Protokoll der Sitzung vom 24.09.2020

Netzwerke spinnen: Zum 1. März dieses Jahres ging der aktualisierte Demenzwegweiser SH als Online-Datenbank ins Netz und soll bis Ende dieses Jahres vervollständigt werden.

Flächendeckende Beratung sicherstellen: Seit Mai dieses Jahres gibt es in allen Kreisen und kreisfreien Städten Pflegestützpunkte, insgesamt an 19 Standorten. Zusätzlich fördert das Land die mobile Demenzberatung im ländlichen Raum, um Lücken in schwer erreichbaren Regionen zu schließen.

Wohn- und Beratungsangebote ausbauen: Die Zahl der Demenz-WG hat weiter zugenommen. Mit KIWA-digital ist auch die begleitende Beratung ins Netz und damit in die Fläche gegangen.

Ehrenamtliches Engagement unterstützen: Schulungen und Fortbildungen zum Thema Umgang mit Demenz werden stark nachgefragt. Das gilt für die zweistündige Demenz-Partner-Schulung ebenso wie für die 30-stündige Alltagsunterstützung. Davon brauchen wir mehr.

Neue und wichtige Themen erschließen: Sehr gut finde ich, dass auch Fragestellungen zu Migration, rechtlicher Betreuung und Fixierung ihren Platz im Bericht haben.

Wir können mit dem Umsetzungsstand des Demenzplans in Schleswig-Holstein sehr zufrieden sein. Menschen mit Demenz gehören zu unserem Alltag. Sie bewegen sich im öffentlichen Raum. Deshalb sollten wir alle wissen, wie wir angemessen und rücksichtsvoll mit ihnen umgehen. Was macht die Busfahrerin, wenn der Fahrgast nach Schilksee möchte, die Linie aber nach Wellsee fährt? Was macht der Verkäufer, wenn die alte Dame nach einer roten Jacke sucht, aber im Schuhgeschäft steht? Wie reagiert die Polizei, wenn sich der ältere Herr weder an seinen Namen noch an seine Adresse erinnern kann?

Wir alle brauchen Informationen und Aufklärung. Wissen schadet nie. Und wir brauchen wissenschaftliche und medizinische Forschung zu Alzheimer und demenziellen Erkrankungen. Nur so können wir sie hoffentlich im Frühstadium besser erkennen, effektiver behandeln und vielleicht irgendwann einmal auch heilen. Lernen wir, mit Demenz zu leben - die Betroffen tun dies auch. - Vielen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU, SPD, FDP und SSW)

Das Wort für die FDP-Fraktion hat der Abgeordnete Dennys Bornhöft.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wie in diesem Haus einstimmig beschlossen, hat die Landesregierung im August 2020 einen umfassenden Bericht zum Umsetzungsstand des Demenzplans für unser Land vorgelegt. Herr Minister Garg, vielen Dank für den eben gerade gehaltenen Bericht.

(Beifall FDP, SSW und vereinzelt CDU)

Für uns ist hierbei eines klar: Auch in einer Pandemie müssen wir mit besonderem Tempo und besonderer Aufmerksamkeit notwendige beschlossene

(Ines Strehlau)

Maßnahmen umsetzen. Sie haben das gerade eben noch einmal bekräftigt. Das ist genau der richtige Ansatz, denn insbesondere Menschen mit Demenz unterliegen seit jeher äußerst starken gesellschaftlichen Einschränkungen. Teilweise wurde die Situation der Betroffenen auch aus vermutlich falschem Schamgefühl verschwiegen oder abgetan. Ich persönlich erinnere mich noch knapp daran, dass es früher hieß: Die Uroma sei tüdelig, um die Demenz nicht offen anzusprechen.

Das Wissen um Krankheiten wie Alzheimer ist in den letzten Jahrzehnten deutlich gestiegen. Ebenso gestiegen sind sowohl die gesellschaftliche Akzeptanz als auch die rechtliche. Ein Film wie „Honig im Kopf“ wäre wahrscheinlich vor 30 Jahren nicht wirklich vorstellbar gewesen. Es ist wichtig, dass das ein Kassenschlager geworden ist.

Da einige hier persönliche Beispiele vorgestellt haben: Ich denke, jeder von uns kennt Beispiele aus dem Familien- und Bekanntenkreis. Mein Großvater, bei dem ich mein ganzes Leben lang mindestens dreimal in der Woche gewesen bin, erkennt mich jetzt überwiegend nur noch als eine der wenigen männlichen Pflegekräfte mit langen Haaren. Das ist traurig, aber es ist nicht beschämend. Ich möchte noch einmal klarstellen, dass sich da zum Glück etwas in der gesellschaftlichen Akzeptanz dieses Krankheitsbildes geändert hat, und das ist eine sehr gute Sache.

