Protokoll der Sitzung vom 11.11.2015

Auch ein dritter Punkt erscheint mir sehr wesentlich. Die Umsetzung soll erfolgen unter Einbeziehung der Hilfs- und Rettungsdienste. Das ist ein ganz wichtiger Aspekt, dass man die Fachkräfte einbezieht, die dann auch mit den Rettungspuppen in die Schule gehen und den Schülern die praktische Umsetzung beibringen können. Ich kann nur sagen …

(Abg. Kessler (B 90/GRÜNE) : … wir sind auf einem guten Weg! - Heiterkeit bei den Oppositionsfraktionen.)

Wir sind auf einem guten Weg, Sie sagen es, Herr Kollege Kessler. Ich bin ja froh, wenn die Opposition unserem Antrag dann zustimmt. Außerdem, Herr Kollege Neyses, spricht nichts dagegen, dieses Thema im Bildungsausschuss aufzugreifen, denn dort hätte es auch hingehört, es hätte dieses Antrages für eine Plenarsitzung nicht bedurft. Ich bitte um Zustimmung für unseren Antrag. Wir werden den Antrag der PIRATEN ablehnen. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Das Wort hat die Kollegin Jasmin Maurer von der PIRATEN-Fraktion.

Danke, Frau Präsidentin! Ich wollte mich doch noch mal zu Wort melden, weil ich etwas dazu sagen möchte, wie die Opposition hier gerade behandelt wird.

(Oh, oh! bei einigen Abgeordneten der Regie- rungsfraktionen.)

Die Opposition braucht weder eine Erlaubnis vom Minister noch von der SPD oder der CDU, wenn sie etwas in die Plenarsitzung einbringt.

(Starker Beifall bei den Oppositionsfraktionen. - Zurufe von den Regierungsfraktionen.)

Ich war im Spätsommer zu einer Expertenkonferenz zu diesem Thema nach Berlin eingeladen. Dort wurde gesagt, dass es bereits sehr viele Gespräche mit Kultusministern gegeben hat. Auf meine Rückfrage, wie weit das Saarland bei diesem Thema sei, erhielt ich die Antwort: Im Saarland war mal was, aber ob das Saarland jetzt was macht, davon haben wir keine Ahnung. Insofern bringe ich hier lieber Themen ein und lasse mir dann sagen „Ist schön und gut, das machen wir schon“, als dass ein wichtiges Thema gar nicht angegangen wird.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen. - Zuruf des Abgeordneten Schmitt (CDU).)

Wie hat mein Kollege Hilberer hier schon mal gesagt? „Die Anträge der Opposition kommen immer zu drei Zeiten - entweder zu früh, zu spät oder zur

(Abg. Neyses (B 90/GRÜNE) )

Unzeit.“ Sie können sich nun aussuchen, ob unser Antrag Ihrer Meinung nach zu früh, zu spät oder zur Unzeit kam. Wir sind jedenfalls froh, dass wir diesen Antrag gestellt haben. - Vielen Dank.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Kolleginnen und Kollegen, weitere Wortmeldungen sind nicht eingegangen. Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung, zunächst über den Antrag der PIRATEN-Landtagsfraktion, Drucksache 15/1568. Wer für die Annahme dieses Antrages ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Ich stelle fest, dass der Antrag Drucksache 15/1568 mit Stimmenmehrheit abgelehnt ist. Zugestimmt haben die Oppositionsfraktionen, dagegen gestimmt haben die Koalitionsfraktionen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Koalitionsfraktionen, Drucksache 15/1580. Wer für die Annahme dieses Antrages ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Ich stelle fest, dass der Antrag Drucksache 15/1580 einstimmig, mit den Stimmen aller Fraktionen, angenommen ist.

