Kollege Günther als Meister der Begrüßung von Vorschlägen hat eine kleine Sache verwechselt. Im Januar gab es einen Vorschlag der beiden Universitätspräsidien für die Neuordnung der Hochschulmedizin, der sich a) dadurch auszeichnete, dass das UKSH nicht beteiligt war, b) dass die Zahl der Vorstandsmitglieder mehr als verdoppelt werden sollte und c) dass im Prinzip mehr oder weniger die Defusionierung eingeleitet werden soll. Das haben Sie begrüßt. Dieses Papier ist allerdings mittlerweile vom Tisch, weil die beiden Hochschulen zusammen mit dem UKSH einen Monat später ein neues Papier auf den Weg gebracht haben, das Sie ebenfalls gerade begrüßt haben. Unsere Auffassung ist die, dass man die Dinge erst einmal prüfen sollte.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich will an dieser Stelle etwas sagen, was nicht jedes Mal gesagt wird: Der Minister hat komplett recht.
Der Minister hat recht, wenn er ausführt, dass man Empfehlungen des Wissenschaftsrats nicht links liegen lassen darf. Man darf sie auch nicht rechts liegen lassen. Sie haben eine hohe Bedeutung, wenn man an die Fleischtöpfe der Hochschulfinanzierung will. Das ist völlig unzweideutig. Das heißt aber nicht, dass man als politisch Verantwortlicher nicht auch Gutachten des Wissenschaftsrats kritisch gegenliest. Dies will ich an zwei oder drei Stellen deutlich machen, denn ein Gutachten des Wissenschaftsrats ist kein Papier mit wissenschaftlicher Objektivität. Wenn man so will, dann ist es letztlich ein Dokument wissenschaftspolitischer Diplomatie. Dabei setzt sich mal der eine, mal der andere durch. Es liegt in der Natur der Sache, dass es im Kern aus dem Blickwinkel der Wissenschaft geschrieben ist und dass der Blickwinkel der Krankenversorgung drastisch unterbelichtet ist.
Lassen Sie mich dies mit drei Zitaten aus diesem Gutachten unterstreichen. Der Wissenschaftsrat schreibt zum Beispiel:
„Durch die Fusionierung der beiden Universitätklinika konnten bisher keine wesentlichen Synergieeffekte erreicht werden.“
Das kann man schreiben, wenn man mit Wissenschaftlern redet, die sich nicht mögen. Das kann man aber nicht schreiben, wenn man in die Bücher des Klinikums hineinsieht. Dort wird man sehen, dass es in erheblichem Maße wirtschaftliche Synergieeffekte gegeben hat.
„Die unterschiedlichen Forschungsausrichtungen, die Organisationsstrukturen, eine geplante Stiftungsuniversität auf Lübecker Seite, eine Volluniversität auf Kieler Seite, sprechen gegen die derzeit angestrebte Annäherung der Standorte …“
Es ist bemerkenswert, dass ich in einem Gutachten nicht die Fakten und den Ist-Zustand bewerte, sondern den Wunsch von Teilen der Lübecker Hochschule als Ausgangspunkt der Analyse nehme. Das ist außerordentlich bemerkenswert. Es ist eben ein wissenschaftspolitisches und kein wissenschaftsanalytisches Dokument.
„Die Forschungsleistungen an der Universität zu Lübeck sind in verschiedenen Bereichen beeindruckend.“
„Allerdings bewegt sich das Drittmittelaufkommen pro Professur deutlich unterhalb des Bundesdurchschnitts. Die Ursachen hierfür sind nicht unmittelbar ersichtlich.“
Das ist natürlich eine absolut kernige Aussage. Unmittelbar nicht ersichtlich sind für mich einige Schlussfolgerungen, zu denen der Wissenschaftsrat kommt. Daher glaube ich, es ist angemessen, die Vorschläge, die daraus abgeleitet werden, kritisch zu beleuchten. Das will ich in sechs oder sieben Punkten kurz tun:
Die Überlegungen, die in dem Vorschlagspapier der Universitäten und des UKSH aufgeschrieben sind, sind in Teilbereichen unzweifelhaft notwendig. Die Überlegung, Forschung und Lehre in den Klinikvorstand zu integrieren, scheint zumindest vernünftig und uns zielführend zu sein.
tens ebenso vernünftig. Er ist dann vernünftig, wenn er zu Synergieeffekten führt. Er ist auch dann vernünftig, wenn Doppelangebote daraufhin kritisch überprüft werden, was notwendig und was sinnvoll ist. Das würde ich zur Profilbildung hinzuzählen.
