Protokoll der Sitzung vom 11.11.2015

Zu Punkt 2. Es ist erfreulich, dass Verhandlungen mit der Saarländischen Pflegegesellschaft, den Pflegekassen und den Trägern der Sozialhilfe, also den Landkreisen und dem Regionalverband, dazu geführt haben, dass seit dem 01. Oktober letzten Jahres mindestens 10 Prozent mehr Personal eingestellt wurde. Das macht zwar in einigen Häusern nur zwei oder drei Pflegekräfte aus, aber dennoch wird bereits von einer deutlichen Entlastung in den entsprechenden Heimen berichtet. Es müssen - und das ist sehr erfreulich - weniger Menschen aus dem

Frei gerufen werden, was auch dazu führt, dass die Pflegekräfte entlastet werden und hoffentlich auf längere Sicht gesehen mehr Menschen in der Pflege verweilen. Dennoch darf es bei diesen mindestens 10 Prozent nicht bleiben! Es müssen genug Pflegekräfte vor Ort sein, um auch Krankheitsfälle, besonders in den kalten Monaten, abzudecken, ohne dass die Pflegekräfte vor Ort überbelastet werden.

Die ab dem 01. Januar dieses Jahres eingestellten Betreuungskräfte, welche von den Pflegekassen bezahlt werden, tragen ebenfalls zu einer Verbesserung bei. Es sind zwar keine Fachkräfte, aber sie sind nicht an Pflegestufen gebunden und können sich mit den Menschen beschäftigen. Und Beschäftigung, also Kontakt zu den Menschen, dass mal jemand „Hallo“ sagt, dass mal jemand Zeit hat für ein paar Worte, das ist für die Heimbewohner mindestens genauso wichtig wie die medizinische Versorgung.

Nun bleibt auch noch zu hoffen, dass auf Bundesebene endlich grünes Licht gegeben wird, dass für die Dokumentation, welche immer noch erschlagend ist, weniger Zeit aufgewendet werden muss. Daraufhin sollen aber nicht etwa Pflegekräfte entlassen werden, nein, die Zeit, die frei wird, soll direkt zu den Menschen gehen.

(Sprechen.)

Kommen wir zu Punkt 3. Auch wenn nicht alles schlecht ist und sich vieles bereits verbessert hat, haben wir mancherorts immer noch einen Pflegenotstand. Herr Bender hat von 350 Einzelfällen seit Mai 2013 berichtet. Bei einigen dieser Fälle geht es darum, dass einem Angehörigen etwas nicht ganz klar geworden ist, dass man sich also eher wegen eines Kommunikationsproblems an ihn gewandt hat. Es gibt aber auch Fälle, da sind von Verwandten Dinge entwendet worden. Das hat auch teilweise, wie ich gelesen habe, mit Betäubungsmitteln zu tun.

(Lautes Sprechen.)

Ich möchte gleich vorweg sagen: Das liegt nicht etwa an Pflegekräften, die ihren Job nicht gut machen, im Gegenteil - die Pflegekräfte machen täglich eine hervorragende Arbeit. Es liegt einfach daran, dass die Pflegevorgaben in der vorgegebenen Zeit mit dem Personalschlüssel nicht bewältigt werden können. Immer mal wieder konnte man im Pflegebericht lesen, dass die Menschen in der Pflege unter Personalmangel leiden und zudem noch viel zu viel Zeit für die Dokumentation brauchen. Das gilt sowohl in der stationären Pflege in den Pflegeheimen als auch in den Krankenhäusern, denn auch da gibt es Pflege. Es ist nun einmal bezeichnend, dass wir sehr viele Demonstrationen haben von Pflegern in Krankenhäusern, die auf die Straßen gehen, die sich über Belastungen beschweren, über zu wenig Personal, über zu viel Dokumentation. Das kann man

(Abg. Kessler (B 90/GRÜNE) )

einfach nicht unter den Teppich kehren, meine Damen und Herren.

(Fortgesetztes lautes Sprechen.)

Es hört mir zwar im Moment keiner zu, aber ich spreche weiter. - Wenn man hört, dass eine Seniorin aus dem Krankenhaus entlassen wurde, bei der noch eine Kanüle in der Armbeuge steckte, dann hat das nichts mit schlecht ausgebildetem Pflegepersonal zu tun, sondern mit Personal, welches überlastet ist und an solch banale Dinge einfach nicht denkt. Das macht es natürlich nicht besser, zeigt aber, unter welchem Zeitdruck die Pflegekräfte stehen.

(Weiterhin lautes Sprechen.)

