Protokoll der Sitzung vom 19.06.2019

Sie haben zunächst eine Vielzahl von Positionen aufgezeigt und erläutert, warum kleine und mittel

ständische Unternehmen von diesem Gesetz profitieren. Dann aber haben Sie ausgeführt, dass Sie hinsichtlich der steuerlichen Förderung eine Begrenzung der Zahl der Mitarbeiter ablehnen, weil sich die Großen tendenziell gar nicht um diese Förderung reißen würden. Sie haben uns schlussendlich unterstellt, dass wir diesen Antrag zur Verbesserung des Forschungszulagengesetzes nur stellen würden, um hier Steuergeld zu sparen; das war ja Ihre Schlussbemerkung zu diesem Punkt.

In einem anderen Teil Ihrer Rede haben Sie gesagt, Sie wüssten, dass jedes Gesetz anders aus dem Bundestag herauskomme, als es in den Bundestag hineingegeben worden sei. Damit begrüßen Sie doch gerade die Veränderungen, die wir mit unserem Antrag vornehmen wollen.

(Beifall CDU, FDP und vereinzelt BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich sage immer: Das Bessere ist der Feind des Guten.

Wenn man sich die Situation anschaut, stellt man fest: Deutschland gehört zu den fünf OECD-Ländern - insgesamt gibt es 36 OECD-Länder -, die keine steuerliche Forschungsförderung haben. Das heißt, Deutschland muss insoweit dringend etwas tun. Gerade Deutschland als rohstoffarmes Land muss in den Reichtum der Köpfe seiner Menschen investieren und diesen fördern.

(Beifall Annabell Krämer [FDP])

Für eine gute Wirtschaftspolitik heißt das: Wir brauchen eine massive Förderung von Forschung und Entwicklung, um Innovationen hier im Land zu halten.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Das ist Teil der Wirtschaftspolitik. Um die Lösungen der Zukunft im Sinne von „Made in Germany“ zu finden, braucht es attraktive Rahmenbedingungen für die Unternehmen; denn diese müssen in Forschung und Entwicklung investieren. Das hat auch unsere Bundesregierung erkannt. Sie hat mit dem Entwurf des Forschungszulagengesetzes einen guten Aufschlag gemacht, um das Thema Forschungsförderung im Unternehmensteuerrecht voranzutreiben.

Aber - wie gesagt -: Das Bessere ist der Feind des Guten. Wir in Schleswig-Holstein haben eine bestimmte Ausgangslage. Herr Hölck, insoweit wundere ich mich ein wenig über Ihre Einschätzung. Die Wirtschaft in Schleswig-Holstein ist mittelständisch

(Thomas Hölck)

geprägt. Wir haben nicht allzu viele besonders große Unternehmen, sondern einen starken Mittelstand, das heißt, bei uns gibt es viele kleine und mittelständische Unternehmen. Genau das ist der Hintergrund unseres Antrags. Wir setzen uns nämlich für die schleswig-holsteinische Wirtschaft ein.

In dem Gesetzentwurf ist vorgesehen, dass Forschungskooperationen zulässig sind, aber nur dann, wenn das Unternehmen eine eigene Forschungsabteilung hat. Über eine eigene Forschungsabteilung verfügen viele Unternehmen in Schleswig-Holstein nicht, weil sie sich eine solche schlicht und ergreifend nicht leisten können.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Wir schlagen deshalb vor, das Gesetz zu erweitern. Unsere Landesregierung soll im Interesse Schleswig-Holsteins einen Vorschlag unterbreiten, der es ermöglicht, die Auftragsforschung, das heißt die Fremdvergabe von Forschung an Universitäten und andere Einrichtungen, in die Forschungsförderung hineinzunehmen, damit sich auch kleine und mittelständische Unternehmen das Ganze leisten können. Ich glaube, das ist wichtig.

