Gemeinden dies zum Absprung aus dem Verband nutzen könnten. Selbstverständlich muss jede Gemeinde, auf deren Gebiet sich fischbare und einer Genossenschaft zugehörige Gewässer befinden, selbst entscheiden können, ob sie ihre Gewässer eigenständig oder in einer Genossenschaft bewirtschaftet oder bewirtschaften lässt.

Mit der vorgelegten Gesetzesnovelle will die Koalition auch zur Entbürokratisierung im Bereich des Fischereiwesens beitragen. Hierzu gibt es an verschiedenen Stellen diverse Änderungen, auf die ich aufgrund der vorgegebenen Redezeit nicht weiter eingehen kann. Eine Änderung ist die von uns geschaffene Möglichkeit, die Erhebung der jährlich zu entrichtenden Fischereiabgabe auch über das Internet abzuwickeln.

(Glocke des Präsidenten)

- Ich komme zum Schluss. - Damit entfällt die Pflicht, die zuständigen örtlichen Verwaltungen unbedingt während der Öffnungszeiten aufzusuchen. Gerade Touristen haben damit Schwierigkeiten.

Meine Damen und Herren, ich bitte Sie, diesem Gesetzentwurf zuzustimmen.

(Beifall bei FDP und CDU)

Das Wort für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erteile ich Herrn Abgeordneten Bernd Voß.

(Günther Hildebrand)

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Vertreter der Regierungsfraktionen erwecken den Eindruck, als ob sie mit dem Gesetzentwurf eine Trophäe geangelt hätten. Das ist jedoch bei Weitem nicht so.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

„Gut Ding will Weile haben“ mögen die Kollegen von CDU und FDP bei der Novellierung des Landesfischereigesetzes gedacht haben. Das trifft hier aber überhaupt nicht zu. Es hat zwar lange gedauert; aber es ist alles andere als ein gutes Ergebnis herausgekommen.

Der Gesetzentwurf der Fraktionen von CDU und FDP ist im Dezember 2010 vorgelegt worden, der Entwurf der SPD-Fraktion bereits 2009. Die Geschichte aus den Legislaturperioden davor kennen wir bereits.

Im Januar und Februar ist die schriftliche Anhörung gelaufen. Der Entwurf ist am 24. Februar 2011 in den Ausschuss überwiesen worden. Erst nachdem über die Presse Schelte kommuniziert worden war Herr Schröder hat sich gerade „geoutet“ -, brach plötzlich Hektik los. Eine Woche vor der Ausschussberatung haben CDU und FDP uns einen neuen Gesetzentwurf vorgelegt. Er trägt das Datum des 25. August 2011; wir haben ihn am 13. September 2011 bekommen. Aus dem neuen Gesetzentwurf ging nicht hervor, worin die Unterschiede zum ursprünglichen Entwurf bestehen. Wenn man am Rande der letzten Landtagssitzung die Kollegen aus den Regierungsfraktionen fragte, stellte man fest, dass sie das selbst nicht so genau wussten.

(Beifall des Abgeordneten Detlef Matthies- sen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Diese Vorgehensweise ist intransparent und entspricht nicht dem parlamentarischen Prozedere.

So viel zum Verfahren, jetzt zu den Inhalten.

Wir haben unsere Kritik an dem Gesetzentwurf in einem Änderungsantrag formuliert und in den Ausschuss eingebracht. Die Kritik betrifft im Wesentlichen fischereiwirtschaftliche und ökologische Aspekte sowie Aspekte des Tierschutzes.

Ich beginne mit dem Tierschutz. Ein Punkt, der in den im Rahmen der schriftlichen Anhörung eingereichten Stellungnahmen immer wieder auftauchte, betraf den Urlauberangelschein. Die bisherige Regelung, wonach nicht aus Schleswig-Holstein stammende Urlauber ohne Angelschein hier angeln dürfen, während das einem Menschen aus Kiel, der in

Kappeln an der Schlei Urlaub macht, untersagt ist, ist absurd. Dass insoweit eine Anpassung vorgenommen wird, ist zu begrüßen.

Wir haben, wie schon beim letzten Mal deutlich gemacht, grundsätzliche Probleme mit dem Urlauberangelschein. Auch Fische sind fühlende Lebewesen, auf die der Tierschutz anzuwenden ist.

(Beifall der Abgeordneten Antje Jansen [DIE LINKE])

Das und vieles mehr lernen besonders die Jugendlichen in der Ausbildung zum Erwerb des Angelscheins. Herr Kollege Schröder hat vorhin deutlich gemacht, dass die Reduzierung der Bedeutung des Angelscheins in diesem Fischereigesetz durchaus ein Schlag gegen die Angelvereine und deren erfolgreiche Arbeit draußen im Land ist.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und des Abgeordneten Flemming Mey- er [SSW])

Das kann und darf nicht dadurch aufgefangen werden, dass man dem Urlauber ein DIN-A4-Blatt mit ein paar Hinweisen in die Hand drückt und dann sagt: „Nun mal los!“ Urlauber, die nicht Inhaber eines Angelscheins sind, sollen angeln dürfen, aber in Begleitung von Personen mit entsprechender Sachkenntnis.

