Protokoll der Sitzung vom 24.02.2012

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Doch! - Anita Klahn [FDP]: Sie müssen mal gucken!)

- Entschuldigung. Dann nehme ich das hiermit zurück. Ich hatte ihn nicht gesehen.

Zu den Berufsschulen kommen wir ja heute noch. Bei den allgemeinbildenden Schulen wurden im Haushalt 600 Stellen zusammengestrichen. Und jetzt - dank des Berichtsantrags - wird deutlich, dass der Minister glaubt, dass wir über 600 zusätzliche Stellen in diesem Bereich brauchen. Das deckt sich übrigens - wahrscheinlich zufällig - exakt mit unseren Haushaltsvorstellungen, die wir hier für den Haushalt 2011/2012 eingebracht hatten. Wir hatten nämlich gefordert, die 600 Stellen für Lehrerinnen und Lehrer im System zu belassen.

(Anke Spoorendonk)

Im Übrigen, auch SPD und Grüne müssen jetzt noch einmal nachdenken. Denn Minister Klug hat ja gesagt, es sind 600 Stellen zu wenig, deswegen muss da noch ein bisschen nachgelegt werden, denn Sie sind ja bei den 300 Stellen geblieben, die Sie im System haben wollen beziehungsweise die Sie nicht herausstreichen wollen.

Herr Stegner, ich will gar nicht viel zu Ihrer Rede sagen. Da war einiges Richtige dabei. Aber ich fand diesen Vergleich mit Pinocchio doch ein bisschen gewagt. Ich halte mich immer noch an das alte Sprichwort: Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielleicht sollten Sie das zukünftig auch beherzigen.

Herr Habeck, Sie sind heute wieder völlig zurückgerudert. Schade - in meinen Augen -, dass Sie immer noch nicht begriffen haben, dass man mit der CDU keinen Staat machen kann, dass man mit der CDU keine Bildungsgerechtigkeit herstellen und schon gar keine soziale Gerechtigkeit schaffen kann.

(Beifall bei der LINKEN)

Zurück zu dieser Regierung! Die Schülerbeförderungskosten wurden auf die Eltern abgewälzt. Der Zustand vieler Schulen ist erbärmlich, weil die Kommunen nicht ausreichend Mittel haben, um die Substanz zu erhalten. Das gilt übrigens auch für die Universitäten. Im Kita-Bereich wurde das dritte beitragsfreie Kita-Jahr gestrichen. Das ist Ihre Bildungsbilanz, und das ist erbärmlich.

Im Vergleich mit anderen Bundesländern - ich verweise jetzt auf das Bildungsranking - lagen die Bildungsausgaben in Schleswig-Holstein 2011 an vorletzter Stelle. Das ist das traurige Ergebnis dieser Vergleichsstudie des Instituts der deutschen Wirtschaft.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Wollen Sie ein- mal sagen, wer an erster Stelle lag und mit welchem Ergebnis!)

Eine Ganztagsbetreuung stand im Jahr 2010 für 16 % der drei- bis sechsjährigen Kinder zur Verfügung. Das ist der drittniedrigste Wert in Deutschland. Auch bei den unter dreijährigen Kindern ist das Betreuungsverhältnis im Verhältnis zu anderen Bundesländern immer noch viel zu gering. Das Angebot an Ganztagsschulen war unterdurchschnittlich, auch wenn in den letzten Jahren das Angebot insbesondere an Grundschulen ausgebaut wurde.

Die Betreuungsrelationen an Schule und Hochschule sind in Schleswig-Holstein immer noch sehr ungünstig. Die Studienberechtigtenquote an den allgemeinbildenden Schulen und Beruflichen Schulen lag und liegt in Schleswig-Holstein weiter unter dem Bundesdurchschnitt.

Dennoch verließen im Jahr 2009 mehr Studienanfänger Schleswig-Holstein als aus anderen Ländern zuwanderten. Das ist auch ein Ergebnis Ihrer Hochschulpolitik. Der Anteil der Studienabsolventen an der akademischen Bevölkerung im Erwerbstätigenalter im Jahr 2009 ist der kleinste in ganz Deutschland gewesen. In Schleswig-Holstein studierten nur wenige Bildungsausländer. Der Anteil an allen Studierenden ist mit 5,6 % der zweitniedrigste in der Bundesrepublik Deutschland. Außerdem bestand nur der geringste Teil an internationalen Kooperationen je Hochschule. Der Anteil an Gastwissenschaftlern am wissenschaftlichen Personal ist ebenso der geringste aller Bundesländer.