Unser Ziel ist es, das mittelstandsfreundlichste Bundesland zu werden. Das nehmen wir nicht nur für uns in Anspruch, sondern wir achten auch bei der Bundesgesetzgebung darauf, welche Auswirkungen sie auf den Mittelstand hat. Ich finde es deshalb gut, dass wir unsere Landesregierung mit einem starken Verhandlungsmandat ausstatten, auch auf Bundesebene etwas für den Mittelstand in Schleswig-Holstein zu tun.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Was die Begrenzung der Mitarbeiterzahl angeht, Herr Kollege, so wurde Ihnen in den Zwischenfragen beziehungsweise -bemerkungen des Vorsitzenden der FDP-Fraktion einiges mit auf den Weg gegeben. Unsere Wirtschaftsstruktur in SchleswigHolstein ist eher so aufgestellt, dass wir von kleinen und mittelständischen Unternehmen profitieren. Deshalb halte ich die starre Grenze in unserem Antrag, das heißt die Festlegung einer gewissen Mitarbeiterzahl, für sinnvoll. Damit wird es möglich, dass vieles von der steuerlichen Forschungsförderung - die wir, nebenbei bemerkt, als Land mitbezahlen - bei uns im Land bleibt.

(Beifall CDU und FDP)

Sonst zahlen wir viel Geld, aber finanzieren Forschung und Innovationen in anderen Teilen

Deutschlands. Die großen Industriekonzerne forschen tatsächlich heute schon, ohne staatliche Forschungsförderung. Deshalb müssen wir genau dort ansetzen. Wir könnten, rein sozialdemokratisch, mit der Gießkanne durch das Land laufen, steuerliche Fördermittel hier und da auskippen und auch diesen großen Industriekonzernen Fördermittel in den Rachen werfen. Wir haben aber deutschlandweit eine Finanzsituation, die uns dazu veranlassen muss, bei dem Steuergeld, das wir in die Hand nehmen, genau hinzuschauen, was wir damit erreichen und wo die Wirkung eintritt. Wir halten es für sehr sinnvoll, das Rückgrat der deutschen Wirtschaft, die kleinen und mittelständischen Unternehmen, zu unterstützen. Das möchten wir mit unserem Antrag erreichen. Deshalb bitte ich um Zustimmung. - Vielen Dank.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Herr Abgeordneter Rasmus Andresen das Wort.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Forschung ist Motor für gesellschaftliche Entwicklung und wirtschaftliche Innovation. Dafür brauchen wir öffentlich finanzierte und unabhängige Forschung. Unter grüner Regierungsverantwortung sind deshalb in den letzten Jahren die Mittel für unsere Hochschulen stark erhöht worden. Dieser Weg muss auch in Zeiten knapperer Haushalte weitergehen. Er wird weitergehen; dessen bin ich mir sicher. Wissenschaft muss öffentlich, transparent und unabhängig sein.

Für mehr Entwicklung brauchen wir aber auch mehr private Investitionen in Forschung. Darüber beraten wir heute auf der Grundlage eines Antrags unserer Koalition, den wir Grüne sehr unterstützen. Wir brauchen mehr innovative und nachhaltige Forschungsaktivität in Kooperation mit oder von Unternehmen. Dafür müssen wir die Grundlagen neu schaffen. Großkonzerne haben nämlich oft ausreichend Ressourcen und können sich eigene Forschungsabteilungen leisten. Innovationen, gerade wenn wir über Ressourceneffizienz sprechen, entstehen aber oft in kleinen und mittelständischen Unternehmen. Dort wollen wir ansetzen; denn diese Unternehmen haben oft keine Ressourcen für Forschung. Kleine und mittelständische Unternehmen, die sich daran beteiligen wollen, fallen bei der Förderung bisher oft durch das Raster. Das wollen wir

(Lukas Kilian)

ändern. Wir können es uns nämlich nicht leisten, auf die Kreativität und die Innovationen zu verzichten, die aus der Zusammenarbeit zwischen kleinen und mittelständischen Unternehmen auf der einen und Wissenschaft auf der anderen Seite entstehen können.

Gerade für unsere schleswig-holsteinische Wirtschaft hat das besondere Bedeutung; denn - das haben die Kollegen schon gesagt - hier spielen kleine und mittelständische Unternehmen eine ganz andere, viel existenziellere Rolle, als es in großen Bundesländern wie Nordrhein-Westfalen und BadenWürttemberg der Fall ist.

