Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zuerst möchte ich eine Frage des Kollegen Hildebrand beantworten: Dieser Schal ist nicht grau, er ist grün. Er ist - wie ich - von Anfang an grün gewesen.
Wir reden heute über den Sachstand in der Schulsozialarbeit. Frau Conrad, ich weiß nicht, ob Sie einen anderen Bericht gelesen haben als ich. Diesen Bericht als umfassend zu bezeichnen, trifft nicht meine Vorstellung von umfassenden Berichten. Ich habe an vielen Schulen eine nicht repräsentative Umfrage gestartet und dabei gefragt: Was erwarten Sie von einem Sachstandsbericht zur Schulsozialarbeit? - Es ist klar, man müsste eine aufwendige Arbeit leisten, denn man müsste fragen, wie die Schulen im Land unter dem Gesichtspunkt der Schulsozialarbeit wirklich versorgt sind. Die Antwort darauf ist schwierig, weil es viele verschiedene Geldgeber gibt. Gerade deshalb wäre es wichtig gewesen, wenn wir heute über eine Standortbestimmung und über eine Zielrichtung hätten reden können.
Herr Minister, stattdessen legen Sie einen Bericht vor, der mir eher wie Eckis Bauchladen vorkommt. Ich zeige dies anhand von Seite 13. Das ist unglaublich. Dort wird uns deutlich gemacht, dass das IQSH-Onlinesystem künftig neue Kategorien bei der Anmeldung von Fortbildungen einführen wird. Das ist eine Kleinteiligkeit, die ich mir ganz anders gewünscht hätte. Ich glaube, wir brauchen für diese Debatte eine andere Grundlage. Herr Minister, Sie haben nicht geliefert. Sie haben eigentlich auch im Bereich der Landesmittel und in der Frage, bei
welchen Schulen diesen wirklich ankommen, nicht geliefert. Mündlich haben Sie ein bisschen mehr gesagt, als im Bericht steht. Das war gut. Eigentlich lohnt es nicht, diesen Bericht an den Ausschuss zu überweisen, da steht nicht viel drin.
Frau Conrad und Frau Franzen haben es gesagt, es ging darum, die Bedarfe zu decken. Wir müssen aber erst einmal wissen, wo wir stehen. Wir müssen feststellen: Kapitän Klug ist ohne Karte, und er weiß auch nicht, wohin er will.
- Ja, das muss man einfach sagen. Herr Klug, Sie haben zwar gesagt, dass Sie an den Schulen eine wirkungsvolle Prävention erreichen möchten, aber dazu müssten wir wissen, wo wir stehen. Vielfach sind die Schulsozialarbeiter an den Schulen noch Troubleshooter. Wir müssen wissen, wann die Schulsozialarbeiter in die präventiven Maßnahmen einsteigen können. Frau Franzen, Sie sprechen von einem breiten Netz. Wir wissen, dass dieses Netz an einigen Stellen lokal eng geknüpft ist. In anderen Bereichen gibt es sehr große Lücken. Es wäre gut gewesen, wenn wir dies heute hätten nachvollziehen können.
Gerade weil es in diesem Bereich so viele Köche gibt, wäre es gut gewesen, wenn wir uns einmal Gedanken darüber gemacht hätten, welches Menü entstehen soll. Es muss nicht jeder die gleichen Rezepte benutzen, aber es hätte schon einer Klärung der Frage bedurft, wo die Verzahnung der verschiedenen Bereiche liegt. Auch in dieser Frage ist der Bericht ein Bauchladen ohne Richtung und ohne Ziel. Man muss auch sagen, er gibt keine Perspektive. An vielen Schulen, an denen die Schulsozialarbeit angekommen ist, gibt es eine halbe Stelle für viele Hundert Schülerinnen und Schüler. Die jungen Kolleginnen und Kollegen haben diese halbe Stelle oft nur befristet. Sie sehen sich sowohl angesichts des Kollegiums als auch der Schülerinnen und Schüler mit großen Herausforderungen konfrontiert. Wir müssen fragen: Welche Perspektive geben wir euch? - Es ist gut, dass insgesamt mehr Mittel in diesen Bereich fließen. Trotzdem treibt die Schulen vor Ort die Sorge um: Was ist, wenn das Bildungs- und Teilhabepaket 2014 ausgelaufen sein wird?
Was ist mit den europäischen Strukturfondsmitteln, die ebenfalls 2014 nicht mehr da sein werden? - Ihre kurze und sehr blumige Antwort ist bei den Schulen offensichtlich noch nicht angekommen. Möglicherweise besteht bei uns hier im Haus in dieser Frage gar keine Differenz, aber die Schulen haben hier ein tatsächliches Problem.
In jedem Übel steckt auch was Gutes, das muss man sagen. Die Schulgesetzänderung durch die FDP hat die Schulsozialarbeit im Gesetz verankert, und das ist wirklich gut. Das hat Rot-Grün nicht geschafft, das hat Schwarz-Rot nicht geschafft. Das waren aber auch Fraktionen, die im Bereich der Lehrerstellen nicht so massiv gekürzt haben, wie das die aktuelle Regierung tut.
Frau Kollegin Erdmann, ich würde gern wissen, ob es in der Zeit, in der Sie hier regiert haben, einen Bericht zur Schulsozialarbeit des Landes gegeben hat.
- Ich kann mich nicht daran erinnern, ich war nicht Mitglied dieses Parlaments. Ich habe nicht gesagt, dass die Schulsozialarbeit unter Rot-Grün großen Schwung gehabt hat. Frau Loedige, zur Entlastung der Schulen komme ich jetzt.