Wir kommen zu den Punkten 13 und 17 der Tagesordnung:

Beschlussfassung über den von der BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN-Landtagsfraktion eingebrachten Antrag betreffend: Einsatz von Glyphosat auf öffentlichen Flächen verbieten! (Drucksache 15/1566)

Beschlussfassung über den von der CDULandtagsfraktion und der SPD-Landtagsfraktion eingebrachten Antrag betreffend: Verantwortungsvoller Umgang mit Herbiziden - Einsatz von Glyphosat auf das Notwendigste reduzieren (Drucksache 15/1578)

Zur Begründung des Antrages der BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN-Landtagsfraktion erteile ich Herrn Abgeordneten Michael Neyses das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Glyphosat gilt als der meistverwendete Pestizidwirkstoff der Welt. Die Hersteller haben die erneute EU-Zulassung des Pflanzenvernichtungsmittels für weitere zehn Jahre beantragt. Die Entscheidung darüber wurde jetzt um ein halbes Jahr bis Mitte 2016 verschoben, weil starke Zweifel an der Unbedenklichkeitsbescheinigung des Bundesinstituts für Risikobe

wertung (BfR) aufgekommen sind. Auf dieser Basis darf es keine Neuzulassung geben. Im Gegenteil: Solange Zweifel an der gesundheitlichen Unbedenklichkeit bestehen, muss ein Anwendungsmoratorium für Glyphosat verhängt werden. Wir hoffen, dass es zu dieser Entscheidung auf EU-Ebene kommt.

Das Allround-Ackergift Glyphosat tötet jede Grünpflanze, es sei denn, sie ist entsprechend gentechnisch verändert oder durch jahrelangen massiven Glyphosat-Einsatz gegen den Stoff resistent geworden. Hersteller Monsanto und die Zulassungsbehörden betonen seit der Markteinführung in den Siebzigerjahren bis heute die Harmlosigkeit des Giftes. Dabei gibt es schon lange viele Hinweise auf massive Gesundheitsgefahren. Im März dieses Jahres stuften die Krebsexperten der Weltgesundheitsorganisation Glyphosat als wahrscheinlich krebserregend für Menschen ein.

Professor Ivan Rusyn hat an der Veröffentlichung der IRAC-Monografie mitgearbeitet und klargestellt, dass es auch Studien gab, die auf eine Einstufung in Gruppe 1 - krebserregende Wirkung - hingewiesen hätten. Die Einstufung kam zu einem brisanten Zeitpunkt, mitten im laufenden Wiederzulassungsverfahren für das Pflanzengift. Deutschland ist als sogenannter Berichterstatter für die Risikobewertung zuständig. Diese Arbeit erledigt vor allem das BfR. Das BfR wollte Glyphosat gerade erneut Unbedenklichkeit bescheinigen und sah keinerlei Krebsrisiko, als die WHO-Einstufung bekanntgegeben wurde. Die deutsche Behörde beeilte sich, das Urteil der Experten von der internationalen Krebsforschungsagentur IARC infrage zu stellen und den eigenen Bericht so schnell wie möglich an die EU abzugeben, anstatt ihn noch einmal gründlich zu überarbeiten.

Die Wissenschaftler Eberhard Greiser und Peter Clausing haben den BfR-Bewertungsbericht unabhängig voneinander kritisch unter die Lupe genommen und sind zum Schluss gekommen, dass die Behörde eine ganze Reihe von Studien offenbar vorsätzlich aussortiert und nicht berücksichtigt hat, und zwar vor allem solche, die Hinweise auf das Krebsrisiko von Glyphosat geben.

Das ursprüngliche Monsanto-Patent für Glyphosat ist längst abgelaufen; dennoch macht der Agrarmulti immer noch einen großen Teil seines Geschäfts mit dem Pflanzenkiller, vor allem im Paket mit den darauf abgestimmten Gentechnikpflanzen, die man auch während ihres Wachstums damit spritzen kann, um lästiges Unkraut loszuwerden. In Deutschland werden derzeit keine Gentechnikpflanzen angebaut. Glyphosat wird trotzdem immer mehr eingesetzt: vor der Aussaat, nach der Ernte und sogar kurz vor der Ernte zur sogenannten Abreifebeschleunigung, auch Totspritzen genannt.

(Abg. Maurer (PIRATEN) )

Rund 5 bis 6 Millionen Liter - 5.900 Tonnen - reines Glyphosat werden Jahr für Jahr in Deutschland versprüht. Glyphosat-Rückstände sind daher inzwischen in vielen Lebensmitteln und sogar in unseren Körpern nachweisbar, etwa in Urin und in Muttermilch. Wir und unsere Kinder werden durch Glyphosat vergiftet.

