Protokoll der Sitzung vom 17.11.2011

(Beifall bei der LINKEN)

Krieg zu führen darf niemals und unter keinen Umständen eine vernünftige Alternative sein. Willy Brandt hatte schon recht, als er vom Krieg als der „Ultima Irratio“ sprach. Das steht auch so in unserem Antrag.

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Frau Abgeordneten Damerow?

Nein. - Außerdem fordern wir unter anderem Änderungen im Baurecht, um Konversion zu erleichtern, eine kostengünstige Abgabe der Flächen an Kommunen, einen Bundeskonversionsbeauftragten und Konversionsfonds auch auf europäischer Ebene.

(Beifall bei der LINKEN)

DIE LINKE wird an diesem Samstag ein Fachgespräch zur Konversion in Schleswig-Holstein durchführen. Wir machen uns schon jetzt Gedanken über die Zukunft der Standorte. Unsere Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker werden da sein.

(Zuruf von der SPD: Welcher Fraktion denn?)

Es werden Konversionsfachleute da sein. Ich lade alle ein, mit uns Ideen für die Zukunft der Standorte zu finden.

- Schauen Sie auf unserer Homepage nach. Dort steht, wer am Samstag anwesend sein wird.

Wir begleiten den Konversionsprozess, weil uns die zivilen Arbeitsplätze nicht egal sind. Rückwärtsgewandte Demonstrationen oder warme Worte werden den Herausforderungen dagegen nicht gerecht.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Wort für die SSW-Fraktion erteile ich dem Kollegen Lars Harms.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe mich noch einmal zu Wort gemeldet, weil es mir wichtig ist, zwei Dinge anzusprechen, die tatsächlich noch veränderbar sind.

Ich glaube nicht, dass wir an den Standortentscheidungen und an den Personalabbauentscheidungen noch etwas Wesentliches verändern können. Wie der Bundesverteidigungsminister schon sagte, ist der Sack wohl schon zu.

Der Sack ist aber noch nicht zu, was die Ausbildungsplätze angeht. Die Bundeswehr unterhält nicht nur in Kiel, sondern auch in Husum, in Stadum und an vielen anderen Standorten Ausbildungswerkstätten, die hervorragend ausgebildete junge Leute in die Region schicken und auch für die Region ausbilden.

Derzeit ist es erklärtes Ziel der Politik auf Bundesebene, nur noch für den eigenen Bedarf auszubilden und diesen Bedarf jährlich neu auszurichten. Das ist eine Wendung, die wir bisher noch nicht erlebt haben. Die Bundeswehr hat bisher immer über Bedarf ausgebildet - auch in anderen Regionen - und damit auch die Regionen unterstützt.

Für uns ist es ganz wichtig, dass wir darauf achten, dass nicht nur rein nach Bedarf im Rahmen der dualen Ausbildung weiter ausgebildet wird. In diesem Fall würde man beispielsweise aufgrund eines konkreten Bedarfs einen Handwerker ausbilden, die Situation in der Region aber völlig unberücksichtigt lassen. Vielmehr geht es darum, dass die vorhandenen Ausbildungsstätten, die sehr gut ausgestattet sind und über hervorragende Ausbilder verfügen, erhalten bleiben. Ich glaube, darüber ist das letzte Wort noch nicht gesprochen.

Bisher entsprach die Anzahl der Auszubildenden immer ungefähr 7 % der Dienstposten. Von diesem Ziel wird man möglicherweise abrücken. Allein die Dienstpostenverringerung in Schleswig-Holstein kann dazu führen, dass die eine oder andere Ausbildungswerkstatt nicht mehr überleben wird. Gerade in den Regionen, die sehr entlegen sind, müssen wir dafür kämpfen, dass diese Ausbildungsstätten erhalten bleiben.

Den zweiten Aspekt, den ich ansprechen möchte, hat meine Kollegin Spoorendonk vorhin bereits erwähnt. Die Fördergrundlagen werden sich ändern.

(Björn Thoroe)

Auch die GA-Förderung wird sich ändern. Ich sehe es als nahezu verpflichtend für die Landesregierung an, dafür zu kämpfen, dass wir überproportional im Vergleich zu anderen Regionen von diesen GA-Töpfen profitieren, und zwar mit einem gesonderten Konversionsansatz. Ich glaube nicht, dass wir das in einer anderen Art und Weise über andere Quoten hinbekommen. Wir können es aber hinbekommen, indem wir darauf hinweisen, dass wir die Gebeutelten sind.

