Liebe Kolleginnen und Kollegen, Bürgerbeteiligung darf nicht als Hemmschuh für die Planung von Infrastrukturmaßnahmen begriffen, sondern muss als Instrument von Beschleunigung und Gewährleistung von Verfahrensqualität eingesetzt werden. Ohne den betroffenen Bürger einzubeziehen, erreicht man keine Akzeptanz und keinen mit Hochdruck vorangetriebenen Netzausbau. Vielmehr schneidet man sich die Möglichkeit ab, bürgerliches Engagement und Know-how für die Planung nutzbar zu machen. Gerade an der Westküste besteht dieses Know-how dank zahlreicher Menschen, die sich in Bürgerwindparks engagiert haben oder engagieren.
Es ist energie- und innenpolitisch unser aller Ziel, Konflikte im Bereich der neuen Energien nach Möglichkeit zu vermeiden. Mögliche Konflikte müssen weitgehend frühzeitig gelöst werden. Zur Bewältigung möglicher Konflikte setzen wir uns deshalb - genauso wie die Landesregierung es tut auf eine vorgezogene Bürgerbeteiligung. Dies gilt insbesondere bei der Ausweisung von Windeignungsgebieten und dem Netzausbau.
Die FDP-Fraktion begrüßt die Netzentwicklungsinitiative Schleswig-Holstein sehr. Die Bürgerinnen und Bürger vor Ort werden durch die Initiative vorab und umfassend über geplante Ausbauvorhaben informiert. Zudem können die Bürger auch An
regungen in den Planungsprozess einfließen lassen. Die eigentlich von jedem Redner erwähnten gut besuchten Regionalkonferenzen in Ostholstein und an der Westküste waren ein sehr gelungener Startschuss. Viele von Ihnen waren dabei - genauso wie ich. Ich denke, dass dieser Prozess ein sehr guter ist. Den sollte man unbedingt weiterverfolgen.
Herr Jasper hat es schon erwähnt, dass Dithmarschen und Nordfriesland mit gutem Beispiel vorangehen. Diesen Zitaten will ich mich gern anschließen. Wo Dithmarschen ist, da ist vorn.
Wie der vorliegenden Bericht der Landesregierung zeigt, bestehen in Schleswig-Holstein im Bereich der erneuerbaren Energien bereits eine Reihe von Ombudsstellen beziehungsweise Verfahren zur Konfliktlösung. Die Zulassung von Biogas-, Photovoltaik- und Windenergieanlagen ist rechtlich durch klare Bestimmungen des Baurechts, des Immissionsschutzrechtes, des Natur- und des Denkmalschutzrechts geregelt. Hinzu kommen planerische Vorgaben der Landesplanung sowie einschlägige Rechtsprechung.
Die entsprechenden Ressorts der Landesregierung fungieren je nach Betroffenheit als Rechts- und Fachaufsicht. Verfahrensbeteiligte sind die jeweils zuständigen oberen und unteren Landesbehörden und die Kommunalverwaltung. Bei möglichen Streitfragen sind ausreichend viele streitschlichtende Verfahren und Einrichtungen vorhanden. Ich nenne die Stichwörter: EEG-Clearingstelle, Regionalplanung, Landesschlichtungsgesetz und Landesentwicklungsinitiative.
Ich danke der Landesregierung für den Bericht. Er zeigt auf, dass es keiner weiteren expliziten Ombudsstelle für Streitfragen im Bereich der erneuerbaren Energien bedarf. Die FDP-Fraktion teilt diese Einschätzung.
Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit und begrüße als nächsten am Rednerpult den gebürtigen Dithmarscher Detlef Matthiessen.
Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erteile ich dem Dithmarscher Abgeordneten Detlef Matthiessen das Wort.
Die Koalitionsfraktionen haben einen Bericht beantragt mit dem Ziel zu prüfen, inwieweit eine ehrenamtliche Ombudsstelle für Streitfragen im Bereich der erneuerbaren Energien eingesetzt werden kann. Die Landesregierung kommt zu einem negativen Ergebnis und antwortet, aus Sicht der Landesregierung bedürfe es keiner weiteren expliziten Ombudsstelle für Streitfragen im Bereich der erneuerbaren Energien.
