Protokoll der Sitzung vom 07.10.2011

Diese Herzensangelegenheit muss natürlich überparteilich sein, sie kann nicht davon abhängig sein, wer in welchem Land gerade regiert. Man muss sich immer zwischen den Bundesländern zusammenraufen.

(Beifall bei der CDU)

Das ist der Grund dafür, dass ich in unserer Regierungszeit auch immer Kontakt zur Hamburger Opposition hatte, zur SPD, zum damaligen Fraktionsvorsitzenden Neumann, heute ein anerkannter Senator. Mit Finanzsenator Tschentscher sitze ich zusammen im Freundeskreis der Hamburger Philharmonie. Es gibt eine ganze Menge guter Gründe, vernünftige Kontakte über Parteigrenzen zu halten. Nur so kann man etwas bewegen.

Ich habe dem Bürgermeister neulich selbst erklären dürfen, dass ich nicht Kritik äußere, wie ich das getan habe - vielleicht auch ein bisschen hart in der Wortwahl -, weil ich ein taktisches Spiel vor einer Wahl treibe, sondern weil mich wirklich geärgert hat, dass in Hamburg etwas passiert ist, was in Schleswig-Holstein undenkbar wäre, dass schon beim ersten Auftritt die auch für Hamburg existenziell wichtige Kooperation in einer Regierungserklärung überhaupt keine Rolle spielt. Es wäre in Schleswig-Holstein undenkbar, dass hier ein Ministerpräsident steht, der in einer Regierungserklärung die Zusammenarbeit mit Dänemark oder die Zusammenarbeit mit Hamburg nicht erwähnen würde. Nicht weniger erwarte ich inzwischen auch aus Hamburger Sicht.

(Beifall bei CDU, FDP und SSW)

Dann kam der zweite Vorstoß, da habe ich gesagt: Ich empfinde das als unhanseatisch. Ich habe eine Menge Anrufe und Mails aus Hamburg bekommen, und zwar aus der Wirtschaft, von Hamburger Kaufleuten, die alle gesagt haben: Ja, es war richtig, dass das einmal jemand gesagt hat, lieber jetzt am Anfang, vielleicht muss er die länderübergreifende Arbeit erst noch ein Stück lernen.

Diese Hoffnung habe ich, und ich habe sie natürlich immer noch, aber eines kann es wirklich nicht sein - das müssen auch Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Sozialdemokratie begreifen -: Als Hamburg damals in höchster Not gefragt hat, ob wir den Schlick aus der Elbe nicht irgendwo bei uns ablagern können, haben wir in der Zeit kurz vor der Badesaison genau gewusst, dass wir uns, wenn wir Ja sagen, damit nur Ärger einhandeln. Es gibt keinen sofortigen Vorteil für Schleswig-Holstein. Als Umweltminister wusste ich genau: gefundenes Fressen für die Opposition, auch wenn grüne Umweltminister früher so etwas auch irgendwie organisieren mussten. Aber weil es um Kooperation geht und eine echte Zusammenarbeit auch einmal bedeutet, dass man nicht immer nur auf den eigenen kurzfristigen Vorteil guckt, haben wir das damals gemacht. Nicht weniger Bereitschaft erwarte ich von der Freien und Hansestadt Hamburg.

(Beifall bei CDU, FDP und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Lieber Kollege Harms, mich hat wirklich die Vorstellung erschrocken gemacht, dass Hamburg ein Moloch sei, der alles an sich ziehe, die Vorstellung, dass hier Kollegen aus dem Hamburger Rand sitzen, die so denken, dass sie Schleswig-Holstein verrieten und nur noch nach Hamburg guckten. Das ist ein Lokalchauvinismus, wie wir ihn in Europa nicht mehr brauchen.

