Aber auch die Entscheidung für branchen- und regionalspezifische Lohnuntergrenzen ist falsch. Ein Mindestlohn muss eine für alle verbindliche Untergrenze sein. Stundenlöhne von 4 € sind unmenschliches Lohndumping, egal in welcher Branche und vor allem auch egal in welchem Bereich und welcher Region sie existieren.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, notwendig ist ein gesetzlich festgelegter Mindestlohn als absolute Lohnuntergrenze. Dass es heute schon Hunderte von Tarifverträgen gibt, die dieses unterlaufen, wissen wir. Aber auch die Beschäftigten haben einen Anspruch darauf, dass ihr Arbeitsentgelt, ihr Lohn sie unabhängig von ergänzender Sozialhilfe macht.
Wenn wir die Realität in Schleswig-Holstein angucken, stellen wir fest, dass 27 % aller Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Schleswig-Holstein im Niedriglohnsektor beschäftigt sind. Das ist mehr als in jedem anderen Bundesland. Bundesweit ist allerdings auch jeder fünfte Arbeitnehmer, der sozialversicherungspflichtig beschäftigt ist, im Niedriglohnsektor.
An diesen Fakten konnte auch die CDU auf ihrem Parteitag nicht mehr vorbei. Und dann ist Merkel öffentlichkeitswirksam als Tiger gesprungen und leider als unausgegorener, löchriger Lohnuntergrenzen-Flokati gelandet.
Richtig und konsequent wäre es, wenn Sie formuliert hätten: Wir brauchen eine Lohnuntergrenze, also einen allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn, der 8,50 € nicht unterschreiten darf.
Dann ist es notwendig, dass sich darauf aufbauend Arbeitgeber und Arbeitnehmer über die jeweiligen Tarifverträge auf tarifvertragliche Löhne verständigen, das heißt, dass mitnichten die Tarifautonomie außer Kraft gesetzt wird.
Wer aber - wie der Ministerpräsident unseres Landes - gegen einen flächendeckenden Mindestlohn ist und den im Bundesvergleich größten Anteil von Niedriglohnbeziehern in Schleswig-Holstein auch noch schönredet und als akzeptabel bezeichnet, weil die Lebenshaltungskosten in Schleswig-Holstein geringer sind als in München, hat schlicht und ergreifend nicht begriffen, dass es auch um den Wert von Arbeit geht und nicht nur um ideologische Ablehnung von Mindestlöhnen.
Herr Ministerpräsident, Arbeit muss Würde haben. Und würdige Arbeit ist existenziell auch für das Leben im Alter, für eine Rente, von der man leben kann. Mit Ihrem - ich sage es deutlich - unverantwortlichen Gerede leiten Sie einen Prozess ein, der zu Altersarmut in großem Maßstab führen wird. Sie reden permanent davon, dass die Haushaltskonsolidierung oberste Priorität hat, und dann subventionieren Sie Löhne und Renten in unverantwortlichem Ausmaß für die öffentlichen Haushalte und verweigern sich damit nach wie vor einer Lösung, die die Staatskasse um 7 Milliarden € entlasten würde.
(Vereinzelter Beifall bei der SPD und Beifall der Abgeordneten Monika Heinold [BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN])
Ich komme zum Schluss. - Deshalb kann ich nur sagen: Besinnen Sie sich, kommen Sie endlich zur Vernunft. Setzen Sie sich auch in Ihrer Partei für einen gesetzlichen Mindestlohn mit einer absoluten Lohnuntergrenze von 8,50 € ein. Es wäre vernünftig und im Sinne der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in diesem Land.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Arbeitsmarkt in Schleswig-Holstein hat in den vergangenen Jahren einen gewaltigen Sprung nach vorn gemacht. Ausgehend von 180.000 Arbeitslosen unter Rot-Grün 2005 konnte die Zahl auf inzwischen unter 100.000 Arbeitslose gesenkt werden.
Gleichzeitig ist die Zahl neuer Arbeitsplätze um eine ähnliche Summe gestiegen. Dies ist die beste Botschaft für die Menschen in unserem Land Schleswig-Holstein. Ein besonderer Dank gilt an dieser Stelle den Betrieben. Sie sind es, die die neuen Rahmenbedingungen des Landes genutzt haben, um neue Ausbildungs- und Arbeitsplätze zu schaffen. Schleswig-Holstein ist als Wirtschaftsstandort damit robust aufgestellt - auch für die Herausforderungen der Zukunft.
Die Opposition versucht, von diesem Erfolg abzulenken, indem sie immer wieder eine Mindestlohndebatte führt. Lieber Kollege Baasch, wir haben es eben gehört, aber ich dachte wirklich, wir wären in der Diskussion schon weiter.
Erst kürzlich wurde mit der schon erwähnten Bundesstatistik zum Niedriglohnsektor der Eindruck erweckt - auch Sie haben das eben getan -, dass ein Viertel der Menschen in Schleswig-Holstein in den sogenannten 400-€-Jobs beschäftigt sind.
dass diese Statistik für den Niedriglohnsektor Löhne bis zu einer Höhe von 1.800 € Monatseinkommen berücksichtigt. Zum Vergleich: Bei 8,50 € Mindestlohn, den die Opposition gern fordert, kommt man als Vollzeitbeschäftigter auf einen Bruttolohn von 1.400 €.