Diese Tests wurden bezeichnenderweise nicht von Behörden vorgenommen, sondern vom BUND und von der Bundestagsfraktion der GRÜNEN. Nach der zeitlichen Verschiebung hat die EU jetzt bis Mitte 2016 Zeit, über die Glyphosat-Neuzulassung für weitere zehn Jahre zu entscheiden. Die europäische Lebensmittelaufsichtsbehörde EFSA wird dazu unter anderem auf der Basis des fragwürdigen BfR-Bewertungsberichts eine Empfehlung an die EU-Kommission erarbeiten. Am Ende müssen auch die Mitgliedsstaaten zustimmen.

Bis es zu einem abschließenden Urteil kommt, sollten wir vor dem Hintergrund der Gefahren und aufgrund unserer Vorsorgeverpflichtung auf Landesebene alles tun, um den Einsatz von Glyphosat so gut wie möglich einzuschränken. Rheinland-Pfalz ist bereits mit gutem Beispiel vorangegangen. Dort hat die Umweltministerin den Pflanzenschutzdienst angewiesen, keine Genehmigungen mehr für den Einsatz des Unkrautvernichtungsmittels Glyphosat auf öffentlichen Freiflächen zu erteilen.

(Beifall von B 90/GRÜNE.)

Dieses Verbot ist auf dem Weg zwar kein großer Wurf, aber es ist weit mehr, als die saarländische Landesregierung tun will. Es ist das, was auf Landesebene möglich ist: ein Anfang vom Ende von Glyphosat.

Bereits 2013 hat sich der Bundesrat für ein Verbot des Mittels in Haus- und Kleingärten sowie des Einsatzes in der Landwirtschaft kurz vor der Ernte ausgesprochen. Wir erwarten von der Landesregierung, dass sie diese Initiative noch einmal aufgreift. Angesichts der Tatsache, dass ein Antrag auf Verbot von Glyphosat bereits auf dem vergangenen Landesparteitag der SPD Saar zur Abstimmung stand, hofften wir zunächst auf die Zustimmung seitens der Koalitionsfraktionen.

Im SPD-Antrag stand auch richtigerweise, dass vor dem Hintergrund der TTIP-Verhandlungen ein Glyphosat-Verbot in Zukunft noch schwieriger bis unmöglich sein könnte. Dort stand auch richtigerweise, dass sich der Wirkstoff als kanzerogen und embryoschädigend erwiesen hat. Im gemeinsamen Antrag mit der CDU wird aus den Risiken dann: „Neben den bekannten Risiken sind damit auch erhebliche ökologische Vorteile verbunden.“ So sieht die Politik der SPD in diesem Land aus!

(Beifall von B 90/GRÜNE. - Abg. Kessler (B 90/GRÜNE) : Hört, hört!)

Die Koalition hat gestern einen korrespondierenden Antrag vorgelegt. Es ist ein Antrag, den man leider als mutlosen Antrag verstehen muss. Sie möchten auf Bundesebene darauf hinwirken, dass Glyphosat im Bereich privater Haushalte verboten wird. Warum wirken Sie nicht darauf hin, dass Glyphosat auf Bundesebene ganz verboten wird? Damit würde auch ein EU-weites Verbot von Glyphosat in greifbare Nähe rücken. Wir GRÜNE möchten keine Genehmigung auf öffentlichen Freiflächen mehr. Sie wollen weiterhin Ausnahmen zulassen.

Außerdem wollen Sie eine Anhörung im Ausschuss zum Einsatz von Glyphosat. Das unterstützen wir selbstverständlich. Wir finden es auch richtig, über die Landwirtschaftskammer als Pflanzenschutzamt auf den sensiblen Einsatz des Wirkstoffs in der Landwirtschaft hinzuwirken. Viele Menschen sind sich ja der Risiken gar nicht bewusst und setzen Pestizide viel zu sorglos ein, die dann über Wege in der Kanalisation landen. Jedoch ist beim Versuch der reinen Selbstkontrolle eine Überwachung kaum gegeben.

