Protokoll der Sitzung vom 26.04.2012

- Richtig, das hat niemand behauptet. Aber ich habe ja wohl das Recht, das noch einmal festzustellen. Ich habe Ihnen auch gar nicht unterstellt, Herr Stegner, dass Sie es behauptet hätten. Es gibt diese Einteilung nicht.

(Beifall bei FDP und CDU)

Was wir als Politik, als Politiker und als politisch verantwortlich Handelnde leisten müssen, ist in der Tat, den Menschen die Wahlfreiheit zu geben, ob sie Familie und Beruf miteinander vereinbaren können, ob sie nur Kinder aufziehen wollen oder ob sie sich ausschließlich der Erziehung widmen wollen. Diese Wahlfreiheit - das hat der Kollege Herbst für meine Begriffe sehr schön dargestellt - gibt es bislang noch nicht so, wie wir es uns vorstellen. Wir arbeiten allerdings daran. Diese Koalition hat gerade im U-3-Bereich mehr getan, als zehn Jahre zuvor für die U-3-Betreuung geleistet wurde.

(Beifall bei FDP und CDU)

Weil das Ganze von dem einen oder anderen Redner vermehrt als Bühne genutzt worden ist, möchte ich sagen: Ich glaube, der Kollege Klug hat, wenn ich mich richtig erinnere, bereits in der vergangenen Tagung dieses wunderbare Wilhelm-Busch-Zitat von der Witwe Bolte und dem wieder aufgewärmten Sauerkohl ins Spiel gebracht. Sehen wir uns doch einmal an, meine Damen und Herren von der Opposition, was Sie hier aufgewärmt wissen wollen: Sie möchten von der Landesregierung, dass diese im Bundesrat einem Antrag von Baden-Württemberg zustimmt, um - ich zitiere - „auf die Einführung eines Betreuungsgeldes zu verzichten und einen Gesetzentwurf vorzulegen, der die Streichung des § 16 Abs. 4 des Sozialgesetzbuchs VIII beinhaltet“.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, das Problem ist, dass die Bestimmungen, auf die Sie hier abzielen, wegen zahlreicher Änderungen des Sozialgesetzbuchs VIII gar nicht mehr in Absatz 4 des § 16 des SGB VIII stehen.

(Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])

Deswegen ist der Antrag, den Sie hier heute stellen, bedauerlicherweise bereits aus formalen Gründen falsch.

(Zuruf der Abgeordneten Anke Spoorendonk [SSW] - Unruhe bei der SPD)

- Frau Kollegin Spoorendonk, bei allem Respekt: Sie wollen damit doch etwas erreichen. Wenn Sie in der Sache etwas erreichen wollen, dann sollten Sie zumindest formal richtige Anträge stellen.

(Beifall bei FDP und CDU)

Es ist ja noch gar nicht so lange her - die Kollegin Heinold hat in ihrem Kurzbeitrag darauf hingewiesen -, und ich finde es immer wieder schön, wenn man sich das einmal vergegenwärtigt, wenn man sich Folgendes vor Augen führt. Ich zitiere aus einer gemeinsamen Pressemitteilung des Bundesfamilienministeriums und des Bundesfinanzministeriums. Da sagte die Familienministerin:

„Ich freue mich, dass der Ausbau der Kinderbetreuung nun zügig vorangeht... Die Einigung zeigt, dass wir als Bundesregierung geschlossen hinter den Familien stehen.“

Der Finanzminister ergänzt:

„Ich freue mich, dass wir gemeinsam diesen vernünftigen Kompromiss gefunden haben.“

Es ist gut, wenn man sich vielleicht noch einmal in Erinnerung ruft, wer diese Änderung des § 16 Abs. 4 des SGB VIII beschlossen hat. Diese Pressemitteilung stammt nämlich vom 27. Februar 2008, und die eben zitierten Minister hießen von der Leyen und Steinbrück, der im Moment als Kronzeuge für gutes Regieren das Land bereist.

