Nun darf ich mich noch einmal mit dem Kollegen Callsen beschäftigen. Herr Callsen, ich finde, Sie sollten solche Talente in Ihrer Fraktion hier viel häufiger einsetzen. Dann hätten wir viel mehr Spaß und Freude an der Debatte.
Dann würden wir womöglich noch ein paar Weltneuheiten zum Ausstieg und zum Thema Energie hier erfahren.
Aber im Ernst: Ich finde es schon bemerkenswert, dass Sie das Guttenberg-Prinzip hier so zum Extrem treiben,
dass man jetzt schon hingeht und sich dafür loben lassen will, dass das, was im letzten Jahr wirklich unvermeidlich gewesen ist, nämlich endlich von der Atomenergie wegzukommen, nach den Ereignissen in Japan, dass Sie sich dafür auch noch rühmen, wobei Sie nicht einmal Ihren eigenen Kollegen Magnussen überzeugt haben, der heute immer noch für Atomenergie ist, wie er sogar auf öffentlichen Podiumsdiskussionen behauptet. Also fangen Sie einmal in Ihrer eigenen Fraktion an, und machen Sie dann mit der Öffentlichkeit weiter. Sie werden in der Opposition viel Zeit haben, zu sehen, wie man das mit der Energiewende richtig macht.
Das Wort für die Landesregierung erteile ich dem Minister für Wissenschaft, Wirtschaft und Verkehr, Jost de Jager.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Stegner, ich habe hier nicht zu bewerten - nicht als Regierungsvertreter und schon gar nicht als Nicht-Abgeordneter in diesem Haus -, wie Sie als Abgeordneter und Oppositionsführer sich entscheiden, die Oppositionsführerrolle hier auszuüben, und in welcher Art und Weise Sie hier am
Ich finde aber, dass gerade Ihr letzter Beitrag gezeigt hat, dass der Ton, in dem Sie ihn vorgetragen haben, der Aufgabe der Energiewende in keiner Weise gerecht wird.
Hieraus eine sachargumentfreie, rein polemische, polarisierende Nummer zu machen, wird dem Thema nicht gerecht und wird auch nicht den Erwartungen gerecht, die die Menschen hier im Land in dieses Thema setzen.
- Das hat Herr Stegner schon vorher gezeigt. Ich fand es übrigens sehr bemerkenswert, dass es zwei ehemalige Kabinettsmitglieder zu ihrer Aufgabe gemacht haben, heute zu sagen, wie gut ehemalige Regierungen waren und wie schlecht diese Regierung ist. Ich sage Ihnen in aller Deutlichkeit, was auch schon Herr Callsen gesagt hat: Die Ausweitung der Windeignungsflächen mit dem milliardenschweren Investitionsprogramm war mit Ihnen im Kabinett nicht möglich.
Ich kann es auch kürzer fassen. Die Tatsache, dass Sie aus dem Kabinett ausgeschieden sind, war die beste Nachricht für die Windenergieszene in Schleswig-Holstein.
Herr Stegner, wenn Sie hier Ihre Bilanz aufführen, dann kann ich Ihnen ein weiteres Beispiel nennen. Es war das rot-grüne OWAG, das dazu geführt hat, dass die umweltfreundlichste Art, in SchleswigHolstein Energie zu erzeugen, nämlich das Pumpspeicherkraftwerk in Geesthacht, nicht wirtschaftlich betrieben werden konnte. Es war diese schwarz-gelbe Regierung, die dafür gesorgt hat, dass das Gesetz so geändert wird, dass das Pumpspeicherkraftwerk demnächst wieder laufen kann. Das ist, was die Umsetzung der Energiewende anbelangt, Ihre Bilanz.
Später. Erst einmal beschäftige ich mich mit Herrn Stegner. Herr Stegner, es geht nicht um die Frage, wer das erste Mal die Idee gehabt hat, aus der Kernkraft auszusteigen. Das nehme ich gar nicht für mich in Anspruch. Das ist auch der falsche Wettlauf. Es geht darum, wer tatsächlich eine Politik in Gang setzt, die die Energiewende in Deutschland möglich macht. Das ist der entscheidende Punkt. Dies in einer nicht einmal lustigen Wahlkampfrede zu zerreden, wird der Aufgabe deshalb nicht gerecht, weil wir uns vor Augen führen müssen, was für eine Aufgabe das ist.
