Ist es zielführend, wenn jedes Land eigene Besteuerungsgrundlagen und möglichst eigene Befreiungstatbestände festlegt? Natürlich würde ein Teil der Geschäfte woandershin verlegt. Wer sollte erfassen und kontrollieren, ob der Wohnsitz des Käufers im Inland ist? Das setzt ein umfassendes Kontroll- und Mitteilungssystem voraus.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, in diesem Zusammenhang sei mir der Hinweis erlaubt, dass es bei einer Verkehrssteuer schwierig ist, mit persönlichen Freibeträgen zu arbeiten. Das ist dem Wesen der Verkehrssteuer eigentlich nicht eigen. Da scheint mit der Vorschlag von Olaf Scholz aus diesem Frühjahr, über die Erhöhung des Sparerfreibetrags nachzudenken, doch zielführender, denn die Kleinanleger, für die wir hier jetzt alle reden, erwerben Aktien für die Vermögensbildung, halten sie dementsprechend lange und erzielen auch Einkünfte aus Kapitalvermögen. Die hätten also etwas von einem höheren Sparerfreibetrag.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die europaweite Umsetzung einer Finanztransaktionssteuer mit breiter Bemessungsgrundlage bleibt für uns, die Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten, eine Kernforderung.
Es wird höchste Zeit - ich kann jetzt nicht aufhören, aber meine Redezeit ist gleich um -, dass wir die Blockade auf europäischer Ebene überwinden. Darüber, wie wir das machen, können wir gern im Finanzausschuss diskutieren. - Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Abgeordnete! Es ist gerade eine spannende Zeit, um einmal darauf zu gucken, welche Konsequenzen vergangener Krisen eigentlich verschleppt und versäumt wurden, und darauf hinzuweisen, welche Aufgaben damals identifiziert und welche Antworten versprochen wurden, die nie gegeben worden sind. In diesem Sinne spricht der Antrag des SSW zur Finanztransaktionssteuer eben genau eine solche Maßnahme sehr gut an.
Auch zwölf Jahre nach der Bankenkrise wäre eine Finanztransaktionssteuer notwendig, richtig und sinnvoll.
Damals war das Ziel - das Ziel bleibt aktuell -, die Finanzmärkte zu stabilisieren und die Finanzindus
trie an den Kosten der Krise zu beteiligen. Zwei Aspekte, die umzusetzen uns bis heute nicht gelungen ist.
Besonders spannend ist, dass wir auf der Stabilisierungsebene durch Regulierung Verbesserungen hinbekommen haben. Wann aber wurde eigentlich irgendwann einmal die Finanzindustrie an den von ihr erzeugten Kosten auf irgendeine Art und Weise beteiligt? Ich erinnere mich da eher an keine Maßnahme.
Man hat stattdessen Gewinne privatisiert und Verluste vergesellschaftet. Wer meiner Rede bis hierhin gefolgt ist, erahnt, dass wir mit der FDP, unserem Koalitionspartner, in dieser Sache nicht unbedingt einer Meinung sind.
Aber es nutzt ja nichts. Das Wesen dieser Koalition ist, gerade dann trotzdem ins Gespräch zu gehen und zu gucken, ob man gemeinsame Lösungen hinbekommt. Genau deswegen finde ich es richtig, im Finanzausschuss darüber zu sprechen. Man stelle sich einmal vor, wir kämen zu einem Kompromiss. Was wäre das für ein Fortschritt in dieser sehr festgefahrenen und langwierigen Debatte!
Der SSW ist an den meisten Stellen in seinem Ursprungsantrag schon ganz richtig. Ich würde ihn gern weiterentwickeln. Mal sehen, wie weit wir kommen.
Wir brauchen eine Finanztransaktionssteuer, um insbesondere dem Hochfrequenzhandel entgegenzuwirken. Der Hochfrequenzhandel hat als einziges Ziel, dem Markt strategisch Geld zu entziehen. Der Hochfrequenzhandel hat durch seine Spekulationen keinerlei relevante Bedeutung für die reale Wirtschaft. Er ist kein konstruktiver Teil unseres Wirtschaftssystems. Er ist ein Teil von Spekulationen, an denen wenige verdienen. Das ist nicht gesellschaftlich, sondern egoistisch ausgerichtet.
Jetzt kann ich die Kritik der FDP schon ein bisschen antizipieren. Sie werden sagen, die Kleinanleger würden zu stark belastet. Da möchte ich einmal sagen, dass die Konzepte der Finanztransaktionssteuer immer vorsehen, dass man etwa 0,1 % an Steuern ansetzen würde. Das wäre bei einem Anlagevermögen von 1.000 € 1 €. In der Realität kommen Kleinanleger seltener vor als in FDP-Reden. Die Kleinanleger würde man gar nicht so sehr belasten.
Das zweite Argument der FDP wird die Gestaltung der privaten Altersvorsorge sein. Auch das ist für mich nicht nachvollziehbar. Ich halte diese Kritik für falsch und holzschnittartig. Das Problem ist allerdings, dass der Vorschlag von Olaf Scholz ebenso falsch und holzschnittartig ist, dass es sogar so weit kommt, dass die Kritik der FDP richtig wird.
Spätestens dann wird sozialdemokratische Politik ein bisschen zum Verzweifeln. Tatsächlich werden nur Aktienanlagen versteuert und nicht Derivate und andere spekulative Finanzinstrumente. Man besteuert auch nicht Devisen. Der Devisenmarkt ist viel lukrativer, deutlich bedeutender und größer. Nein, stattdessen konzentriert man sich auf die Aktien.