(Beifall FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Es hat sich aber auch rechtlich einiges geändert. Dass eine Demenz zu einer Pflegegradeinstufung führt, ist beispielsweise noch nicht lange Usus - ich glaube erst seit 2009, das sind gerade einmal zehn Jahre.

Demenz befindet sich in der Mitte der Gesellschaft. Das verdeutlichen auch die Zahlen. Jeder Elfte in Schleswig-Holstein, der über 65 Jahre ist, ist hiervon betroffen. Wenn man dies auf die Gesamtbevölkerung herunterbricht, dann ist jeder 50. demenziell erkrankt. Deswegen ist es vollkommen richtig, dass die öffentliche Hand hierauf einen Schwerpunkt legt.

Ich bin deshalb froh, und ich schließe die Vorgängerregierung ausdrücklich mit ein, dass von den Empfehlungen des Kompetenzzentrums Demenz schon weit über die Hälfte umgesetzt wurden. Das ist wirklich gut. Das ist eine große Leistung für die Patienten und Patientinnen, aber vor allem für unser Land insgesamt.

(Beifall FDP)

Demenzkranke werden nicht nur im Sinne der Beibehaltung des Status quo unterstützt, sondern es wird - wie schon in den letzten Jahren - weiterhin aktiv an der Verbesserung der Umstände gearbeitet; diese Bemühungen werden fortgesetzt.

Eine der vielen Leistungen des Kompetenzzentrums Demenz möchte ich besonders hervorheben: Nicht nur für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kommunen, sondern auch für solche in den Bereichen Justiz, Einzelhandel, Polizei, Architektur, Musik, Museumspädagogik und, ja, auch Landwirtschaft und Pharmazie hat das Kompetenzzentrum Schulungen zu diesem Thema durchgeführt. Es ist besonders wichtig, dass wir aufgrund der weitreichenden Auswirkungen, die diese Krankheit hat, die Menschen genau dafür umfassend sensibilisieren und bestmöglich vorbereiten.

(Beifall FDP, Katja Rathje-Hoffmann [CDU] und Jette Waldinger-Thiering [SSW])

Natürlich geht es an erster Stelle um die Patientinnen und Patienten selbst. Ich freue mich besonders über die Unterstützung verschiedenster Beratungsangebote, unter anderem solche rechtlicher Natur. Die Einführung einer mobilen Beratung durch das Kompetenzzentrum, um auch den Menschen im ländlichen Raum wohnortnah helfen zu können, ist eine sehr, sehr gute Sache. Das brauchen wir in unserem Flächenland Schleswig-Holstein.

(Beifall FDP)

Es ist auch ein richtiger Ansatz, dass, wie im Bericht empfohlen, eine Bestandsaufnahme zum Thema Demenz in den Kommunen durchgeführt wird, um nachhaltig die entsprechenden Fakten sammeln zu können.

Zu den Krankenhäusern wurde schon etwas gesagt. Ich füge hinzu: Die Hälfte der Krankenhäuser in Schleswig-Holstein verfügt bereits über ein schriftliches Konzept zur Versorgung von Menschen mit Demenz. Jetzt müssen wir dafür sorgen, dass auch die andere Hälfte der Kliniken in diesem Land entsprechend vorankommt. Wir können feststellen, dass das Kompetenzzentrum mit diesen Kliniken schon arbeitet und dabei ist, Leitfäden zu erarbeiten. Eine gute Sache!

(Beifall FDP)

Eines wurde noch nicht erwähnt: Der Breitbandausbau wird in diesem Bericht als wichtige Hilfe benannt. Vor diesem Hintergrund können wir sehr froh darüber sein, dass wir in Schleswig-Holstein

(Dennys Bornhöft)

mit dem Breitbandausbau so weit vorangeschritten sind.

(Beifall Oliver Kumbartzky [FDP])

Ich möchte mit Nachdruck verdeutlichen, dass es dabei nicht nur um wirtschaftliche Interessen, sondern gleichermaßen um Bildungs- und, wie im vorliegenden Fall, um gesundheitliche Interessen geht.

(Zuruf Hans-Jörn Arp [CDU] - Heiterkeit SPD)

Obacht - auch Herr Arp! -: Breitbandausbau und Digitalisierung schaffen eine Infrastruktur für alle Lebensbereiche in diesem Land.

