Zweite Lesung des Entwurfs eines Gesetzes zum Staatsvertrag zwischen der Freien und Hansestadt Hamburg, dem Land Mecklenburg-Vorpommern, dem Land Niedersachsen und dem Land Schleswig-Holstein zur Änderung des Staatsvertrages zwischen der Freien und Hansestadt Hamburg, dem Land Niedersachsen und dem Land Schleswig-Holstein über die Finanzierung der Zusammenarbeit in der Metropolregion Hamburg und die Fortführung der Förderfonds
Ich erteile dem Berichterstatter des Innen- und Rechtsausschusses, Herrn Abgeordneten Thomas Rother, das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Innen- und Rechtsausschuss empfiehlt dem Landtag einstimmig die unveränderte Annahme des Gesetzentwurfs.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Gibt es Wortmeldungen zum Bericht? - Ich sehe, das ist nicht der Fall. Wir haben uns darauf verständigt,
keine Aussprache durchzuführen. Daher kommen wir zur Abstimmung. Der Ausschuss empfiehlt die unveränderte Annahme des Gesetzentwurfs Drucksache 17/2219. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das sind die Stimmen der Fraktionen von CDU, SPD, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, DIE LINKE und SSW. Damit ist der Gesetzentwurf in der Drucksache 17/2219 einstimmig angenommen.
a) Erste Lesung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Verfassung des Landes Schleswig-Holstein
b) Erste Lesung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Verfassung des Landes Schleswig-Holstein
Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Ich sehe, das ist nicht der Fall. Ich eröffne die Grundsatzberatung und erteile Herrn Abgeordneten Jürgen Weber für die SPD-Fraktion das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Landtag hat in dieser Wahlperiode nicht gerade besonders viele Heldentaten vollbracht - kein Wunder bei diesen Mehrheitsverhältnissen. Aber immerhin haben wir wie in der 16. Wahlperiode bei der Abwehr der HSH-Nordbank-Krise in dieser Wahlperiode mit der gemeinsamen Klage für das Haushaltsselbstbestimmungsrecht des Landtags für das Selbstbewusstsein und das klare Bekenntnis zu unserer Verantwortung als Parlamentarier einen richtigen und wichtigen Weg gewählt. Deswegen ist es sinnvoll und konsequent, dass wir heute diese beiden Gesetzentwürfe zur Verfassungsänderung vorlegen.
Meine Damen und Herren, wir sind gemeinsam formal mit der Klage gescheitert. Deswegen sollten wir gemeinsam die Grundlagen für die Stärkung der Rechte des Landtags schaffen. Wir wollen erreichen, dass in Fragen der dem Landtag laut Grundgesetz zugewiesenen Rechte und Pflichten sowie bei der Übertragung von Gesetzgebungszuständigkeiten der Länder auf die EU die Landesregierung an Stellungnahmen des Parlaments zu binden ist. Das gilt für den Bereich Kompetenzverteilung zwischen Parlament und Regierung, die in dieser Form bisher nicht geregelt ist, und das gilt auch mit Blick auf die EU, deren Einfluss auf die Mitgliedsländer enorm gewachsen ist und deren Vorgaben und Beschlüsse weitreichende Auswirkungen auf die Bundesländer haben. Das ist Ihnen alles bekannt.
Zwei Probleme gilt es zu lösen. Erstens das Weisungsrecht in Bundesratsangelegenheiten, für die es bisher keine gesetzliche Grundlage gibt. Hier gilt es, einen Interessensausgleich herzustellen, der an die Wahrung der Kernkompetenzen des Landtags, nämlich der Gesetzgebung und Vertretung des Volkes gemäß Artikel 2 Abs. 1 Satz 2 und Artikel 10 der Landesverfassung, anknüpft. Demnach ist die Kernkompetenz des Landtags dann berührt, wenn die Landesregierung im Bundesrat über solche Gesetze entscheidet, in deren Folge Gegenstände der Gesetzgebung des Landes oder sonstige Kompetenzen auf eine andere Ebene verlagert werden.
Der zweite Bereich, das Weisungsrecht des Landtags zur Klage gegenüber dem Bundesverfassungsgericht, ist ein zweiter zentraler Punkt, die Lehre aus unserer fehlgelaufenen Klage bezüglich unseres Haushaltsrechts in Hinblick auf die Schuldenbremse. Der Landtag hat nach den Regelungen des Bundesverfassungsgerichts nur in Organstreitigkeiten, in welchen die Volksvertretungen der Länder ausdrücklich benannt sind, eigene Rechte. In diesem Fall ist uns konzediert worden, dass wir sie nicht haben. Deswegen hat der Landtag in einer wichtigen Frage eben keine eigene Rechtsschutzmöglichkeit. Diese wollen wir herstellen.
Die Überlegung - ich gebe zu, das ist eine etwas trockene Materie; wir sollten sie dennoch in der Sache korrekt ausführen -, diese Probleme über eine Änderung des Grundgesetzes zu lösen, kann man erörtern. Wir alle aber wissen, dass die Chancen gering sind und dass wir einen langen Atem bräuchten. So lange wollen wir nicht warten.
Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, für die Ausübung dieser Befugnisse, die wir wollen, gelten die gleichen verfassungsrechtlichen Beschränkungen wie beim Weisungsrecht gegenüber dem Bundesrat, da die Kompetenzen des Landtags eben auch einen Eingriff in die verfassungsmäßigen Rechte der Landesregierung darstellen. Deswegen ist zu beachten, dass ein umfassendes, nicht auf bestimmte Kompetenzen des Landtags beschränktes Weisungsrecht des Landtags unzulässig wäre, weil damit ein Übergriff in die Kernkompetenz der Exekutive drohen würde.
Wir halten es für zielführend, bei dieser zweiten Frage den Vorschlag, den auch der Landtagsdirektor formuliert hat, aufzugreifen und eine Regelung ähnlich wie in der Verfassung des Landes BadenWürttemberg aufzunehmen.
Das alles kommt nicht aus dem Off. Wir haben das Papier der Präsidentinen und Präsidenten und der Direktorinnen und Direktoren der Landtage des Bundestages und des Bundesrates als Diskussionsgrundlage. Wir haben die Diskussion und die Auswertung darüber, wie wir sozusagen mit der Schuldenbremse umgehen. Viele haben sich dazu geäußert - auch unser Landtagspräsident mehr als einmal.
Seit November 2009 beschäftigt sich der Europaausschuss mit der Frage, wie er die Integrationsverantwortung, die uns das Bundesverfassungsgericht infolge des Vertrages von Lissabon aufgegeben hat, wahrnehmen kann und in welchem Maß und in welchem Ausmaß die Bundesregierung verpflichtet werden kann, den Landtag an Entscheidungen zu beteiligen. Es ist also an der Zeit, darüber heute zu debattieren und die Dinge auf den Weg zu bringen.
Ich will zum Schluss auf das eingehen, was ich in öffentlichen Stellungnahmen der Regierungsfraktionen im Hinblick auf den Zeitpunkt der Einbringung unserer Vorschläge gelesen und gehört habe. Die Kritik, es sei der falsche Zeitpunkt, da wir uns am Ende der Legislaturperiode befinden, verwundert mich allein deswegen schon, weil Sie seit Februar weit über 20 Last-Minute-Gesetze auf den Weg gebracht haben und husch, husch durchs Parlament bringen.
Zum Zweiten höre ich mit Verwunderung, das könne etwas mit Wahlkampf zu tun haben. Meine Damen und Herren, kennen Sie irgendjemanden außerhalb dieses Hauses, der diese verfassungsrechtliche Diskussion für ein Wahlkampfthema hält? Allein die Tatsache, dass ich hier rede, mag Versicherung genug sein, dass es für uns kein Wahlkampfthema ist, sondern ein Punkt, bei dem es um die Sache geht.
Ich möchte meinen letzten Satz formulieren, der so heißt: Regierungsfraktionen mögen sich vielleicht schwerer tun, die Regierung stärker an das Band zu nehmen.
Deswegen ist es richtig und sinnvoll, dass wir als Noch-Opposition und künftige Regierungsfraktion heute ein Signal nicht der Diskontinuität, sondern der Kontinuität bei diesem Thema setzen.
Springen Sie sozusagen über Ihren Schatten! Stimmen Sie in der zweiten Lesung, die wir hoffentlich im April haben werden, diesen Gesetzentwürfen zu! Ich freue mich zumindest auf eine sachliche Beratung, denn das Recht auf eine sachliche Beratung hat jedes Parlament.
Ich rufe jetzt für die CDU-Fraktion den Fraktionsvorsitzenden auf, Herrn Abgeordneten Johannes Callsen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Landesverfassung ist die höchste Rechtsnorm, die das Land Schleswig-Holstein hat. Das sollte auch der ehemalige Innenminister Stegner wissen, der
diesen Gesetzentwurf eingebracht hat, wenn er für das SPD-Lieblingsland zusammen mit Grünen und SSW eine Verfassungsänderung beantragt, die sozusagen noch im Eilverfahren beschlossen werden soll.
In der letzten Landtagstagung war es der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Landtagsfraktion Jürgen Weber, der uns vorgeworfen hat, dass - ich zitiere - „ein Ausführungsgesetz zu einer Verfassungsnorm als ‚Last-Minute-Gesetz’ hier ‚durchgehuscht’ werden soll“. Er hat es eben wiederholt. Flemming Meyer hat assistiert: „Wir brauchen ein sorgsames Verfahren … und ganz sicher keinen Schnellschuss.“
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, Sie sollten sich auch an Ihren eigenen Worten messen lassen. Sie können doch nicht ernsthaft für ein einfaches Gesetz das Verfahren kritisieren und gleichzeitig mit diesem Verfahren eine Änderung der Verfassung sozusagen im Schweinsgalopp durchziehen wollen!
Wie ist die Situation? - Erstens. Wir haben für die Beratungen nur noch Zeit bis April, das heißt, wenn man die sitzungsfreie Zeit abzieht, nicht mehr als zwei Wochen. Das ist zu wenig, um angesichts des juristischen Neulandes, das wir hier betreten, in einer Anhörung alle Aspekte sorgfältig abwägen zu können.
Zweitens spricht überhaupt nichts dagegen, in der neuen Legislaturperiode ohne jeden Zeitdruck über das Ob und Wie miteinander zu reden.
Und drittens - das ist der Kern - sind die vorgelegten Gesetzentwürfe auch in handwerklicher Hinsicht alles andere als unproblematisch.