Frau Erdmann, hat es Sie auch ein bisschen verwundert, dass die Kollegin Loedige erst einmal den Minister nach dem Sachstand fragen musste, bevor sie Ihnen eine Frage gestellt hat?
- Nein, das kann ich gut verstehen. Ich würde auch erst einmal die Kollegin Heinold fragen. Frau Loedige und ich, wir waren beide in der Zeit, von der sie selber spricht, nicht im Parlament.
Frau Kollegin Erdmann, können Sie bestätigen, dass es in Ihrem Fraktionsarbeitskreis ganz sicher auch Diskussionen über die Zusammenarbeit von Schulen und Jugendhilfe gegeben hat, weil es dazu in den vergangenen Jahren ganz viele Berichte gegeben hat?
Ich möchte jetzt auf den Punkt eingehen, den Frau Franzen genannt hat. Sie sagen, wir gehen vor allem in die Grundschulen. Das ist auch nachvollziehbar, weil die Grundschulen der Bereich sind, in dem Sie gerade am stärksten kürzen. Das muss man dazu sagen, wenn man sich hier um 10 Uhr morgens in der Debatte auf die Schulter klopft.
Frau Conrad, ja, im Jahr 2011 sind 1,7 Millionen € mehr in die Schulsozialarbeit geflossen. Was aber steht dem entgegen? - Sie streichen in diesem Jahr 600 Lehrerstellen. Das entspricht 20 Millionen €. Sie lassen die Lehrkräfte länger arbeiten. Umgerechnet entspricht dies ebenfalls einem Sparbeitrag von 20 Millionen €. Diese 1,7 Millionen €, von denen Sie sprechen, fordern Sie zwanzigfach von den Lehrkräften zurück. Da kann man nicht von einer Entlastung sprechen.
Es tut mir leid, Sie haben die Schulen nicht im Blick. Ich möchte das noch an einem anderen Beispiel deutlich machen. Der Minister hat es gesagt, und es steht auch auf Seite 10 des Berichts, nämlich dass die Mittel im Jahr 2011 nicht voll ausgeschöpft worden sind. Von den 800.000 € wurden nur 500.000 € ausgegeben. Woran lag das? - Im Mai letzten Jahres haben wir im Bildungsausschuss diesbezüglich nachgefragt. Das war fast ein halbes
Jahr, nachdem die Koalition diese Mittel bewilligt hatte. Wir haben nachgefragt, weil wir von den Schulen die Frage erhalten hatten: Wann kommen die Leitlinien, um Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter aus den Landesmitteln einzustellen? - Diese Regierung hat sechs Monate gebraucht, um irgendwelche Leitlinien auszubrüten. Im Ausschuss wurde uns dann gesagt, den Schulen müssten sechs Wochen reichen, um erstens ein Konzept zu erstellen, um zweitens ein Auswahlverfahren durchzuführen und um drittens die Leute einzustellen. Das ist ein Zeichen dafür, dass Sie die Schulen überhaupt nicht auf dem Radar haben. Sie sitzen hinter Ihren Schreibtischen und werden den Schulen nicht gerecht.
Herr Dr. Klug, zum Thema Kooperationsverbot möchte ich sagen, dass dies ein Punkt ist, der positiv anzumerken ist. Sie sind sozusagen die Speerspitze der Bewegung. Vielleicht ist dies ein Erfolg der CDU, die im Bereich des Kooperationsverbots beharrlich nachgeholfen hat. Herr de Jager wäre sehr viel früher bereit gewesen, auf Bundesebene voranzugehen. Wenn ich mir ansehe, warum der Ausschuss sich lange Zeit nicht mit diesem Thema befasst hat, dann scheint dies an der FDP gelegen zu haben. Ich freue mich, dass es während Ihrer Amtszeit einen Lerneffekt gegeben hat. Das finde ich gut. Ich sage es noch einmal: Sie haben im Bereich der Schulsozialarbeit einen guten Schritt gemacht, aber an anderer Stelle sind Sie - was die Schulen angeht - 20 Schritte zurückgegangen, und das ist kein Grund zum Feiern.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich ahnte schon, dass die Regierung in der Frage der Schulsozialarbeit auf die Planungshoheit der örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe gemäß § 80 SGB VIII verweist.
- Ja, das ist richtig so. Das haben Sie vorher schon so gemacht, das sehe ich auch so. Wir haben dies jetzt noch einmal benannt, weil wir der Meinung
sind, dass das Land stärker in die Förderung einsteigen muss. Das hat die Koalition jetzt gemacht, aber 2,5 Millionen € sind einfach zu wenig.
Frau Kollegin Conrad, man muss hier nicht in Jubel über den Bericht ausbrechen, denn es sind mit Ach und Krach 20 Stellen mehr. Die sind auf zwei Jahre befristet. Das muss man hier auch einmal sagen. Es sind keine Stellen, die weiterlaufen werden, sondern es steht infrage, ob sie in zwei Jahren überhaupt weiter geführt werden.
Sicherlich ist ein kleiner Anfang gemacht worden. Man hat die Kommunen unterstützt, aber es ist nur ein Tropfen auf dem heißen Stein.
Ich rede aber von einer nachhaltigen, langfristigen Förderung, die ein flächendeckendes Angebot an Schulsozialarbeit überhaupt erst möglich macht. Ich glaube, das spiegelt sich auch in der Diskussion, die hier geführt wird: Schulsozialarbeit muss an jeder Schule stattfinden, und nicht, wie es jetzt aus dem Bericht hervorgeht,
dass Schulsozialbezirke zusammengefasst werden und ein Schulsozialarbeiter für drei oder vier Schulen zuständig ist. Das ist uns einfach zu wenig.