Wir wissen, unsere Vorschläge sind eine Provokation, und wir können feststellen, dass viele sie nicht verstehen, aber sie zumindest akzeptieren. Ich hatte es heute Morgen ja schon angesprochen. Herr Albrecht, Sie haben von einer Fata Morgana gesprochen. Aber wir wissen: Eine Fata Morgana kann nur das widerspiegeln, was es in der Realität gibt. Wir wissen, unsere Vorschläge sind eine Provokation für all diejenigen, die keine Verwaltungs- und Funktionalreform wollen, zumindest heute nicht. Sie sind eine Provokation für diejenigen, die in der nächsten Zeit eben kein Personalkonzept erstellen wollen. Sie sind eine Provokation für diejenigen, die aus ihrem Ministerium Förderprogramme ausgelagert haben – zum Beispiel an die SAB –, aber nicht die entsprechenden Stelleneinsparungen gebracht haben. Und sie sind eine Provokation für diejenigen, die eine Fördermitteldatenbank erstellt haben, die immer teurer wird.
Aber unsere Vorschläge sind notwendig. Sie sind notwendig, um die Probleme, die anstehen, zu lösen, und dies so schnell wie möglich.
Danke schön. – Ich rufe die SPD-Fraktion, Herrn Pecher, auf. – Kein Redebedarf. Die NPD, Herr Leichsenring? – Er war mir angekündigt worden.
Dann wechseln wir mal die Reihenfolge. Ich rufe die FDP-Fraktion auf. Herr Zastrow, Sie haben noch viereinhalb Minuten für Ihre Fraktion; bitte schön.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Für Details habe ich jetzt trotz der viereinhalb Minuten keine Zeit mehr; deswegen würde ich vorschlagen, dass wir ganz zum Schluss einmal nicht über Ausgaben, sondern über Einnahmen reden.
Genau, Herr Dr. Metz! Ich habe es gestern schon einmal angesprochen, und zwar geht es um das Thema Kfz-Steuer. Noch einmal zur Wiederholung: Seit August 2002 wäre es möglich, in Sachsen eine Bundesregelung umzusetzen, nämlich dass wir säumigen Kfz-Steuerzahlern auf den Pelz rücken. Die Regelung sieht vor, dass man ein neues Kfz erst dann anmelden kann, wenn alle bisherigen Kfz-Steuerschulden beglichen worden sind. Bisher macht der Freistaat Sachsen davon leider keinen Gebrauch, und das führt dazu, dass die Kfz-Steuerschulden zum Beispiel im Jahr 2004 insgesamt eine Höhe von 36 Millionen Euro erreicht haben.
Viel interessanter ist vielleicht noch, dass seitens der Finanzbehörden insgesamt 69 Beamte damit beschäftigt sind, diese Steuerschulden einzutreiben – 69 Beamte, die einschließlich der Sachkosten pro Jahr immerhin 3,1 Millionen Euro wertvolles Steuergeld kosten.
Was mich interessieren würde, ist: Wie schaffen wir es, das System zu ändern? Wie schaffen wir es, diese Bundesrichtlinie zu nutzen? Ich wäre Ihnen sehr dankbar, sehr geehrter Herr Metz, wenn Sie uns hier vielleicht noch kurz erklären könnten, wann diese auch für Sachsen sehr vorteilhafte Regelung in Sachsen umgesetzt wird, damit wir uns dieses Geld nicht weiter entgehen lassen.
Danke schön. – Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Man kann ein Land auch kaputt sparen, und genau das machen Sie im Moment – meine Damen und Herren auf der Regierungsbank und von den Koalitionsfraktionen –, zumindest dann, wenn dieser Haushalt durchgeht, und daran zweifle ich in keiner Weise. Ich halte ihn für unsolide, unsozial und er würde die sächsischen Kommunen endgültig strangulieren.
