Protokoll der Sitzung vom 23.02.2012

Herr Kollege Arp, haben Sie zur Kenntnis genommen, dass der Chef des Hamburger Flughafens beim IHK-Empfang sehr deutlich gemacht hat, dass er für Hamburg keine Perspektive im Zusammenhang mit dem Flughafen Lübeck sieht?

- Ich habe mehrfach mit Herrn Eggenschwiler gesprochen. Herr Eggenschwiler hat wie wir ein Problem. Wenn der Flughafen in Lübeck geschlossen wird, dann hat er ein Problem. Wir müssen das also in der Zusammenarbeit der Bundesländer schaffen, die sich nicht nur auf die Bereiche der Bildung und der Infrastruktur beschränkt. Es gibt ein gemeinsames Interesse, das wir sowohl in Hamburg als auch in Schleswig-Holstein haben.

Es ist richtig, dass Hamburg ein Interesse an dem Flugplatz hat. Solange man aber in Lübeck bezahlen will und solange das Land Schleswig-Holstein den Ausbau mit unterstützt, wird man nicht mit ins Boot kommen. Wir müssen die Vertreter aber mit uns an einen Tisch bekommen, um darüber zu diskutieren. Ich weiß, dass Herr Eggenschwiler im Rahmen einer Veranstaltung, die wir jüngst mit ihm besucht haben, gesagt hat: Ja, ich setze mich mit ih

nen an einen Tisch. Wir werden dann mit den Vertretern verhandeln. Wir werden aber nicht über sie reden, wenn sie nicht dabei sind. Wir werden mit ihnen reden, wenn sie mit uns am Tisch sitzen.

(Beifall bei CDU und FDP)

Meine Damen und Herren, ich sage es noch einmal: Wir sehen dem Beihilfeverfahren gelassen entgegen. Wir haben hier die Aussage getroffen: Wir stehen zum Bürgerentscheid. Wir stehen nach wie vor zu dem Flugplatz, jedoch in der Form, wie wir es in den letzten Jahren konsensual mit den Kollegen von der Sozialdemokratie gemacht haben. Bisher war das jedenfalls so. Herr Albig hat diesen Weg verlassen. Ich sage noch einmal: Ich finde die Art und Weise, wie er das gemacht hat, nämlich sich in Hamburg hinzustellen und den Lübeckern zu sagen, ihr habt keine Perspektive, unerhört.

(Beifall bei CDU und FDP)

Für die SPD-Fraktion hat Herr Vorsitzender Dr. Ralf Stegner das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Gute Laune ist prima. Herr Kollege Arp, ein gutes Argument wäre ab und zu auch nicht schlecht. Im Parlament wäre das sogar richtig gut.

Auf der einen Seite gibt es einen Innenminister, der die Lübecker dazu drängt, alle Nichtpflichtausgaben einzustellen. Dann haben wir die CDU, die sich gegen jeden Versuch der Einnahmeverbesserung in Lübeck sträubt und den Hoteliers mal wieder nach dem Mund redet; ob bei der Fremdenverkehrsabgabe oder bei der Bettensteuer wie im Bundesrat. Dann gibt es diejenigen, die immer wieder den Erhalt von Blankensee fordern, ohne dass dazu irgendetwas getan wird. Dann gibt es noch jene, die über eine Zusammenarbeit mit Hamburg reden, aber Gesprächsangebote der Bürgerschaftspräsidentin brüsk zurückweisen.

Fakt ist: Es gibt einen Bürgerentscheid, der die politisch Verantwortlichen auffordert, Blankensee weiter zu betreiben. Fakt ist, dass die politisch Verantwortlichen sich dieser Aufforderung gestellt haben und versuchen, den Regionalflughafen zu erhalten. Sie waren sogar zu erheblichen Vorleistungen bereit, damit ein Weiterbetrieb und ein tragfähiges Konzept wahrscheinlicher würden, ich nenne das Stichwort Schuldenfreiheit. Fakt ist auch, dass wir Sozialdemokraten uns immer für einen Investi

(Hans-Jörn Arp)

tionsschub vonseiten des Landes und genauso klar gegen eine dauerhafte Subventionierung ausgesprochen haben. Fakt ist aber auch, dass Lübeck die Mittel fehlen, dauerhaft einen defizitären Flughafen zu betreiben.

Wenn bis Ende dieses Jahres kein Investor gefunden wird, der Blankensee glaubwürdig, wirtschaftlich und ohne die Hilfe von Stadt und Land betreiben kann, dann soll und muss diese Hängepartie endlich ein Ende haben.

