Protokoll der Sitzung vom 22.09.2023

Meine Damen und Herren, man muss doch mindestens überprüfen, ob die bei den Schulträgern angestellten Fachkräfte für diesen Bereich zum einen ausreichend sind und zum anderen die Aufgabe im Sinne der Gesetze auch tatsächlich angemessen erfüllen. Wenn man eine kürzlich veröffentlichte Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage des Kollegen Dr. Bernd Buchholz anschaut, dann wird auch ein Thema sichtbar, um das wir uns, so glaube ich, noch mehr kümmern müssen, nämlich, dass es doch in einem Maße, das nicht akzeptabel ist, Gewalt gegen Lehrkräfte gibt und dass dort überwiegend natürlich weibliche Lehrkräfte betroffen sind. Das ist völlig inakzeptabel. Meine Damen und Herren, das braucht klare Antworten vonseiten des Dienstherren.

(Beifall FDP, SSW, vereinzelt SPD und Beifall Nelly Waldeck [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Dass Schulleiterinnen und Schulleiter hier zusammen mit der Fachkraft für Arbeitssicherheit Gefährdungsbeurteilungen erstellen sollen, ist ja von der Sache her erst einmal in Ordnung. Aber, meine Damen und Herren, das Bildungsministerium ist aus meiner Sicht auch hier in der Verantwortung und muss diese stärker und klarer wahrnehmen, vor allem, da die Schulleiter in die Pflicht genommen werden und meines Erachtens dabei auch Unterstützung brauchen.

Der Haushaltstitel für die arbeitsmedizinische Betreuung erscheint mir mit 456.000 Euro recht gering zu sein. Das zeigt auch die Anzahl von gerade einmal 4.700 Stunden für die arbeitsmedizinische und sicherheitstechnische Betreuung. Bei 29.000 Lehrkräften in Schleswig-Holstein ist dies sehr wenig, im Durchschnitt sind dies nämlich nur rund neun Minuten pro Lehrkraft pro Jahr. Ich sage einmal, das ist überschaubar.

Am Ende geht es darum, dass die Lehrkräfte in Schleswig-Holstein sicher und unter guten Bedingungen ihrer wichtigen Aufgabe nachgehen können. Das müssen Sie, Frau Ministerin, sicherstellen. Dass hier die Zuständigkeiten nicht abschließend

und vernünftig geklärt sind, gibt ein schlechtes Bild für das Land und für das Bildungsministerium ab. Das muss sich dringend ändern. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall FDP, SPD und SSW)

Für den SSW hat die Abgeordnete Jette WaldingerThiering das Wort.

Sehr geehrte Landtagspräsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! „Arbeitsmedizin und Arbeitssicherheit für Lehrkräfte gewährleisten“, das ist ein schwergängiger Titel, das gebe ich zu. Dank der vielen Kleinen Anfragen des Kollegen Habersaat, ist, so denke ich, ein bisschen Licht in das Dunkle der Frage, wer jetzt was machen muss, gekommen. Er hat vorhin einmal erklärt, wie das Verhältnis von vollzeitbeschäftigten Lehrkräften zu teilzeitbeschäftigten Lehrkräften ist. Der Faktor 0,2 ergibt dann die arbeitsmedizinische Betreuung an unseren öffentlichen Schulen.

Wir sprechen von Lärmbelästigung, weil wir schlechte, marode Gebäude haben, die nicht so isoliert sind, dass sie 20 oder vielleicht auch 28 oder 29 Kinder, die vielleicht ADHS oder andere Diagnosen haben, gut räumlich miteinander verbinden können. Wir wissen, dass Lärm Stress verursacht. Lärmbelastungen können auch zum Burn-out führen.

Wir wissen auch: Es wurde in der Kleinen Anfrage danach gefragt, wie viele Bildschirmarbeitsplatzbrillen genehmigt oder bezuschusst wurden. In der Antwort steht ganz deutlich, dass im Jahr 2022 nur 38 Kostenübernahmeerklärungen für Bildschirmarbeitsplatzbrillen genehmigt wurden. Da denkt man sich: Haben wir wirklich nur so wenig fest installierte Arbeitsplätze für die Lehrkräfte in SchleswigHolstein? Wir sprechen irgendwann vielleicht auch noch einmal über den gesetzlichen Anspruch auf einen Platz in einer Ganztagsschule. Das heißt, dann werden hoffentlich ein paar mehr etablierte Arbeitsplätze dabei herauskommen.

Wir sprechen darüber, dass die Lehrkräfte hoffentlich alle ein Endgerät gekriegt haben. Dieses Endgerät verpflichtet aber den Arbeitgeber, die Dienstherren, nicht dazu, eine Kostenübernahme für eine Bildschirmbrille zu geben, weil das kein fester Arbeitsplatz ist. Ich glaube, im Grunde ist es genau dieser Punkt, dass wir unsere Lehrkräfte haben und dass wir eine Dienstherrin haben, die für die Ar

(Christopher Vogt)

beitssicherheit und die Gesundheit für unsere Lehrkräfte verantwortlich ist.