Alle Vorschläge, das operative Geschäft des Klinikums weniger an den Interessen der Krankenversorgung und der Wirtschaftlichkeit und dafür mehr an den Interessen der einzelnen Lehrstühle auszurichten, betrachten wir eher kritisch. Ich finde, dies muss noch einmal deutlich hinterfragt werden. Ich glaube, dass hier zu sehr die Interessen einzelner Lehrstühle die Feder geführt haben und weniger das Gesamtinteresse der Hochschulmedizin.
Der Vorschlag, die beiden Campi in Kiel und Lübeck zu Anstalten öffentlichen Rechts zu machen und den UKSH-Vorstand auf strategische Fragen zu reduzieren, bedarf zumindest einer eingehenden Diskussion. Wir gehen diese Diskussion ergebnisoffen an, verschließen uns solchen Vorschlägen nicht, haben aber noch Klärungsbedarf. Mit Blick auf den Wunsch, hier Einmütigkeit herzustellen, will ich sagen: Das kann man tun, aber vor der Einheit kommt die Klarheit. Alte Apo-Kämpfer kennen diesen Spruch, Kollege Dr. Tietze. Es gibt hier einige Dinge, die noch zu klären sind.
Wir finden es bedenkenswert und richtig, dass vorgeschlagen wird, dass die Mittelverteilung zwischen Forschung und Lehre künftig nicht mehr über einen Medizinausschuss, sondern wieder direkt von den politisch Verantwortlichen, nämlich vom Haushaltsgeber, formuliert wird. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich sage aber voraus: Wir können den gemachten Vorschlag mittragen, aber das heißt, dass die Frage der Mittelverteilung zwischen Kiel und Lübeck, über die dann wieder diskutiert wird, hier fällt. Dazu sage ich: Viel Spaß bei den Diskussionen, die nicht irgendwo stattfinden, sondern die hier stattfinden. Hier kommen wir an einen Punkt, an dem wieder alle den Schwur in der Frage tun müssen, ob wir hier eine gemeinsame Linie finden oder nicht.
Lassen Sie mich zum Schluss kommen und sagen: Bei allen berechtigten Forderungen der Wissenschaftler nach hervorragenden Rahmenbedingungen will ich daran erinnern, dass unser öffentlicher Auftrag nicht nur in der Stärkung der Wissenschaft besteht, sondern auch die Arbeitsbedingungen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Klinikum und natürlich nicht zuletzt die Interessen der Patientinnen und Patienten beinhaltet. Diese müssen zur Geltung kommen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir wollen kein Klinikum der Teilfürstentümer. Wir wollen ein modernes wissenschaftsbasiertes und wissenschaftsorientiertes Klinikum, in dem auch Patienten und Mitarbeiter vorkommen. Wenn wir hier eine gemeinsame Linie finden, dann werden wir eine einvernehmliche Lösung finden. Diese Frage wird nicht die Landesregierung, wie immer sie auch zusammengesetzt sein mag, entscheiden können, denn es werden Gesetze geändert werden müssen. Der Job liegt beim Landtag, und das ist der beste Ort, an dem er geleistet werden kann.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister, vielen Dank für den mündlichen Bericht zur Neuordnung der Medizin in Schleswig-Holstein. Es hat sich in der Tat viel getan, nachdem die Fraktionen von FDP und CDU den Antrag ins Plenum eingebracht haben. Der Dank dafür, dass sich bei einer notwendigen Neuordnung der Medizin etwas bewegt hat, gilt den Hochschulen. Wir alle in diesem Hohen Haus wissen, dass es nicht einfach ist, wenn sich zwei im Wettbewerb stehende Hochschulen zusammensetzen und einen gemeinsamen Plan für eine zukunftsfähige und exzellente medizinische Lehre und Forschung im Land aufstellen. Es war gut und richtig, dass der Wissenschaftsrat vorab die beiden Medizinischen Fakultäten geprüft und beurteilt hat und Lösungswege vorgeschlagen hat, denn wer, wenn nicht der Wissenschaftsrat, kann als externes Expertengremium objektiv und nicht subjektiv, wie der Kollege Weber es dem Wissenschaftsrat unterstellt, die derzeitige Lage mit dem gebotenen Abstand beurteilen? - So war es nur folgerichtig, dass sich beide Hochschulen darauf verständigt haben, auf der Grundlage der Beurteilung des Wissenschaftsrats ein Konzept zu erarbeiten.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, dass wir ein solches Konzept auch kritisch prüfen müssen, hier stimme ich Ihnen zu, Herr Kollege Weber, und hinterfragen müssen, ob es alle Bereiche der schleswig-holsteinischen Medizin, das heißt auch die Krankenversorgung des UKSH abdeckt, gebietet unsere Verantwortung für das Land.