Noch ein paar Zahlen vom Statistikamt 2010! Bei den Bildungsausgaben hinkt Schleswig-Holstein hinterher. In Deutschland werden im Durchschnitt 3,5 % des Bruttoinlandsproduktes für Bildung ausgegeben, in Schleswig-Holstein allerdings nur 3,2 %. Hinzu kommen noch Ihre Kürzungen. Pro Einwohnerin/pro Einwohner werden in SchleswigHolstein 867 € für Bildung im Jahr ausgegeben, im Bundesdurchschnitt sind es 1.066 €. Bei den jährlichen Ausgaben für Bildung bei Studierenden ist Schleswig-Holstein fast Schlusslicht.

Zurück zum Bildungsmonitor 2011! Ich hatte ihn schon angesprochen.

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Kubicki?

Nein. - Zurück zum Bildungsmonitor 2011, den ich erwähnt habe! Studien zeigen, dass Volkswirtschaften ihr Wachstumspotenzial erhöhen, wenn die mathematisch-naturwissenschaftlichen Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler zunehmen. Auch da ist Schleswig-Holstein immer noch schlechter Durchschnitt.

Bei den Wertschöpfungsgewinnen durch eine Verbesserung im Bereich der Hochschulen liegt Schleswig-Holstein an drittletzter Stelle. Das ist die deprimierende Bilanz ihrer Bildungspolitik. Auch deshalb werden sie am 6. Mai abgewählt werden.

(Ulrich Schippels)

Meine Damen und Herren, wer an der Bildung kürzt, der handelt kurzsichtig. Allgemein wird davon ausgegangen, dass sich jeder Euro, der in Bildung gesteckt wird, volkswirtschaftlich mit 8 % rechnet.

Sie haben allein durch die Streichung von 600 Lehrerinnen- und Lehrerstellen im Doppelhaushalt 2011/2012 einen Schaden für unser Land in Höhe von 2,4 Millionen € verursacht. Deswegen, Herr Minister Klug, sollten Sie Ihr Ministerium - wie eingangs erwähnt - umbenennen. Ihr Bildungsministerium ist ein „Bildungsabbauministerium“.

(Beifall bei der LINKEN)

Für die SPD hat Herr Abgeordneter Ralf Stegner das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Erstens. Wir haben jetzt seit 9 Uhr über die Schulpolitik dieser Landesregierung auf der Basis des Papiers diskutiert, von dem Herr Dr. Klug gesagt hat, es sei von ihm persönlich verfasst worden. Ich stelle fest, dass das, was ich am Anfang gesagt habe, nach den von Ihnen gemachten Debattenbeiträgen immer noch gilt: Sie wollen nicht einen einzigen Punkt, den der Bildungsminister für notwendig hält, umsetzen.

(Beifall bei der SPD)

Das ist die erste Erkenntnis dieser Debatte. Das heißt, der Rückhalt dieses Bildungsministers in der Koalition ist gleich null. Das ist das, was man daraus schließen kann.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Mein Gott!)

Zweitens. Das, was Sie hier zum Teil zum Thema Schulfrieden gesagt haben, geht so weit an der Wirklichkeit vorbei, dass es hier noch einmal angesprochen werden muss. Schulfrieden heißt, dass man sich mit der großen Mehrheit darauf verständigt hat, Strukturreformen endlich zu beenden und dafür zu sorgen, dass alle Kinder in Schleswig-Holstein einen fairen Zugang zur Bildung haben, entweder Abitur mit acht Jahren auf dem Gymnasium oder mit neun Jahren bei den Gemeinschaftsschulen oder den Beruflichen Schulen. Was Sie aber gemacht haben und was Sie Freiheit nennen, heißt, dass Sie teure Sonderwege schaffen, die übrigens über die ganze Legislaturperiode hinweg richtig Geld kosten. Das geht richtig in die Millionen.

Schüler werden von Ihnen dazu zu Problemen verdammt nicht nur, wenn sie das Bundesland wechseln, sondern schon, wenn sie in Schleswig-Holstein den Kreis wechseln. Das ist die Konsequenz Ihrer Politik.

(Beifall bei der SPD sowie vereinzelt bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Dies den Eltern zuzumuten, ist ein solcher Schildbürgerstreich, dass nur die FDP darauf kommen kann. Wir werden das nicht tun. Sie haben die Union bei dieser Frage leider überzeugt, sich diesem Unsinn anzuschließen.

