Zweitens. Der gefundene Kompromiss beinhaltet auch Aussagen zur Fortentwicklung des Schuleintritts und der Grundschule. Im neuen KiFöG ist der Bildungsauftrag der Kitas ausdrücklich benannt. Wir alle wissen um die Bedeutung der vorschulischen Bildung - so weit, so gut. Leider sind die im KiFöG gesetzten Rahmenbedingungen wenig geeignet, diesen Bildungsauftrag zu erfüllen.
Ich bin sehr gespannt, wie wir in Sachsen-Anhalt die jetzt eingeforderte Übergangsstufe im letzten Jahr des Kindergartens umsetzen werden. Wenn Sie dabei bleiben, meine Damen und Herren von der Koalition, Kindern von Arbeitslosen nur den halben Anspruch zu gewähren, wird damit die soziale Schieflage bei den Bildungschancen noch weiter verschärft.
Drittens. Wir können uns lang und breit über wunderbare inhaltliche Konzepte unterhalten; diese werden aber ins Leere laufen, wenn die Rahmenbedingungen für gute Bildung nicht stimmen. Ihre De-facto-Beerdigung der Schulsozialarbeit wird Lehrer, Schüler und Eltern vor kaum noch zu bewältigende Probleme stellen. Die Probleme sind schon jetzt mit ausgebildeten Sozialarbeitern an den Schulen groß genug. Die von Ihnen geplante Re
duzierung bei den pädagogischen Mitarbeitern - wir haben vorhin darüber gesprochen - macht ihr Agieren letztlich wohl wirkungslos.
Schließlich ist das Signal Ihrerseits, dass in diesem Jahr wohl ernsthaft mit keinerlei Einstellung von Lehrern zu rechnen ist, ein verheerendes. Schöne Reden sind schließlich noch kein gutes Bildungsangebot.
Herr Minister, Ihre Vorhaben werden über kurz oder lang im Sande verlaufen, wenn Sie nicht in der Lage sind, im Kabinett und in der Koalition endlich zu einer anderen auch finanziellen Prioritätensetzung zu kommen. - Danke schön.
Vielen Dank, Herr Höhn. - Nun erteile ich für die FDPFraktion der Abgeordneten Frau Seifert das Wort.
Der Begriff „Pisa-Schock“ wäre um ein Haar zum Wort des Jahres 2002 gekürt worden. Ich denke, dieser Titel wäre nicht zu Unrecht vergeben worden.
In den letzten drei Jahrzehnten gab es wohl keine Studie, die die bildungspolitische Debatte so nachhaltig geprägt hat. Unsere Fraktion hat schon mehrmals darauf hingewiesen, dass wir dies ausdrücklich begrüßen. Leider bedurfte es erst eines deutlichen Signals, um eine öffentliche Diskussion über den Zustand unseres Bildungswesens in Gang zu setzen - auch in SachsenAnhalt.
Die in den letzten Monaten verabschiedeten Schulgesetzänderungen sind eine Reaktion darauf. Ziel muss es sein, das Bildungsniveau zu verbessern. Natürlich sind die Gesetzesänderungen nur ein Schritt auf dem Weg zu einem leistungsfähigen Schulsystem. Inhaltliche Reformen stehen jetzt auf der Tagesordnung.
Diese Diskussion, das Ringen um Programme und Konzepte zur Verbesserung der Bildungsqualität bilden die Grundlage für konkrete Veränderungen im Schulwesen. Ohne das öffentliche Bewusstsein, dass ein Umsteuern in der Bildungspolitik notwendig war, hätten Bildungspolitiker, vor allem in Sachsen-Anhalt, einen schweren Stand.
Nicht nur in meiner Fraktion, auch in jeder anderen Fraktion des Landtages nimmt die Bildungspolitik einen zentralen Stellenwert ein.
Seit der Landtagswahl wurden in fast allen Sitzungen des Landtages bildungspolitische Themen behandelt. Darin spiegelt sich einerseits die Bedeutung wider, die alle Fraktionen der Bildungspolitik beimessen, andererseits spiegelt es aber auch den festen Willen der Regie
In weniger als einem Jahr konnten wir die strukturelle Änderungen im Bereich der allgemein bildenden Schulen zum Abschluss bringen. Wir verstehen dies jedoch nicht als Aufforderung, nun die Hände in den Schoß zu legen. Die eigentliche Aufgabe, die inhaltliche Umgestaltung des Bildungswesens, ist in vollem Gang und wird uns noch einige Jahre beschäftigen.
Die Ergebnisse der Pisa-Studie haben uns zu einem schnellen und zielgerichteten Handeln ermutigt. Innerhalb der von uns geschaffenen Struktur gibt es noch viel zu tun.
Der Ausschuss für Bildung und Wissenschaft benannte in der vorliegenden Beschlussempfehlung gleich mehrere Punkte, die in den nächsten Jahren abzuarbeiten, oder besser: zu bewältigen sind. Die Betonung von Schlüsselkompetenzen, die Verbesserung der Lehrerbildung auf allen Ebenen, die Festlegung Länder übergreifender Bildungsstandards und die Evaluation schulischer Arbeit müssen ebenso im Auge behalten werden wie die Zusammenarbeit von Schule und Elternhaus oder die vorschulische Förderung.
Mit der vorliegenden Beschlussempfehlung, die Zustimmung in allen Fraktionen fand, ist der Grundstein dafür gelegt.