Nun hat Frau Heinold zu Recht dargestellt, dass wir in diesem Landtag schon einmal weiter gewesen sind. „Weiter gewesen“ hieße aber aus meiner Sicht auch, dass man sich vielleicht dieses Schaustück einer namentlichen Abstimmung mit gutem Gewissen hätte sparen können, dass man wegen der formalen Mängel einem solchen Antrag nicht zuzustimmen brauchte, wenn man sich früher gemeinsam überlegt hätte, wie man den Plänen aus Berlin entgegentritt.

Lieber Herr Kollege Stegner, ich billige Ihnen gern zu, dass die SPD, nachdem sie jetzt auch im Bund in der Opposition ist, ihre Meinung zu dem Betreuungsgeld geändert hat. Ich glaube aber, dass das heutige Hochhalten eines Kinderriegels, um darauf hinzuweisen, wie wenig Rentenentgeltpunkte gesammelt werden könnten, fehlgeht, wenn man beispielsweise dem Vorschlag des Kollegen de Jager

(Minister Dr. Heiner Garg)

folgen würde, den ich übrigens wirklich für so clever halte, dass zumindest einmal darüber diskutiert werden sollte, ob das nicht eine bessere Möglichkeit wäre, Erziehungsleistungen von Müttern anzuerkennen

(Beifall bei FDP und CDU)

als eine Barauszahlung von Betreuungsgeld. Bei allem Verständnis für harte Auseinandersetzungen, die manchmal auch gern polemisch sind, finde ich es schwierig, bei jedem Vorschlag, auch Alternativvorschläge, die in der Sache gemacht werden und die ich wirklich für nachdenkenswert halte, so übereinander herzufallen, wie Sie das mit dem Hochhalten eines Kinderriegels für 35 ct - so viel kostet er, glaube ich - hier getan haben.

Deswegen nehme ich auch meine Ministerkollegen, den Kollegen Wiegard und den Kollegen de Jager, ernst, die sich in der Öffentlichkeit sehr kritisch geäußert haben. Deswegen würde ich mir wünschen, dass es in der nächsten Legislaturperiode von Schleswig-Holstein tatsächlich gelingen wird, für die Anerkennung der Erziehungsleistungen von Müttern und Vätern einen anderen Weg zu finden als ein bar ausgezahltes Betreuungsgeld, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei FDP und CDU)

Zunächst stelle ich fest, dass der Herr Minister seine Redezeit um 3 Minuten überschritten hat. Zudem gibt es eine Meldung zur Geschäftsordnung des Herrn Fraktionsvorsitzender der SPD, Dr. Ralf Stegner.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Da ich der Rede des Herrn Sozialministers entnommen habe, dass er sich aus formalen Gründen gehindert sieht, dem Antrag in der Form zuzustimmen, obwohl der betreffende Paragraf in dem Antrag gar nicht erwähnt worden ist, wäre die SPDFraktion bereit, die Abstimmung über diesen Antrag auf den Nachmittag zu verlegen und der Begründung den veränderten Antrag beizufügen.

Das hätte im Übrigen auch den Vorteil, dass der Kollege Weber, der seine Tochter aus der Kinderbetreuung abholen muss, was ihn daran hindert, an der namentlichen Abstimmung vor der Pause teilzunehmen, dann teilnehmen könnte. Er ist praktisch vom Inhalt unseres Antrags sogar unmittelbar per

sönlich erfasst. Insofern wäre ich Ihnen dankbar, wenn Sie dem Geschäftsordnungsantrag zustimmen könnten.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD - Wolfgang Kubicki [FDP]: Wir wollen in der Sache ab- stimmen!)

Gibt es Wortmeldungen zu diesem Geschäftsantrag? - Herr Fraktionsvorsitzender der FDP!

Frau Präsidentin, wir widersprechen diesem Antrag der SPD-Fraktion und möchten jetzt gern abstimmen.

(Zuruf von der SPD: Schämen Sie sich!)

Es gibt einen weiteren Wortbeitrag. Frau Heinold, bitte!

