Verfahren über den Einspruch der Eheleute Nelson gegen die Gültigkeit der Wahl zum Landtag von Sachsen-Anhalt vom 21. April 2002 - Az. 4. WP/ WPR 1
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch nach dieser Wahl zum Landtag lag ein Wahleinspruch vor, mit dem sich der Wahlprüfungsausschuss, welchem die Mitglieder des Ausschusses für Recht und Verfassung angehören, in vier Sitzungen befasst hat. Als Ergebnis der Befassung liegt Ihnen nun diese Beschlussempfehlung vor.
Inhaltlich ging es in dem Verfahren darum, dass sich die Einspruchsführer beklagten, bei der Wahl zum Landtag am 21. April 2002 hätten in den Wahlkabinen der Gemeinde Seebenau nur Bleistifte zum Ankreuzen der Stimmzettel ausgelegen. Sie hätten ihre Wahlscheine daraufhin unausgefüllt zurückgegeben und auf den Umstand der Ungültigkeit der Wahl in Seebenau aufmerksam gemacht, da sie von einer Manipulationsmöglichkeit ausgegangen seien.
Die Bleistifte sind in der Folge durch Kugelschreiber ersetzt worden. Dieser Verstoß gegen das Recht auf Wahlgleichheit ist seitens der Einspruchsführer ebenfalls gerügt worden.
Zum Verfahren ist Folgendes zu bemerken: Nachdem die Einspruchsfrist für die Beteiligten nach § 2 Abs. 1 des Wahlprüfungsgesetzes abgelaufen war, wurde in der 2. Sitzung des Wahlprüfungsausschusses am 8. Juli 2002 das formale Verfahren eingeleitet und zunächst vom Wahlprüfungsausschuss die Zulässigkeit des Einspruchs festgestellt.
Nach § 5 Abs. 1 des Wahlprüfungsgesetzes muss über den Einspruch in öffentlicher Sitzung verhandelt werden. Es kann aber von der mündlichen Verhandlung abgesehen werden, wenn alle Beteiligten nach § 6 des Wahlprüfungsgesetzes - das sind, meine Damen und Herren, Einspruchsführer, Landtagspräsident, Minister des Innern, Landeswahlleiter und Kreiswahlleiter - auf die Anberaumung eines Termins verzichten. Diese Bereitschaft wurde von allen schriftlich erklärt.
Der Ausschuss kam daraufhin in seiner 3. Sitzung am 18. September 2002 überein, auf die mündliche Verhandlung zu verzichten. Daneben hatte der Wahlprüfungsausschuss um schriftliche Stellungnahmen des Landeswahlleiters unter Beteiligung des Kreiswahlleiters und des Gesetzgebungs- und Beratungsdienstes zu dem vorliegenden Einspruch gebeten. Aufgrund dieser Stellungnahmen ist der Ausschuss übereingekommen, den Berichterstatter um die Vorlage einer Beschlussempfehlung zu dem Wahleinspruch zu bitten.
Diese Vorlage lag zur 4. Sitzung des Ausschusses am 4. Dezember 2002 vor und wurde mit einigen Änderungen vom Ausschuss einstimmig bestätigt. Diese geänderte Vorlage liegt Ihnen, meine Damen und Herren, mit
einer detaillierten rechtlichen Begründung vor. Ich darf auf diese verweisen und es Ihnen ersparen, diese noch einmal en détail vorzutragen.
Inzwischen ist auch die Einspruchsfrist für Einspruchsberechtigte nach § 2 Abs. 2 des Wahlprüfungsgesetzes abgelaufen, sodass die Beschlussempfehlung an den Landtag nunmehr als abschließend zu betrachten ist.
Dann stimmen wir ab über die Drs. 4/402. Wer stimmt zu? - Das ist die Mehrheit. Stimmt jemand dagegen? - Stimmenthaltungen? - Weder Gegenstimmen noch Stimmenthaltungen. Damit ist diese Beschlussempfehlung einstimmig verabschiedet worden und der Tagesordnungspunkt 15 ist abgeschlossen.
Kampfmittel- und Munitionsräumung in der ColbitzLetzlinger Heide vor Flächenübertragung an die Kommunen
Einbringer des Antrages der Fraktion der PDS ist der Abgeordnete Herr Czeke. Bitte sehr, Herr Czeke.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir sind mit diesem Thema schon seit einigen Jahren befasst. In der Drs. 3/318 vom 17. September 1998 liegt dazu bereits eine Kleine Anfrage von mir vor. In der Antwort verwies jedoch die damalige Landesregierung auf die Bundeshoheit und verzichtete letztlich auf eine Beantwortung der detaillierten Fragen.