Die Bundesrepublik hängt bei der Forschungsförderung von Unternehmen insgesamt hinterher. 27 von 34 OECD-Ländern unterstützen Forschungsaktivitäten von Unternehmen auch steuerlich. Dazu gehören Frankreich und Österreich, die mit aktuellen Vorstößen in diesem Bereich gerade nachbessern. Wir glauben, dass die Bundesrepublik das jetzt auch tun sollte. Deshalb ist es gut und richtig, dass es auf Bundesebene einen Gesetzentwurf gibt, der am 1. Januar 2020 in Kraft treten soll. Er setzt genau bei dem Ziel an, private Unternehmen bei den Forschungsausgaben zu unterstützen.

Durch den Gesetzentwurf werden deutliche Anreize gesetzt, die wir Grüne unterstützen. Das reicht uns aber nicht aus. Wir glauben, dass dieser Gesetzentwurf zusätzlich den bereits enthaltenen Anreizen geschärft werden muss. Dort setzt unser Antrag an. Deshalb sprechen wir uns für eine Begrenzung der förderfähigen Unternehmen auf kleine und mittelständische Unternehmen aus. Das ergibt aus unserer Sicht Sinn, unabhängig davon, wo am Ende die Begrenzung der Mitarbeiterinnen- beziehungsweise Mitarbeiterzahl liegen wird. Es hat Sinn, sich auf kleine und mittelständische Unternehmen zu konzentrieren.

Herr Hölck, ich muss ganz ehrlich sagen, dass es mich überrascht hat, dass Sie sich bei der Kritik an unserem Antrag ausgerechnet auf diesen Aspekt konzentriert haben. Ich bin davon ausgegangen, dass wir in diesem Punkt einer Meinung sind. Wir sollten gemeinsam dafür sorgen, dass gerade kleine und mittelständische Unternehmen, die auch im Wettbewerb mit Konzernen und anderen sehr großen Unternehmen stehen, aus Schleswig-Holstein heraus unterstützt werden.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und Lukas Kilian [CDU])

Mich hat überrascht, dass Sie das heute als Kritikpunkt benannt haben. Wir werden davon trotzdem nicht abrücken.

Nicht nur die Eigenforschung soll in Steuervergünstigungen einbezogen werden, sondern auch die Auftragsforschung - das hat der Großteil der Kollegen schon gesagt - muss berücksichtigt werden. Das ist auch deshalb wichtig, um gerade für Startups ein attraktives Umfeld in Schleswig-Holstein entstehen zu lassen. Wir in der Jamaika-Koalition haben uns gemeinsam zum Ziel gesetzt, noch mehr für Gründungen zu tun.

Gerade für diese Unternehmen, gerade für Gründer und Gründerinnen ist dieser Punkt extrem wichtig, denn viele Start-ups entstehen ja in Zusammenarbeit mit universitären Einrichtungen oder auch aus außeruniversitären Forschungseinrichtungen heraus. Dabei spielt Auftragsforschung eine ganz wichtige Rolle. Deshalb ist es gut und richtig, dass wir hier gemeinsam aktiv werden.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und FDP)

Aber natürlich können wir Grüne uns im Bereich der Forschung auch noch weitere Maßnahmen vorstellen, dass es etwa auch vom Bund oder der Europäischen Union Förderprogramme geben könnte, die gerade ressourceneffizientes Wirtschaften sowie Ideen und Entwicklungen in diesem Bereich stärker unterstützen.

Wir können uns vorstellen, dass Unternehmen nicht einfach nur Auftragsforschung betreiben, sondern dass vielleicht auch interdisziplinäre Kooperationsplattformen entstehen. Das alles sind Ansätze, die in der Forschungspolitik an der Schnittstelle von Wirtschaft und Wissenschaft noch eine größere Rolle spielen können.

