Insofern bedarf es auch nicht der Verteidigung dessen. Davon war überhaupt nicht die Rede. Ganz im Gegenteil: Wir wünschen uns in der repräsentativen Demokratie ein Parlament, das aus Menschen besteht, die aus vielen Berufsgruppen stammen. Aber ich sage auch - das sage ich auch Ihnen zu Ihrem Beitrag, Herr Kalinka -: In Deutschland ist ein jeder vor dem Gesetz gleich. Das ist der Punkt, über den wir reden.
Darum geht es. Sich hier hinzustellen - wie das andere tun, die selbst öffentlich darüber reden, was Nebenerwerb und Hauptgeschäft angeht - und davon zu reden, man stünde hier am Pranger, ist geradezu eine Verkehrung der Verhältnisse.
Worüber wir in den Gesetzentwürfen reden, ist schlichtweg, dass Transparenz herrscht. Über die Formen, wie man das umsetzt, kann man hier im Parlament diskutieren. Und was zwischen dem einen oder anderen und seinem Finanzamt ist, geht überhaupt niemanden an. Davon war überhaupt gar keine Rede. Angriffe zurückzuweisen, die niemand unternommen hat, auch ein Stilmittel. Aber ich will es deutlich erklären: Ich habe niemanden in der Opposition gehört, der sich gegen freie Berufe, gegen Rechtsanwälte oder sonst irgendjemanden gewandt hätte. Das ist hier nicht der Fall gewesen.
(Gerrit Koch [FDP]: StGB! - Christopher Vogt [FDP]: StGB! - Dr. Christian von Boet- ticher [CDU]: StGB!)
- Dann habe ich den Zwischenruf missverstanden. Aber wie dem auch sei, es ist auch egal, wie der Zwischenruf war. Es gibt in Deutschland eine Debatte darüber, ob man Abgeordnetenbestechung in der Art und Weise unter Strafe stellen sollte, wie das bei Amtsträgerinnen und Amtsträgern geregelt ist. Die Debatte wird seit Langem geführt, das kann man doch hier nicht bestreiten. Dass es da im Zweifelsfall auch einen Regelungsbedarf gibt, Herr Kollege Kalinka, ist völlig unabhängig davon, ob man irgendjemanden verdächtigt. Es ist keine Verdächtigung von irgendeiner Person, wenn man Transparenzregeln für alle schafft. Das ist der Punkt, über den wir reden.
Ich finde, wir brauchen gleiche Regeln für alle und nicht Regeln für viele und ein paar besondere, die andere Regelungen haben. Ich finde, das ist falsch und übrigens eines demokratischen Parlaments auch nicht würdig. Da hat die Kollegin völlig recht mit dem, was sie gesagt hat. Zur Demokratie gehört übrigens auch, dass auch die Haltung, die Frau Heinold vertreten hat, eine ist, über die man nicht herfallen muss. Man darf anderer Auffassung sein, aber man muss sich darüber nicht so erheben, wie das hier in den Zwischenrufen geschehen ist.
Das war ein engagierter Beitrag einer Parlamentarierin, die für gleiche Rechte im Parlament geworben hat. Ich finde, das ist Ehre für dieses Parlament und nicht das Gegenteil.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es wäre vielleicht doch besser gewesen, Herr Dr. Stegner, Sie hätten sich nicht mehr zu Wort gemeldet.
(Beifall der Abgeordneten Günther Hilde- brand [FDP] und Katharina Loedige [FDP] - (Dr. Ralf Stegner)
- Ich komme jetzt dazu. Frau Heinold, Sie müssen doch nur einmal nachlesen, was der Kollege Stegner twittert oder öffentlich erklärt. Wer ein 27-FußMotorboot im Hamburger Hafen bereits zur Luxusjacht macht, der zeigt, wie räumlich begrenzt sein Denken ist.
Bei denjenigen, die aus einem Angestelltenverhältnis kommen - auch das müssen Sie vielleicht einmal bedenken - ist es so, dass sie ein Rückkehrrecht in ihren Beruf nach Beendigung der Abgeordnetentätigkeit haben. Niemand von uns macht das hier ein Leben lang. Jemand, der aus einem freien Beruf kommt - jedenfalls wenn er in einer kleinen Kanzlei ist oder wenn er als Handwerker tätig ist oder wie Frau Sassen ein kleines Geschäft hat -, der hat keine Garantie, dass er nach der Tätigkeit, die er im Parlament ausübt, in sein Geschäft zurückkehren kann, es sei denn, er hat in der Zwischenzeit eine Vertretung, die er bezahlen muss. Wir reden momentan nicht von gleichen Rechten.