Der Test war ein Indikator für die Leistungsfähigkeit des Schulwesens. Nicht Schüler oder Lehrer sind verantwortlich für das schlechte Abschneiden bei der PisaStudie, sondern die Leistungsfähigkeit unseres Schulwesens. Eine inhaltliche Veränderung des Schulwesens ist unabdingbar, und langfristig wird sich dies in den Ergebnissen niederschlagen; denn letztlich geht es um die Bildung unserer Kinder und Heranwachsenden. Diese müssen ordentlich auf die Anforderungen der Zukunft vorbereitet sein.
In diesem Sinne bitte ich Sie, der vorliegenden einstimmigen Beschlussempfehlung des Ausschusses zu folgen.
weil ich der Meinung bin, dass es schon ein äußerst bemerkenswerter Zustand ist, dass wir heute über eine Beschlussempfehlung des Bildungsausschusses abstimmen können, die einstimmig beschlossen wurde. Das ist deshalb so erstaunlich, weil bisher in den meisten Bildungsfragen regelmäßig kontrovers diskutiert wurde und die Argumente der Opposition selten oder nie beachtet wurden.
Diesen Sinneswandel zur Einmütigkeit möchte ich doch hinterfragen, zumal es bei diesem Papier nur um eine
theoretische Grundsteinlegung für die Verbesserung von Schule geht, von deren Umsetzung wir aus meiner Sicht in der Praxis leider weit entfernt sind.
In Vorbereitung der heutigen Beratung habe ich mir noch einmal alle Ausgangsanträge angesehen, die in die Beschlussempfehlung eingegangen sind. Ich behaupte nichts Unbilliges, wenn ich sage, dass der damalige Alternativantrag der SPD in Drs. 4/94 wesentliche Inhalte für diese gemeinsame Beschlussempfehlung stellt. Aus dem Protokoll der Landtagssitzung vom 19. Juni 2002 möchte ich Kollegen Olbertz zitieren, der Folgendes sagte - ich zitiere -:
„Zum Schluss der Alternativantrag der SPD. Den habe ich mit Freude gelesen. Bei mehreren Passagen war ich mir nicht einmal klar darüber, ob ich ihn am Ende nicht genauso geschrieben hätte.“
Lieber Kollege Olbertz, auch wir haben damals mit Freude zur Kenntnis genommen, dass Ihrerseits damit eine Brücke für die inhaltliche Zusammenarbeit gebaut schien. Leider haben wir jedoch mehr als ein Dreivierteljahr gebraucht, um zu bestätigen, dass es durchaus einige gemeinsame Ansichten zu notwendigen bildungspolitischen Veränderungen gibt.
Angesichts dessen frage ich mich natürlich, meine Damen und Herren, warum die Landesregierung es in dieser Zeit nicht fertig gebracht hat, die damals schon bekannten inhaltlichen Eckwerte in politisches Handeln umzusetzen und somit jene Bildungsreform anzugehen, die, wie jetzt der Konsens über die zu beschließenden Eckpunkte zeigt, eigentlich notwendig gewesen wäre.
Stattdessen hat der Landtag mit den Mehrheiten von CDU und FDP Schulgesetzänderungen beschlossen, ohne die daraus folgenden Konsequenzen richtig zu bedenken. Die Änderungen sind aus unserer Sicht nach wie vor mehr als kritikwürdig und die Ergebnisse nicht nur der Pisa-Studien werden ignoriert.
Nach unseren Informationen herrscht vor allem an den Sekundarschulen, die mit diesen gesetzgeberischen Maßnahmen eigentlich gestärkt werden sollten, große Verunsicherung. Erlasse zur Unterrichtsorganisation fehlen nach wie vor, und die von Ihnen, meine Damen und Herren, als Erfolg verkaufte Wiedereinführung des Hauptschulbildungsganges scheitert an einem Großteil der Schulen, weil sie vielerorts weder die Mittelschülerzahl zur Bildung einer Hauptschulklasse noch einer Hauptschulgruppe erreichen werden.
Frau Feußner und Herr Olbertz, dann seien Sie doch bitte ehrlich und sagen Sie, dass die Restauration der Sekundarschule nach dem Vorbild von 1991/92 gescheitert ist. Frau Feußner hat oft genug gesagt - leider ist sie nicht da -: Wir wollen keine Experimentierschule. - Das wollen wir auch nicht; aber ich bin gespannt, wie der Unterricht in den Sekundarschulen im neuen Schuljahr organisiert werden wird. Ich denke, wir werden darüber garantiert noch einmal reden.
Des Weiteren wissen die Schulen weder ob noch welche Lehrer kommen und welche gehen. Im Hinblick auf die notwendigen Neueinstellungen von Lehrkräften scheinen
ohnehin schon die Messen gesungen zu sein; denn in den anderen Ländern werden gegenwärtig die Bewerbungsverfahren abgeschlossen und unsere jungen ausgebildeten Referendare werden in andere Bundesländer abwandern. Hierher wird wohl kaum jemand aus anderen Bundesländern kommen.
Das sind, meine Damen und Herren, garantiert nicht die bildungspolitischen Weichenstellungen, die Sachsen-Anhalt braucht. Schaffen Sie so, meine Damen und Herren von der CDU und der FDP, Perspektiven für die jungen Fachkräfte? - Nein, Sie treiben sie aus dem Land.
Um bildungspolitisch voranzukommen, brauchen wir kein Flickwerk von Einzelmaßnahmen in den verschiedenen Schulformen.