(Beifall der Abgeordneten Antje Jansen [DIE LINKE])

Hinzu kommt, dass die EU-Kommission augenscheinlich schon das jetzige finanzielle Engagement Lübecks infrage stellt. Es gibt gewiss gute Argumente dafür, einen Regionalflughafen in Lübeck zu haben. Er ist gut für die Wirtschaft, gut für jene, die regional fliegen wollen, und er ist gut für Schleswig-Holstein. Deswegen gab es damals auch die Zusage zur Investitionsförderung. Die Frage ist nur, ob es dafür auch ein gutes, tragfähiges Konzept gibt. Augenscheinlich gibt es kein Konzept, das gut genug für die Vertreter der Wirtschaft ist, denn sonst würden sie finanziell einsteigen. Augenscheinlich ist es auch nicht gut genug für jene, die regionalnah fliegen wollen, denn sonst gäbe es ausreichende Fluggastzahlen. Augenscheinlich und allen Lippenbekenntnissen zum Trotz ist es auch nicht gut genug für Schleswig-Holstein, denn sonst würde sich das Land engagieren. Warum wendet sich der Antrag von CDU und FDP eigentlich nicht an ihren eigenen Wirtschaftsminister? - Wenn ich das lese, dann frage ich mich das schon.

Alle Daten belegen klipp und klar: Der Flughafen für Schleswig-Holsteinerinnen und Schleswig-Holsteiner ist Hamburg-Fuhlsbüttel. Wenn aber Blankensee so wichtig für das Land ist, wie die CDU es behauptet, dann frage ich: Wo bleiben die Konzepte der Landesregierung oder die Förderzusagen von Wirtschaftsminister de Jager? Wollen Sie, dass das Land den Flughafen dauerhaft finanziert? Wir hielten das für einen großen Fehler. Herr Wirtschaftsminister, statt ständig Spatenstichrekorde aufzustellen, ohne dass etwas gebaut wird, und PR-Termine zu machen, sollten Sie ausnahmsweise einmal vor der Wahl etwas zur Substanz äußern. Es wäre nicht schlecht, wenn man wüsste, was Sie wollen.

Es gibt gute Argumente für einen Regionalflughafen in Lübeck. Es gab sie auch für Kiel, aber es gab keine tragfähigen Konzepte, die für Stadt und Land finanzierbar waren. Deshalb ist die Dauersubventionierung gestoppt worden. Das geschah

schweren Herzens, aber nicht alles, was wünschenswert ist, ist machbar. Wir hatten und haben wirklich andere Prioritäten. Wir brauchen unsere Mittel nämlich für Investitionen in Köpfe. Das ist unsere Zielrichtung.

(Beifall bei der SPD)

Letztlich machen Sie in Lübeck genau das Gleiche. Sie sagen es nur nicht so deutlich. Was werfen Sie Torsten Albig eigentlich vor? Sie werfen ihm vor, dass er ehrlich ist. Es ist klar, dass Sie ihm das vorwerfen, weil das nicht Ihr Stil ist.

(Zuruf des Abgeordneten Hans-Jörn Arp [CDU])

Ich will Ihnen deutlich sagen: Er sagt klar, wie die Dinge sind. Lieber Herr Kollege Arp, er hat das sogar in Lübeck gesagt, nicht nur in Hamburg. Angesichts dessen, wie diese Koalition Lübeck im Zusammenhang mit der Universität behandelt hat, sollten Sie die Letzten sein, die hier über Lübecker Interessen reden. Sie sollten sich eigentlich schämen, wenn Sie über Lübeck reden. Sie sollten nicht so tun, als würden Sie die dortigen Interessen vertreten.

(Beifall bei der SPD)

Sie haben immer noch nicht begriffen, dass die Lübecker mit Schwarz-Gelb nicht Ihre Politik unterstützen wollen, sondern gegen Ihre Form von Politik protestiert haben. Das haben Sie immer noch nicht begriffen, das ist aber so. Man merkt sich das dort übrigens.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Investitionen machen immer dann Sinn, wenn es realistische Chancen gibt, die investierten Mittel wieder hereinzubekommen. Das gehört zum Begriff der Investition dazu. Wir haben für Lübeck noch eine Möglichkeit, und das wäre eine gemeinsame Lösung mit Hamburg. Was aber machen CDU und FDP und auch ihr Spitzenkandidat? Sie nutzen jede Gelegenheit, gegen Hamburg zu sticheln, den Bürgermeister anzugreifen und so zu tun, als ob er in Schleswig-Holstein kandidieren würde.