Dringenden Verbesserungsbedarf sehen wir auch in den Krankenhäusern bei der Entlassung der Patienten und der Medikamentenversorgung über das Wochenende hinweg. Da sind auch mir Fälle bekannt, bei denen Menschen - das müssen nicht immer Pflegebedürftige und Senioren sein - freitags entlassen wurden, ohne dass ihnen Medikamente für das Wochenende mitgegeben wurden. Dann steht man am Freitagsabend da und denkt: „Ich müsste samstags meine Medikamente nehmen, der Arzt hat gesagt, das sei wichtig. Ich habe sie aber nicht bekommen.“

(Zuruf von Ministerin Bachmann.)

Ich habe noch 1 Minute Redezeit. - Frau Vizepräsidentin, kann ich vielleicht eine Pause kriegen? Es hört mir niemand zu.

Entschuldigung. Die Kollegen sprechen darüber, ob für die beiden letzten Tagesordnungspunkte eine besondere Vorgehensweise vereinbart werden kann, deshalb war es laut. Vielleicht können Sie das vor der Tür erledigen.

(Einige Abgeordnete verlassen den Saal.)

Das ist toll, danke sehr.

(Abg. Thul (SPD) : Ich hör dir zu. Sprich zu mir.)

Das finde ich toll. - Traurig ist auch, dass der Bericht noch einmal verdeutlicht, dass man in den meisten Krankenhäusern auch nicht auf Patienten mit Demenz vorbereitet ist. Das Personal ist hier erstens noch nicht hinreichend geschult und zweitens ist die Personalbesetzung besonders nachts zu gering. Um einen Bericht von Herrn Bender zu wiederholen: Man stelle sich eine Station vor, auf der zwei demenziell Erkrankte liegen, und es ist nachts nur eine Pflegekraft da. Der eine demenziell Erkrankte läuft nach links, der andere nach rechts, und der Pfleger kann sich aussuchen, wem er hinterherläuft. Hier muss dringend nachgebessert werden, sowohl in der Aus- und Weiterbildung der Mitarbeiter als auch

beim Personalschlüssel. Hier braucht man einfach mehr Personal, das dem Ganzen gerecht wird.

(Beifall von PIRATEN und LINKEN.)

Dieser Pflegebericht hat auch Dinge aufgezeigt, die verbessert werden müssen, an die man als Politiker so erst einmal gar nicht denkt. Das sind ganz klar Führungsangelegenheiten. Das ist etwas, über das Herr Bender viel berichtet hat. Da gibt es beispielsweise schwierige Angehörige, bei denen keiner genau weiß, wie man mit ihnen reden soll. Es kann nicht sein, dass man dann beschließt, mit diesen Angehörigen nicht mehr reden zu wollen, ihnen aber nicht mitteilt, dass man nicht mehr mit ihnen reden will. Das gehört nun mal auch zu einer Führungskraft, dass sie Entscheidungen trifft, die vielleicht nicht so angenehm sind. Es gehört auch dazu, dass man den Betroffenen diese Entscheidung mitteilt. Da muss ganz dringend nachgeschult werden.

Alles in allem sehen wir, dass es bereits viele Fortschritte in der Pflege gibt, aber wir müssen leider davon ausgehen, dass Herr Bender so schnell nicht arbeitslos wird. Deshalb möchte ich noch einmal sagen, Herr Bender: Machen Sie weiter so, seien Sie ehrlich, seien sie unbarmherzig und legen Sie weiter den Finger in die Wunde. Alle in der Pflege beschäftigten Menschen, vor allem die Pflegebedürftigen, brauchen Sie. - Vielen Dank.

(Beifall von den Oppositionsfraktionen und bei SPD und CDU.)

Vielen Dank. - Es hat nun das Wort die Ministerin für Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie Monika Bachmann.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn ich den Tagesordnungspunkt richtig lese, steht dort: „Aussprache über den Pflegebericht 2015.“ Ich hätte sehr gerne zu diesem Punkt das Wort ergriffen und hätte Ihnen, Herr Bender, herzlich gedankt. Ich hätte Ihnen gerne dafür gedankt, dass Sie vor drei Jahren in einer schwierigen Zeit bereit waren - Kollege Scharf hat das eben dargestellt -, als wir diese problematische Situation wegen Spiesen-Elversberg hatten, diese Aufgabe zu übernehmen. Ich hätte Ihnen sehr gerne gedankt, dass Sie in 13 Regionalkonferenzen in allen Landkreisen Rede und Antwort gestanden haben, und zwar nicht den Pflegenden, dort, wo Sie hingerufen werden, sondern den Angehörigen. Dafür hätte ich Ihnen gerne Danke schön gesagt.

