Der Entwurf der Grünen bietet keine Lösung, die komplizierten und jeweils unterschiedlichen Finanzierungssystematiken aufzulösen. Wir lehnen den Gesetzentwurf ab und halten an der Beschlussempfehlung fest.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Schulen in freier Trägerschaft, also Privatschulen, sind für viele Eltern eine immer attraktivere Alternative zum öffentlichen Schulsystem. Das wird an den steigenden Schülerinnen- und Schülerzahlen auch in Schleswig-Holstein deutlich. Das wirft für uns, DIE LINKE, Fragen auf: Woher kommt dieser Trend? Wieso schicken Eltern ihre Kinder immer öfter in Privatschulen? Darauf eine Antwort zu fin
den, ist für uns nicht schwer. Das öffentliche Schulsystem ist unterfinanziert. Große Klassen, Ausfallstunden und oft auch noch alte pädagogische Konzepte sind in der Tat oft zum Weglaufen. Aus der Perspektive von Eltern und Schülerinnen und Schülern kann ich daher gut nachvollziehen, wenn Privatschulen den öffentlichen Schulen vorgezogen werden.
DIE LINKE sieht in immer mehr Privatschulen aber keineswegs die Lösung des Problems. Private Schulen fordern in der Regel ein Schulgeld. Schon allein deshalb findet zwangsweise eine soziale Auslese unter den Schülerinnen und Schülern statt. Das wollen wir, DIE LINKE, nicht.
Wir treten für ein ausfinanziertes öffentliches Schulsystem ein, in das fortschrittliche Konzepte der Privatschulen einfließen.
Wir verkennen durchaus nicht das reformpädagogische Potenzial vieler privater Schulen. Fortschrittliche Waldorfschulen, Montessori-Schulen und Lernwerkstätten zeigen schon jetzt, wie Pädagogik auch aussehen könnte. Wir aber wollen, dass alle Kinder von guten pädagogischen Konzepten profitieren. Wir wollen, dass an öffentlichen Schulen nicht die Erschließung von Humankapital im Vordergrund steht, sondern die Persönlichkeitsbildung der Lernenden hin zu selbstdenkenden Menschen.
Schleswig-Holstein braucht öffentliche Schulen als Orte des gemeinsamen Lernens ohne soziale und finanzielle Zugangsbeschränkungen. Für jedes Kind muss eine individuelle und optimale Förderung gewährleistet werden. Ein Ausbau beziehungsweise die finanzielle Stärkung der Privatschulen dagegen trägt zur Zementierung eines Zwei-Klassen-Bildungssystems bei.
Der Gesetzentwurf der Grünen hat auch enorme finanzielle Auswirkungen. 31,5 Millionen €, sagt der Bildungsminister, würden so zusätzlich an die Privatschulen in Schleswig-Holstein fließen, 31,5 Millionen €, die dringend an den öffentlichen Schulen des Landes benötigt werden.
Der Landesrechnungshof spricht sich ebenso wie die Grünen für die Ausweitung der Privatschulen aus. Die Begründung dieser Forderung zeigt, wohin dieser Weg führt. Ich zitiere aus den Bemerkungen 2011 des Landesrechungshofes:
„Mehr Schülerinnen und Schüler an privaten Schulen ermöglichen Einsparungen bei öffentlichen Schulen.“
Der Antrag der Grünen würde zu einer Umverteilung der finanziellen Mittel aus dem öffentlichen ins private Schulsystem führen. Das macht DIE LINKE nicht mit.
Ich möchte den Grünen die Studie der FriedrichEbert-Stiftung mit dem Titel „Allgemeinbildende Privatschulen in Deutschland“ nahelegen. Ein interessantes Ergebnis dieser Studie möchte ich hier nennen: Sowohl der Bildungsstand der Eltern als auch der Migrationshintergrund einer Schülerin oder eines Schülers haben einen signifikanten Einfluss darauf, ob ein Kind eine Privatschule besucht oder nicht. Daraus folgt: Je reicher die Eltern, desto größer die Wahrscheinlichkeit, dass die Kinder eine Privatschule besuchen.
