Der SSW hat die Einrichtung Regionaler Berufsbildungszentren von Anfang an positiv begleitet und als wünschenswert angesehen. Wir betrachten die
sen Prozess als wichtigen Schritt, um eine zeitgemäße Berufsbildung in unserem Land zu etablieren. Unser Ziel ist die flächendeckende Umwandlung von Berufsschulen in RBZ. Wir lassen uns dabei von der Vorgehensweise Niedersachsens leiten, wo nach einer festgelegten Frist diese Umwandlung auch verbindlich sein soll. Diesen Punkt können wir hoffentlich im Ausschuss noch einmal aufgreifen und hören, wie das konkret in Niedersachsen läuft.
Der SSW steht also zu seiner Forderung nach mehr Gestaltungsmöglichkeiten für die berufsbildenden Schulen. Als Anstalten des öffentlichen Rechts ist es ihnen auch möglich, diese neuen Rahmenbedingungen zu nutzen. Das klappt - wie gesagt - mal besser und mal schlechter. Entscheidend scheint in erster Linie die Unterstützung des Schulträgers, also der Kreise und kreisfreien Städte, zu sein.
Aber auch das Land agiert in bestimmten Fragen wenig hilfreich. Es kann nicht sein, dass Berufsschulen, die zu RBZ fusionieren, was die Stellen für Schulleitungen angeht, schlechter gestellt sind als eigenständige Berufsschulen. Das ist wirklich kontraproduktiv, weil dadurch zum einen der Eindruck entsteht, als sei die Einrichtung von RBZ so eine Art Sparkonzept, zum anderen wenig Wertschätzung für die Leistung zum Ausdruck gebracht wird, wofür eine Fusion von Beruflichen Schulen steht. Vielmehr sind Qualifizierungen für das Lehrund Leitungspersonal der RBZ, eine an den Zusatzaufgaben orientierte Vergütung und eine angemessene Personalstärke erforderlich.
Nach Meinung des SSW muss es künftig auch verstärkt die Möglichkeit geben, dass RBZ Träger von Weiterbildung werden. Ich kann mich noch gut an die ziemlich unerfreulichen Diskussionen in der Entstehungsphase der RBZ erinnern. Heute wissen wir viel mehr darüber, wie wichtig es ist, berufliche Weiterbildungsmaßnahmen aus einer Hand zu haben. Das ist unserer Meinung nach eine originäre Aufgabe der RBZ. Man könnte auch sagen, dass der damalige Kompromiss - denn das war einer mit den Einrichtungen der privaten Wirtschaft seit Gründung eines privaten Wirtschaftsgymnasiums in Kiel aufgekündigt worden ist. Hier hat sich das Bildungsministerium völlig aus der Verantwortung gestohlen.
Als Letztes sei genannt, dass es zum Thema berufliche Bildung nunmehr drei Anträge gibt, die sich mit dem wichtigen Thema Übergang von Schule zu Beruf befassen. Ich hoffe, es wird möglich sein, diese Anträge auch im Ausschuss näher zu beraten. Für den SSW daher nur drei Stichworte:
Erstens bin ich der Auffassung, dass das von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bevorzugte Hamburger Modell sich nicht eins zu eins auf Schleswig-Holstein übertragen lässt. Meines Erachtens brauchen wir weiterhin die Berufsfachschule Typ I. Da bin ich bei dem Minister. Wir sollten uns aber näher ansehen, welche Arbeit dort geleistet werden soll und ob alles zielführend ist. Die völlige Abschaffung würde aber jungen Menschen die Möglichkeit verbauen, sich schulisch weiterzuentwickeln, sprich auch einen höheren Abschluss zu bekommen. Statt also jetzt alles abzuschaffen, wäre es aus unserer Sicht wünschenswert, Pilotprojekte durchzuführen, die ausgewertet werden könnten.
Zweitens sieht der SSW die verstärkte Einbindung privater Träger in die berufliche Bildung zunehmend kritischer.