Ausgenommen bleibt zudem der Aktienhandel an einem Tag. Ich habe gerade eben vom Hochfrequenzhandel gesprochen. Da geht es um Millisekunden, nicht um Tage. Wenn man sagt, Aktienhandel, der an einem Tag stattfindet, ist ausgenommen, ist der Hochfrequenzhandel plötzlich völlig raus. Das, was Olaf Scholz nach Jahren der CDU- und SPD-Verschleppung dieser Thematik vorgelegt hat, ist absolut unzureichend und nicht zielführend.
Deswegen handelt es sich nur um ein Aktiensteuerchen und hat nichts mit einer Finanztransaktionssteuer zu tun. Das ist ja schon so ein Wortgebilde, das dazu dient, Politik nicht nachvollziehbar zu machen. Es ist eine Umsatzsteuer auf Finanzgeschäfte. Wir zahlen auf alles Mögliche Umsatzsteuer. Warum nicht auf Finanzgeschäfte, und zwar auf alle Finanzgeschäfte und nicht nur auf kleine Teile, die dann die Falschen belasten würden?
Gegen eine private Altersvorsorge ist gar nichts zu sagen. Auch meine Generation wird sich Gedanken darüber machen, dass die gesetzliche Rente möglicherweise nicht reichen wird, dass wir Gesetzeslücken vor uns haben werden. Dass wir nebenbei in eine TS anlegen, ist kein Problem. Genau diese Leute wollen wir nicht belasten. Wir wollen den Finanzmarkt dadurch stabilisieren, dass wir auf der
einen Seite Hochfrequenzhandel erschweren und damit dämmen und auf der anderen Seite mehr Gerechtigkeit einzieht. Das erreicht die Steuer von Scholz nicht. Für ein besseres Konzept sind wir immer gesprächsbereit. Ich freue mich auf die Debatte.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Der SSW spricht sich in seinem Antrag für die Besteuerung sämtlicher Umsätze am Wertpapiermarkt aus. Er will zugleich den Kleinsparer verschonen und glaubt, dies mit einer viel zu niedrig angesetzten steuerfreien Bagatellgrenze gewährleisten zu können.
Der SSW beantragt, dass - hört, hört! - jede Privatperson für insgesamt 3.000 € im Jahr steuerfrei traden darf. Das durchschnittliche Ordervolumen beträgt jedoch bereits heute bei Privatpersonen 4.500 €. Meine Damen und Herren, dieser Antrag des SSW ist eine Luftnummer.
Er hilft Privatanlegern gar nicht. Die Steuerfreistellung gemäß SSW-Antrag betrüge bei einem angenommenen Steuersatz von 0,25 €, wie es Scholz will, sage und schreibe ganze 7,50 € im Jahr. Na, Glückwunsch!
Mit der Einführung einer Finanztransaktionssteuer wird die Hoffnung verbunden, schädliche Spekulationen einzudämmen und längerfristige Investments zu begünstigen. Zudem soll der Finanzsektor stärker an der Finanzierung des Staates beteiligt werden.
Das sind alles hehre Ziele, für die aber eine Finanztransaktionssteuer ein wirklich untaugliches Mittel mit beträchtlichen Nebenwirkungen ist. Warum ist das so? Nun, eine solche Steuer unterscheidet nicht zwischen förderlichen und schädlichen Transaktionen. Auch kurzfristige Finanztransaktionen sind für einen funktionierenden Kapitalmarkt zwingend erforderlich.
Über die Sinnhaftigkeit des sogenannten Hochfrequenzhandels kann man sich zweifellos streiten. Wenn Computer vollautomatisch im Millisekunden
bereich mit Wertpapieren handeln, hat das natürlich kaum etwas mit Realwirtschaft zu tun. Allerdings ist es nicht so, dass dieser Bereich völlig unreguliert wäre und hier ein zwingender Bedarf für weitere Restriktionen und eine lenkende Steuer bestünde.
Auch mit dem Leistungsfähigkeitsprinzip ist es nicht weit her, denn die Steuer fällt unabhängig davon an, ob eine Finanztransaktion zu einem Gewinn, einem Verlust oder lediglich zu einer Vermögensumschichtung führt. Doch nur ein Gewinn ist mit einem Zuwachs an Leistungsfähigkeit verbunden und dürfte somit besteuert werden.
Für mich sieht Steuergerechtigkeit anders aus. Zudem stellt sich die Frage, wie effektiv eine Finanztransaktionssteuer überhaupt sein kann, die auf europäischer oder sogar nur auf nationaler Ebene umgesetzt wird. Es muss damit gerechnet werden wir hörten es -, dass die Finanzmarktakteure einfach auf andere Handelsplätze ausweichen. Diese Erfahrung hat man übrigens in Schweden gemacht und deshalb die einseitig eingeführte Finanztransaktionssteuer 1991 bereits nach wenigen Jahren wieder abgeschafft. Ich meine, wir sollten daraus lernen und es tunlichst unterlassen, mit einer solchen Steuer den heimischen Finanzplatz zu beschädigen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, eigentlich sollten wir uns darin einig sein, Kleinsparer nicht noch zusätzlich zu belasten. Wir Freie Demokraten sehen im Gegenteil sogar dringenden Handlungsbedarf, den privaten Vermögensaufbau zu stärken, um einer wachsenden Altersarmut entgegenzuwirken. Die Deutschen haben relativ hohe Einkommen und relativ kleine Vermögen. Die Gründe dafür sind vielfältig. Die Belastung mit Steuern und Abgaben ist hoch, die Wohneigentumsquote extrem niedrig. Die Grunderwerbsteuer ist eine Hürde auf dem Weg zum Eigentum, die wir Freie Demokraten gern senken würden. Leider hat es die Bundesregierung immer noch nicht fertiggebracht, das Steuerschlupfloch bei den Share Deals zu schließen, damit wir die Bürger an anderer Stelle entlasten können.