Ich hätte dem Landtag gerne gedankt, dass er so mutig war, einen Mann, der bereit war, diese Aufgabe zu übernehmen, auch letztendlich als unseren Pflegebeauftragten zu bestellen - wenn ich richtig in

(Abg. Maurer (PIRATEN) )

formiert bin, der einzige bundesweit. Wir waren Vorreiter im Saarland, wie in so vielen anderen Dingen. Auch dafür hätte ich Ihnen gerne Danke schön gesagt. Und ich hätte Ihnen gerne Danke schön gesagt, dass Sie mit diesem Pflegebericht den Beleg dafür gegeben haben, dass Sie darauf hingewirkt haben, nicht nur den Dialog zu führen, sondern auch mit unserem Haus zusammenzuarbeiten, uns den Finger zu zeigen und zu sagen: „Ich bin dorthin gerufen worden.“ Herr Bender braucht niemanden zu fragen, wenn in einem Pflegeheim irgendetwas los ist. Wir arbeiten ganz vertrauensvoll mit ihm zusammen, weil er manchmal noch einen besseren Zugang zu den Angehörigen hat als wir vom Ministerium. Das hätte ich gerne gemacht.

Aber ich drücke mich auch nicht davor, auf die Dinge einzugehen, die die LINKE hier vorgetragen hat, als sie auf das Krankenhausstrukturgesetz eingegangen ist. Wissen Sie, Frau Schramm, ich könnte mich ja ärgern. Ich könnte mich ärgern, weil ich etwas wiederholen muss. Ich denke, ich kann von einer Abgeordneten erwarten, dass sie auf dem neuesten Stand der Dinge ist. Sie haben immer von den Demonstrationen gesprochen und von dem, was gefordert werden muss und dem, was dieses Krankenhausstrukturgesetz alles an falschen Inhalten hat. Sie haben dabei aber nicht davon gesprochen, dass wir schon bei der Vorbereitung der Beratung des Gesetzes im Bundesrat sind und dass die Änderungen mittlerweile vorliegen.

Wissen Sie, ich bin morgen früh in einer Veranstaltung der Krankenhausdirektoren von RheinlandPfalz und dem Saarland. Dort ist auch der Präsident des Bundesverbandes zugegen. Es ist doch schön, wenn man liest, dass dieser Dr. Josef Düllings in einer Pressemitteilung, die Sie ja bestimmt auch gelesen haben, schreibt: „Die jetzt geplanten Änderungen am Entwurf des Krankenhausstrukturgesetzes sind ein Erfolg der Vernunft. Anzuerkennen ist, dass der Bundesgesundheitsminister zusammen mit den Ländern“ - das ist nämlich die Bund-Länder-AG, in der wir seit Monaten arbeiten - „damit im Rahmen der derzeitigen Möglichkeit eine vertretbare Grundlage für die rund 2.000 Krankenhäuser in Deutschland geschaffen hat.“

Meine sehr geehrten Damen und Herren, auch das gehört zur Wahrheit, wenn man darüber diskutiert. Das Saarland war in dieser Bund-Länder-Gruppe prominent vertreten und wir haben sehr konzentriert gearbeitet, weil wir einige Baustellen hatten. Wir hatten zum Beispiel die Baustelle Strukturfonds. Wir haben nicht gewusst, wie wir als Haushaltsnotlageland an diese Fondsmittel rankommen. Wenn Sie die Presse verfolgt haben, dann wissen Sie um diese Problematik, dann wissen Sie, dass unsere Krankenhäuser auf die Straße gegangen sind und ich mich der Diskussion bei den Demos gestellt habe.

Ich war auf jeder Demo, auch in Bad Dürkheim, dort habe ich den einen oder anderen nicht gesehen. Wir haben genau gewusst, die Leute haben recht, dort ist der Notstand, dort müssen wir mitarbeiten, dort müssen wir kämpfen. Aber als Haushaltsnotlageland in einer schwierigen Situation natürlich gemeinsam mit anderen Bundesländern, um auch dort Sympathisanten zu finden.

Frau Schramm, wir haben es geschafft! Wir haben es insoweit geschafft, als auf Antrag des Saarlandes und weiterer Unterstützer der Bundesrat im ersten Durchgang des Krankenhausstrukturgesetzes beschlossen hat, dass anstatt des Referenzzeitraums 2012 bis 2014 2015 eingeführt wird. Genau das, was auf den Demonstrationen gefordert wurde und was Ihre Gesundheitsministerin letztendlich in Berlin umgesetzt hat und den Mitgliedern des Bundesrates wie zum Beispiel der Frau Ministerpräsidentin vorlegen konnte.