So hat auch der Vorsitzende der FDP-Landtagsfraktion ganz klar auf die Schwachstellen des ursprünglichen Konzepts hingewiesen. Dies ist in den „Lübecker Nachrichten“ vom 9. Februar 2012 nachzulesen. Das ursprüngliche Konzept der beiden Hochschulen konzentrierte sich allein auf den hochschulischen Bereich und ließ das UKSH und die Krankenversorgung außer Acht. Weiterhin muss bei der Neuaufstellung von Gremien grundsätzlich darauf geachtet werden, dass diese auch handlungsfähig sind. Daher begrüßt die FDP-Fraktion die Verständigung der Christian-Albrechts-Universität Kiel mit der Universität zu Lübeck und dem UKSH auf ein gemeinsames Konzept. Unseres Erachtens stärkt es die Autonomie der beiden Standorte; es stärkt zum einen das operative Geschäft vor Ort, und zeitgleich gewinnt der hochschulische Bereich ein Mehr an Gewicht und Mitsprache. Man darf weder den Hochschulbereich noch den Bereich des UKSH, das heißt den Bereich der Krankenversorgung, in einem neuen Konstrukt ohne Medizinerausschuss unberücksichtigt lassen. Fehler der Vergangenheit dürfen nicht wiederholt werden.
Kollege Günther, ob man es nun das Kubicki-Modell nennt oder nicht; in jedem Fall hat er im Vorweg die Diskussionen in den Hochschulen und auch im UKSH weiter angestoßen, und das begrüße ich sehr.
Für uns als FDP-Fraktion ist wichtig und ausschlaggebend, dass das neue Konzept der Neuordnung der Medizin in Schleswig-Holstein auch weiterhin der Universität zu Lübeck die Möglichkeit offenhält, sich zu einer Stiftungsuniversität weiterzuentwickeln. Diese Möglichkeit, dass sich die Universität zukunftsfähig auch mit einer verstärkten finanziellen Autonomie aufstellen kann, darf ihr nicht verwehrt werden.
Das Gleiche gilt für die Arbeit des UKSH als Maximalversorger in der Krankenversorgung. Auch hier darf ein neues Konzept nicht einer guten Krankenversorgung entgegenstehen oder sie erschweren, weil sie vielleicht in den für sie wichtigen Berei
chen kein oder nur zu wenig Gehör findet. Denn auch das dürfen wir bei der laufenden Debatte nicht vergessen: Das UKSH übernimmt als Maximalversorger der Krankenversorgung in Schleswig-Holstein auch eine große Verantwortung in der Versorgungsstruktur. Dazu gehört natürlich auch die Umsetzung des baulichen Masterplans.
Das hierzu auf den Weg gebrachte Verfahren zur Durchführung des ÖPP-Modells darf nicht gefährdet werden, was - so habe ich den Minister verstanden - auch nicht der Fall sein wird. Die FDPFraktion sieht grundsätzlich in dem gemeinsamen Vorstoß der Hochschulen und des UKSH eine Chance, um die Medizin zukunftsfähig aufzustellen.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst erst einmal auch von meiner Fraktion herzlichen Dank für den Bericht, Herr Minister. Tatsächlich brauchen wir in Schleswig-Holstein ein starkes, leistungsfähiges Uni-Klinikum. Wir brauchen starke und leistungsfähige Universitäten in der Medizinerausbildung, wir brauchen eine hervorragende Entwicklung in Forschung und Entwicklung. Ich glaube, da sind wir uns einig, und das würden wir alle unterschreiben.