(Beifall bei CDU, FDP und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Zu einem weiteren Dreiminutenbeitrag erteile ich Herrn Abgeordneten Markus Matthießen das Wort. Ich erlaube mir den Hinweis, dass sich folgende Redner zu Dreiminutenbeiträgen angemeldet haben: Herr Kubicki, Frau Damerow, Herr Schulz, Frau Brand-Hückstädt, Herr Harms, Frau Jansen, Herr Detlef Matthiessen und Herr Weber. Jetzt hat Herr Abgeordneter Markus Matthießen das Wort.

(Unruhe)

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das zeigt, dass wir mit unserem gemeinsamen Antrag von Grünen, CDU und FDP den richtigen Punkt getroffen haben. Wenn ich mir die norddeutsche Kooperation als einen Garten vorstelle, der frisch angesät ist, habe ich im Moment den Eindruck, dass Bürgermeister Scholz dabei ist, mit einem Panzer auf dem Weg zu seiner Scholle zu sein und die SPD jubelnd dabeisteht.

(Vereinzelter Beifall bei der FDP)

Dass wir den letzten Satz unseres Antrags überhaupt formulieren mussten, dass alle Fraktionen, Parteien und Verbände aufgerufen werden, Kontakte nach Hamburg zu suchen, ist eigentlich eine Selbstverständlichkeit, das gehörte gar nicht in den Antrag.

(Beifall bei der SPD)

- Dass gerade Sie applaudieren, zeigt, dass dieser Satz richtig ist. Das ist ein freundlicher Gruß an die SPD.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

Wenn wir in der letzten Woche hören, dass Sie einen gemeinsamen Ausschuss von Hamburg und Schleswig-Holstein fordern, ist das eine interessante und spannende Geschichte. Auf SPD-Seite gelingt es nicht, Kommunikation mit ihren eigenen Parteifreunden aufzubauen, und jetzt soll ein gemeinsamer Ausschuss für die SPD die Kohlen aus dem Feuer holen. Herzlichen Glückwunsch!

(Beifall bei CDU und FDP)

Herr Abgeordneter, lassen Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Habersaat zu?

Ja, sehr gern.

Herr Kollege Matthießen, finden Sie es als Vorsitzender einer Enquetekommission nicht auch bedauerlich, die Arbeit von knapp zwei Jahren jetzt um eines polemischen Augenblicks willen in den Abfall zu treten?

- Nein, den Zusammenhang sehe ich überhaupt nicht.

(Ingrid Brand-Hückstädt [FDP]: Das machen ganz andere! Ich!)

(Dr. Christian von Boetticher)

Die Wortbeiträge von meinen Kollegen und mir haben gezeigt, dass wir eine norddeutsche Kooperation für dringend nötig und die Art und Weise, wie die SPD hier vorgeht, für nicht richtig halten.

Herr Abgeordneter, lassen Sie eine Zusatzfrage zu?

Nein, ich lasse keine weitere Zwischenfrage zu und komme zum Schluss. - Was die SPD hier heute abgeliefert hat - auch der Beitrag der Kollegin Sellier -, war aus meiner Sicht unterirdisch und schadet unserem Land.

(Beifall bei CDU und FDP)

Zu einem weiteren Dreiminutenbeitrag erteile ich Herrn Abgeordneten Wolfgang Kubicki das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe lange Zeit nicht mehr eine so herzerfrischende, intensive und mit viel Herzblut vorgetragene Argumentation für unser Windstock Husum erlebt.

(Dr. Andreas Tietze [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Woodstock!)

- Wir sind ja kreativ, Herr Tietze. Dennoch sollten wir mit etwas mehr Ruhe und Gelassenheit an das Thema herangehen, auch wenn wir emotional betroffen sind.

Herr Kollege Habeck, Ihre Rede habe ich als Aufruf „Schleswig-Holsteiner zu den Waffen“ verstanden. Ich halte nicht sehr viel davon, die Hamburger als „Pfeffersäcke“ zu titulieren, weil damit ein Vorurteil reaktiviert wird - wir haben gestern über Populismus geredet -, das uns mehr schadet als nützt.