Ich will weiter auf die Verbesserung der personellen Ausstattung in der Pflege eingehen. Zur Stärkung der unmittelbaren pflegerischen Patientenversorgung wird ein Förderprogramm aufgelegt. Hier wird zusätzlich die Intensivpflege mit in diese Förderung aufgenommen. Auch das ein Punkt von Verdi und den Demonstranten, der auf jeder Demonstration genannt wurde. Deshalb werden in den Jahren 2016 bis 2018 Fördermittel von insgesamt bis zu 660 Millionen Euro aufgelegt. Ab 2018 sollen dauerhaft 330 Millionen Euro zur Verfügung stehen. Ich mache nur einen Streifzug, weil das ein anderer Tagesordnungspunkt ist. Ich gehe davon aus, Sie sind so nett und setzen das nächste Mal diesen Punkt auf die Tagesordnung, damit wir das richtig diskutieren können, denn heute sind wir zeitlich in einer engen Situation.

Ich will nur noch auf die Versorgungszuschläge als Pflegezuschlag eingehen. Ich möchte betonen, dass der Pflegezuschlag keiner Zweckbindung unterlegen ist, dass die Fixkostendegressionsabschläge von fünf auf drei Jahre verkürzt sind. Es geht auch um die Verbesserung der Notfallversorgung, die Portalpraxen, den Investitionsabschlag für ambulante Leistungen an Krankenhäuser, Hygieneprogramme und so weiter und so fort. Machen Sie aus diesem Grund einen ordentlichen Tagesordnungspunkt daraus. Ich würde Ihnen aber vorschlagen, nicht an dem Tag zu telefonieren, ob meine Zahlen stimmen - ich gebe es Ihnen nachher schriftlich -, und bei der nächsten Debatte bei dem Punkt zu bleiben, für den wir hier sind.

Herr Bender, herzlichen Dank für die geleistete Arbeit. Herzlichen Dank, dass Sie derjenige sind, der nicht nur unabhängig diese Arbeit macht, sondern auch den Pflegenden Gehör schenkt und für sie spricht. Herzlichen Dank für die gute Zusammenar

(Ministerin Bachmann)

beit und auf weitere gute Zusammenarbeit. - Ich danke Ihnen.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Weitere Wortmeldungen sind nicht eingegangen. Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zu den Punkten 12 und 16 der Tagesordnung:

Beschlussfassung über den von der PIRATEN-Landtagsfraktion eingebrachten Antrag betreffend: Reanimation in den Unterricht

(Drucksache 15/1568)

Beschlussfassung über den von der CDULandtagsfraktion und der SPD-Landtagsfraktion eingebrachten Antrag betreffend: Wiederbelebung im Unterricht der allgemeinbildenden Schulen (Drucksache 15/1580)

Zur Begründung des Antrages der PIRATEN-Landtagsfraktion erteile ich Frau Abgeordneter Jasmin Maurer das Wort

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, liebe Kolleginnen und Kollegen! Im Jahre 2013 gab es rund 3.400 Fälle, in denen Saarländerinnen und Saarländer einen Herzinfarkt erlitten haben. Rund 70 Prozent aller Herzkreislaufversagen passieren zu Hause, in den eigenen vier Wänden. Es kann jeden treffen, den Partner, Mutter, Vater, Oma, Opa, Onkel, Tante, einen guten Freund, einen Nachbarn oder eine andere nahestehende Person. Bei einem Herzinfarkt sind die ersten fünf Minuten entscheidend, ob jemand bleibende Schäden davonträgt, das heißt, ob er einen Hirnschaden hat oder ob er vielleicht sogar stirbt. Auch wenn wir im Saarland eine sehr gute Hilfsfrist haben, im Schnitt sind unsere Rettungskräfte in zehn Minuten vor Ort, ist es für einen Patienten trotzdem viel zu lange. Eine Laienreanimation, das heißt Wiederbelebungsversuche von Menschen, die nicht als Rettungskräfte in der Ersten Hilfe ausgebildet sind, kann ihr Leben retten. Diese können dafür sorgen, dass Menschen überleben und auch dafür, dass Menschen ohne bleibende Schäden überleben.

Allerdings, je nach Ort in Deutschland beherrschen etwa nur 17 bis 21 Prozent der Menschen die Laienreanimation. Das heißt, in mindestens 79 Prozent der Fälle wird nicht mit einer Wiederbelebung begonnen, teilweise aus Angst, etwas falsch zu machen, oder weil man einfach gar nicht weiß, was man tun soll. Da hilft es auch nicht zu sagen, wenn man den Führerschein macht, gibt es den Erste-Hil

fe-Kurs. Nein, es bringt nichts. Angenommen es ist nur ein Minderjähriger da, der helfen kann, der hat noch keinen Führerschein. Auch das Wissen vom Erste-Hilfe-Kurs ist nicht ausreichend, es muss einfach öfters trainiert werden.