Viele Projekte laufen zum Beispiel nicht einmal ein Jahr, und oft genug muss man sich die Frage stellen, ob nicht die Nachhaltigkeit der Maßnahme auf der Strecke bleibt. Bei aller Sympathie für Produktionsschulen, so ist dies in der Vergangenheit oftmals ein großes Problem gewesen. Vor diesem Hintergrund ist es notwendig, das Konzept der Produktionsschulen - dazu steht der SSW, er kennt das System auch von Erfahrungen in den skandinavischen Ländern - in die Arbeit der RBZ zu integrieren. Ich weiß, dass es dazu Bestrebungen gibt.
Drittens. Auch wir sehen die Notwendigkeit, die Durchlässigkeit des Systems zu fördern. Das heißt für uns aber auch, dass es nicht angehen kann, dass der Übergang in die Oberstufe des allgemeinbildenden Gymnasiums mit einem Versetzungszeugnis geschieht, während für das Gymnasium an berufsbildenden Schulen außerdem bestimmte Noten in Kernfächern gefordert werden. Das hat mit Gleichwertigkeit wirklich wenig zu tun.
Übergeordnet besteht die zentrale Herausforderung darin, die verschiedenen Möglichkeiten der beruflichen Bildung zu optimieren und in ein landesweites, transparentes System einzufügen. Dazu ist für den SSW ein klar gestuftes, modulares Ausbildungssystem unabdingbar, das formell und informell erworbene Kompetenzen berücksichtigt und für alle offensteht.
Ich beantrage also die Überweisung nicht nur des Berichtes, sondern auch der Anträge, in den Ausschuss.
Vielen Dank, Frau Kollegin. - Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erteile ich nunmehr der Kollegin Ines Strehlau das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die RBZ-Entwicklung zeigt ganz klar, was wir wollen. Wir haben dort die Autonomie der Schulen und bundesweit in großen Teilen gleiche Rahmenbedingungen, weil die duale Ausbildung in großen Teilen gleich ist. Da müssen wir hinkommen.
Das war aber nur eine Nebenbemerkung. Eigentlich wollen wir uns mit dem Übergang von Schule in den Beruf befassen. Jedes Jahr beginnen mehr als ein Drittel aller Jugendlichen, die in das Berufsbildungssystem eintreten, ihre berufliche Laufbahn im sogenannten Übergangssystem. Sie gehen in unterschiedliche Maßnahmen bei einem Weiterbildungsträger, der beruflichen Schule, oder sie gehen an die Berufsfachschule. In Schleswig-Holstein waren es 2009 mehr als 12.500 Jugendliche. Dadurch entstanden Kosten in Höhe von mehr als 170 Millionen €, die von EU, Land und zum größten Teil von der Agentur für Arbeit gezahlt wurden. Das ist der Grund dafür, warum wir eine niedrige Arbeitslosigkeit bei den Jugendlichen haben. Das liegt nicht daran, weil sie sich alle in einer Ausbildung befinden, sondern weil sie in diesen Warteschleifen stecken. Da müssen wir ran.
Das Erschreckende daran ist, dass das Geld nicht für qualifizierende Ausbildungen ausgegeben wird, sondern für einen Maßnahmendschungel, der intransparent, nicht anerkannt qualifizierend und unkoordiniert ist. Wird eine Maßnahme beendet, und es ist kein Ausbildungsplatz gefunden, kommt die nächste Maßnahme. Oder der Jugendliche fällt aus dem Raster und landet im staatlichen Transfersystem.
In dieser Woche war eine Besuchergruppe mit Teilnehmerinnen und Teilnehmern von ausbildungsvorbereitenden Maßnahmen bei uns im Landtag. Frau Franzen und Herr Heinemann haben sie mit mir zusammen betreut. Die Schülerinnen und Schüler hat
ten alle einen Schulabschluss - zumindest in meiner Gruppe - und sagten, die Maßnahme bringe sie nicht weiter. Das ist nicht hinnehmbar. Wir müssen jetzt konsequent umsteuern und aus dem Maßnahmendschungel ein System machen: transparent, koordiniert und qualifizierend.