Ich komme auf einige fischereiliche Aspekte zu sprechen. Bei den Fischereigenossenschaften haben Sie einen Rückzieher gemacht. Das begrüßen wir. Die bewährte Praxis bleibt erhalten. Bleibt die Frage nach der Motivation, mit der Sie Ihren ursprünglichen Vorschlag eingebracht hatten.

Die Fischereiabgabe wollen wir von allen erheben. Das ist nach dem neuen Gesetz nicht mehr möglich. Bei der Verwendung wollen wir auch die Entwicklung alternativer Fangmethoden ermöglichen. Das käme auch den Erwartungen der Fischerei entgegen.

Nächster Punkt aus fischereilicher Sicht sind die Aquakulturen. Diese sind auch nach den Vorschlägen zur gemeinsamen Fischereipolitik, die landauf, landab diskutiert werden, zukünftig der boomende Bereich der Fischerei. Daher ist es erforderlich, dass Aquakulturen nicht nur über eine Verordnungsermächtigung im Gesetz berücksichtigt werden, sondern es müssen auch Leitplanken in das Gesetz eingezogen werden. Insofern wäre es das Mindeste, in Sachen Biodiversität einige Aussagen auch im Gesetz zu treffen.

Zur ökologischen Sicht: Fischerei findet zum allergrößten Teil in natürlichen Gewässern statt. Die fischereiliche Nutzung muss auf die Funktion der Gewässer als Lebensraum für Pflanzen und Tiere Rücksicht nehmen. Diese Verpflichtung ergibt sich aus dem einschlägigen Umweltrecht, zum Beispiel der Wasserrahmenrichtlinie, der FFH-Richtlinie sowie dem Bundes- und dem Landesnaturschutzgesetz. Daraus ergeben sich Anforderungen an das Fischereirecht, die unserer Ansicht nach nicht in allen Punkten erfüllt sind.

Ich nenne einige Beispiele. Es muss ausgeschlossen werden, dass durch den Besatz mit Fischen die ursprünglich im Naturraum beheimatete Fischfauna verdrängt beziehungsweise gravierend verändert wird.

Nächstes Beispiel ist der Nationalpark Wattenmeer. Die Muschelfischer möchten sich vom MSC zertifizieren lassen. Das Gesetz muss daher Regeln für ihr Wirtschaften im Nationalpark beinhalten, die kompatibel sind mit den Anforderungen, die sich aus dem Umweltrecht ergeben, und deren Einhaltung nachgeprüft werden kann.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zu unserem Abstimmungsverhalten: Die Gesetzentwürfe nehmen wichtige aktuelle Herausforderungen an ein zukunftsorientiertes Fischereirecht überhaupt nicht auf und bringen in einigen, aber wesentlichen Punkten eine Verschlechterung der bisherigen Rechtslage mit sich. Wir werden daher beide vorgelegten Gesetzentwürfe, sowohl den der alten Großen Koalition als auch den der jetzigen schwarz-gelben Koalition, ablehnen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Das Wort erteile ich der Frau Abgeordneten Antje Jansen. Sie spricht für die Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Novellierung des Landesfischereigesetzes beschäftigt uns schon seit zwei Jahren. Das alte Landesfischereigesetz für Schleswig-Holstein stammt aus dem Jahr 1996. Modern sollte es werden. Ausgegebene Ziele waren unter anderem die Anpassung an EUVorschriften und an die Wasserrahmenrichtlinie sowie der Abbau von Vorschriften - alles gute Vorsätze.

Es geht aber nicht nur darum, sondern es geht auch um das Setzen ökologischer Rahmenbedingungen sowie um die soziale und wirtschaftliche Funktion. Ein zukunftsfähiges Gesetz zu schaffen, das alle Belange beachtet, zum Beispiel die der Fischerei und der Naturschutzverbände, kommt einem Spagat gleich und setzt viel Fingerspitzengefühl, Kompromissbereitschaft und gute Zusammenarbeit voraus.

Leider fehlte es an allen Ecken und Enden an dieser Kooperationsfähigkeit. Schon in der ersten Lesung im November 2009 kappelten sich SPD und CDU um den noch in der Großen Koalition erarbeiteten Gesetzentwurf. Dann schaltete sich die FDP ein und pochte auf die Vereinbarungen im Koalitionsvertrag. „Entbürokratisierung“ heißt das dort festgelegte Ziel - also keine guten Vorzeichen. Es wurde dargelegt, dass die Änderungsvorschläge der SPD-Fraktion dem Novellierungsanspruch nicht genügten. Für uns erinnert das alles an das Märchen vom Fischer und siine Fru: immer noch einen draufpacken!

Wenn es um die konkrete Umsetzung geht, dann wird völlig einseitig um die Notwendigkeit eines Angelscheins diskutiert - einfach großartig. Zudem wurde schon damals immer betont, wie wichtig eine zügige Novellierung sei. Nun stehen wir heute hier, knapp zwei Jahre später, mit einem schwarzgelben Gesetzentwurf, der so gar nicht ausgewogen ist. Wir LINKE stellen fest: Der Spagat, den Sie hätten machen müssen, ist Ihnen nicht gelungen. Mehr Sachlichkeit wäre hier geboten gewesen. Dann hätten wir heute vielleicht ein ordentliches Landesfischereigesetz verabschieden können.

(Beifall des Abgeordneten Ulrich Schippels [DIE LINKE])

Der SPD-Gesetzentwurf bot hierfür eine gute Grundlage.