Hat man die Ausgaben bei den Einzelplänen 01 bis 14 entweder gegenüber dem Vorjahr leicht erhöht oder beim bisherigen Stand belassen, so kommt das dicke Ende dann doch im Einzelplan 15, der ja alle anderen Pläne tangiert. Darin sind immerhin Mittelkürzungen von 542 Millionen Euro im Jahr 2005 gegenüber dem Haushaltsjahr 2004 und weitere 264 Millionen Euro im Haushaltsjahr 2006 vorgesehen, zusammen also knapp 806 Millionen Euro. Allein bei den Personalausgaben sollen 226 Millionen Euro eingespart werden, bei den Zuweisungen und Zuschüssen 168 Millionen Euro, bei den Baumaßnahmen 80 Millionen Euro und – besonders perfide – bei den Investitionen und Investitionsfördermaßnahmen summa summarum 409 Millionen Euro. Die Nettoneuverschuldung soll 350 Millionen Euro 2005 und 250 Millionen Euro 2006 betragen.
Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank: Ist Ihnen eigentlich klar, dass die von Ihnen beabsichtigte radikale Kürzung gerade der Investitionsmittel für die ohnehin finanziell arg gebeutelten kleinen und mittelständischen Betriebe hier eine Katastrophe ist? Manchmal hat man den Eindruck, einige von Ihnen leben wirklich in einem parlamentarischen Elfenbeinturm, dass Ihnen das alles gleichgültig ist. Das hat man erst am vorigen Donnerstag im Präsidium gemerkt, das hat mich richtig aufgeregt. Mich regt nicht allzu viel auf, denn dazu habe ich ein zu dickes Fell; aber wie man sich hier abschotten will mit Bannmeilenbeschlüssen, das hat mich umgehauen. Das ist doch nur ein Anzeichen dafür, wie Sie sich hier vom Volk entfernen wollen. Sie nehmen das Volk oder die betroffenen Menschen, die für irgendetwas demonstrieren wollen, nur noch als Störfaktor in Ihrer parlamentarischen Ruhe wahr; nichts anderes ist das nämlich.
Die Lage der Handwerksbetriebe, speziell der des Bauhandwerks, scheint Ihnen gar nicht bekannt zu sein. Viele dieser Betriebe sind auf öffentliche Aufträge angewiesen. Diese bleiben natürlich aus, wenn die Kommunalfinanzen weiter zurückgefahren werden. Das wird für viele Handwerksbetriebe, die keinerlei Finanzpolster haben und von der Hand in den Mund leben, das Aus bedeuten. Es wird noch mehr Arbeitslose, noch mehr Hartz-IV-Opfer und noch weniger Steuer- und Beitragszahler geben. Das ist ein Teufelskreis, aus dem man irgendwann nicht mehr herauskommt.
Besonders bluten sollen, wie ich es gerade gesagt habe, die Kommunen. Sie wollen die Schlüsselzuweisungen an die Gemeinden um 124 Millionen Euro, die an die Landkreise um 88 Millionen Euro und die an die Kreisfreien Städte um 149 Millionen Euro senken. Allein der Landkreis Sächsische Schweiz, wo ich Kreisrat bin, hat den Haushalt 2004 erst im Dezember 2004 durchgekriegt. Das Wasser steht bis Oberkante Unterlippe. Wenn hier noch weiter gekürzt wird, dann wird es zu den Maßnahmen kommen, die im Gesetz vorgesehen sind.
Wenn Sie auf die kommunale Investitionspauschale von 50 Millionen Euro verweisen, dann sollten Sie diesen Betrag einmal auf die einzelnen Gemeinden herunterbrechen, um festzustellen, was jede Gemeinde 2005 abrufen kann. Die Investitionspauschale ist sicherlich gut gemeint, aber ein Tropfen auf den heißen Stein. Viele Kommunen existieren – man könnte fast schon sagen: vege
tieren – am finanziellen Abgrund. Eine bessere Finanzausstattung der Kommunen, insbesondere zur Verbesserung der Infrastruktur in den ländlichen Räumen, ist aber äußerst wichtig.