Wir brauchen einen Übergang in die Berufsausbildung direkt im Anschluss an die Schule für jeden Jugendlichen. Hamburg macht es uns vor. Und auch die Bertelsmann Stiftung unterstützt die Grundzüge dieses Hamburger Modells. Es gab dazu eine große bundesweite Veranstaltung im letzten April in Berlin, bei der die Bertelsmann Stiftung das vorgestellt hat. Da gab es auch eine große Zustimmung von den Ländern.
Es soll für uns zukünftig vor allem drei Wege zu einer Berufsausbildung geben. Die erste Säule ist die duale Ausbildung. Sie hat sich bewährt und muss erhalten werden. Übrigens haben im Jahr 2011 bei Handwerkskammer und IHK 3.523 beziehungsweise 2.880 Jugendliche mit Hauptschulabschluss eine Ausbildung begonnen. Das sind weit mehr als die Hälfte eines Hauptschulabschlussjahrgangs, nicht 5 %, wie es vor Kurzem ein Spitzenkandidat von sich gegeben hat.
Die zweite Säule bildet ein berufsqualifizierendes Jahr für Schülerinnen und Schüler, die keinen Ausbildungsplatz gefunden haben. Dieses Jahr wird auf die Ausbildung angerechnet. Das ist jetzt in der Theorie möglich, Herr Klug, aber es wird in der Praxis sehr wenig gemacht. Wir müssen die Kammern dazu bewegen, dieses Jahr anzuerkennen.
Das wird noch ein ganz dickes Brett sein. Nach diesem Jahr sollen sie möglichst in eine Ausbildung ins duale System überwechseln. Wenn das nicht gelingt, beenden sie die Ausbildung an einer Beruflichen Schule oder bei einer außerbetrieblichen Einrichtung.
Frau Spoorendonk, Sie haben über die BFS I gesprochen. Wir wollen das so aufbauen, dass das Berufsqualifizierungsjahr das erste Jahr an der BFS I ersetzt, dass also ganz viel Praxis reinfließt. Wenn aber Schülerinnen und Schüler sagen: Mensch, ich will meinen mittleren Schulabschluss machen und mir die Theorie auch noch antun, dann sollen sie das zweite Jahr auch noch machen können. Wir wollen also nicht den BFS I total totmachen, son
Die dritte Säule sind die Produktionsschulen für Schülerinnen und Schüler meist ohne Schulabschluss, die noch Unterstützung brauchen, bis sie fit für die Ausbildung sind. Die Produktionsschulen können gut an Regionale Bildungszentren angegliedert werden. Produktionsschulen gibt es in Dänemark seit mehr als 30 Jahren mit überzeugenden Konzepten. Teilweise gibt es auch bei uns schon Kooperationen mit dänischen Produktionsschulen, zum Beispiel in Lübeck. Daneben wird es wohl in geringem Maß weiterhin ausbildungsvorbereitende Maßnahmen geben, aber auch diese mit Übergang in das duale System.
Hamburg hat auch da einen interessanten Ansatz: Ausbildungsvorbereitung dual für Förderschülerinnen und Förderschüler und Schülerinnen und Schüler ohne Abschluss und Jugendliche mit einem schwachen Hauptschulabschluss. Von den im vergangen Jahr aufgenommen 2.000 Jugendlichen haben 45 % innerhalb des ersten Jahres einen dualen Ausbildungsplatz bekommen.
Durch die Praktika können die Schülerinnen und Schüler ihre Qualitäten zeigen, auch wenn der Abschluss nicht so gut ist. Natürlich ist das Hamburger Modell nicht eins zu eins umsetzbar. Stadtstaat und Flächenland kann man nicht eins zu eins vergleichen. Wir brauchen bei uns eine deutliche Regionalisierung. Dennoch können wir die Grundzüge des Konzeptes gut übernehmen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, mit unserem Konzept bekommen alle Jugendliche eine Chance in einem transparenten, aufeinander aufbauenden und qualifizierenden Ausbildungssystem. Um dieses Konzept umzusetzen, brauchen wir alle, Agentur für Arbeit, Berufliche Schulen, Weiterbildungsträger, Kammern und Ministerien. Dazu müssen alle an einen Tisch. Das wird etwas sein, was die nächste Landesregierung vorantreiben muss. Wir Grüne haben dazu schon einen vielversprechenden Auftakt gesetzt.