(Beifall FDP und Hans-Jörn Arp [CDU])

Die meisten haben auch das gesagt: Wir können mit dem Voranschreiten der Umsetzung des Demenzplans sowohl durch die derzeitige als auch durch die Vorgängerregierung insgesamt zufrieden sein. Die aktuelle Landesregierung gibt diesem Thema auch ressortübergreifend die angemessene Relevanz. Schließlich geht es bei diesem Thema nicht nur um Gesundheit und Soziales, sondern auch um Wohnen und Mobilität. Sprich: Das Thema strahlt in fast alle Lebensbereiche aus.

Nicht nur im Hinblick auf qualitative Verbesserungen für die Betroffenen, sondern auch in quantitativer Hinsicht - wir müssen die Demografie besonders beachten -, das heißt zahlenmäßig, stehen alle Akteure vor weiteren Herausforderungen.

Zunächst müssen wir mit der weiteren Umsetzung der Empfehlungen voranschreiten; ein paar sind noch offen. Aber auch neue Impulse und technische Möglichkeiten, die es in den nächsten Jahren und Jahrzehnten geben wird, sind hier zu integrieren.

Schließen möchte ich mit einem ausdrücklichen Dank - auch im Namen der FDP-Landtagsfraktion an die Alzheimer Gesellschaft und das Kompetenzzentrum Demenz für die geleistete Arbeit. Vielen Dank dafür!

(Beifall FDP, vereinzelt CDU, Beifall Wolf- gang Baasch [SPD] und Birgit Herdejürgen [SPD])

Das Wort für die AfD-Fraktion hat der Abgeordnete Claus Schaffer.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Vielen Dank für den Bericht. Er zeigt

uns, dass Demenz alle betrifft. Demenz ist zu einer der größten gesellschaftlichen Herausforderungen unserer Zeit geworden. So leben unter uns zunehmend demenziell erkrankte Menschen oder solche, die als Angehörige, Freunde oder Nachbarn von der Erkrankung direkt oder indirekt betroffen sind.

Nach den aktuellen Zahlen aus dem August 2020 sind mehr als 62.000 Menschen in Schleswig-Holstein an Demenz erkrankt. Damit ist rund jeder Zehnte in der Altersklasse der Menschen ab 65 Jahren im Norden direkt von Demenz betroffen. Wie uns der Bericht zeigt, müssen wir mit einer Verdopplung der Zahl der Betroffenen bis zum Jahr 2050 rechnen.

Wie uns der Bericht ebenfalls zeigt, sind demenzerkrankte Menschen längst Teil unserer gesellschaftlichen Realität; sie bedürfen unserer besonderen Aufmerksamkeit, Begleitung und Unterstützung. Ziel muss es sein, ein Bewusstsein für ihre Lebenssituation zu schaffen und Barrieren im Umgang mit demenzerkrankten Menschen und ihren Angehörigen zu beseitigen. Zudem müssen wir die Teilhabe der Betroffenen fördern sowie ihre Lebens-, Versorgungs- und Betreuungssituation bedürfnisgerecht und entsprechend ihren persönlichen Gewohnheiten ermöglichen, so weit es geht.

Wie uns die Halbzeitbilanz des Berichts zeigt, sind wir auf einem wirklich guten Weg; denn ein großer Teil der 80 Empfehlungen des Demenzplans für Schleswig-Holstein ist zumindest teilweise umgesetzt worden. Die Zahlen aus Schleswig-Holstein zeigen auch, dass zwei Drittel der Betroffenen über 65 Jahre Frauen sind. Der Anteil der Betroffenen an der Bevölkerung dieser Altersklasse liegt in allen Kreisen zwischen 9 und 10 %, sodass wir auch hier den Demenzplan stetig anpassen und weiterentwickeln müssen.

Ausweislich des Berichts haben sich die Alzheimer Gesellschaft und das Kompetenzzentrum Demenz als wichtige, ja wesentliche Stützen bei der Umsetzung des Demenzplans etabliert. Diese für die Gesellschaft so wichtige Arbeit erkennen wir ausdrücklich an, und wir unterstützen sie.

Wir müssen in Schleswig-Holstein erreichen, dass Menschen mit Demenz möglichst lange selbstständig bleiben und am gesellschaftlichen Leben teilhaben können. Dafür müssen sich alle Beteiligten anstrengen. Das heißt, nicht nur kommunale Einrichtungen, sondern auch Institutionen, Behörden, Banken und Vereine sind aufgefordert, an einer demenzfreundlichen Gestaltung des öffentlichen Lebens mitzuwirken. Hierzu gehört dann auch die gu

(Dennys Bornhöft)