Ich erinnere hier daran, wie das dritte beitragsfreie Kita-Jahr eingestampft wurde, wie die Eltern bei der Beförderung von Schülerinnen und Schülern zur Kasse gebeten wurden, wie Stellen von Lehrerinnen und Lehrern gestrichen werden. Das sind die Baustellen, die DIE LINKE bearbeiten will und denen wir die höchste Priorität beimessen.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Oft genug haben wir uns in diesem Landtag mit der Finanzierung der Schulen in freier Trägerschaft befasst - viel weiter sind wir aber bis heute nicht gekommen. Denn richtig ist ja, dass der Ursprungsgesetzentwurf von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN seit Oktober 2010 im Ausschuss schmort. Er wurde mehrfach zurückgestellt, weil die Landesregierung ankündigte, mit einem eigenen Gesetzentwurf zu kommen, und sagte, es sei sinnvoll, beide Gesetzesinitiativen gemeinsam zu beraten. Daraus ist bekanntlich nichts geworden.
Was bleibt, ist die Feststellung, dass sich der Bildungsminister, als er noch den Hut des bildungspolitischen Sprechers der FDP-Fraktion aufhatte, so etwas wie die Stellungnahmen des Bildungsminis
Der SSW begrüßt, dass die Kolleginnen und Kollegen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Bildungsausschuss ausdrücklich darauf hingewiesen haben, dass sich die besagten Änderungen des Schulgesetzes allein auf die deutschen Schulen in freier Trägerschaft beziehen. Die Gleichstellung der Schulen der dänischen Minderheit mit den öffentlichen Schulen wird dadurch nicht infrage gestellt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist gut so, nicht zuletzt für den Stellenwert der Minderheitenpolitik in unserem Land.
Der SSW sieht die Schulen in freier Trägerschaft als eine Bereicherung unserer Schullandschaft. Hier werden oftmals pädagogische Konzepte erprobt, die auch den öffentlichen Schulen zugutekommen. Oder anders formuliert: Die Einhaltung der gesetzlich festgeschriebene Schulpflicht setzt praktisch voraus, dass den Familien auch die Wahl einer Alternative geboten werden muss.
Anerkannte Privatschulen sind also durch das Grundgesetz geschützt. Daraus geht auch hervor, dass das sogenannte Sonderungsverbot nur verfassungskonform einzuhalten ist, wenn es streng überwacht wird. Soll heißen: Der Verbesserung der schulischen Situation durch die Bezahlung von Schulgeld sind enge Grenzen gesetzt. Vor diesem Hintergrund ist der vorliegende Gesetzentwurf ein notwendiger Schritt in die richtige Richtung.
Ich rufe in Erinnerung, dass wir es bei diesem Tagesordnungspunkt inhaltlich mit zwei unterschiedlichen Ansätzen zu tun haben: zum einen einem Gesetzentwurf mit der zusätzlichen Besonderheit, dass für die Umsetzung ein Zeitraum von mehreren Jahren vorgesehen ist, zum anderen einem Entschließungsantrag der Grünen, der die Notwendigkeit eines konkreten, transparenten Verfahrens einfordert. Landesregierung, Landesrechnungshof, die LAG der Schulen in freier Trägerschaft sind aufgefordert, gemeinsam mit dem Schulleiterverband, den kommunalen Landesverbänden und einer Vertretung der Landeselternbeiräte eine faire und transparente Berechnungsgrundlage zu erarbeiten und diese bis August 2012 dem Landtag vorzulegen - so steht es in dem Antrag.