Der Kollege Habeck hat recht, wenn er darauf hinweist, dass andere Regionen Verwaltungen bekommen haben. Die südlichen Regionen haben Forschungseinrichtungen bekommen. Wir haben damals die Bundeswehr bekommen. Wir sind froh, dass wir jetzt in einer friedlichen Zeit leben und es uns leisten können, im Bereich der Bundeswehr abzubauen. Dies erfordert aber Konversion. Konversion kann auch bedeuten, dass uns zusätzliche Mittel aus diesem Programm zur Verfügung gestellt werden, die wir für diese Zwecke verwenden können. Dies betrifft nicht nur das Land SchleswigHolstein, sondern auch andere Regionen werden Interesse an einem solchen Programm haben. Deswegen gilt es, Bündnisse zu bilden.

Das wollte ich zumindest angesprochen haben. Hier geht es also um Ausbildungsplätze und um die finanzielle Hinterlegung von Konversionsprogrammen. Das sind die Aufgaben, die wir jetzt gemeinsam zu lösen haben. Dabei werden wir als SSW die Landesregierung gern unterstützen.

(Beifall beim SSW)

Meine Damen und Herren, die offiziellen Redezeiten sind jetzt aufgebraucht. Ich rufe jetzt die Dreiminutenbeiträge auf. Zunächst erteile ich Herrn Abgeordneten Bernd Heinemann das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In meinem Beitrag geht es um eine Grundsatzfrage und um eine besondere Situation.

Zunächst einmal zum Arsenal in Kiel. Dabei geht es weniger um die Frage, ob wir ein Arsenal brauchen. Vielmehr geht es um die Grundsatzfrage, ob wir noch eine Marine in der Ostsee wollen und welche Marine wir wollen, wenn wir die Marine in der Ostsee noch wollen. Es ist leicht zu erkennen, dass ohne ein Arsenal in Kiel sämtliche Reparaturen, die die Marinetechnik betreffen, künftig in Wilhelms

haven durchgeführt werden. Das kostet Geld, und zwar viel Geld.

An dieser Stelle zeigt sich die zweite Problemstellung: Welche Kosten sind für die Marine mit dem Arsenal beziehungsweise ohne das Arsenal aufzubringen? Mit Blick auf das Preis-Leistungs-Verhältnis steht das Arsenal anerkanntermaßen an der Spitze. Die Betriebsergebnisse des Marinearsenals machen eine Vollauslastung deutlich. Gleichzeitig spricht der Parlamentarische Staatssekretär Schmidt im Bundestag von einem Auslastungsdefizit. Das ist natürlich ein Widerspruch.

Wir wissen aber auch, dass bisher keine Reform, die das Bundesverteidigungsministerium vorgeschlagen hat, genauso umgesetzt worden ist, wie sie vorgeschlagen worden ist. Insofern habe ich an dieser Stelle noch Hoffnung; denn alles andere würde teurer. Schließlich geht es hier um Einsparungen. Jede Reparatur macht diesen Vorgang teurer.

Mein Vorredner hat bereits die große Zahl der Ausbildungsplätze angesprochen. Es stehen 160 Ausbildungsplätze zur Verfügung, die nicht nur für Kiel beziehungsweise für die Kernregion, sondern für das ganze Land zur Verfügung stehen. Viele Elektromechaniker, Maschinenschlosser und so weiter haben ihre Ausbildung im Marinearsenal in Kiel genossen. Ich habe übrigens dort auch einmal als Elektromechaniker gearbeitet. Ich weiß, dass die regionale Versorgung mit Ausbildungsplätzen mit einem besonderen Konversionsprogramm einhergehen muss.

