Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch der Bericht zur Neuausrichtung der Krankenhausfinanzierung kommt um das grundlegende Problem unserer Krankenhäuser nicht herum. Bei allen großen finanziellen Herausforderungen im Gesundheitssektor sind es vor allem die Kliniken in Schleswig-Holstein, die mit besonders ungünstigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zu kämpfen haben.
Natürlich ist es in erster Linie der zu niedrige Basisfallwert, der Schuld an dieser schwierigen Lage ist. Mit Blick auf die finanzielle Gesamtsituation der Krankenhäuser ist es deshalb dringend notwendig, eine Angleichung an den Bundesdurchschnitt und damit eine deutliche Anhebung zu erreichen. Obwohl wir uns bei diesem Punkt alle einig sind, hält es der SSW für wichtig, immer wieder an diese zentrale Aufgabe zu erinnern.
Was die Investitionsfinanzierung der Krankenhäuser und damit den Kern des vorliegenden Berichts angeht, können wir der Landesregierung durchaus folgen; denn der Weg der Schuldenfinanzierung über den Kapitalmarkt hätte über kurz oder lang zu großen Problemen geführt. Wir hoffen, dass
durch die Neuordnung endlich Planungssicherheit für alle Beteiligten hergestellt wird, wenn auch leider auf einem recht niedrigen Niveau.
Nicht zuletzt vor dem Hintergrund der Schuldenbremse in unserer Landesverfassung halten wir die Umstellung auf eine dauerhafte Finanzierung aus dem Zweckvermögen der Investitionsbank für folgerichtig. Wir begrüßen ausdrücklich, dass auf diesem Weg keine neuen Schulden durch die Kreditaufnahme am Kapitalmarkt entstehen und gleichzeitig die angelaufenen alten Schulden abgebaut werden.
Doch bei aller grundsätzlichen Einigkeit über das Finanzierungsmodell möchte ich eines klarstellen. Viele Krankenhäuser in Schleswig-Holstein pfeifen trotz enormer Anstrengungen und größter Opfer durch die Mitarbeiter aus dem letzten Loch. Nicht nur für das Universitätsklinikum, sondern für weite Teile des Krankenhausbereichs gilt, dass sie vor einem erheblichen Investitionsstau stehen. Vor diesem Hintergrund wird deutlich: Der Beitrag des Landes zur Krankenhausfinanzierung reicht kaum für mehr als für den Erhalt der Bausubstanz. Große Sprünge und sinnvolle Zukunftsinvestitionen sind in diesem Bereich leider nicht möglich.
Dabei dürfen wir nicht vergessen, dass noch vielfältige neue Aufgaben auf die Kliniken zukommen. Zwar bleibt die Zahl der stationär Behandelten konstant, aber der Schweregrad der Erkrankungen steigt deutlich. Die Themen Multimorbidität und medizinisch-technischer Fortschritt werden im Bericht auch genannt. Diese Aufgaben werden mit Sicherheit einen zusätzlichen Investitionsbedarf nach sich ziehen. Das lässt sich schon heute deutlich erkennen.
Aus diesen Gründen sagt der SSW ganz klar: Das für die Baumaßnahmen festgelegte Gesamtvolumen von bis zu 40 Millionen € jährlich kann nur die absolute Untergrenze sein. Das Land darf weder an dieser noch an anderer Stelle seinen Beitrag zur Krankenhausfinanzierung kürzen.
Natürlich sind die wirtschaftliche Sicherung der Krankenhäuser wie auch die Entlastung des Landeshaushalts und die Gewährung von Planungssicherheit wichtige Ziele. Es ist aber auch wichtig, die Spezialisierung und Weiterentwicklung der Krankenhäuser zu unterstützen.
Wenn wir uns zum Beispiel die Herausforderungen bei der Versorgung Demenzkranker anschauen, wird deutlich, dass wir auch im Bereich der baulichen Einzelprojekte mit einem Mehrbedarf rechnen müssen. Gerade in diesem Bereich können die
Krankenhäuser im Land einen wichtigen Beitrag leisten. Doch wenn Kliniken zur Entlastung von Angehörigen die Tagespflege von Demenzkranken übernehmen, muss allen klar sein, dass damit zusätzliche Investitionen verbunden sind.
Nach unserer Auffassung müssen mittel- und langfristig auch und gerade solche Modelle durch das Land unterstützt werden. Auf diesem Weg können wir die Kliniken im Land langfristig sichern; denn durch solche Formen der Weiterentwicklung und Spezialisierung werden die Häuser in die Lage versetzt, noch wirtschaftlicher zu arbeiten. Dies kommt nicht zuletzt den Patientinnen und Patienten zugute.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Kollege Schippels, ich möchte Sie lediglich von Kollege zu Kollege darüber informieren, dass nicht trägerbezogen finanziert beziehungsweise gefördert wird. Vielmehr werden ausschließlich unter versorgungspolitischen Gesichtspunkten notwendige Projekte gefördert. Es findet also keine Trägerfinanzierung, sondern ausschließlich eine Projektfinanzierung statt.
In Ihrem Redebeitrag haben Sie das anders dargestellt. Ich finde, das sollte so nicht im Protokoll stehen bleiben.
Es ist kein Antrag gestellt worden. Ich schlage vor, den Bericht der Landesregierung, Drucksache 17/2224, zur Kenntnis zu nehmen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Dann ist das einstimmig so beschlossen.