Der so genannte Heidekompromiss hat bekanntlich eine Vorgeschichte. Kompromiss deshalb, weil der eine Teil Truppenübungsplatz oder Gefechtsübungszentrum ist. Dort wird übrigens nicht nur die Verteidigung der Bundesrepublik trainiert, sondern auch - oder besser: gerade - Angriffsstrategien, was nach unserer Ansicht nicht mit dem Grundgesetz und dem Auftrag an die Bundeswehr in Einklang steht. Die Initiative „Offene Heide“, die immer am ersten Sonntag des Monats für die zivile Nutzung der Colbitz-Letzlinger Heide ihre Demonstration durchführt, hat daher meine volle Unterstützung.
Seit Beginn der Munitionsbergung - ungefähr im Jahr 1994 - wurde mit Sondierungstiefen bis 6 m gearbeitet. Dann kam es anscheinend vonseiten des Bundes zu Kürzungen, sodass die Tiefe sich auf 20 bis 40 cm belaufen soll, was mir eine auf diesem Gebiet eingesetzte
private Bergungsfirma so bestätigt hat. Aus Datenschutzgründen möchte ich diese Firma allerdings nicht nennen. Sicher, die größten Mengen von Kampfmitteln und Munition liegen in geringer Tiefe.
Wir verstehen unter der praktischen Umsetzung unseres Antrages zuerst - und zuallererst - die Aufsuchung, sprich die Sondierung - und das für die oben aufgeführten Kampfmittel bzw. die Munition in einer Tiefe bis zu 6 m. Erst dann ist die Fläche frei und damit zivil nutzbar, sprich ungefährlich.
In den letzten Tagen rief mich eine Journalistin an und fragte mich, ob ich den hier gestellten Antrag wirklich ganz ernst meine, dass man die Fläche der ColbitzLetzlinger Heide tatsächlich 6 m tief umgraben möchte. Fakt ist eines - ich habe es eben noch einmal deutlich gemacht -: Es geht uns erstens um die Aufsuchung. Wenn sich in 6 m Tiefe nichts findet, muss da auch nicht gebuddelt werden. Logisch! Die geringe Tiefe von 20 bis 40 cm ist jedoch absolut nicht ausreichend, da schon das Befahren mit Radfahrzeugen über den Bodendruck dazu führen kann, dass Munition und Kampfmittel an die Oberfläche befördert werden, die dann auch ausgelöst werden könnten.
Daraus resultiert natürlich die nach unserer Auffassung begründete Sorge der Kommunen, bei der geplanten Ausweisung des Naturparks Colbitz-Letzlinger Heide später in irgendeiner Weise in Haftung genommen zu werden. Der Heidekompromiss an sich geht davon aus, dass es in Absprache zwischen Bund und Land zu einer Beräumung kommen soll. Das kann nicht zu finanziellen Lasten der Kommunen gehen. Für die weitere militärische Nutzung im Nordteil ist die Bundesebene in der Pflicht, die Freiheit von Munition und Kampfmitteln in der Fläche zu garantieren.
Wegen der Aktualität des Themas, auch im Hinblick auf die Naturparkausweisung und zum Beispiel den Schutz gerade der Grundwasserreserven, beantrage ich zusätzlich zum SPD-Änderungsantrag eine Überweisung in den Umweltausschuss. Da die Kollegen der SPD die Kosten ansprechen, müsste sich selbstredend auch der Finanzausschuss mit diesem Antrag befassen. Ich bin aber der Meinung, dass die Kosten höchstwahrscheinlich beim Bund entstehen. Der Finanzausschuss bräuchte daher dieses Thema nicht auf die Tagesordnung nehmen.
Die Tiefe von 6 m, die wir angesprochen haben, resultiert auch aus der Praxis und hat etwas mit der physikalischen Wirkung von Sprengmitteln an sich und Munition im Besonderen zu tun. Die Munition mit dem größten Gewicht - das wird jedem einleuchten - liegt statistisch gesehen natürlich auch in größerer Tiefe. Gerade bei Auslösung im Erdreich kann sich der Praktiker die verheerenden Wirkungen und deren Folgen vorstellen.
Wir können dem Änderungsantrag der SPD-Fraktion folgen mit dem Zusatz, wie gesagt, ihn auch in den Umweltausschuss zu überweisen. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Czeke. - Meine Damen und Herren! Wir treten jetzt in eine Fünfminutendebatte ein. Die Fraktionen sprechen in folgender Reihenfolge: FDP, SPD, CDU und PDS. Zunächst hat für die Landesregierung
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In ihrem Antrag fordert die PDS-Fraktion die Landesregierung überflüssigerweise auf, sich gegenüber der Bundesregierung für die Einhaltung von getroffenen Vereinbarungen einzusetzen. Im Übrigen, meine Damen und Herren, geht der Antrag der PDS-Fraktion in einigen Punkten von falschen Voraussetzungen aus.