Ich sage zu Beginn dieser Debatte auch sehr bewusst: Die weit überwiegende Zahl der Unternehmen in Schleswig-Holstein zahlt ordentliche Löhne.
Und doch gibt es in der Bevölkerung ein breites Empfinden über Löhne, die den Menschen in diesem Land ein auskömmliches Leben von ihrer eigenen Arbeit ermöglichen müssen.
Wir haben uns als CDU-Landtagsfraktion bereits bei der Diskussion um das Tariftreuegesetz dieser Problematik zugewendet und deswegen beispielsweise den ÖPNV in das Tariftreuegesetz aufgenommen. Wir haben auch in das Mittelstandsförderungsgesetz sehr bewusst eine Tariftreueregelung aufgenommen, soweit sie EU-rechtlich vertretbar ist.
Wir legen Ihnen heute zusammen mit der FDP einen Antrag vor, mit dem wir die Einführung verbindlicher Lohnuntergrenzen, die sich an marktwirtschaftlichen Gegebenheiten orientieren, unterstützen. Diese Lohnuntergrenzen sollen nach Branchen und Regionen differenziert von einer Kommission ermittelt werden, der die Tarifpartner angehören.
Auch der CDU-Bundesparteitag in Leipzig hat sich für eine Lohnuntergrenze ausgesprochen, die durch eine Kommission der Tarifpartner festgelegt wird und sich - diese Ergänzung ist wichtig - an den für allgemeinverbindlich erklärten tariflich vereinbarten Lohnuntergrenzen orientieren soll. Die Festlegung von Einzelheiten und weiteren Differenzierungen soll der Kommission obliegen.
Die CDU-Landtagsfraktion, aber auch die CDU insgesamt gehen damit wirtschafts- und sozialpolitisch einen deutlichen Schritt nach vorne.
Die Antwort der Opposition auf diese Diskussion zeigt allerdings, dass sie noch immer nichts gelernt hat. Lohnfindung läuft nicht nach den Regeln einer Versteigerung nach dem Motto: Erstgebot 8,50 €, wer bietet mehr? Mit einem solchen gesetzlichen Mindestlohn, bei dem die Tarifpartner nur noch eine untergeordnete Rolle spielen, setzen Sie doch am Ende staatlich verordnete Löhne fest, wobei ich nicht ausschließen will, dass die Kommission am Ende zu Löhnen von 8,50 € und auch deutlich mehr kommen kann. Sie machen Lohnfindung zu einem Wahlkampfthema ohne Rücksicht darauf, ob diese Löhne in den einzelnen Branchen auch zu erwirtschaften sind.
Meine Damen und Herren, wir haben in diesem Jahr 60 Jahre soziale Marktwirtschaft gefeiert. Die CDU steht nach wie vor und uneingeschränkt zu den Grundsätzen von Ludwig Erhardt, „das Prinzip der Freiheit auf dem Markte mit dem des sozialen Ausgleichs zu verbinden“. Gerade deshalb ist es uns wichtig und auch richtig, dass eine Kommission der Tarifpartner die Lohnuntergrenze aushandelt. Wir nehmen damit auch die Tarifpartner in die Verantwortung.
Wir sind auf einem guten Weg auch für die Menschen in Schleswig-Holstein. Wir schaffen weiterhin neue Arbeitsplätze, und wir gestalten einen Rahmen, der mit den Tarifpartnern eine Lohnuntergrenze festlegt. Hierüber sollten wir im Ausschuss weiter reden.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Mit unserem Antrag, mit dem wir die Einführung verbindlicher Lohnuntergrenzen unterstützen, die sich an marktwirtschaftlichen Gegebenheiten orientieren sollen, wollen wir fairen Wettbewerb stärken, Lohndumping verhindern und klarstellen, dass die Lohnfindung durch die Tarifpartner umgesetzt werden soll. Die Tarifautonomie ist in Deutschland ein hohes Gut. Sie ist im Grundgesetz verankert, und sie hat sich auch generell bewährt. Es gibt jedoch Bereiche, in denen dieser Weg bisher nicht optimal umgesetzt wurde. Es gibt leider auch Unternehmen, bei denen das Aufstocken der Löhne durch den Staat zum Geschäftsmodell gehört. Genau das darf nicht sein, und genau das wollen wir verhindern, meine Damen und Herren.
Sie sagen es sogar selbst in Ihrem Antrag, und das ist auch völlig richtig: Viele Unternehmer sehen es nicht mehr ein, dass sie diese Wettbewerbsverzerrung auch noch bezahlen sollen. Wir wollen keine staatliche Subventionierung von Lohndumping, wir wollen keine Wettbewerbsverzerrung durch Ausnutzung von Arbeitnehmern. Aber wir wollen eben auch keine Gefährdung von Arbeitsplätzen. Das wäre nicht im Interesse der Arbeitnehmer, nicht im Interesse der Unternehmen und auch nicht im Interesse der Steuerzahler.