Die Idee der Koalition war also nicht von Erfolg gekrönt. Aber die Absicht der Antragsteller ist ehrenwert. Wir sollten uns nämlich ständig prüfen, ob unsere Beteiligungsangebote, Mitwirkungsrechte, Transparenz der Verfahren und letztlich auch Möglichkeiten für Bürger, sich zur Wehr zu setzen, wenn sie glauben, ihre Rechte sind verletzt, bei den Bürgerinnen und Bürger ankommen und noch zeitgerecht sind. Verstehen die Bürgerinnen und Bürger ihre Möglichkeiten? Erlangen sie Kenntnis davon? Machen sie davon Gebrauch?
Letztlich geht es um die Frage, ob betroffene Bürgerinnen und Bürger ihre Rechte und Einwirkungsmöglichkeiten akzeptieren. Wir alle wollen, dass es in unserem Rechtsstaat gerecht zugeht und dass vor allen Dingen die Betroffenen in der Wirtschaft, aber auch in der Verwaltung und als Nachbarn und in den Verbänden, wenn sie Interessen vertreten, eben dieses Gefühl haben: Es geht bei den Verfahren gerecht zu.
Der Bericht liefert dazu eine gute Übersicht. Man kann sagen, es wird viel für Transparenz, Teilhabe und Akzeptanz getan. Es gibt die EEG-Clearingstelle, wenn auch in Berlin: Die Regionalplanung hat qua Gesetz eine Koordinierungsfunktion. Die vor allen Dingen beim Netzausbau - vorgezogene und begleitende Bürgerbeteiligung ist neu. Es gibt eine begleitende Bürgerbeteiligung dann, wenn das Verfahren in die Gänge kommt. Es gibt Mediation im Bauleitplanverfahren und ein flächen
Was ich mir in dem Bericht gewünscht hätte, wären freiwillige Maßnahmen, die von den Antragstellern veranstaltet werden, wie zum Beispiel NordLinkForum für das Kabel zwischen Norwegen und Schleswig-Holstein.
Ich trage das Ergebnis der Landesregierung mit wie auch die Vorredner, die Antragsteller selber -: Wir brauchen keine neue Institutionen. Aber ich sage auch deutlich: Man kann und muss vieles besser machen.
An erster Stelle empfehle ich, den Bericht weiter auszuarbeiten als Bürgerhandreichung, beispielsweise mit Adressen: Wo kann ich eine Mediatorin, einen Mediator erreichen? Genaue Bezeichnung der gesetzlichen Grundlagen! Was steht dazu im Internet? Ein Bericht für das Parlament ist schön - Herr Minister, in der Kürze liegt die Würze -, aber mit ein wenig mehr könnte der Bericht eine Broschüre für den praktischen Gebrauch für die Bürgerinnen und Bürger werden.
Das Verfahren zur Ausweisung neuer Windvorranggebiete lief und läuft schlecht. Wir wollen dies als kontinuierliches Verfahren durchsetzen. Ich will das begründen. Herr Minister, Sie selbst haben sehr spezielle Erlebnisse gehabt, zum Beispiel im Redderhus in Holzbunge, wo Sie von Ihren eigenen Leuten verhauen worden sind.
- Der Landrat hat verkehrt informiert? - Also ist da offensichtlich etwas nicht ganz gut gelaufen, wenn selbst ein Landrat nicht kapiert hat, wie Ihre Verfahren laufen.
- Nein, das liegt nicht an Ihnen; das liegt sicherlich an dem doofen Landrat des Kreises, der das nicht begriffen hat. Das nehme ich jetzt einmal zur Kenntnis.