(Beifall bei der SPD und der Abgeordneten Anke Spoorendonk [SSW])

Wie gesagt: Keine Reform ist so durchgezogen worden, wie sie vorgeschlagen worden ist. Vernunftargumente haben bisher immer ein Stück weit gegolten. Das war in Husum so, und zwar nachhaltig. Husum hätte es so gar nicht mehr gegeben. Bei der neuen Reform ist das noch nicht einmal erwähnt worden. Das heißt, es gibt auch gute Gründe, Entscheidungen rückgängig zu machen oder neu zu gestalten, und zwar nachhaltig. Das erhoffe ich mir für das Marinearsenal und vor allem für die Marine in der Ostsee. Ich hoffe, dass es auch in Zukunft eine Marine in der Ostsee geben wird.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort zu einen weiteren Dreiminutenbeitrag erteile ich der Kollegin Anette Langner.

(Lars Harms)

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, es ist verständlich und auch richtig, dass wir den Kommunen, die von den Standortschließungen betroffen sind, in der Debatte den entsprechenden Raum geben. Es wird sicherlich niemanden verwundern, dass ich an dieser Stelle auch ein paar Worte zu Lütjenburg sagen muss.

In Lütjenburg haben wir mit dem Flugabwehrregiment einen der größten Heeresstandorte in Schleswig-Holstein. Von der letzten Bundeswehrreform hat dieser Standort erheblich profitiert. Mit großen Investitionen ist er modernisiert und gestärkt worden.

Lütjenburg ist in ganz besonderem Maße betroffen. Man braucht nur relativ wenig Fantasie, um sich vorzustellen, was es bedeutet, wenn in einer Stadt mit 5.700 Einwohnern fast 1.000 Dienstposten zum Teil mit Familien - abgezogen werden.

Herr Thoroe, wenn man darauf hinweist, hat das nichts mit Jammermentalität zu tun, sondern damit, der Realität in die Augen zu sehen

(Beifall bei der SPD)

und ein starkes Signal in die Region zu senden.

Nach der Entscheidung über die Standortschließung gibt es dort wie auch an anderen Orten Wut und Enttäuschung. Die Lütjenburger und die Menschen in der Region haben demonstriert, Resolutionen verabschiedet, Appelle versandt. Es war alles umsonst. Es gibt dort die eindeutige Erwartungshaltung, dass sie von der Landesregierung, dem Landtag und vor allen Dingen von der Bundesregierung nicht im Stich gelassen werden. Da ist - das muss man auch ganz klar sagen - erhebliches Vertrauen verspielt worden, und der Glaube an die Einflussmöglichkeiten dieser Landesregierung ist ziemlich ins Wanken geraten.

Erstens. Die Landesregierung muss an der Seite der betroffenen Kommunen für die Offenlegung der Entscheidungskriterien eintreten, denn die Menschen in der Region haben ein Recht darauf, dass sie das, was sie im Moment fassungslos macht, wenigstens verstehen können.

Zweitens muss deutlich werden, dass die Landesregierung die Standortkommunen nicht im Stich lässt und es schnell verlässliche Zukunftsperspektiven gibt. Gemeinsam mit den Kommunen müssen jetzt schnell Ideen entwickelt werden, wie wir die Kompensation organisieren und wie wir den Kommunen helfen können. Da geht es nicht nur um den Bäcker

von nebenan, den Handwerksbetrieb vor Ort, das Dienstleistungsunternehmen. Da geht es um die Beschäftigten und ihre Familien, es geht um Vereine und Ehrenamt, es geht um Schulentwicklungsplanung und, und, und. Man kann die Reihe beliebig fortsetzen.

Den Verweis auf die bestehenden Konversionsprogramme finde ich einfach zu wenig. Wir haben in Schleswig-Holstein eine ganze Reihe von Standorten, die die letzte Bundeswehrreform noch nicht verkraftet haben. Der Blick darauf ist für die Kommunen, die jetzt betroffen sind, nicht besonders vertrauenerweckend.

Herr Ministerpräsident, ich bin Ihnen ja sehr dankbar für die klaren Worte, die Sie in Richtung Bundesregierung formuliert haben. Ich kann nur hoffen, dass diesen Worten auch Taten folgen werden. Ein Aktionsplan allein, Herr Callsen, auch wenn er gut gemeint ist, macht noch nicht die Tat. Es ist wichtig, diesen Impuls -

(Johannes Callsen [CDU]: Ich habe von der Tat geredet!)

- Es war relativ wenig Konkretes darin zu finden.

(Johannes Callsen [CDU]: Sehr konkret!)