Letzteres ist ein völlig anderer Ansatz als in dem Gesetzentwurf der Grünen. Es gilt für beide Ansät
ze, dass sich die Antragsteller keine Umsetzung von heute auf morgen vorstellen. Dafür ist diese Materie auch zu komplex. Gleichwohl haben wir es mit Begriffen zu tun, wie wir sie ansonsten auch im Schulgesetz wiederfinden. Es wird also nichts Neues erfunden. Nicht zuletzt haben wir es mit der Errechnung von Schülerkostensätzen zu tun, wobei jetzt laut Schulgesetz von einer Vollkostenrechnung auszugehen ist. Also auch hier findet sich in dem Ansatz des grünen Gesetzentwurfs nichts Neues. Wer sich auskennt, weiß allerdings, dass das bestehende Gesetz hier wesentliche Schwachstellen aufweist. Denn der Schülerkostenansatz ist bisher weder transparent noch nachvollziehbar. Erst wenn alle Kosten in einer - an den staatlichen Schulen orientierten - Vollkostenberechnung einbezogen sind, kann eine transparente Grundlage über die Förderhöhe für die Schulen in freier Trägerschaft geschaffen werden.
In diesem Zusammenhang greift die Arbeitsgemeinschaft der Schulen in freier Trägerschaft die von Bildungsminister am 1. Dezember im Bildungsausschuss präsentierte Kostenrechnung auf und stellt fest: Wenn die Vollkostenrechnung bei einer Förderhöhe von 85 % keine prozentuale Erhöhung für die freien Schulen vorsehe, sie aber dennoch zu einer Erhöhung der Landesausgaben führe, dann werde deutlich, wie unzureichend und benachteiligend die bisherige Förderung der Schulen sei. Bei genauerer Betrachtung der Darstellung der Kostenwirkungen des Gesetzesentwurfs werde zudem ein extrem niedriger Prozentsatz bei der Landesförderung der allgemeinbildenden Schulen sichtbar. Dieser liege - ich zitiere - „wohl bei rund -
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Ich beginne noch einmal: Dieser liege - jetzt kommt das Zitat - „wohl bei rund 58 % der Vollkosten, nicht bei 80 oder 85 %“, womit die derzeitige Förderhöhe „nicht mit den Vorgaben der Verfassung vereinbar“ sei. Das ist das zentrale in dieser Aussage.
Der SSW wird beiden Anträgen zustimmen. Wir brauchen unserer Meinung nach das politische Signal, für das diese Initiativen stehen. Ich bin davon überzeugt, dass es hätte gelingen können, den Einstieg in eine faire Bezuschussung der Schulen in freier Trägerschaft hinzubekommen, wenn es denn den politischen Willen dazu gegeben hätte. Stattdessen hat der Bildungsminister den Kopf im Sand versteckt, weil er glaubt, so nicht gesehen zu werden. Das Aussitzen von Problemen hat aber auf Dauer nie funktioniert.
Für die Landesregierung erteile ich Herrn Minister für Bildung und Kultur Dr. Ekkehard Klug das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Was das grundsätzliche Anliegen betrifft, die Situation der Schulen in freier Trägerschaft zu verbessern, können wir hier im Hause erfreulicherweise einen weitgehenden Konsens feststellen. In der konkreten Umsetzung klaffen unsere Vorstellungen jedoch recht weit auseinander. Der Vorschlag der Grünen ist in der Tat nach meiner Überzeugung nicht umsetzbar. Er würde nicht zuletzt einen gewaltigen Verwaltungsaufwand und Mehrausgaben von schätzungsweise 31,5 Millionen € verursachen, die bei der Finanzlage des Landes schlicht nicht finanzierbar sind.
In vielen Punkten ist der Gesetzentwurf nicht vernünftig durchdacht. Ich werde gleich noch auf einige Dinge eingehen.
Gerade weil die Materie sehr komplex ist, bedarf die Reform der Ersatzschulfinanzierung einer sorgfältigen Vorbereitung. Die Landesregierung hat dieses Vorhaben im Koalitionsvertrag als ein wichtiges Ziel benannt. Damals sind wir allerdings noch davon ausgegangen, dass wir fünf Jahre Zeit haben würden, dieses Projekt umzusetzen. Die Legislaturperiode sollte ja bis 2014 dauern. Heute gehört dieses Vorhaben - das muss ich einräumen - zu den wenigen Punkten im Bildungsteil des Koalitionsvertrages, die wir aufgrund der verkürzten Legislaturperiode nicht mehr realisieren können, auch wenn wir die Vorarbeiten dafür aufgenommen haben. Dazu werde ich auch gleich noch einiges erläutern.