Deutschland ist das einzige Industrieland, das sich dazu entschieden hat, aus der Kernkraft auszusteigen. Ich unterstütze das; ich habe das im vergangenen Frühjahr unterstützt, und ich unterstütze das immer noch. Nun werden wir zeigen müssen, dass man weiterhin Industrieland sein kann und dass man weiterhin zu den größten Volkswirtschaften und zu den Exportweltmeistern der Welt gehört, jedoch mit einer anderen Form der Energieversorgung. Das ist eine ausgesprochen schwierige Aufgabe, die wir hier umsetzen müssen.
Es wird dieser Aufgabe nicht gerecht, jedes Mal dann, wenn etwas entschieden wird, auf die Barrikaden zu gehen und zu sagen: Oh, wenn die Einspeisevergütungen für Photovoltaik und Solarenergie gekürzt werden, dann bricht die ganze Energiewende zusammen. Ich sage Ihnen: Die Energiewende wird nur dann funktionieren, wenn wir den Mut haben, solche Entscheidungen zu treffen, und zwar dann, wenn sie getroffen werden müssen.
Die Energiewende in dem Hochindustrieland Deutschland kann nur dann funktionieren, wenn das Dreieck, das aus den Bereichen Klimaschutz, Versorgungssicherheit und Strom- und Energiepreise besteht, aufrechterhalten werden kann. Insofern müssen wir auch mit Blick auf die Akzeptanz der Energiewende aufpassen, dass sich dann, wenn sich die Grundlagen für eine Einspeisevergütung verändert haben, auch die Einspeisevergütung verändert. Wenn man als derjenige, der die Anlagen
aufstellt, sehr viel geringere Materialpreise hat, weil die verwendeten Paneelen sehr viel günstiger geworden sind, dann ist es geradezu eine Aufgabe der allgemeinen Verantwortung, dafür zu sorgen, dass in diesem Fall die Einspeisevergütung dieser Entwicklung angepasst wird.
Ich sage auch, dass die Fristen aus Sicht dieser Landesregierung zu kurz sind. Das gilt auch für das Datum, das sich im Moment festsetzt, nämlich der 1. April. Wir werden uns im Bundesratsverfahren und im Verlauf der vorgelagerten Gespräche dafür einsetzen, dass eine Frist gewählt wird, durch die für die Handwerksbetriebe, um die es geht und die diese Anlage noch zu den alten Finanzierungsmodellen aufstellen wollen, eine Planungssicherheit besteht.
Ich sage auch: Ich habe es immer als kritisch empfunden, dass die Kürzung der Einspeisevergütung so kurz nach der bereits vollzogenen Kürzung erfolgt. Das ist exakt der Grund dafür, weshalb wir das Monitoring brauchen, was sich in dem Antrag der Regierungsfraktionen wiederfindet. Das ist auch exakt der Grund dafür, weshalb wir ein besseres Management der Energiewende brauchen. Das sage ich frank und frei. Wir brauchen nicht nur auf Landesebene ein jährliches Monitoring, sondern wir brauchen das auch auf Bundesebene. Wir brauchen diesen Fortschrittsbericht, um einmal im Jahr mit Planungssicherheit zu sehen, welche Stellschrauben wir verändern müssen, damit die Energiewende ein Erfolg wird. Betroffen sein können die Höhe der Einspeisevergütung, gesetzliche Bestimmungen oder manchmal sogar umweltgesetzliche Veränderungen. Das muss regelmäßig überprüft werden, damit wir sehen, ob wir im Verlauf des Fortschritts der Energiewende exakt da sind, wo wir sein wollen.