Bereits heute bereiten den sächsischen Kommunen vor allem das Rekordtief bei den Investitionen sowie zu hohe Kassenkredite und Sozialausgaben große Sorgen. Angesichts dieser Tatsache wissen wir noch gar nicht, was mit Hartz IV im Endeffekt auf die Kommunen zukommt. Ich weiß, dass dafür Geld durchgereicht wird. Aber ob das ausreichen wird – ich glaube nicht daran. Es soll aber noch einmal alles um 360 Millionen Euro gekürzt werden. Dafür muss man schon ziemlich lebensfern sein, meine Damen und Herren. Einerseits führen die drastisch gesunkenen Steuereinnahmen unseres Landes aufgrund der schleppenden Konjunktur und des anhaltenden Bevölkerungsverlusts zu einer Reduzierung der Finanzzuweisungen an die Kommunen und damit zu geringeren Einnahmen der Gemeinden, Städte und Landkreise. Andererseits sind die Ausgaben der Kommunen trotz eines erheblichen Personalabbaus in den Kommunalverwaltungen ständig gestiegen, insbesondere im Bereich der Jugend- und Sozialhilfe. Die Gründe hierfür sind klar: die hohe Arbeitslosigkeit in Sachsen, die ständige Übertragung neuer Aufgaben sowie die Festlegung neuer Standards durch den Bund und die EU, für die kein oder nur ein unzureichender Kostenausgleich gewährt wird.
Neben der bereits angesprochenen Erhöhung der kommunalen Investitionspauschale von 50 Millionen Euro beantragen wir die Schaffung des neuen Titels „Investive Sonderzuweisung an die Kommunen für Arbeitsbeschaffungs- und Infrastrukturmaßnahmen“ für das Jahr 2006. Angesichts der desolaten finanziellen Situation der sächsischen Kommunen, der schwachen Binnenkonjunktur und der derzeitigen Nachfragelücke kann nach unserer Ansicht eine zweckgebundene investive Sonderzuweisung die sächsischen Kommunen wieder in die Lage versetzen, als Auftraggeber für Handwerksbetriebe und das örtliche Gewerbe aufzutreten. Ich denke, damit würde den Gemeinden am besten geholfen sein.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren Kollegen! Das war für unsere Fraktion in dieser Zusammensetzung die erste Haushaltsberatung. Ich habe schon ein paar Beobachtungen, die ich gemacht habe, mitgeteilt. Ein paar Punkte, die mir besonders aufgefallen sind, möchte ich aber noch einmal ansprechen. Ich nehme durchaus wahr, dass vor allem die CDU-Fraktion ein etwas gestörtes Verhältnis zu der Erkenntnis hat, dass ökologisches Denken, das auch sehr viel mit Wirtschaft zu tun hat, für eine moderne Gesellschaft notwendig ist. Wir werden uns noch fünf Jahre lang darüber streiten; ich hoffe, vernünftig. Ich glaube, dieser Blick
Dasselbe trifft für den weiblichen Blickwinkel zu. Wenn in dieser Beratung etwas deutlich geworden ist, dann dies: Diese Regierung kann den weiblichen Blickwinkel viel zu wenig wahrnehmen.
Das haben wir zum Beispiel in der Debatte zur Abwanderung bemerkt, insbesondere als es um die Frage ging, warum so viele junge Frauen abwandern, prozentual gesehen übrigens mehr als in anderen ostdeutschen Ländern. Es gibt eine richtige Frauenflucht aus Sachsen. Machen Sie sich einmal Gedanken darüber, woran das liegen könnte!
Wir haben Zeit. Wir sehen uns in diesem Rund alle wieder und können das weiter ausdiskutieren. Ich meine, dass insoweit Nachholbedarf in Sachsen besteht. Wir werden mächtig dafür streiten, dass er aufgeholt wird.
Das eine ist, ein Land zu regieren. Das andere ist, ein Land so zu regieren, dass die Bürgerinnen und Bürger in der Lage sind, die meisten Angelegenheiten selbst zu regeln. Dorthin müssen wir wegen der Notwendigkeit des Verwaltungsabbaus kommen. Das wissen Sie so gut wie wir. Deshalb müssen wir Wege dahin finden.
Wir haben demografische Zwänge und den Verwaltungsabbau zu bewältigen. Bildung und der Zugang zu Informationen gehören wesentlich dazu, damit es handlungsfähige Bürger gibt. Anderenfalls bekämen wir wirklich Probleme, vor allen Dingen im ländlichen Raum. Ich glaube, auch darüber werden wir uns noch einmal heftig streiten müssen.