Wir reden momentan nicht von gleichen Rechten. Wenn wir das wollen, müsste das Parlament etwas ändern - ja logisch. Jeder, der hier sitzt, erhält eine Diät in voller Höhe und kann sie verbrauchen. Der andere, der aus einem freien Beruf kommt, braucht einen Vertreter, den er bezahlen muss, der erst einmal erwirtschaftet werden muss. Das ist schon eine Art Ungleichbehandlung.
Noch einmal: Wir können über alles reden. Ich selbst war auch lange im Deutschen Bundestag und habe mich an die Regeln des Deutschen Bundestages in den Jahren von 1990 bis 1992 gehalten.
Liebe Frau Heinold, ich bitte auch einmal zur Kenntnis zu nehmen, dass vier Verfassungsrichter die Regelungen des Bundestags als mit dem Grundgesetz für nicht vereinbar erklärt haben - aus Gründen, über die man nachdenken kann. Deshalb ist das Argument, wer uns nicht zustimmt, ist demokratiefeindlich, eigentlich ein unzulässiges Argument.
Man kann die Argumente austauschen, aber zu sagen, wir sind auf der richtigen Seite und die anderen sind auf der falschen Seite, ist - mit Verlaub eine Anmaßung, von der ich nicht glaube, dass sie Ihnen zusteht; wie mir umgekehrt eine andere Anmaßung auch nicht zustehen würden, denn die vier Verfassungsrichter, die es für verfassungskonform erklärt haben, haben in ihrer Entscheidung auch einige Bedingungen genannt, die durchaus nachdenkenswert sind, nämlich bei der Frage, wozu die Information dient, wenn sie nicht gleichzeitig weiter interpretiert wird.
Liebe Freunde, auch in dieser Frage rate ich zu mehr Gelassenheit. Vielleicht kann sich der neue Landtag wirklich einmal mit der Materie beschäftigen, denn es stimmt ja, was der Kollege Kalinka gesagt hat: Der Antrag hat zwei Jahre völlig ohne Bearbeitung im Ausschuss gelegen. Das ist eine spannende Frage, warum jetzt unmittelbar in dem Wahlkampf, den wir jetzt führen, diese Diskussion so geführt werden muss, wie sie hier geführt wird.
Bringen Sie doch das in den nächsten Landtag, Herr Dr. Stegner und Frau Heinold, noch einmal ein. Wir diskutieren ihn dann. Auch hier kann ich Ihnen sagen: Es besteht ein fundamentaler Unterschied zwischen dem Deutschen Bundestag und dem Landtag eines Bundeslandes.
Die nächste spannende Frage ist die, ob man es nicht auf die Kommunalparlamente auch noch ausweiten dürfte. Ich bin sicher, dass Sie erleben werden, dass immer weniger Menschen, die nicht aus Berufen kommen, bei denen sie angestellt sind, sondern die aus freien Berufen oder aus Handwerksberufen kommen, den Weg in die Parlamente finden werden, weil sie sich genau dieser Diskussion nicht aussetzen wollen. Aber das wäre ein Verlust für unsere Gesellschaft und auch ein Verlust für unsere Parlamente.
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte noch einmal auf den Ursprung unserer Debatte zurückkommen. Ich bin Abgeordnete des Schleswig-Holsteinischen Landtags. Ich habe für den Landtag kandidiert und habe mir das - so wie Sie alle auch - vorher sehr gut überlegt. Ich selbst habe ganz bestimmte Ansprüche an mich und mein Verhalten als Abgeordnete. Es gibt dazu gesetzliche Regelungen, aber ich denke, es gibt dazu auch ethische Verpflichtungen, die wir alle kennen und die jeder für sich selbst definiert hat.
Diese Debatte heute empfinde ich persönlich als ausgesprochen schädlich für die Akzeptanz der Politik in der Bevölkerung, denn was hier passiert Herr Kollege Kalinka hat es vorhin gesagt -, ist, gerade so zu tun, als hätten wir im Schleswig-Holsteinischen Landtag mehrere aktuelle Fälle, die uns zum Handeln zwingen. Das Gegenteil ist doch der Fall. Wir führen hier eine Diskussion, für die es überhaupt keinen sachlichen Anlass gibt - außer dem Gefühl der Oppositionsparteien, man müsste etwas demonstrieren. Ganz nebenbei schieben Sie alle anderen, die das nicht so sehen, in die Schmuddelecke, wie der Kollege Jezewski das vorhin getan hat. Das war der Grund, weshalb ich mich gemeldet habe.
Ich will versuchen, es ganz einfach auszudrücken: Man kann den Schuh auch einmal anders herum anziehen. Das ist zwar nicht sonderlich bequem, aber manchmal geht es. Indem ich mir selbst ein Gesetz gebe, das mir Regeln auferlegt, die verhindern, dass ich bestechlich bin, impliziere ich - das ist jetzt der Rückschluss -, dass ich mich offensichtlich in dieser Gefahr befinde. Das tue ich nicht, und wahrscheinlich tun Sie das alle auch nicht.