Das Dritte, was ich noch ansprechen möchte, tue ich, weil von der Schuldenbremse die Rede ist. Wir haben hier gemeinsam, als wir die Schuldenbremse verabschiedet haben - die SPD hat dafür gestimmt -, auch eine Resolution verabschiedet, der übrigens CDU, FDP, SSW, Grüne und SPD zugestimmt haben. Darin stand auch, dass Folgekosten vermieden werden müssen, die dem Ziel, die Schuldenbremse einzuhalten, im Wege stehen. Genau das ist es, wovon unser Spitzenkandidat Thorsten Albig redet. Ihn einerseits dafür zu kritisieren, dass er sagt: Es dauert eine ganze Weile, aber andererseits nicht zu akzeptieren, dass wir genau dies umsetzen, nämlich Investitionen in Bildung, die dauerhaft Sozialkosten senken, ist ein intellektuelles Defizit. Sie wollen so etwas nicht begreifen. Sie sind dazu überhaupt nicht in der Lage.

(Beifall bei der SPD)

Ich will sagen: Das intellektuelle Niveau der Beiträge der Regierungsfraktionen ist so bestürzend, dass eigentlich das, was der Bildungsminister hier vorgestellt hat, den Ausdruck über die Bildungsqualität darstellt, und nicht die Reden, die Sie hier gehalten haben. Ich glaube, die Landtagswahlen am 6. Mai werden über die Bildungsfrage entschieden werden. Die Menschen werden sich entscheiden für ein gerechtes Bildungssystem, das kein Kind zurücklässt und alle mitnimmt. Dafür stehen die Sozialdemokraten und die Grünen und der SSW in diesem Haus und sonst niemand.

(Beifall bei der SPD sowie vereinzelt bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW - Christopher Vogt [FDP]: Sind wir beim Aschermittwoch in Köthen?)

Das Wort hat die Frau Abgeordnete Heike Franzen von der CDU-Fraktion.

(Ulrich Schippels)

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist schon spannend, diese Debatte zu verfolgen. Wir müssen vielleicht einmal zur Kenntnis nehmen, dass bisher keine Fraktion - vielleicht mit Ausnahme der LINKEN, die auch schon gesagt hat, dass sie keine Regierungsbeteiligung übernehmen will - hier in diesem Haus bestreitet, dass Lehrerplanstellen abzubauen sind. Wir werden bis 2020 60.000 Schülerinnen und Schüler in unserem Schulsystem weniger haben. Wir werden uns damit vor dem Hintergrund des Haushaltes, den wir haben, auseinandersetzen müssen.

Sie werfen uns immer vor, wir seien so furchtbar unsozial. Ich will Ihnen gern einmal sagen, was das heißt. Ich habe Großeltern; Arbeiterfamilie. Mein Großvater war unter Tage, war Steiger. Meine Großmutter war Weißnäherin. Die haben sich für ihre Kinder wirklich alles genommen. Die wären nie auf die Idee gekommen, sich selber Erleichterungen zu verschaffen, einen Kredit aufzunehmen und zu sagen: Meine lieben Kinder, ihr sollt das bezahlen. - Das ist die Politik, die in den ganzen letzten Jahren hier in diesem Land gemacht worden ist. Damit muss Schluss ein.

(Lebhafter Beifall bei CDU und FDP)

Ich will gern die 31,5 Millionen € aufgreifen, Frau Erdmann. Es ist richtig: Das, was Sie vorgeschlagen haben, kann man nicht berechnen. Sie wollen eine Schulstufenberechnung haben. Das ist nicht möglich, weil die Berechnung für die privaten Schulen

(Zuruf der Abgeordneten Anke Erdmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

- hören Sie zu, ich erkläre Ihnen das ja gerade! - auf der Basis von Schularten erfolgt.

(Zuruf der Abgeordneten Anke Erdmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Der Minister hat, um überhaupt eine Schätzung abgeben zu können, die Berechnung auf der bestehenden Basis durchgeführt. Insofern ist das eine völlig legitime Zahl, um überhaupt einmal abschätzen zu können, was mit Ihren Anträge an finanziellen Folgerungen verbunden ist.

Ich will deutlich sagen, dass die CDU selbstverständlich zu der Eigenständigkeit und Selbständigkeit von Schulen steht. Wir wollen nicht weniger Bildungspolitik in unseren Schulen haben, wir wollen dort mehr Bildung haben.

(Zuruf der Abgeordneten Anke Erdmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Deswegen gehören die Entscheidungen, wie unterrichtet wird, in welcher Form, ob Außen- oder Binnendifferenzierung, als pädagogische Entscheidung in die Schulen, in den Bereich der Schulkonferenzen.