Ohne die Kampfarena zu betreten, sage ich: Wir glauben, dass wir schon längst eine ganze Reihe von Gebieten hätten ausweisen können. Es gibt in ganz Schleswig-Holstein über 150 Gebiete. Darunter gibt es zahlreiche, die konfliktarm sind, die man schon lange auf dem Weg in die Wirtschaft hätte entlassen können. Die konfliktbeladeneren hätte man im Verfahren halten und bearbeiten können. Wir wünschen uns, dass dieser Prozess nicht als ein
Mammutverfahren mit einer völligen Überlastung der Behörden durchgezogen wird; wir glauben, es ist besser, wenn man das landesplanerisch als einen kontinuierlichen Prozess fortsetzt, sodass auch etwas mehr Ruhe reinkommt.
Vielen Dank. - Herr Abgeordneter, ich frage Sie, ob Sie mit mir der Meinung sind, dass es notwendig ist, dass wir eine regionalplanerische Grundlage haben, um daraus die entsprechende rechtssicheren Bauleitplanungen abzuleiten, und dass es notwendig war, da das vorher nicht gemacht worden ist, diese Grundlagen für alle fünf Regionalplanungsräume zu schaffen, und dass es in einem laufenden Regionalplanungsverfahren nicht denkbar ist, bestimmte Räume auszuklammern? Sind Sie mit mir der Auffassung, dass das richtig ist?
Gucken Sie mal, Herr Kollege Schlie: Wie der Landrat von Dithmarschen Sie nicht verstanden hat, haben Sie mich jetzt nicht verstanden.
Darum erkläre ich das gern noch einmal. Was ich versucht habe, zum Ausdruck zu bringen, ist Folgendes: Wir haben es im Moment mit der Neuausweisung, Erweiterung von Windflächen in Schleswig-Holstein mit einem Mammutverfahren im ganzen Land zu tun. Ich sagte es: Es sind über 150 Flächen, die betrachtet werden.
Da wäre es doch für die Verwaltungen, die Betroffenen und die Kommunen sehr viel einfacher, wenn man das nicht innerhalb eines Zeitraums von eineinhalb Jahren durchziehen würde, wie das jetzt gemacht wird. Wir haben immer noch keine ausgewiesenen Flächen. Die Wirtschaft wartet aber dar
auf. Wir wissen, dass in diesen Verfahren noch eine ganze Menge konfliktarme Flächen stecken. Die könnte man eigentlich sozusagen schon für die Wirtschaft freigeben. Das geschieht aber nicht, weil man auch noch die letzte konfliktbeladene Fläche bearbeiten muss. Ich sage: Das müssen wir durch ein Verfahren ersetzen, in dem wir diese Ausweisung perpetuieren, meinetwegen in Jahresschritten, und es dadurch für die Verwaltung, für die Kommunen und für die Betroffenen einfacher machen. Damit könnten wir da, wo es Konflikte gibt, den Leuten mehr Zeit geben, und trotzdem verhindern, dass die Wirtschaft - wie jetzt - nach neuen Gebieten hungert, die sie mit Windmühlen nicht bestücken kann, obwohl diese vorhanden sind. Das habe ich versucht zum Ausdruck zu bringen. Schaffen wir dort also statt des Mammutverfahrens mit Flaschenhalseffekt einen kontinuierlichen Prozess! Dadurch bekämen wir viel mehr Ruhe und Effizienz in die Ausweisung. Das war das, was ich Ihnen zu antworten hatte.
Weiter würde ich empfehlen, dass die Bürgerinnen und Bürger über das Internet umfangreicher beteiligt werden. Dazu findet sich bisher sehr wenig im Netz. Außer der EEG-Clearingstelle habe ich im Internet keine einzige Stelle gefunden. Eine finanzielle Beteiligung, Bürgersolar- und -windparks und auch die Beteiligung am Stromausbau durch die Bürger werden in dem Bericht noch nicht einmal erwähnt. Das sind Sachen, für die wir uns sehr einsetzen. Für die Energiewende und den Netzausbau brauchen wir Akzeptanz. Wir brauchen ein Mehr an Bürgerbeteiligung. Es gibt also noch sehr viel zu tun: Transparenz, Mitwirkung, Akzeptanz. - Spätestens nach dem 6. Mai 2012 packen wir es an!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Vielen Dank für den Bericht. Interessant ist vor allen Dingen der letzte Satz, das Fazit des Berichts. Ich zitiere: