Ich lasse jetzt über die Dringlichkeit des Antrags Drucksache 17/2407 abstimmen. Auch hier gilt das Erfordernis der Zweidrittelmehrheit der abgegebenen Stimmen. Wer der Dringlichkeit zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Die Dringlichkeit hat die erforderliche Zweidrittelmehrheit nicht erreicht und ist somit abgelehnt. Der Antrag wird in dieser Tagung nicht beraten.
Meine Damen und Herren, bevor ich den nächsten Tagesordnungspunkt aufrufe, begrüße ich auf der Zuschauertribüne unseren langjährigen Landtagsabgeordneten und Kollegen Günter Neugebauer. Herzlich willkommen!
Vorstellung der Landesregierung und der Koalitionsfraktionen über die Sicherung des Schulangebots in der Fläche
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Eigentlich hatten wir bereits im Februar eine große schulpolitische Debatte und nicht vor, dieses Thema noch einmal aufzurufen. Aber just in der Zeit, in der die Eltern die Anmeldungen ihrer Kinder vornehmen, haben Union und FDP nichts Besseres zu tun, als mit Falschmeldungen Panik zu schüren.
Die CDU-Fraktion hat ein Pressegespräch geführt, bei dem man mit einem riesigen Wust von Tabellen und Zahlen versucht hat, die unglaubwürdigen Argumente ein bisschen zu frisieren, um wenigstens den Anschein von Glaubwürdigkeit zu erwecken. In dem Wahlprogramm der CDU steht:
„Regionale Gemeinschaftsschulen sollen langfristig zu einer Schulart zusammenwachsen mit dem Ziel, dass die Schülerinnen und Schüler die Chance haben, alle Schulabschlüsse zu erreichen.“
Wenn also die CDU sagt, wir brauchen keine drei verschiedenen Sek-I-Schularten, dann ist das der Königsweg, wenn wir das sagen, dann ist das die Abrissbirne durch das Land. Sie merken selbst, wie lächerlich dieser Vorhalt ist, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Die wirklichen Unterschiede in der Bildungspolitik zwischen Union und uns liegen aber ganz woanders. Wir haben nämlich zu den Themen „längeres gemeinsames Lernen“ und „Binnendifferenzierung“ eine völlig andere Auffassung als Sie. Sie haben das den Gemeinschaftsschulen weggenommen. Sie haben sie gezwungen, abschlussbezogene Klassen selbst zu machen. Das werden wir nach dem Regierungswechsel korrigieren, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Dass Sie Unfrieden in die Schulen bringen trotz der schönen Fleißarbeit mit Ihren Tabellen, hält ja nicht einmal einer oberflächlichen Überprüfung stand. Ich nenne nur die absurde Behauptung, wir hätten vor, die Öömrang Skuul in Nebel auf Amrum zu schließen. So etwas machen Sie, obwohl Sie genau wissen, dass die Mindestgrößenverordnung für Inseln und Halligen gar nicht gilt. Sie sind sich also im Wahlkampf für nichts zu schade, wenn Sie den Eltern Angst machen können mit der Behauptung, andere wollten Schulen schließen.
Was Sie aber mit Ihrer Tabelle nachgewiesen haben - das wollten Sie eigentlich gar nicht -, ist, dass die elf bestehenden Regionalschulen die Mindestgröße von 240 Schülerinnen und Schülern schon unterschreiten. Ich könnte Ihnen die Liste hier vorlesen. Hinzu kommt eine ganze Reihe von Schulen, die ganz nah dran sind. Der Bildungsminister bringt es in der Bildungsausschusssitzung vor wenigen Tagen doch tatsächlich fertig zu sagen, er wolle - er wolle; das ist schon witzig genug - die Mindestgrößenverordnung um fünf weitere Jahre verlängern. Meine Damen und Herren, das ist de facto die Schließungsverfügung für Regionalschulen in diesem Land. Ihr eigener Bildungsminister!
Zum Glück wissen die Menschen, dass er nach dem 6. Mai in Schleswig-Holstein nichts mehr zu melden haben wird. Aber hinzugehen, vom Kaufhausdetektiv gerade erwischt worden zu sein und „Hal
tet den Dieb“ zu rufen, das ist schon ziemlich frech, auch wenn Wahlkampf ist, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Wir werden nicht mit der Brechstange vorgehen. Wir werden mit den Schulen und mit den Eltern reden. Wir haben das Ziel, Bildungsangebote in der Fläche zu erhalten. Umgekehrt wird ein Schuh daraus: Wir gefährden keine Schulstandorte, sondern wir sichern sie mit der Möglichkeit, sich von Regionalschulen zu Gemeinschaftsschulen weiterzuentwickeln.
Denn die Quoten sind bei denen noch schlechter als bei den Hauptschulen. Natürlich muss die Mindestgrößenverordnung verändert werden.
Wir brauchen im Übrigen in Deutschland und besonders in Schleswig-Holstein mehr Abiturientinnen und Abiturienten; das weiß jeder. Deswegen müssen wir da auch mehr tun.
Noch ein Wort zu den Lordsiegelbewahrern des Gymnasiums! Nein, wir werden nicht die Gymnasien attackieren, auch wenn Sie mit Ihren Kameraden vom Philologenverband täglich Propaganda machen und behaupten, wir wollten die Gymnasien dichtmachen. Das will kein Mensch! Kein einziges Gymnasium in Schleswig-Holstein ist gefährdet, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Was wir aber wollen, ist reale Wahlfreiheit für die Eltern in diesem Land, und wir wollen, dass Sie nicht diesen Unfug anrichten, dass man nicht mehr von Schleswig-Holstein nach Niedersachsen umziehen muss, sondern dass es reicht, schon von Segeberg nach Ostholstein umzuziehen, damit es da mit den Schülern auf den Gymnasien, die G 9 haben, nicht mehr klappt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ausgerechnet von denen, die hier immer von Haushaltskonsolidierung reden und in dieser Weise Ressourcen in diesem Lande verbrennen, ist wirklich ein starkes Stück.
Wir sagen den Eltern und den Menschen vor den Wahlen klar, was wir tun werden. Wir setzen auf längeres gemeinsames Lernen und auf eine schrittweise Umwandlung der Regionalschulen. Wir set
zen auf wirkliche Wahlfreiheit in den Oberstufen. Wir setzen auf 50 % der rechnerisch freiwerdenden Lehrerstellen, die wir brauchen, zur Haushaltskonsolidierung und 50 % zur Qualitätsverbesserung. Und wir werden beenden, dass die Eltern und Schülern immer par ordre du mufti, sozusagen per Erlasspolitik, von Herrn Klug oder anderen darüber informiert werden, was eigentlich ansteht. Sie setzen auf Panikmache, meine sehr verehrten Damen und Herren, wir setzen auf Wahrheit und Klarheit, und Schleswig-Holstein hat am 6. Mai die Wahl.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich finde es gut, dass wir heute über Schulstandorte hier in Schleswig-Holstein diskutieren. Wir als CDU haben am 3. März unser Wahlprogramm aufgestellt und haben deutlich gemacht, wie wir die Zukunft für unsere Schulen in SchleswigHolstein sehen. Ich sage Ihnen ganz deutlich: Wir wollen keine Systemdebatten mehr in in unserem Land.
Wir haben - das sage ich durchaus auch selbstkritisch - in den letzten Jahren den Schulen zu viele Veränderungen aufgedrückt, die sie jetzt umsetzen sollen. Wir setzen unser Vertrauen in die Lehrkräfte, in die Eltern, in die Schülerinnen und Schüler und in die Schulträger vor Ort.
Sie sollen die Möglichkeit haben, ihre erarbeiteten Konzepte an den Schulen umzusetzen und mit Leben zu erfüllen. Schularten und deren bestehende Strukturen - das sagen wir den Schulen an der Stelle ganz deutlich zu - werden wir von oben nicht mehr verändern.
Meine Damen und Herren, Gymnasien, auch die mit G 9, Regional- und Gemeinschaftsschulen, Grundschulen, Förderzentren und die Beruflichen Schulen sichern wir in diesem System Ruhe zu. Das unterscheidet uns im Übrigen sehr von den Plänen der Opposition in diesem Haus. Alle, auch Sie, Herr Dr. Stegner, haben in Ihrem Wahlprogramm stehen:
Das Nah- beziehungsweise Fernziel ist eine Schule für alle. Das heißt bei Ihnen “Schulfrieden“. Die Wahlfreiheit ist dann die Wahl zwischen der Gemeinschaftsschule und der Gemeinschaftsschule. Wir wollen die Wahlfreiheit in einem zweigliedrigen Schulsystem.
- Es ist merkwürdig, dass immer noch einige Eltern ihre Kinder an den Regionalschulen anmelden, Frau Jansen.
Aber wenn es um die Sicherung von Schulstandorten in unserem Land geht, meine Damen und Herren, dann sollten Sie gut überlegen, was Sie den Menschen vor Ort erzählen, Sie dürfen das nicht zu einer Märchenstunde machen. Wenn Sie sagen, dass Sie die Regionalschulen zu Gemeinschaftsschulen entwickeln wollen, dann müssen Sie auch dazu sagen, dass das für einige Regionalschulen nicht nur eine Entwicklung ist, sondern auch eine Abwicklung.