Zunächst ist festzustellen, dass der Bund Eigentümer des Truppenübungsplatzes in der Colbitz-Letzlinger Heide ist und somit auch die Verantwortung für die Kampfmittelbeseitigung trägt. Um die von allen angestrebte zivile Nutzung des Südteils der Colbitz-Letzlinger Heide zu erreichen, wurde zwischen dem Bund und dem Land am 13. Mai 1997 der so genannte Heidekompromiss vereinbart.
Die jetzige Landesregierung hat selbstverständlich ein hohes Interesse daran, dass die in diesem Kompromiss getroffenen Festlegungen auch umgesetzt werden. Im Heidekompromiss hat sich der Bund verpflichtet, den Südteil des Truppenübungsplatzes spätestens im Jahre 2006 in das allgemeine Grundvermögen des Bundes abzugeben. Eine Übergabe der Flächen an die Kommunen sieht die Vereinbarung mit dem Bund allerdings nicht vor.
Nach dem Antrag der Fraktion der PDS soll sich die Landesregierung insbesondere dafür einsetzen, dass die angeblich für eine Übergabe an die Kommunen vorgesehenen Flächen mindestens bis zu einer Tiefe von 6 m beräumt werden.
Soweit die PDS-Fraktion in der Begründung zu dem Antrag ausführt, dass eine Kampfmittelberäumung nur in einer Tiefe von bis 20 bis 40 cm durchgeführt wird, trifft dies nicht zu. In der Vereinbarung zwischen dem Bund und dem Land Sachsen-Anhalt wurde gerade keine generelle Räumungstiefe festgeschrieben. Vielmehr hängt die Kampfmittelberäumung auf den einzelnen Teilflächen von der jeweiligen Art, Tiefe und Dichte der Kampfmittel ab, sodass gegebenenfalls auch eine Räumtiefe von mehreren Metern erreicht werden kann.
Meine Damen und Herren! Der Kampfmittelbeseitigungsdienst des Landes Sachsen-Anhalt begleitet die Munitionsberäumung auf dem Südteil der Colbitz-Letzlinger Heide auch weiterhin sachgerecht. Es finden regelmäßig Koordinierungsgespräche zwischen den zuständigen Landesbehörden und dem Bund statt, in denen der Stand der Entmunitionierung und der Fortgang der Beräumung abgeklärt werden. Für die in dem Antrag geäußerte Befürchtung, dass den Kommunen finanzielle Verantwortung für die Munitions- und Kampfmittelberäumung aufgebürdet werden könnte, sehe ich weder zurzeit noch später einen Anlass.
In diesem Zusammenhang kann ich Ihnen mitteilen, dass das Ministerium des Innern gleichwohl beabsichtigt, das Thema Entmunitionierung des Südteils der Colbitz-Letzlinger Heide und deren anschließende Nutzung in einer Besprechung der betroffenen Ministerien unter Beteiligung der betreffenden Kommunen demnächst zu erörtern.
Meine Damen und Herren! Sie sehen, es bedarf keines Antrags, damit die Landesregierung sich für die sachgerechte Kampfmittelbeseitigung in der Colbitz-Letzlin
ger Heide einsetzt. Aber selbstverständlich ist die Landesregierung bereit, im Ausschuss für Inneres über den Stand der Kampfmittelbeseitigung zu berichten. - Herzlichen Dank.
Danke, Herr Minister. - Für die FDP-Fraktion erteile ich dem Abgeordneten Herrn Wolpert das Wort. Bitte sehr, Herr Wolpert.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Herr Minister hat bereits einiges vorweggenommen. Der Antrag der PDS-Fraktion enthält im Wesentlichen zwei Forderungen, die durch die Landesregierung erfüllt werden sollen. Zum einen sollen die Festlegungen, die im Heidekompromiss vereinbart worden sind, konsequent umgesetzt werden, soweit es die friedliche und touristische Nutzung betrifft. Zum anderen sollen die Flächen, die für eine Übergabe an die Kommunen vorgesehen sind, mindestens bis zu einer Tiefe von 6 m von Munition befreit werden.
Soweit es die erste Forderung betrifft, ist festzuhalten, dass der so genannte Heidekompromiss eine Vereinbarung zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Land Sachsen-Anhalt ist, die gemeinsame Ziele und damit verbundene Rechte und Pflichten festschreibt. Aus der Begründung des Antrags ist aber nicht ersichtlich, dass zu befürchten ist, dass eine der Parteien gegen die ihr obliegenden Pflichten verstoßen würde. Woraus sich nun die Erforderlichkeit ergibt, die Einhaltung der Pflichten anzumahnen, erschließt sich aus der Begründung nicht. Sie ist daher rein deklaratorisch.