Ich sage auch, dass das Management der Energiewende und eine bessere Koordinierung der Energiewende sich nicht in dem Verhältnis von Bundesumweltministerium und Bundeswirtschaftsministerium abspielt. Wir brauchen vor allem eine bessere Koordinierung der Pläne der Bundesregierung mit den Plänen der Landesregierung. Diese Koordinierung brauchen wir, und das bedeutet, dass die Länder bereit sein müssen, sich koordinieren zu lassen. Das Problem, das wir haben, ist, dass die Summe der Energiekonzepte der Länder im Moment nicht die Energiewende des Bundes ergibt. Deshalb
haben wir Steuerungsbedarf. Wir müssen zum Beispiel überlegen, ob es sinnvoll ist, wenn in Bayern, in Baden-Württemberg oder - weil dort gerade Wahlen sind - in NRW Windkrafträder aufgestellt werden, wenn diese hier sehr viel effektiver und effizienter laufen könnten. Genauso müssen wir fragen, ob wir nicht bei bestimmten Formen der dezentralen Energieversorgung eine bestimmte regionale Arbeitsteilung brauchen. Zu klären ist auch die Frage, wo wir die Massierung von Photovoltaik haben und so weiter und ob wir nicht zum Beispiel auch Einspeisevergütungen schaffen, die die Effizienz von Standorten berücksichtigen. Das sind aus meiner Sicht die entscheidenden Fragen, deren Beantwortung wir vor uns haben und bei denen wir eine Koordinierung mit den Ländern brauchen.
Davon habe ich aber bei Ihnen nichts gehört. Insofern kann man den Eindruck haben, dass das Lamento, das wir hatten, gar nicht im Zusammenhang mit der Energiewende steht, sondern dass es vielleicht einfach nur Gezeter ist, weil man aufgrund einer anstehenden Wahl Lärm machen will. Ich glaube, dass wir in Schleswig-Holstein ein gemeinsames Interesse daran haben, dass die Energiewende funktioniert.
Wir haben eine Verantwortung dafür, denn die Energiewende wird ohne Schleswig-Holstein nicht funktionieren. Ohne den Strom aus erneuerbaren Energien, der hier aus Windkrafträdern produziert wird, wird die Energiewende in Deutschland nicht funktionieren. Insofern sind wir gut beraten, gemeinsam den Rücken gerade zu machen, wenn in der Fläche bestimmte Dinge wie der Leitungsbau und die Aufstellung zusätzlicher Anlagen geleistet werden müssen. Wir sollten uns nicht über Dinge zerstreiten, die wir möglicherweise gemeinsam sehen.
In diesem Sinne gibt es ein klares Bekenntnis dieser Regierung zur Energiewende. Ich glaube, wir können vorweisen, dass wir sie angepackt haben. Wir werden uns diese Erfolge nicht zerreden lassen.
Die Landesregierung hat ihre Redezeit um drei Minuten überzogen. - Zu einem Dreiminutenbeitrag hat sich Herr Abgeordneter Detlef Matthiessen gemeldet.
Ich finde es ein bisschen schade, dass die Koalition angekündigt hat, über sämtliche Anträge hier in der Sache abzustimmen. Ich habe mich aber im Wesentlichen gemeldet, um direkt auf einige Redebeiträge einzugehen.
Frau Ostmeier, auf Sie gehe ich gleich noch ein. Ich wollte den Herrn Minister ansprechen, weil er das OWAG erwähnt hat. Ich kann nur darauf hinweisen, dass es in der Zeit, als das OWAG eingeführt wurde, in der Erzeugerlandschaft Schleswig-Holsteins eine Atomstromsenke gab. Diese wird jetzt zunehmend zu einer Windstromsenke. Das ist ein bemerkenswerter Unterschied.
Herr Minister, Sie sagen dem Hohen Haus selbst, dass Sie finden, dass die Solarkürzungen zu schnell umgesetzt wurden und dass sie zu vorfristig gesetzt sind, wobei ich davon ausgehe, dass zwischen dem 9. März, als der Bundesminister dies ankündigte, und dem 1. April, dem Datum, das die Fraktionen jetzt ankündigen, nur ein marginaler wirtschaftlicher Unterschied besteht. Daher verstehe ich nicht, warum Sie unserem Antrag nicht zustimmen.
Herr Minister, ich bin mit Ihnen konform, dass wir hier einen gesamtgesellschaftlichen Auftrag zu erledigen haben. Dieser sollte nicht zu sehr in Parteiengezänk zerfleddert werden. Frau Ostmeier, auch wenn wir das Wort Energiewende, das die CDU von den Grünen übernommen hat und das wir schon seit Jahrzehnten verwenden, gleichsam verwenden, dann bedeutet das nicht automatisch einen Konsens. Ich verweise in der Kürze der Zeit auf den großen Unterschied, dass wir sagen, wir wollen aus dem Neubau von Atom- und Kohlekraftwerken gleichzeitig aussteigen. Das unterscheidet uns. Es gibt noch eine ganze Reihe weiterer bedeutender Unterschiede, Frau Ostmeier.