(Beifall bei FDP und SPD)

Herr Kollege Harms, ich glaube auch nicht, dass wir Hamburg als schwarzes Loch, als Riesenmoloch, als große böse Stadt titulieren sollten. Ich empfinde Hamburg als lebenswerte Weltmetropole, in der ich mich gern aufhalte, gern essen gehe und auch die kulturellen Einrichtungen gern nutze.

(Beifall bei FDP, CDU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich kann sicher sagen, dass Pinneberg näher an Hamburg liegt als an Husum. Auch das sollte man im Auge behalten.

Unabhängig davon müssen wir ernsthaft die Frage diskutieren, was sich unser Kooperationspartner Hamburg - er hat sich bisher so verstanden - in dieser zentralen Frage geleistet hat. Wie geht man miteinander um? War es ein offenes Zugehen auf Schleswig-Holstein mit der Erklärung, wir haben unter Umständen das Problem, dass Messestandorte und Windenergie weltweit konkurrieren, wollen wir gemeinsam etwas entwickeln? Oder war es eher eine verdeckte Aktion, im Hinterzimmer geboren, ohne Kommunikation mit Schleswig-Holstein an andere heranzutreten? Wenn das so war - so war es offensichtlich -, frage ich die Sozialdemokraten: Ist das der neue Stil, den wir im Rahmen der Kooperation erwarten dürfen? Wenn das nicht der neue Stil im Verhältnis zwischen Hamburg und SchleswigHolstein sein soll, dann müssten doch gerade Sozialdemokraten, die sich ernst nehmen und mit Hamburg gemeinsam operieren wollen, künftig sagen: Das ist kein Weg, den wir mitzugehen bereit sind, und hier stellen wir ein Stoppschild auf. Das gerade tun Sie nicht.

(Beifall bei FDP und CDU)

Noch einmal: Diese verdeckte Aktion zeigt ja schon das schlechte Gewissen der Hamburger. Denn hätten sie es nicht, dann hätten sie das offen mit uns besprechen können. Es ist, wie der Kollege Harms zutreffend beschrieben hat - ich will die Wortwahl vielleicht etwas anders gestalten -, nichts anderes als das Abwerben zulasten Schleswig-Holsteins, und das ist das Gegenteil von Kooperation.

(Beifall bei FDP und CDU)

Deshalb bin ich schon der Auffassung, dass wir wir tun das ja auch; die Grünen tun das auch - mit unseren Hamburger Freunden reden sollten und sagen sollten: Wenn das künftig das Verhältnis zwischen unseren beiden Ländern bestimmen wird, dann wird es nichts mit weiterer Kooperation, dann werdet ihr lernen müssen, dass auch wir gelegentlich zu dringend notwendigen Maßnahmen, die ihr für die Weiterentwicklung eures Gemeinwesens braucht, Nein sagen können. Das betrifft die Elbvertiefung. Da brauchen sie uns. Das betrifft Verkehrsprojekte. Da brauchen sie uns. Ich habe es so formuliert: Wir können ohne Hamburg schlecht leben; aber ich kann sicher sagen: Hamburg kann ohne Schleswig-Holstein überhaupt nicht leben. Denn eines, was wir zuhauf haben, haben sie nicht: Flä

(Markus Matthießen)

che. Und Wind - das kann ich sagen - können wir auch machen.

(Beifall bei FDP, CDU und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Für einen Dreiminutenbeitrag hat nun die Frau Abgeordnete Astrid Damerow das Wort.

(Die Abgeordnete Astrid Damerow [CDU] begibt sich zu einem Saalmikrofon)

- Für einen Dreiminutenbeitrag!

(Astrid Damerow [CDU]: Ich verzichte auf meinen Dreiminutenbeitrag! Wenn man am Ende an die Reihe kommt, haben die Kolle- gen schon nahezu alles gesagt!)