Frau Präsidentin! Es geht um die Sache. Wenn der Antrag fehlerhaft ist, dann sollten wir alle miteinander vereinbaren, die Abstimmung auf den Nachmittag zu verschieben. Alles andere wäre ja absurd, Herr Kubicki, kleinkariert, dumm und auch des Parlaments nicht würdig.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD, der LINKEN und SSW)

Zunächst muss ich feststellen, dass die Formulierung „dumm“ eine unparlamentarische Bemerkung ist.

Gibt es weitere Beiträge zum Geschäftsordnungsantrag? - Das ist nicht der Fall. Dann muss ich jetzt über den Geschäftsordnungsantrag abstimmen lassen. Wer dafür ist, dem Antrag zu folgen, die Abstimmung auf den Nachmittag zu verschieben und die Zwischenzeit zu nutzen, den Antrag darauf zu überprüfen, ob er eine formale Fehlerhaftigkeit aufweist, den bitte ich um das Handzeichen.

(Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: So seid ihr! - Wolfgang Kubicki [FDP]: Sie hatten genug Zeit, den Antrag zu formulieren!)

(Minister Dr. Heiner Garg)

1 Das Ergebnis der namentlichen Abstimmung liegt als Anlage bei

Wer ist dagegen? - Damit ist dieser Geschäftsordnungsantrag mit der Mehrheit der Stimmen von CDU und FDP abgelehnt.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Ihr hättet Zeit ge- nug gehabt, den Antrag anders zu formulie- ren!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung, und ich bitte jetzt um Ihre Aufmerksamkeit für die Abstimmung. Da namentliche Abstimmung beantragt wurde, lasse ich zunächst hierüber abstimmen.

Nach § 63 Abs. 2 Satz 1 der Geschäftsordnung muss eine namentliche Abstimmung stattfinden, wenn sie von 18 Abgeordneten verlangt wird. Wer stimmt einer namentlichen Abstimmung zu? - Damit ist das erforderliche Quorum von 18 Abgeordneten erreicht, und wir kommen nun zur namentlichen Abstimmung.

Der Ausschuss empfiehlt die Ablehnung des Antrags Drucksache 17/2273 (neu). Ich schlage vor, in der namentlichen Abstimmung über den Antrag selbst abzustimmen. Wer dem Antrag Drucksache 17/2273 (neu) zustimmen will, erklärt dies in der namentlichen Abstimmung bitte mit Ja. Wir beginnen nun mit der namentlichen Abstimmung. Ich bitte um Aufmerksamkeit und um Ruhe für die namentliche Abstimmung.

(Namentliche Abstimmung) 1 Bevor ich das Abstimmungsergebnis bekannt gebe, das zurzeit noch ausgezählt wird, mache ich noch darauf aufmerksam, dass vor der Mittagspause, wie vom Präsidenten angekündigt, noch die Sammeldrucksache beschlossen werden muss. Ich bitte noch um etwas Geduld. Ich gebe das Abstimmungsergebnis bekannt. Dem Antrag Drucksache 17/2273 (neu) haben 46 Abgeordnete zugestimmt, 48 Abgeordnete haben ihn abgelehnt. Der Antrag ist damit abgelehnt.

Ich rufe nun die Sammeldrucksache auf:

Sammeldrucksache über die Vorlagen gemäß § 63 Abs. 1 a der Geschäftsordnung des Schleswig-Holsteinischen Landtags

Drucksache 17/2518

Die Voten zu den einzelnen Tagesordnungspunkten, für die eine Gesamtabstimmung nach § 63

Abs. 1 a der Geschäftsordnung vorgesehen ist, entnehmen Sie bitte der Ihnen vorliegenden Drucksache 17/2518. Voraussetzung für diese Abstimmung ist, dass keine Abgeordnete beziehungsweise kein Abgeordneter widerspricht. - Das ist offenbar nicht der Fall. Wer mit der Übernahme der Empfehlungen entsprechend der Sammeldrucksache 17/2518 einverstanden ist, den bitte ich um das Handzeichen. - Damit hat der Landtag diese Empfehlungen einstimmig bestätigt.