Bevor wir die Beratung fortsetzen, begrüßen Sie bitte mit mir auf der Besuchertribüne Mitglieder des CDU-Ortsverbandes Ahrensburg. - Seien Sie uns herzlich willkommen im Schleswig-Holsteinischen Landtag!
Antrag der Fraktionen von SSW, SPD, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 17/1888 (neu) - 2. Fassung
Ich erteile dem Berichterstatter des Sozialausschusses, Herrn Abgeordneten Christopher Vogt, das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Demenz und Pflege genießen in unserer Gesellschaft einen hohen Stellenwert, der vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung und deren Folgen weiter an Bedeutung zunehmen wird.
Darin sind wir uns alle einig und haben dies in der letzten Zeit mit unterschiedlichen Anträgen und Debatten zum Ausdruck gebracht. Sowohl zu dem Themenkomplex der Demenzversorgung als auch zur besseren Anerkennung und zu den Rahmenbedingungen in der Pflege hat es Anfang des Jahres eine umfangreiche schriftliche Anhörung im Sozialausschuss gegeben. Das Ergebnis hat - wie nicht anders zu erwarten war - bestätigt, dass dringender Handlungsbedarf besteht.
Zwischenzeitlich hat die Landesregierung einen Bericht zu pflegepolitischen Perspektiven des Landes Schleswig-Holsteins vorgelegt, den wir in der Plenartagung im März diskutiert haben.
Die Durchführungsverordnung zum Selbstbestimmungsstärkungsgesetz ist am 23. Dezember 2011 und die neue Landesverordnung über die Altenpflegehilfe Anfang April in Kraft getreten.
Auch wenn auf Bundesebene mit dem Pflege-Neuausrichtungsgesetz noch nicht der ganz große Wurf erfolgt ist, wurden die richtigen Weichen gestellt. Der Pflegebedürftigkeitsbegriff wird neu definiert und berücksichtigt zukünftig auch die Einschränkungen Demenzkranker bei der Alltagskompetenz und der Teilhabe am sozialen Leben. Seit dem 1. Januar 2011 werden die landesweiten Aktivitäten im Kompetenzzentrum Demenz in Norderstedt gebündelt und die Beratungsangebote koordiniert. Sowohl diese Erfahrungen als auch die Ergebnisse aus der Anhörung des Sozialausschusses werden in unser politisches Handeln einfließen.
Ob die Errichtung einer Pflegekammer zwangsläufig die Situation der Pflegebedürftigen und der Pflegekräfte verbessern wird, ist fraglich. Sollten jedoch Erfahrungen anderer Bundesländer, in denen es bereits eine Pflegekammer gibt, bestätigten, dass sich die Pflege und die Entlastung des Pflegepersonals verbessern, wird man auch mit uns über die Errichtung einer Pflegekammer reden können.
In diesem Zusammenhang weise ich auf die von Professor Beske begleitete Veranstaltung der Landesregierung „Gesundheit und Pflege in SchleswigHolstein: Stand und Zukunft“ am 3. März 2012 in Kiel hin. Hier wurde eine Zwischenbilanz des Beirates für bedarfsgerechte Gesundheitsversorgung und Pflege vorgestellt. Die Ergebnisse der Arbeitsgruppen „Bedarfsgerechte Versorgungsstrukturen“,
„Versorgung Pflegebedürftiger - ambulant und stationär“ und „Steigerung der Attraktivität von Gesundheitsberufen“ sind für unsere heutige und die zukünftige Diskussion besonders interessant und wichtig und für bedarfsorientierte pflegerische und medizinische Versorgung nützlicher als ein vorgegebener Handlungskatalog oder Demenzplan. Wir werden uns für die Fortsetzung der Arbeit des Gesundheitsbeirates einsetzen.
Auch das GKV-Versorgungsstrukturgesetz eröffnet neue Möglichkeiten der flächendeckenden medizinischen Versorgung unter der Berücksichtigung regionaler Besonderheiten, von der auch Pflegebedürftige profitieren werden. Mit dem Gemeinsamen Landesgremium nach § 90 a des heute verabschiedeten Gesetzes werden wir die Möglichkeit schaffen, die sektorenübergreifende Zusammenarbeit bedarfsgerechter zu gestalten und in das beratende Gemeinsame Landesgremium auch Sachverstand, zum Beispiel aus den genannten Arbeitsgruppen, insbesondere der Pflege, von Patientenvertretern und Selbsthilfegruppen - auch wenn uns das viele hier nicht glauben wollen - einfließen zu lassen.
Meine Erfahrungen aus den vergangenen Landtagsdebatten zu dieser Thematik - zuletzt vor vier Wochen - haben gezeigt, dass die Oppositionsfraktionen neue Erkenntnisse und positive Initiativen auf Landes- und Bundesebene gar nicht wahrnehmen wollen. Es geht offensichtlich nur darum, öffentlichkeitswirksam platte Schlagworte zu wiederholen und damit Wahlkampf zu machen. Wie sonst sollte man verstehen, dass Sie an ihren in vielen Punkten überholten Anträgen festhalten? Ich empfehle der Opposition meinen Redebeitrag vom 22. März 2012 zu TOP 61 nachzulesen und wiederhole den letzten Satz dieses Beitrags:
„Lassen Sie uns losgelöst vom Wahlkampfgeplänkel gemeinsam an den entscheidenden Stellschrauben drehen, um eine für alle Betroffenen bessere Situation in der Pflege zu erreichen!“