Zudem hat ein Verbot eine ganz andere Signalwirkung und stellt sicher, dass das Gift in bestimmten Bereichen gar nicht mehr angewandt wird. Alternativen sind ja vorhanden. Das Abflammen oder Ausreißen von Unkraut ist leicht umsetzbar. Das zeigt beispielsweise die Stadt Mainz mit ihrer umweltfreundlichen Bewirtschaftung von Grün- und Freiflächen. Dass Alternativen möglich sind, zeigt auch der Ökolandbau im Saarland. Selbst die Landwirte, die konventionell erzeugen, wollen wieder aufs Pflügen setzen.

Die Baumärkte im Saarland haben bereits auf die Warnungen reagiert und das Mittel - meistens verkauft als Roundup - aus den Regalen genommen. Sie begrüßen das in Ihrem Antrag als einen Erfolg des Umweltministers. Das scheint mir immer öfter die Methode der Landesregierung zu sein: Andere sollen sich um die Probleme kümmern. Dort, wo das geschieht, verkaufen Sie es als eigenen Erfolg.

Wir setzen mit diesem Antrag ein Zeichen unserer Verantwortung für den Umwelt- und Gesundheitsschutz. Wir fordern die Landesregierung auf, sich in einer Bundesratsinitiative für eine erneute Diskussion über das Verbot von Glyphosat einzusetzen. Meine Damen und Herren, ich darf Sie bitten, diesem Antrag unter gleichzeitiger Überweisung an den Ausschuss für Umwelt und Verbraucherschutz zuzustimmen. Der Antrag der Großen Koalition ist mutlos, daher lehnen wir diesen ab. - Vielen Dank.

(Beifall von B 90/GRÜNE.)

(Abg. Neyses (B 90/GRÜNE) )

Vielen Dank, Herr Abgeordneter. - Zur Begründung des Antrags der Koalitionsfraktionen erteile ich Herrn Abgeordneten Dr. Magnus Jung das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Selbstverständlich nehmen die Koalitionsfraktionen, speziell die SPD-Fraktion, die jahrelange Diskussion um die möglichen Gefahren des Herbizids Glyphosat sehr ernst. Wir nehmen es ernst, dass es gerade in den letzten Monaten zu vermehrten Hinweisen gekommen ist, dass Glyphosat krebserregend sein kann und dass es möglicherweise auf die menschlichen Gene negativen Einfluss haben kann.

Wir nehmen aber auch zur Kenntnis, dass es an dieser Stelle unterschiedliche Studien gibt und dass deshalb bislang keine einheitliche wissenschaftliche Bewertung vorgenommen worden ist. Wenn man nicht genau weiß, wie gefährlich ein Stoff tatsächlich ist, dann ist es klug, dem Grundsatz zu folgen: Sicherheit geht vor wirtschaftlichen Interessen. Allerdings gilt für uns natürlich auch der Grundsatz, dass wir nur das machen können, was im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten zulässig ist. Sehr geehrter Herr Kollege Neyses, das ist das, was die saarländische Landesregierung in den letzten Monaten schon getan hat. Es hat an dieser Stelle auch nicht der entsprechenden Beantragung der GRÜNEN bedurft, um tätig zu werden.

(Sprechen. - Zuruf des Abgeordneten Ulrich (B 90/GRÜNE).)

Aha, der Kollege Ulrich ist auch wieder da. Ich begrüße Sie ganz herzlich. - Die saarländische Landesregierung ist hier an vielfältigen Stellen tätig geworden. Es hat Gespräche mit den Baumärkten im Saarland gegeben. Das Ergebnis: Die entsprechenden Mittel sind aus dem Verkauf genommen worden. Es hat Gespräche mit den Kommunen und dem Landesbetrieb für Straßenbau gegeben, in denen der Minister gebeten hat, auf den Einsatz von Glyphosat zu verzichten.

Man fragt sich an dieser Stelle, was eigentlich in den Jahren von 2009 bis 2012 passiert ist. Es ist ja nicht so, dass sozusagen mit dem Einzug von Sozialdemokraten ins Umweltministerium der Einsatz von Glyphosat wieder angeordnet worden wäre.

(Anhaltendes Sprechen. - Abg. Ulrich (B 90/ GRÜNE) : Langsam wird diese Leier unheimlich langweilig.)