In den vergangenen zweieinhalb Jahren habe ich mit vielen Beruflichen Schulen, Weiterbildungsträgern, den Kammern und den Jugendlichen über dieses Konzept diskutiert und dafür geworben. Wir haben viele positive Rückmeldungen dazu bekommen. Das System lässt sich wahrscheinlich sogar kostenneutral umsetzen, denn Lehrkräfte, die heute in der Unterstufe der Berufsfachschule I arbeiten,
Wir brauchen aber auch weiterhin Mittel von der EU, zum Beispiel für das Handlungskonzept Schule & Arbeitswelt, und Mittel von der Agentur für Arbeit. Die Agentur ist offen dafür, weil sie selbst sieht, dass die ausbildungsvorbereitenden Maßnahmen nur mäßig erfolgreiche Reparaturmaßnahmen sind. Wir müssen jetzt die Chance ergreifen und den Systemwechsel vollziehen - konsequent und transparent im Sinne der Jugendlichen und der Wirtschaft.
Zu unserem Abstimmungsverhalten brauche ich nichts mehr zu sagen. Wir sind dafür, die Anträge in den Ausschuss zu überweisen. Wir sehen, dass uns die SPD bei dem Systemwechsel noch nicht so konsequent folgt. Wir würden uns wünschen, dass wir jetzt die Chance nutzen, dies zu tun. Aber vielleicht kommen wir im Ausschuss noch auf eine Linie.
Den Bericht zu den Regionalen Berufsbildungszentren werden wir dann weiter diskutieren. Auch für uns haben die Regionalen Berufsbildungszentren gezeigt, dass sie deutlich flexibler auf Bedarfe im Ausbildungsbereich reagieren können und die Weiterbildungslandschaft bereichern.
Vielen Dank, Frau Kollegin. - Für die CDU-Fraktion erteile ich der Frau Kollegin Heike Franzen das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Da die Kollegin Herold, die dieses Thema eigentlich bearbeitet, erkrankt ist, werde ich heute stellvertretend für sie reden.
Die berufliche Bildung ist die größte Säule unseres Bildungssystems. Unsere berufsbildenden Schulen leisten hochqualifizierte und qualitativ sehr gute Arbeit. Dennoch wird der beruflichen Bildung zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Das ist schlecht, denn gerade auf dem Bildungssektor stehen durchgreifende Reformen an. Dazu gehört die Gestaltung des wirtschaftlichen Strukturwandels auf dem Ausbildungsmarkt ebenso wie die europäische Einbet
Der vorliegende Bericht, der eine Bestandsaufnahme zur Errichtung von Regionalen Berufsbildungszentren in Schleswig-Holstein darstellt, macht deutlich, dass gerade diese Beruflichen Schulen, was die Zusammenarbeit von Schule und Wirtschaft angeht, auf einem sehr guten Weg sind. Mit der Organisationsstruktur des RBZ haben die Beruflichen Schulen darüber hinaus mehr Flexibilität erhalten, um auf dynamische Entwicklungen im Bereich der Berufsbilder sowie auf die Anforderungen der Wirtschaft zu reagieren. Überdies haben sie mehr Raum für Eigenverantwortung vor Ort und arbeiten sowohl mit regionalen Anbietern auf dem Fort- und Weiterbildungssektor als auch den regionalen Unternehmen eng zusammen.
Die positive Entwicklung der RBZ macht gerade meine Kollegin Herold immer wieder gern an der Eckener-Schule in Flensburg fest, die sozusagen als einer der Pioniere dieser Organisationsentwicklung für diesen Prozess vom Bundesinstitut für Berufsbildung mit dem Weiterbildungs-Innovationspreis 2006 ausgezeichnet wurde und heute als Schulbetrieb in breiter Vernetzung mit regionalen Weiterbildungsanbietern und der Wirtschaft super aufgestellt ist.