Dann kann man sagen: „Gut, ich kann nicht alles regeln“, aber wir können zumindest festhalten – das haben die Kleinen Anfragen auch ergeben –, dass das Bildungsministerium für die Arbeitssicherheit und ‑medizin verantwortlich ist. Dieses Hin- und Hergerangel – Wer soll jetzt was machen? – müssen wir miteinander echt nicht haben, denn es schadet nur unseren Lehrkräften.

Dann ist da noch etwas: Lärmbelästigung – die hatten wir ja.

(Vereinzelte Heiterkeit)

Hinzu kommt – im Antrag der Koalition – der Punkt, dass das jetzt die Experimentierklausel in die Lehrkräftegewinnung aufgenommen werden soll. Es ist schade, dass sie jetzt erst aufgenommen werden soll; denn eigentlich sollte man davon ausgehen können, dass sie schon längst ein Thema bei der Lehrkräftegewinnung gewesen wäre. Wir sprechen so viel über die Lehrkräfteallianz – Wie kriegen wir neue Lehrkräfte? –, und heute müssen wir uns darüber unterhalten, dass es endlich aufgenommen wird.

Ganz ehrlich: Das Land hat seine Pflichten gegenüber unseren Lehrkräften zu erfüllen. Wir haben auch über psychische Belastungen gesprochen. Wenn wir diese Dinge einfach nicht ernst nehmen, haben wir noch weniger Lehrkräfte, die bis zur Pensionierung in den Schulen bleiben. Wir wissen alle ganz genau, dass wir jede Lehrkraft an unseren Schulen halten müssen. Wir müssen alles daran setzen, damit sie in Vollzeit arbeiten, tatsächlich bis zum Ende ihrer Tätigkeit dort sind und das mit Freude.

Die Ministerin sollte einmal klarstellen, dass sie dafür verantwortlich ist und dass sie dann auch alles Weitere in Gange setzt, damit denen in Zukunft ordentlich geholfen wird.

Eine Bildschirmplatzbrille, muss ich ganz ehrlich sagen, ist ein Arbeitsinstrument, wenn wir davon ausgehen, dass wir Digitalisierung und entsprechendes Arbeitsgerät für die Lehrkräfte wollen.

(Beifall SSW und SPD)

Für die Landesregierung hat die Ministerin für Allgemeine und Berufliche Bildung, Wissenschaft, Forschung und Kultur, Karin Prien, das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Gesundheit von Lehrkräften und Mitarbeitern im Landesdienst ist für die Landesregierung ein wichtiges Anliegen. Gesunde Lehrkräfte sind die Voraussetzung für guten Unterricht, gelingende Lernprozesse und motivierte Schülerinnen und Schüler. Lehrkräfte brauchen deshalb Arbeitsbedingungen in den Schulen, die gewährleisten, dass sie ihren Beruf gesund und sicher ausüben können.

Auch die Schülerinnen und Schüler und alle übrigen an der Schule Beschäftigten haben das Recht auf eine gesunde und sichere Lern- und Arbeitsumgebung.

(Unruhe FDP)

Hier besteht eine gemeinsame Verantwortung von Land und Schulträgern. Letztere sind nach dem Schulgesetz unter anderem für die räumliche und sächliche Ausstattung der Schulen zuständig. Sie tragen daher nach unserer Rechtsauffassung im Wege der gesetzlich übertragenen Selbstverwaltungsaufgaben auch Verantwortung für die sicherheitstechnische Betreuung.

Der Bundesgesetzgeber hat mit seinen Arbeitsschutz- und Arbeitssicherheitsvorschriften Vorgaben dafür gemacht, mit welcher fachkundigen Unterstützung Gefährdungen vor Ort erkannt und beseitigt werden können. Dort ist die Verantwortung richtig angesiedelt. Eine eigene Regelung für den besonderen Arbeitsort Schule konnte mangels Regelungskompetenz des Bundes dort natürlich keine Berücksichtigung finden. Es wurde aber – darauf kommt es an – ausdrücklich gestattet, die Aufgaben zu teilen. Das ist vor Jahrzehnten im Rahmen des Schulgesetzes erfolgt und wurde von sämtlichen Landesregierungen seitdem mitgetragen.

Und ja, ich bin mir bewusst, dass es neuerdings unterschiedliche Sichtweisen bei der Abgrenzung der Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten im Bereich der Arbeitssicherheit gibt. Deshalb befinden wir uns selbstverständlich folgerichtig in konstruktiven Gesprächen mit den Schulträgern dazu. Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir zu einem guten Konsens kommen werden.

Seien Sie versichert: Alle Seiten haben im Sinne der Betroffenen ein Interesse an einer zeitnahen Lösung. Eine Zeitvorgabe bis Ende 2023 wäre der Sache allerdings nicht zuträglich.

(Jette Waldinger-Thiering)

Als Dienstherrin beziehungsweise Arbeitgeberin für sämtliche Lehrkräfte an schleswig-holsteinischen Schulen stellt das Land selbstverständlich die notwendige Ausstattung für die arbeitsmedizinische Betreuung zur Verfügung. Mit der B-A-D Gesundheitsvorsorge- und Sicherheitstechnik GmbH hat das Land für diese Fachkunde bereits seit vielen Jahren einen verlässlichen Partner.