Auf vergangenen Lorbeeren darf man sich nicht ausruhen, auch wenn ich immer wieder betone: Es ist eine großartige Leistung der bisherigen Haushaltsführung in diesem Land, dass Fehler anderer vermieden worden sind. Aber: Dieser Erfolg ist keine Monstranz, die man vor sich hertragen kann, nach dem Motto: Toll, wie wir waren!
Was resultiert daraus? Die Kreditermächtigungen in dreistelliger Millionenhöhe, die Sie sich selber einräumen, sind relativ hoch; das wissen Sie. Sie haben die Möglichkeit, noch weiter hochzugehen. Damit vermeiden Sie einen Nachtragshaushalt. Ich kann das nachvollziehen. Gleichzeitig führt das zu einer Distanzierung der Regierung vom Parlament in Budgetfragen. Ich habe bereits gestern ausgeführt, dass die Geschichte der Parlamente mit dem Streit darüber begonnen hat, welche
Steuern und Abgaben der König erheben darf und wie die eingenommenen Gelder ausgegeben werden sollen. Es wird ein wesentlicher Aspekt der politischen Kultur in Sachsen sein, wie wir über das Geld, das wir einnehmen und ausgeben, verhandeln. Es ist keine Regierungsangelegenheit, sondern ursächliche Sache des Parlaments, das Budgetrecht wahrzunehmen.
Als ich mir die Liste der überplanmäßigen Ausgaben in der zweiten Hälfte 2004 angesehen habe, ist mir aufgefallen, dass vor allen Dingen beim Personalabbau und für Baumaßnahmen überplanmäßige Ausgaben angefallen sind. Das Geld, das Sie sich für 2004 selbst bewilligt hatten, hat nicht ausgereicht. Sie haben den Personalabbau nicht schnell genug vorantreiben können und mussten weitere Gehälter auszahlen, weil die Kündigungen nicht geklappt haben. Zum anderen haben Sie die Kosten für Baumaßnahmen zu niedrig angesetzt. Das finde ich schwierig. Auf der einen Seite stellen Sie einen Doppelhaushalt vor, mit dem Sie belegen wollen, der Personalabbau in der Verwaltung finde statt. Auf der anderen Seite fallen überplanmäßige Ausgaben an, weil Sie damit nicht vorankommen. Sie suggerieren eine Tätigkeit, die nicht wirklich stattfindet und die ein Jahr später durch überplanmäßige Ausgaben zurückgeholt wird. Ich halte das nicht für richtig.
Herr Kollege Bolick, ich komme auf einen Punkt zu sprechen, den Sie aufgebracht haben. Die Gesetzgebungskompetenz für Steuern liegt beim Bund. Das ist richtig, aber nicht allein richtig. Sie wissen genau, dass der Bundesrat in der Lage wäre, mit dem Bund zum Thema „Steuern“ in Verhandlungen zu treten. Die Länder sind inzwischen viel zu stark, als dass in Steuerfragen der Bund allein zuschlagen könnte. Die meisten Steuern sind keine Bundes-, sondern Gemeinschaftssteuern, über die stets im Einvernehmen mit den Ländern entschieden werden muss. Es gab öfters Angebote, über Steuern zu reden. Diese wurden im Großen und Ganzen verworfen, weil die CDU der Meinung war, sie hätte das beste Steuerkonzept gehabt. Nur umgesetzt wird es nicht. Man hätte viele kleine Fortschritte erreichen können. Dem hat sich die CDU in diesem Land insgesamt verweigert. Ich finde es schade, wenn Sie sich hier hinstellen und sagen, die Steuerkompetenz liege beim Bund, und da könne man nichts machen. Sie tun so, als könne man die Einnahmensituation nicht ändern. Man könnte! Man müsste es wollen!
Ein letztes Wort zum Paunsdorf-Center! Das ist eine traurige Geschichte. Aber ich will der Ehrlichkeit halber sagen: Beide Lösungen, die infrage kommen, sowohl der Kauf als auch die weitere Anmietung, die durch den Knebelmietvertrag gegeben ist, sind unwirtschaftlich. Keine von beiden besticht durch Eleganz. Auf der anderen Seite ist es durchaus berechtigt, die Frage zu stellen, welche der beiden schlechten Lösungen die weniger schlechte ist. Ich glaube, es ist richtig, das auch vom Haushaltsausschuss absegnen zu lassen.