Wir beschließen heute erst einmal unseren Antrag und verbessern das Bundesgesetz. Ich bin mir sicher, dass noch viele weitere Initiativen folgen werden, was unserer schleswig-holsteinischen Wirtschaft, aber auch unserer Wissenschaft gut tun wird, sodass wir gemeinsam noch viel erreichen werden. - Vielen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und FDP)

Für die AfD-Fraktion hat der Abgeordnete Volker Schnurrbusch das Wort.

(Rasmus Andresen)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Verehrte Gäste! Die AfD-Fraktion befürwortet grundsätzlich ein Forschungszulagengesetz. Das Ziel, den Unternehmensstandort Deutschland zu stärken und seine Attraktivität für Neuansiedlungen durch Investitionen zu verbessern, ist auch für Schleswig-Holstein wichtig, denn hier im Land gehören fast alle 123.000 Unternehmen dem Mittelstand an. Das Programm FIT fördert bereits jetzt schon anwendungsorientierte Forschung mit dem Schwerpunkt auf kleinen und mittleren Unternehmen, den sogenannten KMU.

Gerade bei der Digitalisierung steht der Mittelstand vor großen Umwälzungen. Die Geschwindigkeit, mit der neue Anwendungen und Prozesse entwickelt werden, spricht für eine enge Verzahnung von Forschung und Wirtschaft auch und gerade bei kleinen Betrieben. Für diese Verzahnung sollten daher bundesweit günstige Rahmenbedingungen für Unternehmen herrschen.

Der von der Bundesregierung angesetzte Förderrahmen von 5 Milliarden € bis zum Jahr 2024 scheint dafür geeignet zu sein. Gleichwohl sollten die Bedenken ernstgenommen werden, die bereits im laufenden Verfahren gegenüber dem Gesetzentwurf erhoben wurden.

In seiner Stellungnahme vom 10. Mai 2019 führte der Nationale Normenkontrollrat aus, dass das Bundesfinanzministerium die zu erwartenden Gesetzesfolgen nur teilweise dargestellt habe. So fehle die Darstellung des Erfüllungsaufwandes für die Verwaltung und damit eine wesentliche Grundlage für eine Effizienzbetrachtung. Der Gesetzentwurf entspreche daher nicht den Anforderungen einer Gesetzesvorlage durch die Bundesregierung. - So weit, so mangelhaft.

Einmal mehr erfüllt der Bundesfinanzminister also nicht die Anforderungen, die an ihn und sein Ministerium zu stellen sind; dies mussten wir bereits bei der mühsamen Reform der Grundsteuer erfahren, wo es bekanntlich auch an Transparenz und Dialogbereitschaft mit anderen Beteiligten fehlte.

Die AfD-Fraktion teilt die im Antrag der regierungstragenden Fraktionen vorgenommene Einschätzung, das in Bezug auf kleinere und mittlere Unternehmen eine Nachbesserung des bisherigen Gesetzentwurfs erfolgen sollte, denn hier sind die Prioritäten des Bundesgesetzgebers nach wie vor unklar. Einerseits soll die Anspruchsberechtigung nicht von der Größe eines Unternehmens abhängig gemacht werden; andererseits will auch die Bun

desregierung angeblich kleine und mittelgroße Unternehmen fördern. An dieser Stelle halten wir einen Förderschwerpunkt zugunsten des Mittelstandes für sinnvoll, auch weil große Unternehmen eigene Forschungs- und Entwicklungsprojekte betreiben können.

Genau hier liegt das nächste Problem: Auch die Auftragsforschung sollte im geplanten Gesetz als förderfähig eingestuft werden. Hier halten wir den bisherigen Entwurf auf Bundesebene für nicht ausreichend. Danach werden nämlich neben der Eigenforschung lediglich Kooperationsprojekte mit Forschungseinrichtungen oder anderen Unternehmen unterstützt - aber nur sofern sie eigene Forschung betreiben. Auf diese Problematik haben die meisten meiner Vorredner und mehrere Verbände hingewiesen. Gerade KMU sind in der Regel auf externe Forschung angewiesen. Eine Beauftragung von Universitäten oder Forschungseinrichtungen ist jedoch nach der derzeitigen Planung des Bundesgesetzgebers nicht förderfähig.