(Lachen bei der CDU)

Ich muss Ihnen ehrlich sagen, die Politik dieser Landesregierung ist so: Im Norden verprellen Sie die Dänen, im Süden die Hamburger. Es wird Zeit, dass wir nachbarschaftlicher und partnerschaftlicher mit unseren Nachbarn umgehen.

(Dr. Ralf Stegner)

(Beifall bei der SPD)

Es wird Zeit, dass der Mittelstandsbeauftragte, der so wundervolle Reden dahin gehend halten kann, dass wir unsere Wertschöpfung über Glücksspiele machen wollen und so weiter, wieder Substanz und Wirtschaftspolitik kennenlernt. Das wird aber erst stattfinden, wenn Sie abgelöst sind und wenn RotGrün regiert.

(Beifall bei der SPD)

Für die FDP-Fraktion hat Herr Abgeordneter Christopher Vogt das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Nach dieser etwas verspäteten Aschermittwochsrede möchte ich betonen, dass wir unseren Antrag, der im Wesentlichen eine Bekräftigung der Beschlusslage des Landtags darstellt, in der aktuellen Situation eingebracht haben, weil sich die politische Diskussion - wie wir gerade festgestellt haben - über den einzigen internationalen Verkehrsflughafen unseres Landes immer weiter zuspitzt.

(Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Baasch [SPD])

- Kollege Baasch, die Situation des Flughafens Lübeck-Blankensee ist nicht gerade berauschend, aber eben auch nicht aussichtslos.

(Vereinzelte Heiterkeit bei der SPD)

- Sie lachen. Bei Herrn Stegner haben Sie nicht so oft gelacht. Insofern war seine Rede anscheinend nicht so gut.

Sehr geehrter Kollege Baasch, der erfolgreiche Bürgerentscheid in der Hansestadt Lübeck gibt dem Flughafen noch bis Ende des Jahres Zeit, zu einem wirtschaftlich tragfähigen Konzept zu kommen. Der neue Flughafen-Chef Friedel, den ich für sehr kompetent halte, gibt sich sichtlich Mühe, um dieses Ziel zu erreichen. Wir werden nächste Woche im Wirtschaftsausschuss mit ihm und auch mit dem Bürgermeister darüber sprechen. Er hat sicher keine leichte Aufgabe übernommen, hat aber dankenswerterweise im Gegensatz zu früheren Zeiten von Beginn an sehr offen kommuniziert. Das politische Umfeld ist dabei mehr als schwierig, gerade in den letzten Monaten.

DIE LINKE, Grüne und - wie Sie heute gemerkt haben - zunehmend auch Sozialdemokraten reden

die verbliebenen Chancen des Flughafens mit großem Engagement kaputt.

(Wolfgang Baasch [SPD]: Sie müssen einmal sagen, woher das Geld kommt!)

Kollege Baasch, als Begründung für diese Position müssen vor allem finanz- und ordnungspolitische Argumente herhalten. Interessant an dieser Debatte ist, dass das ausgerechnet von Leuten kommt, denen ordnungs- und finanzpolitische Argumente sonst vollkommen egal sind.

(Beifall bei FDP und CDU)

Wenn uns Frau Jansen mit finanzpolitischen Argumenten kommt, dann ist Vorsicht geboten, kann ich nur sagen.

(Antje Jansen [DIE LINKE]: Oh!)

Insofern muss man das auch beachten. Es geht den meisten Flughafengegnern - Kollege Baasch, Ihnen würde ich das nie vorwerfen - natürlich um ideologische Gründe. Herrn Kollegen Tietze zum Beispiel würde ich das nie vorwerfen, weil Kollege Tietze dort ein moderner Grüner ist. Für den Flughafen auf Sylt hat er sehr viel übrig. Er hat sich nicht dazu geäußert, dass wir auch den gefördert haben. Keine Äußerung ist in diesem Fall auch eine Äußerung. Insofern möchte ich Herrn Kollegen Tietze dabei ausnehmen.

Herr Kollege Tietze, Sie haben heute wieder einmal eine flammende Rede gehalten. Ich bin immer total begeistert. Allerdings hätte Ihre Rede besser in die Lübecker Bürgerschaft und weniger in den Schleswig-Holsteinischen Landtag gepasst. Aber immerhin: Es war eine sehr schöne Rede.

(Beifall bei FDP und CDU)