(Beifall CDU und vereinzelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Außerdem hat das Land Schleswig-Holstein den eigenen schulpsychologischen Dienst weiter personell gestärkt. Für alle Beteiligten, insbesondere Schulleitungen, Lehrkräfte, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Schulsozialarbeit, Eltern und Schülerinnen und Schüler können bei schulbezogenen Problemen Beratungsleistungen in Anspruch genommen werden.

Zudem besteht das allgemeine psychosoziale Beratungsangebot der Landesverwaltung. Ziel ist es, psychische Belastungssituationen frühzeitig zu erkennen und eine Entlastungsmöglichkeit zu bieten. Seit Februar 2023 können alle Beschäftigen der Landesverwaltung das Beratungsangebot kostenfrei und zeitnah in Anspruch nehmen.

Diese zusätzlichen Angebote, die gerade in belastenden und herausfordernden Zeiten die Gesundheit der Lehrkräfte schützen, fließen im Übrigen nicht in die Kalkulation der arbeitsmedizinischen Betreuung ein. Die Berechnung der für die Arbeitsmedizin notwendigen Einsatzzeit hat die Landesregierung in der Antwort auf die schon mehrfach erwähnte Kleine Anfrage des Abgeordneten Habersaat ausführlich dargelegt; auf diese verweise ich.

Im Ergebnis bieten wir ein gleichwertiges arbeitsmedizinisches Angebot an. Meine Damen und Herren, wie Sie wissen, ist es darüber hinaus so, dass es seit 2015 eine Vereinbarung der Landesregierung mit den Spitzenorganisationen der Gewerkschaften zum betrieblichen Gesundheitsmanagement gibt, im Rahmen derer regelmäßig Erhebungen und Auswertungen der Arbeitsfähigkeit aller Beschäftigten stattfinden. Entwicklungen in der allgemeinen Lage der gesundheitlichen Situation beziehungsweise Effekte von durchgeführten Maßnahmen zeigen sich in der Regel erst nach einer drei- bis fünfjährigen Frist und in längeren Zeitreihen.

Die erste umfassende Statuserhebung zur Arbeitsfähigkeit und Gesundheit fand 2017 statt. Die Ergebnisse wurden 2018 in einem Landtagsbericht aufbereitet, der sich zur Situation der Lehrkräfte auch mit Blick auf das Gesundheitsmanagement äußert.

Im November 2023 wird die Statuserhebung zum zweiten Mal durchgeführt, und im nächsten Jahr wird es erneut einen Landtagsbericht geben.

Schließlich enthält der jährliche Bericht zur Personalstruktur und zum Personalmanagement der Landesverwaltung die wesentlichen Eckdaten auch zum Bereich der Lehrkräfte. Das heißt: Was im Antrag der SPD gefordert wird, ist schon lange umgesetzte Realität.

Eine weitere Darstellung in einem noch enger begrenzten Zeitraum könnte keine konkreten Folgen oder Ableitungen von Handlungsimpulsen ermöglichen. Ein weiterer jährlicher Bericht nur für den Schulbereich brächte keine zusätzlichen Erkenntnisse und bedeutete dennoch wieder einen zusätzlichen Arbeitsaufwand. Dies dürfte vor dem Hintergrund immer knapper werdender Ressourcen, dem Fachkräftemangel in der Verwaltung und dem allgemeinen Ziel des Bürokratieabbaus kein gewinnbringender Ansatz sein.

Zielführender ist es, gemeinsam mit den Schulleitungen und Lehrkräften kluge Lösungen für das Wohlbefinden und die Arbeitsgesundheit von Lehrkräften zu finden. Dies werden wir im Rahmen der Experimentierklausel und des Handlungsplans Lehrkräftegewinnung weiter tun.

Damit betrachten wir das Thema Lehrkräftegesundheit in einem größeren Kontext und sorgen langfristig und nachhaltig für ein gesundes und gutes Klima an unseren Schulen. – Ich danke Ihnen.

(Beifall CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN – Dr. Bernd Buchholz [FDP]: Das war ein lustloser Vortrag!)

Zu einem Kurzbeitrag hat der Abgeordnete Martin Habersaat das Wort.

Vielen Dank Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Knöfler, das hätten Sie verhindern können, wenn Sie meine Zwischenfrage zugelassen hätten; ehrlicherweise wären es zwei gewesen.

(Zuruf: Oh, Knöfler, Mensch! – Vereinzelte Heiterkeit und Unruhe)

Ich begleite dich gern nachher gern in deinen Fraktionssaal, wenn du Sorge um deine Sicherheit hast.

(Heiterkeit – Christopher Vogt [FDP]: Ar- beitssicherheit!)

(Ministerin Karin Prien)

Frage 1 hätte gelautet: Herr Kollege Knöfler, ken nen Sie Lehrkräfte in Schleswig-Holstein, die mehr als 30 Stunden in der Woche in der Schule verbrin gen?