Der Grund dafür, dass wir für eine vernünftige neue Regelung zur Ersatzschulfinanzierung Zeit brauchen, liegt schlicht und ergreifend auch darin, dass die strukturellen Weichenstellungen, die im Lande mit der Schulreform von 2007 verbunden sind, erst im vergangenen Jahr zum Abschluss gelangt sind. Die Kosten des öffentlichen Schulwesens bilden ja sozusagen die Referenzgröße, eine unverzichtbare Grundlage, wenn man die Ersatzschulfinanzierung neu regeln will.
Solange die Schullandschaft im Bereich des öffentlichen Schulwesens im Umbruch war, konnte niemand genau prognostizieren, welche Folgen ein Eingriff in das bestehende System haben würde. Erst jetzt, nachdem diese Entwicklung im Jahr 2011 ihren Abschluss gefunden hat, also die Umwandlung der alten Haupt- und Realschulen in Gemeinschaftsschulen beziehungsweise Regionalschulen komplett vollzogen ist, haben wir eine solide Berechnungsbasis. Das betrifft insbesondere den Schülerkostensatz der Gemeinschaftsschulen, der ja für eine große Zahl von Schulen in freier Trägerschaft praktisch die Referenzgröße darstellt. Erst wenn wir sicher berechnen können, wie die staatlichen Schulfinanzen im Bereich der Gemeinschaftsschulen aussehen, können wir auch genau sagen, wie sich eine Neuregelung für die Ersatzschulfinanzierung verbunden mit einem Zuschusssatz der Prozenthöhe x konkret auswirken wird - sowohl für die betroffenen Schulen als auch für den Landeshaushalt.
Ich habe das im Bildungsausschuss lang und breit erläutert. Ich möchte es deshalb nur so deutlich wiederholen, weil Frau Erdmann natürlich wieder wir haben Wahlkampf - Nebelkerzen geworfen hat und den Sachverhalt nicht deutlich gemacht hat, warum es einer längeren Zeit bedurft hat, um diese Entwicklung im staatlichen Schulwesen mit den entsprechenden Auswirkungen auf Schulen in freier Trägerschaft berechnen zu können.
Das ist aber nicht der einzige Haken bei dem Vorschlag der Grünen. Ich komme noch auf einige andere Punkte. Erstens ist da die Verkürzung der Wartefrist, innerhalb derer die Schulen in freier Trägerschaft noch keine staatliche Finanzhilfe bekommen. Wenn man die auf ein Jahr reduzieren würde - also noch einmal gegenüber der jetzigen zweijährigen Wartefrist halbieren würde -, wirft das die Frage auf, wozu die Wartefrist überhaupt dienen soll. Wer dauerhaft staatliche Mittel in Anspruch nehmen will, muss nachweisen, dass er diese sachgerecht einsetzt. Ein Jahr Schulbetrieb reicht aber nicht aus, um diesen sicheren Nachweis zu
führen. Abgesehen davon gibt es bereits jetzt bei der zweijährigen Wartefrist, die im Bundesvergleich sehr niedrig ist, eine deutlich erhöhte Dynamik bei der Gründung von Ersatzschulen. Von 16 Schulen, die nicht zum Bereich der dänischen Schulen und der Waldorfschulen zählen, sind zehn in den letzten fünf Jahren neu dazugekommen. Man kann also nicht sagen, dass die derzeit zweijährige Wartefrist ein sonderliches Hindernis für die Schulen in freier Trägerschaft darstellt. Im Gegenteil, wir haben eine deutliche Entwicklungsdynamik in den letzten Jahren beobachten können. Das ist auch gar nicht das Problem, um das es im Kern bei der Neuregelung geht.